VwGH 92/17/0126

VwGH92/17/012624.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Februar 1992, Zl. BauR - 010757/1 - 1992 Sa/Lan, betreffend Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, Neues Rathaus, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37 impl;
BAO §114;
BAO §115;
BAO §119;
BauO OÖ 1976 §20 idF 1988/033;
B-VG Art119a Abs5;
LAO OÖ 1984 §88 Abs1;
LAO OÖ 1984 §89;
LAO OÖ 1984 §91;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37 impl;
BAO §114;
BAO §115;
BAO §119;
BauO OÖ 1976 §20 idF 1988/033;
B-VG Art119a Abs5;
LAO OÖ 1984 §88 Abs1;
LAO OÖ 1984 §89;
LAO OÖ 1984 §91;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Im Zuge des dieser Beschwerdesache zugrundeliegenden Abgabenverfahrens berichtete das Tiefbauamt des Magistrates der mitbeteiligten Stadt Linz dem Magistrat als Abgabenbehörde über die Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche in der Wiener Straße vor dem Grundstück n1, KG W. Danach sei die Fahrbahn in endgültiger Breite von mehr als 8 m errichtet; von der Stadt Linz seien als bauliche Maßnahmen vorgenommen worden:

die Niveauherstellung, die Oberflächenentwässerung und eine mittelschwere Befestigung. Die Kostentragung der Errichtung sei zu 100 % durch die Stadt Linz erfolgt.

Mit Bescheid vom 29. Juli 1991 schrieb der Magistrat der mitbeteiligten Stadt dem Beschwerdeführer als Eigentümer des mit Bescheid vom 27. Juni 1991 als Bauplatz bewilligten Grundstückes Nr. n1, KG W (1.068 m2), gemäß § 20

O.ö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 (im folgenden: Oö BauO 1976) in der Fassung LGBl. Nr. 33/1988, einen Beitrag zu den Kosten der Errichtung der Fahrbahn der öffentlichen Verkehrsfläche "Wiener Straße" in der Höhe von S 91.504,-- vor. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Magistrat Linz, Tiefbauamt, in einer Stellungnahme vom 16. Mai 1991 der Abgabenbehörde erster Instanz mitgeteilt, daß die Stadt Linz die Fahrbahn der in Rede stehenden öffentlichen Verkehrsfläche vor dem beantragten Bauplatz bereits in endgültiger Breite von mehr als 8 m errichtet habe. Die Errichtung habe die Niveauherstellung, Oberflächenentwässerung und Aufbringung einer mittelschweren Befestigung umfaßt. Der für das gegenständliche Gebiet seit dem 17. Juli 1990 geltende Bebauungsplan weise die genannte Straße in einer Gesamtbreite von 27 m aus. Dieses Ermittlungsergebnis sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. Mai 1991 zur Kenntnis gebracht worden. Die beantragte Bauplatzbewilligung sei antragsgemäß erteilt worden. Der Tatbestand des § 20 Oö BauO 1976 sei verwirklicht. Im weiteren wird die Berechnung des Fahrbahnkostenbeitrages aufgeschlüsselt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und machte geltend, daß der Anliegerbeitrag bereits von den Vorbesitzern der später durch Kriegseinwirkung teilweise zerstörten Baulichkeiten bezahlt worden sei.

1.2. Mit Bescheid vom 10. Jänner 1992 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Stadt dieser Berufung keine Folge. Nach der Begründung dieses Bescheides hätten sich im gesamten Aktenmaterial zum Objekt "Wiener Straße n2" keinerlei Anhaltspunkte für eine bereits früher erfolgte Anliegerbeitragsvorschreibung ergeben.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung, in der er geltend machte, es handle sich beim gegenständlichen Objekt um keine Ersterrichtung, sondern lediglich um eine Wiederherstellung des teilweise bombenbeschädigten Bauobjektes; auch sei im Bebauungsplan die tatsächliche Straßenbreite nicht ersichtlich.

1.3. Mit Bescheid vom 14. Februar 1992 gab die Oberösterreichische Landesregierung dieser Vorstellung keine Folge. Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Anspruch auf den Anliegerbeitrag mit der rechtskräftigen Bewilligung des Bauplatzes entstanden. Daher gingen die Einwände des Beschwerdeführers, daß es sich bei der geplanten Wiederherstellung des Bauobjektes weder um einen Neubau noch um eine Ersterrichtung handle, ins Leere, denn § 20 Abs. 1 Oö BauO 1976 finde in allen Fällen Anwendung, in denen die Bewilligung eines durch die betreffende Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauplatzes nach Inkrafttreten der Bauordnung, also nach dem 1. Jänner 1977, erfolge. Was die Fahrbahnbreite anlange, so sei in der Stellungnahme des Tiefbauamtes des Magistrates ausgeführt, daß die "Wiener Straße" an der betreffenden Stelle mehr als 8 m breit sei. Erhebungen der Vorstellungsbehörde hätten eine Fahrbahnbreite von 14,30 m ergeben. Zu Recht sei daher von der Höchstbreite von 4 m gemäß § 20 Abs. 4 leg. cit. ausgegangen worden.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Vorschreibung des Kostenbeitrages sei deswegen rechtswidrig, weil die Gemeinde einerseits diese öffentliche Verkehrsfläche nicht errichtet habe und ihr andererseits im Zusammenhang mit dieser Verkehrsfläche auch keinerlei Kosten erwachsen seien. Wie schon aus dem im Akt erliegenden Lageplan hervorgehe, handle es sich um die B 1 b Wiener Straße, also um eine Bundesstraße. Wie sich aus dem Berufungsbescheid des Stadtsenates vom 10. Jänner 1992 (Seite 2 vorletzter Absatz) ergebe, habe die Berufungsbehörde im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens Einsicht in die zum Objekt

"Wiener Straße n3" archivierten, bis in das Jahr 1911 zurückreichenden Verfahrensakten genommen. Aus diesen Verfahrensakten müßte hervorgegangen sein, daß diese Bundesstraße nicht nur von der Bundesstraßenverwaltung auf Kosten des Bundes errichtet worden sei, sondern auch, daß der Bund im Jahr 1981 als Eigentümer der Liegenschaft EZ 541, KG L (Widmung Straße mit dem bis dahin geltenden Namen "Wiener Reichsstraße"), diese Liegenschaft und Straße an die mitbeteiligte Stadtgemeinde unentgeltlich ins Eigentum übertragen habe. Letzterer seien für die Errichtung dieser Straße, die anläßlich der Übertragung auf "Wiener Straße" umbenannt worden sei, keinerlei Herstellungskosten erwachsen. Als Beweis werde auf den Akt des Stadtsenates Linz und einen der Beschwerde beigeschlossenen Beschluß des BG Linz als Grundbuchsgericht vom 28. April 1991 (richtig: 1981), einliegend zur TPZ 2146/81 des Grundbuches Linz, hingewiesen.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor (die von der Beschwerde erwähnten Akten aus dem Archivbestand befinden sich nicht darunter) und erstattete eine Gegenschrift.

Auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete eine Gegenschrift. In dieser Gegenschrift wird ebenso wie in der Gegenschrift der belangten Behörde geltend gemacht, die Beschwerdeausführungen verstießen gegen das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und seien daher unbeachtlich. Abgesehen davon, bedürfe das neue Tatsachenvorbringen auch inhaltlich einer Relativierung. Diesbezüglich heißt es in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei:

"Richtig ist, daß die "Wiener Straße" im Bereich des ggstl. Bauplatzes früher eine Bundesstraße gewesen ist. Bereits mit Verordnung des Bundesministeriums für Bauten und Technik vom 27.1.1968, BGBl. Nr. 54/1968 wurde die Ortsdurchfahrtsstrecke der Passauer Bundesstraße in der Stadtgemeinde Linz auf die Straßenstrecke "Neue Welt-Bindermichl-Ostbrücke-Hafen-Donaulände" umgelegt und die bisherige Ortsdurchfahrtsstrecke "Neue Welt-Wiener Reichsstraße-Landstraße-Donaulände" als Bundesstraße aufgelassen. Der betreffende Bereich der "Wiener Straße" verlor daher bereits durch die obzitierte Verordnung aus dem Jahre 1968 seinen Rechtscharakter als Bundesstraße. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang, daß der Straßengrund erst später in das Eigentum der Stadt Linz übereignet wurde, zumal es für den Rechtscharakter einer Verkehrsfläche als Bundesstraße ausschließlich auf eine Erklärung durch das Bundesstraßengesetz bzw. eine hiezu erlassene Durchführungsverordnung ankommt.

Die verfahrensgegenständliche Anliegerbeitragsvorschreibung beruht auf einer im erstinstanzlichen Abgabeverfahren eingeholten Stellungnahme des Tiefbauamtes des Magistrates Linz vom 16.5.1991, in der mitgeteilt wurde, daß die "Wiener Straße" vor dem Grundstück des Einschreiters in endgültiger Breite errichtet wurde, wobei die Ausbaumaßnahmen eine Niveauherstellung, eine Oberflächenentwässerung und eine mittelschwere Befestigung umfaßten und auf Kosten der Stadt Linz erfolgten. Nachdem die "Wiener Straße" im Zeitpunkt der Stellungnahme des Tiefbauamtes bereits 23 Jahre eine Gemeindestraße war, konnten die Feststellungen des Tiefbauamtes jedenfalls nicht von vornherein als unrichtig angesehen werden. Unter Errichtung einer Verkehrsfläche im Sinne des § 20 OÖ. Bauordnung ist ja nach der Rechtsprechung nicht nur die Neuerrichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche zu verstehen, sondern kann darunter auch der Ausbau einer schon vorhandenen Verkehrsfläche verstanden werden, wenn der Ausbau technisch und wirtschaftlich einer Errichtung gleichzusetzen ist (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 19.6.1985, Zl. 85/17/0032). Da dieses Ermittlungsergebnis weder im erstinstanzlichen noch im zweitinstanzlichen Verfahren vom Beschwerdeführer bestritten wurde, waren nach Ansicht der mitbeteiligten Partei zu diesem Punkt auch keine ergänzenden Erhebungen erforderlich, sodaß ohne Zweifel davon gesprochen werden kann, daß die in Beschwerde gezogene Anliegerbeitragsvorschreibung auf einem mängelfreien Ermittlungsverfahren beruht."

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 20 Oö BauO 1976 in der Fassung LGBl. Nr. 33/1988 lautet auszugsweise:

"(1) Hat die Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet, so hat sie anläßlich der Bewilligung eines durch diese Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauplatzes (§ 4) oder der Vergrößerung eines solchen Bauplatzes oder einer solchen bebauten Liegenschaft (§ 7 Abs. 1 lit. b) einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung der Fahrbahn dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben.

...

(12) Hat die Gemeinde die öffentliche Verkehrsfläche zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Beitrages (Abs. 1 oder 11) in der Weise errichtet, daß nur der Tragkörper hergestellt wurde, der staubfreie Belag aber erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgebracht werden soll, so darf der Beitrag anläßlich der Erteilung der Bewilligung (Abs. 1) bzw. der Errichtung des Tragkörpers (Abs. 11) nur bis zu 50 v.H. und anläßlich der Aufbringung des staubfreien Belages mit dem ausständigen Rest vorgeschrieben werden. Der Berechnung ist der zur Zeit der Vorschreibung jeweils geltende Einheitssatz zugrunde zu legen.

(13) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche nicht von der Gemeinde errichtet, hat die Gemeinde die Kosten der Herstellung der Fahrbahn einer solchen öffentlichen Verkehrsfläche aber ganz oder teilweise getragen, so hat die Gemeinde einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten vorzuschreiben. Für diesen Beitrag gelten die Bestimmungen der Abs. 2 bis 12 sinngemäß mit der Maßgabe, daß als Einheitssatz jener prozentmäßige Anteil des von der Landesregierung bzw. vom Gemeinderat durch Verordnung gemäß Abs. 6 festgesetzten Betrages gilt, der dem von der Gemeinde getragenen prozentuellen Anteil an den tatsächlichen Kosten der Errichtung der Fahrbahn entspricht."

2.2.1. Gemäß § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z. 2 und 3) und nicht § 38 Abs. 2 anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) ... zu überprüfen.

Aus dieser Bestimmung ist in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung das sogenannte "Neuerungsverbot" abzuleiten, wonach ein neues Sachverhaltsvorbringen im Zuge des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist. Der Sachverhalt, welcher der belangten Behörde nach einem mängelfreien Verfahren auf Grund der durchgeführten Beweise sowie auf Grund des ihr zugänglichen Aktenmaterials - zu dessen Verwertung sie nach dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens verpflichtet war - vorgelegen ist, muß, wenn die Beurteilung der Rechtssache durch den Verwaltungsgerichtshof einsetzt, von diesem so betrachtet werden, wie er sich der belangten Behörde zur Zeit der Fällung ihrer Entscheidung dargestellt hat. Nach Fällung der Berufungsentscheidung der belangten Behörde zu Tage getretene Neuerungen können vom Verwaltungsgerichtshof in der Regel nicht berücksichtigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 1953, Zl. 266/52, insofern in Slg. N.F. Nr. 2954/A nicht veröffentlicht). Umstände, die sich aus den Verwaltungsakten ergeben, fallen (daher) nicht unter den Begriff der Neuerung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Dezember 1986, Zl. 86/02/0123, vom 23. Mai 1990, Zl. 89/17/0109, und vom 25. März 1994, Zl. 92/17/0298). Gleiches gilt für den vorliegenden Fall, in welchem belangte Behörde eine Vorstellungsbehörde ist, zumal für das Vorstellungsverfahren vor der Gemeindeaufsichtsbehörde das Neuerungsverbot nicht gilt.

In dem Fall, der dem zitierten Erkenntnis vom 23. Mai 1990, Zl. 89/17/0109, zugrunde lag, hatte die damalige Beschwerdeführerin vor den Verwaltungsbehörden niemals auf einen Umstand hingewiesen, der sich aber aus dem bereits in den erstinstanzlichen Akten erliegenden Lageplan ergab; der Hinweis auf diesen aktenkundigen Umstand in der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde, so führte der Verwaltungsgerichtshof aus, falle daher nicht unter das Neuerungsverbot.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß die sogenannte Mitwirkungspflicht (Behauptungs- und Konkretisierungslast) der Partei im Ermittlungsverfahren vor den Verwaltungsbehörden jedenfalls dort seine Grenze findet, wo es sich um aktenkundige Tatsachen handelt.

2.2.2. Auch im vorliegenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer die Frage der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche "Wiener Straße" und die Kostentragung durch die mitbeteiligte Stadtgemeinde in keinem Verfahrensstadium releviert und die diesbezügliche Feststellung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides unwidersprochen gelassen. Dennoch wäre im Hinblick auf die Bezeichnung "B 1 b" im Lageplan und insbesondere im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer behaupteten Inhalt der von der Berufungsbehörde eingesehenen (archivierten) Verwaltungsakten das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot unbeachtlich - vorausgesetzt, der behauptete Sachverhalt hätte dort seinen Niederschlag gefunden. Davon durfte der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall, in welchem die hier relevanten archivierten Aktenteile nicht mitvorgelegt wurden, gemäß § 38 Abs. 2 VwGG - auf die Folgen der Nichtvorlage oder nicht vollständigen Vorlage der Akten wurde hingewiesen - ausgehen, zumal sich aus den vorgelegten Aktenteilen nichts Gegenteiliges ergibt.

Der vom Beschwerdeführer behauptete Feststellungsmangel ist auch relevant. Entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Stadtgemeinde - die in ihrer Gegenschrift durchaus zutreffend die Bedeutung der Relevanzfrage für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens erkannt und behandelt hat - ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht in der Lage zu beurteilen, ob die mitbeteiligte Stadtgemeinde im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches die öffentliche Verkehrsfläche (Fahrbahn) der "Wiener Straße" im Bereich des Grundstückes des Beschwerdeführers errichtet (hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1985, Zl. 85/17/0032, Slg. N.F. Nr. 6.013/F, und vom 21. Juli 1995, Zl. 92/17/0158) oder die Kosten der Errichtung getragen hat (hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1988, Zl. 86/17/0174). Von Bedeutung wären dabei auch Art und Umfang der in den Schriftsätzen erwähnten "Sanierung" dieser Straße nach dem Jahr 1968. Ohne entsprechende Feststellungen vermag der Verwaltungsgerichtshof der mitbeteiligten Stadt nicht zu folgen, wenn sie in der Gegenschrift ausführt, nachdem die "Wiener Straße" im Zeitpunkt der Stellungnahme des Tiefbauamtes bereits 23 Jahre eine Gemeindestraße gewesen sei, könnten "die Feststellungen des Tiefbauamtes jedenfalls nicht von vornherein als unrichtig angesehen werden".

2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde die entscheidende (nicht in einem mängelfreien Verfahren getroffene) Feststellung der Gemeindeabgabenbehörden, daß die öffentliche Verkehrsfläche von der mitbeteiligten Gemeinde zur Gänze auf ihre Kosten errichtet worden sei, zu Unrecht nicht zum Anlaß einer Aufhebung des Abgabenbescheides des Stadtsenates genommen hat. Auch hat sie von der ihr darüber hinaus eingeräumten Befugnis, das Verfahren selbst zu ergänzen, nicht Gebrauch gemacht. Daher hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, wobei die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, den zweitinstanzlichen Gemeindeabgabenbescheid nicht behoben zu haben, prävaliert.

Der angefochtene Bescheid war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Vorlage des angefochtenen Bescheides genügte in einfacher Ausfertigung; das darüber hinausgehende Begehren auf Stempelkostenersatz war abzuweisen.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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