VwGH 91/10/0119

VwGH91/10/011925.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. März 1991, Zl. II/3-1135/5-91, betreffend Versagung einer nachträglichen Bewilligung und Entfernungsauftrag betreffend Werbetafeln nach dem NÖ Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §52;
AVG §55 Abs1;
AVG §58 Abs2;
NatSchG NÖ 1977 §1 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §1 Abs2;
NatSchG NÖ 1977 §20 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §20 Abs2;
NatSchG NÖ 1977 §4 Abs1 Z2 idF idF 5500-3 ;
NatSchG NÖ 1977 §4 Abs3 idF idF 5500-3 ;
NatSchG NÖ 1977 §4 Abs5 idF idF 5500-3 ;
NatSchG NÖ 1977 §6 Abs4 Z1;
NatSchG NÖ 1977 §6 Abs4 Z2;
NatSchG NÖ 1977 §6 idF 5500-3;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §52;
AVG §55 Abs1;
AVG §58 Abs2;
NatSchG NÖ 1977 §1 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §1 Abs2;
NatSchG NÖ 1977 §20 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §20 Abs2;
NatSchG NÖ 1977 §4 Abs1 Z2 idF idF 5500-3 ;
NatSchG NÖ 1977 §4 Abs3 idF idF 5500-3 ;
NatSchG NÖ 1977 §4 Abs5 idF idF 5500-3 ;
NatSchG NÖ 1977 §6 Abs4 Z1;
NatSchG NÖ 1977 §6 Abs4 Z2;
NatSchG NÖ 1977 §6 idF 5500-3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid versagte die Niederösterreichische Landesregierung die nachträglich beantragte naturschutzbehördliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb von drei Werbeanlagen mit einer Werbefläche von jeweils 5,10 m x 2,6 m (wobei zwei dieser Werbeanlagen auf der Grünlandfläche Nr. 1160 und eine Werbeanlage auf der Grünlandfläche Nr. 1161, KG H, errichtet und betrieben werden) gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 4 Abs. 5 des NÖ Naturschutzgesetzes, LGBl. 5500-3 (im folgenden: NÖ NSchG). Weiters wurde die Entfernung der ohne Bewilligung errichteten Werbeanlagen auf Grund des § 4 Abs. 9 leg. cit. verfügt.

Nach der Begründung dieses Bescheides habe die beschwerdeführende Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid eingewendet, in Anbetracht der gesamten örtlichen Verhältnisse könne nicht von einer erheblichen Störung oder Verunstaltung des Landschaftsbildes gesprochen werden.

Der von der Berufungsbehörde bestellte Amtssachverständige für Naturschutz habe in seinem Gutachten ausgeführt:

"Mit Schreiben vom 2. Jänner 1987 sucht die XY-GesmbH um naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung von Plakatanschlagtafeln auf den Grundstücken 1160 und 1161, KG H, an. Das Ansuchen für die inzwischen bewilligungslos errichteten Anschlagtafeln wird von der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha mit Bescheid vom 5. Jänner 1988 abgewiesen, wogegen die XY-GesmbH durch ihre Rechtsvertreter am 18. Jänner 1988 beruft. Die NÖ Umweltanwaltschaft spricht sich gegen eine Bewilligungserteilung aus.

Die Grundstücke 1160 und 1161 (Eigentümer Herr N, KG H) liegen an der Bundesstraße B 9 an der Westeinfahrt von H. Die Grundstücke sind als Grünland-Landwirtschaft gewidmet und als Baumschule mit Koniferen verschiedener Größenklassen bewachsen. Bauwerke sind auf diesen Grundstücken außer den Plakatwänden, einer Hinweistafel zur Baumschule und einem Zaun als Abgrenzung zum die Bundesstraße begleitenden Gehweg keine vorhanden. Jenseits der Bundesstraße liegt Bauland, das nur zerstreut bebaut ist, die freien Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Im Osten schließt der Ortsbereich von H mit einer Tankstelle im Anschluß an die Baumschule und mit Häusern an der gegenüberliegenden Seite an. Etwa 20 m hinter der Ortstafel Richtung H und nach der Tankstellenausfahrt in der Gegenrichtung sind Bushaltestellen angelegt. Die drei Plakatanschlagtafeln wurden auf dem Baumschulareal etwas schräg zur Fahrbahn errichtet, um optisch voll wirksam zu sein. Die Wände stehen etwa 10, 50 und 70 m von der Tankstellenausfahrt entfernt. Alle Tafeln weisen eine Größe von 5,1 m x 2,6 m auf, stehen auf drei Rundlingsstehern und sind von grüngestrichenen Holzrahmen eingefaßt und an der Oberseite mit einem gelb-grün gestreiften Dachprofil bedeckt. Die erste und dritte Tafel sind etwa 1,5 m über dem Untergrund angebracht und mit einem Podest am unteren Rand der Tafel versehen, weisen also eine Gesamthöhe von etwa 4 m auf. Die mittlere Plakatwand ist weniger hoch angebracht. Die Tafeln waren zum Begehungszeitpunkt am 5. Februar 1988 beidseitig mit Plakaten beklebt.

Allein die Größe der Plakatwände, ihre geometrische Regelmäßigkeit und ihre Position am Ausstellungsort machen sie zu einem das Landschaftsbild nachhaltig negativ beeinflussenden Faktor. Das Landschaftsbild bei der Ortseinfahrt von H, Richtung Norden und Osten, ist geprägt durch die im Vordergrund liegende Baumschule mit den pyramidenförmigen Koniferen verschiedener Größenordnungen, die ein sehr lockeres Bild ergeben. Im Osten überragt die Silhouette des B-Berges dominierend die Ortschaft und prägt mit seinem felsigen Westabhang, ein Naturschutzgebiet, das Landschaftsbild. Durch die ersten beiden Plakatwände in ihrer überdimensionalen Größe, Flächenhaftigkeit und strengen Geometrie wird einerseits die Aufgelockertheit des Grünlandgrundstückes (Baumschule) zerstört, andererseits der Blick auf den B-Berg eingeschränkt bis genommen (Bild 1). Die Plakatwände stören daher durch ihre Form, Größe und Gestaltgebung das Landschaftsbild erheblich. Auf eine Beurteilung der Farbgebung und des Schriftbildes soll hier nicht näher eingegangen werden, da die affichierten Plakate wechseln und daher kein allgemeines Urteil abgegeben werden kann. Lediglich zu den zum Begehungszeitpunkt (5. Februar 1988) aufgezogenen Plakaten sei bemerkt, daß Darstellungsart und Schriftbild absolut keinen Bezug zur Umgebung der Aufstellungsorte aufweisen und daher den landschaftsverunstaltenden Eindruck der Werbeanlagen verstärken.

Die dritte Plakatwand nahe der Tankstelle kann aus dieser Sicht als das Landschaftsbild nicht schädigend erachtet werden, da sie durch ihre Lage nahe der Tankstelle und damit dem verbauten Gebiet in Richtung H nur wenig Einfluß auf die Landschaft nimmt. Für die außerhalb liegenden Werbeanlagen muß jedoch auch eine Minderung der Fremdenverkehrsinteressen festgestellt werden. Dem aus Richtung D nach H fahrenden Autofahrer steht unmittelbar nach einer Linkskurve mitten im Grünland plötzlich eine überdimensionale Plakatwand entgegen, die sofort als Fremdkörper empfunden wird, dieselbe Wand nimmt hierauf den Blick auf den B-Berg, der gleichsam Visitenkarte und Wahrzeichen der Stadtgemeinde H ist und auch für den Fremdenverkehr ein beliebtes Ausflugsziel darstellt. Die Eindrücke wiederholen sich für den Reisenden mit der zweiten Plakatwand, die dritte Werbeanlage wirkt kaum mehr störend. Genau diese Wand wirkt jedoch in der entgegengesetzten Richtung äußerst störend für das Landschaftsbild. Von H kommend öffnet sich nach dem Ortsbereich die Landschaft und man überblickt über die Baumschule hinweg die Donauauen. Auf diesen optischen Eindruck hat übrigens die Bahnlinie, welche die Baumschule vom Landschaftsschutzgebiet Donau-March-Thaya-Auen trennt, keinen Einfluß, da diese über die Baumkronen hinweg nicht wahrgenommen werden kann. Sie ist sicherlich eine ökologische Trennlinie, hat aber auf das Landschaftsbild in diesem Bereich keinen Einfluß (wie bereits im Gutachten des GBA I festgestellt wurde). Die Plakatwand nahe der Tankstelle durchschneidet die Vegetation durch ihre Größe und Formgebung in aufdringlicher Weise und zerstört damit das Landschaftsbild (Bild 2).

Gleiches gilt auch für die restlichen beiden Werbeflächen. Da diese Flächen vom Gehsteig aus den Wanderern den ungestörten Blick über die Weite der Donauauen nehmen und auch von den Busstationen aus sofort irritieren, wirken sie auch aus diesem Blickpunkt für den Fremdenverkehr abträglich.

Da die Werbeflächen, wie gezeigt, gerade in Anbetracht der gesamten örtlichen Verhältnisse sowohl das Landschaftsbild erheblich stören, aus manchen Blickwinkeln sogar verunstalten und sich nachteilig auf den Fremdenverkehr auswirken, kann der Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung nicht zugestimmt werden. In Anbetracht der Tatsache, daß die Werbeanlagen bereits konsenslos errichtet wurden, muß die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (d.h. die Entfernung aller drei Plakatanschlagtafeln) gefordert werden."

In einer Ergänzung zu seinem Gutachten habe der Amtssachverständige zur Frage des Einflusses der dritten Plakatwand nahe der Tankstelle auf das Landschaftsbild ausgeführt:

"Die Plakatwand neben der Tankstelle an der Westeinfahrt von H liegt auf Parzelle Nr. 1166, KG H. Weiters wird bemerkt, daß aus dem Gutachten vom 15. Februar 1988 keinesfalls hervorgeht, daß diese Plakatwand nicht erheblich stört. Wie im Schreiben der Abteilung II/3 zum gegenständlichen Akt zitiert, stört diese Plakatwand zwar nicht aus der Sicht von Richtung Westen. Auf Seite 3, Zeile 20, des Gutachtens steht jedoch unmißverständlich:

"Genau diese Wand wirkt jedoch in der entgegengesetzten Richtung äußerst störend für das Landschaftsbild." Es folgt die Begründung. Von einer teilweisen Annahme der Berufung durch den Gutachter kann daher keine Rede sein. Es wird ersucht, bei der Bescheidfassung auch diese Ausführungen zu berücksichtigen."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es weiter, eine Voraussetzung für die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeanlage eine erhebliche Störung oder Verunstaltung des Landschaftsbildes bewirke, sei darin gelegen, daß das Objekt zunächst überhaupt im Landschaftsbild in Erscheinung trete, also eingesehen werden könne. Sobald die Anlage in der Landschaft wahrgenommen werden könne, sei sie bereits grundsätzlich geeignet, eine Störung oder Verunstaltung des Landschaftsbildes hervorzurufen. Dabei sei es aber ohne Belang, ob die Anlage nur in einem kleinen Teilbereich der Landschaft wahrgenommen werden könne. Es komme nur darauf an, ob sie auf dem gewählten Standort für das Landschaftsbild eine erheblich störende oder verunstaltende Wirkung nach sich ziehe. An diesem Prüfungsmaßstab sei das Gutachten des Amtssachverständigen zu messen.

Unbestritten würden alle drei Plakatwände in der Landschaft wahrgenommen. Hinsichtlich der erheblich störenden und verunstaltenden Wirkung habe der Amtssachverständige für Naturschutz in schlüssiger Weise dargelegt, daß diese das Bild der Landschaft in ihrem Aussehen derart beeinträchtigten, daß die Landschaft unansehnlich werde. Die Fotodokumentationen bestätigten dies auch sehr deutlich. Gerade durch die Größe dieser Werbeanlagen werde einerseits der Blick zum B-Berg aber auch zu den Donauauen erheblich beeinträchtigt. Dies verdeutlichten auch die im Akt befindlichen Bilder. Dabei dürfe auch nicht übersehen werden, daß diese überdimensionalen und großflächigen Plakatwände in relativ kurzen Abständen von 10, 50 und 70 m von der Tankstellenausfahrt stünden. Die belangte Behörde sehe daher keine Veranlassung, am Gutachten des Amtssachverständigen zu zweifeln.

1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihren Rechten auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung, auf Belassung der bestehenden Werbeanlagen und auf Einhaltung der Verfahrensgesetze verletzt.

1.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 4 NÖ NSchG, LGBl. 5500-3, lautet auszugsweise:

"(1) Im Grünland bedürfen einer Bewilligung der Behörde:

...

2. die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Veränderung und der Betrieb von Werbeanlagen.

...

(5) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn durch die Größe, die Form und Farbgebung, die Art der Darstellung, die Beschriftung und das Schriftbild der Werbeanlage oder durch die Anhäufung von Werbeanlagen oder andere besondere örtliche Verhältnisse das Landschaftsbild erheblich gestört oder verunstaltet würde. Die Behörde hat auf die Interessen des Fremdenverkehrs Bedacht zu nehmen. Bei Bewilligung von Werbeanlagen, die im Landschaftsschutzgebiet errichtet oder erweitert werden, ist darüberhinaus § 6 Abs. 4 anzuwenden.

...

(9) Bei Werbeanlagen, die ohne Bewilligung der Behörde errichtet, angebracht, aufgestellt oder verändert wurden, hat die Behörde durch Bescheid ihre Entfernung innerhalb einer Frist von vier Wochen zu verfügen."

2.2.1. In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, § 4 Abs. 5 NÖ NSchG regle im Gegensatz zur Bestimmung des § 4 Abs. 3 leg. cit. nicht spezifisch naturschutzrechtliche Fragen (betreffend die Schädigung des inneren Gefüges des Landschaftshaushaltes etc.), sondern ästhetische Fragen des Landschaftsbildes. Diese ästhetisch-gestalterischen und landschaftsarchitektonischen Fragen seien jedoch nicht von einem Sachverständigen für Naturschutz zu beurteilen, sondern würden von den Fachgebieten eines Architekten, Landschaftsarchitekten oder Bausachverständigen umfaßt. Es hätte daher, allenfalls ergänzend zum Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz, das Gutachten eines Architekten, Landschaftsarchitekten oder Bausachverständigen eingeholt werden müssen.

2.2.2. Gemäß § 20 Abs. 1 NÖ NSchG hat die Behörde vor Erlassung von Bescheiden, ausgenommen solcher im Strafverfahren, das Gutachten von Sachverständigen einzuholen.

§ 20 Abs. 2 leg. cit. lautet:

"Zum Sachverständigen in Angelegenheiten des Naturschutzes sind von der Landesregierung Personen zu bestellen, die über besondere Sachkenntnisse auf dem Gebiet der Naturkunde und des Naturschutzes oder der Landschaftspflege und der Landschaftsgestaltung oder der Raumplanung verfügen. Außerdem sind Sachkenntnisse auf dem Gebiete der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, der Wasserwirtschaft und der Jagdwirtschaft anzustreben."

Die Bestimmung des § 20 Abs. 1 leg. cit. bezieht sich auf sämtliche Verfahren nach dem Gesetz (mit Ausnahme von Strafverfahren). Gegenstand des Gesetzes ist der Naturschutz. Dieser hat gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. zum Ziel, die Natur in allen ihren Erscheinungsformen, insbesondere in ihrem Wirkungsgefüge und in ihrer Vielfalt, zu erhalten und zu pflegen; dazu gehört auch das Bestreben, die der Gesundheit des Menschen und seiner Erholung dienende Umwelt als bestmögliche Lebensgrundlage zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern. Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. erstreckt sich die Erhaltung und Pflege der Natur auf alle ihre Erscheinungsformen, gleichgültig, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befinden oder durch den Menschen gestaltet wurden (Kulturlandschaft). Fragen des Landschaftsbildes (sie sind Regelungsgegenstand zB des § 4 Abs. 5 oder des § 6 leg. cit.) gehören dabei ebenso zum Naturschutz im Sinne des Gesetzes wie der Naturschutz in jenem engeren Sinn, der zB den Prüfungsmaßstab eines Vorhabens nach dem von der beschwerdeführenden Partei erwähnten § 4 Abs. 3 NÖ NSchG bildet. Es war daher zutreffend und ausreichend, wenn der Gegenstand des Bewilligungsantrages von einem nach § 20 Abs. 2 NÖ NSchG bestellten Amtssachverständigen begutachtet wurde. Das Gesetz fordert es hingegen nicht, daß anstelle dieses Gutachtens oder "allenfalls ergänzend", wie die Beschwerdeführerin meint, das Gutachten eines Architekten, Landschaftsarchitekten oder Bausachverständigen eingeholt wird.

Die diesbezügliche Verfahrensrüge besteht daher nicht zu Recht.

2.3. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung gebietet es weder das NÖ NSchG noch das AVG, dem Bewilligungswerber Gelegenheit zu geben, bei der Befundaufnahme des Sachverständigen anwesend zu sein.

2.4.1. In der Beschwerde wird weiters der Rechtsauffassung der belangten Behörde, es sei ohne Belang, ob die Anlage nur in einem kleinen Teilbereich der Landschaft wahrgenommen werden könne, denn es komme nur darauf an, ob sie auf dem gewählten Standort für das Landschaftsbild eine erheblich störende oder verunstaltende Wirkung nach sich ziehe, entgegengetreten. Grundsätzlich seien nämlich Werbeanlagen im Grünland zulässig, lediglich unter den in § 4 Abs. 5 leg. cit. angeführten Gründen sei im Einzelfall eine Bewilligung zu versagen. Die Auslegung des Gesetzes durch die belangte Behörde verkehre diese Bestimmung in ihr Gegenteil. Zum Beispiel könne der Blickwinkel bei jeder Plakattafel aus so naher Entfernung gewählt werden, daß diese einen mehr oder weniger großen Ausschnitt des Landschaftsbildes vollkommen beherrschen bzw. überdecken und so das Landschaftsbild selbstverständlich in erheblichem Ausmaß stören könne. Die Behörde hätte daher umfassend und aus allen Blickwinkeln das Ausmaß einer allfälligen Störung des Landschaftsbildes beurteilen müssen. Das Gutachten enthalte wohl eine grobe Beschreibung der Umgebung der Plakattafeln (zerstreute Bebauung, Tankstelle), diese rudimentäre Beschreibung beschränke sich aber nur auf bestimmte Ausschnitte der Landschaft von gewissen Standorten aus. Bei Beurteilung aus verschiedensten Blickwinkeln hätte sich gezeigt, daß die Werbeanlage keineswegs das Landschaftsbild erheblich störe oder gar verunstalte. Auch ästhetische Urteile bedürften einer ausreichenden Begründung. Eine Gesamtbeschreibung der Umgebung von verschiedensten Blickpunkten aus sei nicht vorgenommen worden, insbesondere seien keinerlei Differenzierungen hinsichtlich der einzelnen Plakattafeln vorgenommen worden. Es wäre nämlich rechtlich geboten gewesen, die dritte Werbeanlage in unmittelbarer Nähe der Tankstelle zu genehmigen, von der der Amtssachverständige ausgeführt habe, daß sie aus dem Blickwinkel des in die Stadt Einfahrenden nicht störe. Diese Differenzierung wäre schon deshalb geboten gewesen, weil § 4 Abs. 5 ausdrücklich auf die "Anhäufung von Werbeanlagen" Bedacht nehme.

2.4.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1983, Slg. N.F. Nr. 11.253/A

= ZfVB 1984/4/1569, ausgeführt hat, sei unter Landschaftsbild mangels einer Legaldefinition das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft zu verstehen (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1974, Slg. Nr. 7443). Landschaft sei ein charakteristischer, individueller Teil der Erdoberfläche, bestimmt durch das Wirkungsgefüge der hier vorhandenen Geofaktoren einschließlich der anthropogeographischen, mögen auch die Einwirkungen des Menschen, etwa durch bauliche Anlagen, nur untergeordnete Teile der Landschaft ausmachen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1969, Slg. N.F. Nr. 7538/A). Zum Bild der Landschaft gehöre daher auch die Kulturlandschaft. Von einer Verunstaltung des Landschaftsbildes werde dann zu sprechen sein, wenn das sich von allen möglichen Blickpunkten bietende Bild der betreffenden Landschaft ästhetisch nachteilig beeinflußt werde. Dafür, ob dies durch einen bestimmten menschlichen Eingriff in die Landschaft geschehe, sei entscheidend, ob sich dieser Eingriff harmonisch in das Bild einfüge oder nicht.

Von einer "Störung" des Landschaftsbildes im Sinne des im Beschwerdefall anzuwendenden § 4 Abs. 5 NÖ NSchG wird dann zu sprechen sein, wenn das sich bietende Bild der Landschaft durch den Eingriff des Menschen in einer in die Harmonie der Landschaft disharmonisch eingreifenden Weise beeinflußt wird. Diese Störung des als harmonisch empfundenen Wirkungsgefüges vorgefundener Landschaftsfaktoren wird insbesondere dann als "erheblich" zu bezeichnen sein, wenn der Eingriff (durch Merkmale der Werbeanlage, wie sie im § 4 Abs. 5 leg. cit. aufgezählt sind, oder durch die Anhäufung von Werbeanlagen oder durch andere besondere örtliche Verhältnisse) besonders auffällig und zur Umgebung in scharfem Kontrast in Erscheinung tritt.

Unter dem Begriff der Verunstaltung des Landschaftsbildes im Sinne des § 4 Abs. 5 NÖ NSchG versteht der Verwaltungsgerichtshof - diesen Begriff schärfer fassend als in seinem bereits zitierten Erkenntnis Slg. Nr. 11.253/A (ergangen zum Krnt NSchG) - nicht schon jede noch so geringfügige Beeinträchtigung des Bildes der Landschaft, sondern nur eine solche, die deren Aussehen so beeinträchtigt, daß es häßlich oder unansehnlich wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 90/10/0140 = ZfVB 1992/4/1550 - zum Vlbg NSchG 1973, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 30. Mai 1980, Zlen. 369/79 u.a. = ZfVB 1981/2/526 - zum Stmk NSchG 1976).

Mißverständlich formuliert ist der Satz in der Beschwerde, es sei davon auszugehen, daß grundsätzlich Werbeanlagen im Grünland zulässig seien. Die beschwerdeführende Partei verkennt selbst nicht, daß diese Vorhaben bewilligungspflichtig sind.

Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung ist der beschwerdeführenden Partei allerdings darin recht zu geben, daß nicht schon jeder Eingriff durch eine Werbeanlage in das Landschaftsbild bereits als erheblich störender oder verunstaltender Eingriff im Sinne des § 4 Abs. 5 NÖ NSchG beurteilt und damit versagt werden darf. Es ist ja auch zu bedenken, daß die eine Bewilligung ausschließende Eingriffswirkung, von der § 4 Abs. 5 leg. cit. handelt, intensiver sein muß als jene, die im § 6 Abs. 4 leg. cit. mit den Worten "dauernd und maßgeblich beeinträchtigend" umschrieben wird und nach dieser Gesetzesstelle eine Bewilligung in Landschaftsschutzgebieten ausschließt (vgl. zu den beiden Tatbeständen auch schon das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1991, Zl. 89/10/0194 = ZfVB 1992/4/1544). Es wird also entscheidend auf die Bedeutung des Eingriffes und die Eingriffsintensität ankommen. Der Verwaltungsgerichtshof kann bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung (westliche Einfahrt von H, Blick auf den B-Berg; westliche Ausfahrt aus H, Blick auf die Donauauen) die Frage dahingestellt sein lassen, ob die erheblich störende Wirkung von jedem beliebigen Standort und Blickpunkt des Betrachters zutreffen kann, denn im Beschwerdefall handelt es sich um Blickpunkte (wie die im Akt erliegenden Lichtbilder zeigen), die auf öffentlichen, noch dazu von sehr vielen Menschen benützten, Verkehrsflächen liegen. Ist ein solcher Sachverhalt gegeben, dann genügt es, die Eingriffswirkung ausgehend von diesen der Öffentlichkeit zugänglichen und auch stark frequentierten Blickpunkten zu beurteilen (vgl. zur Frage der Sichtbeziehungen insbesondere das hg. Erkenntnis vom 6. August 1993, Zl. 89/10/0119 = ZfVB 1995/3/1003, Pkt. 2.4.3., Seite 36). Unzutreffend ist daher die Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Partei, die belangte Behörde hätte von allen möglichen Blickwinkeln aus und in diesem Sinne umfassend das Ausmaß einer allfälligen Störung des Landschaftsbildes prüfen müssen.

2.5. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich auch die Verfahrensrüge der beschwerdeführenden Partei gegen das von der belangten Behörde zugrundegelegte Sachverständigengutachten, was die behauptete Unvollständigkeit der Darstellung des Landschaftsbildes und die Willkürlichkeit des gewählten Blickpunktes anlangt, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

In diesem Zusammenhang vermag der Verwaltungsgerichtshof aus dem vorgelegten Bildmaterial und der Erwähnung des Sachverständigen, daß die Aufnahmen mit Normalobjektiv gemacht worden seien, nicht zu erkennen, daß ein Fall vorläge, den die beschwerdeführende Partei wohl nur als Beispielsfall für einen willkürlich gewählten Blickwinkel erwähnt, nämlich daß der Standort des Betrachters so nahe an der Plakattafel gewählt wäre, daß diese selbstverständlich den Großteil der Landschaft verdecke.

Auch sonst vermag der Gerichtshof - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - keine Unvollständigkeit, innere Widersprüchlichkeit oder Unschlüssigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen (samt Ergänzungsgutachten betreffend die neben der Tankstelle an der Westeinfahrt von H stehende Plakatwand) festzustellen. Wenn die belangte Behörde solcherart den entscheidungswesentlichen Sachverhalt festgestellt und dabei als erwiesen angenommen hat, daß alle drei Werbetafeln eine erhebliche Störung des Landschaftsbildes bewirken, so vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof bei Wahrnehmung seiner auf eine Schlüssigkeitsprüfung der Beweiswürdigung beschränkten Kontrollaufgabe (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht entgegenzutreten. Es kann nämlich weder mit den Denkgesetzen noch mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehend angesehen werden, daß die drei Werbeanlagen geeignet sind, das vom Sachverständigen beschriebene Landschaftsbild zumindest erheblich zu stören, das heißt besonders deutlich als ein abrupter und disharmonischer Eingriff in das vorgegebene Landschaftsbild empfunden zu werden (vgl. auch Liehr - Stöberl, Kommentar zum NÖ Naturschutzgesetz, Wien 1986, 74, Anm. 16 zu § 4).

2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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