Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §49 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §38;
VwGG §41 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §49 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §38;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 bestraft, weil er am 2. Juni 1993 um 20.54 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in F auf einer näher bezeichneten Stelle der Tauernautobahn gelenkt und dabei die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um mindestens 54 km/h überschritten habe. In der Begründung führte die belangte Behörde - unter anderem - aus, daß der Beschwerdeführer seine Berufung (gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis) vor allem damit begründet habe, zum Tatzeitpunkt nicht Lenker seines im Spruch angeführten Fahrzeuges gewesen zu sein. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor der belangten Behörde habe der Beschwerdevertreter "in Kopie" ein an ihn gerichtetes "Fax" der Gattin des Beschwerdeführers übermittelt, in dem diese angebe, sie habe zum Tatzeitpunkt das gegenständliche Kraftfahrzeug auf der Autobahn gelenkt. In ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme durch eine ersuchte Behörde habe die Genannte aber von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und sich zur Sache nicht geäußert. Aus der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe am fraglichen Tag das gegenständliche Kraftfahrzeug nicht gelenkt, könne - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann - für ihn nichts gewonnen werden. Seine Gattin sei nicht bereit gewesen, im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme unter Hinweis auf ihre Wahrheitspflicht die in der erwähnten "Faxkopie" enthaltenen Angaben zu bestätigen. Nach der österreichischen Rechtslage und der diesbezüglich einhelligen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestünden zur Sachverhaltsdarstellung für einen Beschuldigten besondere Mitwirkungspflichten. Diese schlössen im Zusammenhang mit kraftfahr- und straßenpolizeilichen Übertretungen mit ein, daß von Zulassungsbesitzern jederzeit Auskünfte darüber verlangt werden könnten, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt Lenker seines auf ihn zugelassenen Fahrzeuges gewesen sei. In letzter Konsequenz dieser erhöhten Mitwirkungspflichten sei nach höchstgerichtlicher Judikatur der Schluß zulässig, daß ein über ein Fahrzeug Verfügungsberechtigter selbst Lenker des Fahrzeuges gewesen sei, solange er jegliche Auskunft darüber, wer sein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt habe, bzw. jegliche weitere Mitteilung verweigere. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer im Rahmen der ihm zukommenden Mitwirkungspflicht mitgeteilt, daß seine Gattin zum Tatzeitpunkt das Kraftfahrzeug gelenkt habe. Da sie in der Folge von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und der Beschwerdeführer keine weiteren Entlastungsbeweise angeboten habe, sei die belangte Behörde daher ohne weitere amtswegige Ermittlung bezüglich der seinerzeitigen Lenkerperson davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer selbst als die Person mit der größten Nahebeziehung zum gegenständlichen Kraftfahrzeug die ihm vorgeworfene Übertretung begangen habe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Es trifft zwar zu, daß nach der ständigen hg.
Rechtsprechung der Verfahrensgrundsatz, daß die Verwaltungsstrafbehörde von Amts wegen vorzugehen habe, die Partei nicht von der Verpflichtung befreit, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Ebenso entspricht es der ständigen hg. Rechtsprechung, daß die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluß ableiten kann, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1994, Zl. 94/03/0265). Ein derartiges Untätigbleiben kann jedoch dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden. Dieser hat sich im Verwaltungsstrafverfahren keineswegs auf ein bloßes Bestreiten der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung beschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/03/0149), sondern vielmehr - wenn auch erst im Zuge des Berufungsverfahrens - ausdrücklich vorgebracht, daß zum Tatzeitpunkt seine Gattin mit dem PKW gefahren sei, und dazu eine entsprechende schriftliche Erklärung der Genannten vorgelegt. Daß die Gattin des Beschwerdeführers in der Folge von dem in § 38 VStG verankerten Zeugnisentschlagungsrecht Gebrauch machte, vermag ihrer schriftlichen Erklärung nicht den Charakter eines Beweismittels im Sinne des § 46 AVG zu nehmen; dazu kommt, daß die Tatsache einer Zeugnisentschlagung schon ihrem Sinn und Zweck nach kein für die Beweiswürdigung verwertbarer Umstand ist (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 916, zitierte Judikatur). Der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe keine weiteren Entlastungsbeweise angeboten, geht fehl, weil für den Beschwerdeführer die Notwendigkeit zu einem weiteren Beweisanbot nicht ohne weiteres ersichtlich war. So gesehen fehlt dem angefochtenen Bescheid eine zureichende Begründung für die von der belangten Behörde angenommene mangelnde Glaubwürdigkeit der durch die erwähnte schriftliche Erklärung gestützten Verantwortung des Beschwerdeführers.
Wegen dieses Begründungsmangels, der durch Ausführungen in der Gegenschrift nicht saniert werden kann (vgl. die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 607, angeführte Rechtsprechung), war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Stempelgebührenersatz konnte nur im erforderlichen Ausmaß zugesprochen werden.
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