VwGH 95/04/0122

VwGH95/04/01226.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 20. April 1995, Zl. UVS-4/280/6-1995, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §370 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §9;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §370 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. März 1994 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe "als der gemäß § 370 der Gewerbeordnung verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführer der Fa. T-GesmbH

a) seit 20. März 1986 auf dem Grundstück Nr. 100/5, KG. G auf dem Streifen entlang der S-Straße laufend LKW abgestellt, obwohl im Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 18. Jänner 1982, GZ. 5/02-1174/15-82, bzw. im Bescheid des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 1. Juli 1982, GZ. 306.035/2-III-3/82, über die gewerbebehördliche Genehmigung dieser Betriebsanlage an dieser Stelle nur das Abstellen von PKW gestattet wurde,

b) auf der Verkehrsfläche entlang der S-Straße im Bereich des Hauses mit der Hausnummer 27 am 3. November 1992 einen LKW (Sattelschlepper) außerhalb des LKW-Abstellplatzes zum Abholen durch einen Kunden abgestellt, obwohl zum Abstellen von LKW ein behördlich genehmigter Abstellplatz vorhanden ist und damit die mit den unter lit. a genehmigten Bescheiden genehmigte Betriebsanlage ohne die hiefür erforderliche Genehmigung geändert und nach der Änderung betrieben,

ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigung zu sein, obwohl die Betriebsstättenänderung geeignet ist, die Nachbarn (z.B. Herrn R, wohnhaft S-Straße 27) durch Lärm und Abgase zu beeinträchtigen." Er habe durch das unter a) und b) dargestellte Verhalten § 366 Abs. 1 Z. 4 in Zusammenhang mit § 81 Abs. 1 GewO verletzt und es werde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. zu a) eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) und zu lit. b) eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Stunden) verhängt.

Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers erging hinsichtlich Spruchteil a) dieses Straferkenntnisses der Bescheid des UVS des Landes Salzburg vom 20. April 1995, mit dem der Berufung keine Folge und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt wurde, daß die Spruchteilbezeichnung "a)", zu entfallen und nach den Worten

"... der Fa. T-GesmbH" die Worte "zu verantworten, daß von

dieser" und nach den Worten "... LKW abgestellt" das Wort

"wurden" eingefügt werden, und nach den Worten "Abstellen von PKW gestattet wurde", die Tatumschreibung wie folgt zu lauten habe: "damit die mit den oben angeführten Bescheiden genehmigte Betriebsanlage ohne die hiefür erforderliche Genehmigung nach deren Änderung betrieben, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigung zu sein, obwohl die Betriebsstättenänderung geeignet ist, die Nachbarn (z. B. Herrn R, wohnhaft S-Straße 27) durch Lärm und Abgase zu beeinträchtigen." Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat sei der namentlich genannte Anrainer der gegenständlichen Betriebsfläche zeugenschaftlich einvernommen sowie die gutachtliche Stellungnahme eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen eingeholt worden. Der Zeuge habe dabei angegeben, daß auf dem gegenständlichen Abstellplatz laufend und fast ausschließlich LKWs, nämlich Sattelschlepper, abgestellt würden. Er sei vor allem durch die Startvorgänge dieser Fahrzeuge und die dabei entstehenden Rauchentwicklungen als unmittelbarer Anrainer auf der gegenüberliegenden Seite der S-Straße beeinträchtigt. Der gewerbetechnische Amtssachverständige habe in bezug auf die Lärm- und Schadstoffemissionen festgestellt, daß bezüglich des Lärms aufgrund der durch die LKW-Abstellungen reduzierten Fahrbewegungen insgesamt durch die gegenständliche Betriebsanlagenänderung eine Erhöhung der Lärmemissionen nicht anzunehmen sei, jedoch einzelne höhere Werte durch das längere Laufenlassen der LKW-Motoren anzunehmen seien. Allein unter Berücksichtigung der maximalen Lärmpegel gemäß Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung sei von einem Lärmpegel bei PKWs von 77-78 dBA im Vergleich von 78-80 dBA (lärmarm) bzw. 83-84 dBA (nicht lärmarmen) LKWs auszugehen. In Bezug auf die Schadstoffemissionen sei bei LKWs - wie im einzelnen ausgeführt - von deutlich höheren Emissionswerten auszugehen und es falle darüber hinaus beim Betrieb von LKWs Ruß als Emission an. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe den Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme eines von ihm namhaft gemachten Dienstgebers zum Beweis dafür gestellt, daß die betriebsanlagengenehmigten vier Fahrten pro Tag nie durchgeführt worden seien, die Frequenz deutlich niedriger sei und auch unter Berücksichtigung längerer Warmlaufzeiten ein Überschreiten des zulässigen Lärmpegels nicht erfolge. Dies auch unter Berücksichtigung, daß anstatt der genehmigten 24 PKWs ca. 18 LKWs abgestellt würden. Das Ermittlungsverfahren habe somit ergeben, daß anstatt 44 PKWs ca. 18 LKWs abgestellt würden, sodaß eine Änderung der Betriebsanlage (Abstellung von LKWs anstatt von PKWs) als erwiesen anzunehmen sei. Betreffend die Bewilligungspflicht dieser Betriebsanlagenänderung sei nach den Ausführungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen davon auszugehen, daß unter Zugrundelegung von einer gegenüber der ursprünglichen Genehmigung reduzierten Anzahl von Fahrbewegungen bzw. abgestellten Fahrzeugen in Summe zwar keine Erhöhung der Lärmemission anzunehmen sei, andererseits jedoch aufgrund der fahrzeugspezifischen Situation einzelne höhere Werte gegeben seien. So differierten die zulässigen Lärmpegel zwischen PKWs und nicht lärmarmen LKWs von 77-78 dBA auf 83-84 dBA, bezogen auf lärmarme LKWs auf 78-80 dBA. Bezüglich der Schadstoffemissionen ergäben sich bei LKWs im Sinne der Ausführungen des Sachverständigen deutlich höhere Emissionswerte. Auf der Basis der Ausführungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen sei unzweifelhaft von einer Genehmigungspflicht der Änderung der Betriebsanlage auszugehen, weil neue bzw. zum Teil höhere Emissionswerte gegeben seien. Diesen Umständen sei im Rahmen eines gewerberechtlichen Betriebsanlagenänderungsverfahrens Rechnung zu tragen. Zum Einwand des Beschwerdeführers bezüglich eingetretener Verjährung sei darauf hinzuweisen, daß dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren bereits ein solches bezüglich des im wesentlichen gleichen Sachverhaltes vorausgegangen und mit Straferkenntnis des Magistrates Salzburg vom 19. März 1986 abgeschlossen worden sei. Daran anschließend beziehe sich das im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren inkriminierte Verhalten. Bei der vorgeworfenen Übertretung handle es sich um ein fortgesetztes Delikt und beginne damit eine Verjährung erst ab dem Aufhören des rechtswidrigen Zustandes. Das diesbezügliche Verjährungsvorbringen sei daher unbegründet. Soweit der Beschwerdeführer auf die Bestellung eines verantwortlichen Betriebsleiters und seine diesbezüglichen Anweisungen zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verweise, sei darauf hinzuweisen, daß dies einen gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht zu exkulpieren vermöge und gemäß § 370 Abs. 2 GewO Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen seien. Die Einvernahme des namhaft gemachten Zeugen sei im Hinblick darauf, daß der Sachverhalt hinlänglich geklärt sei, nicht mehr erforderlich und der diesbezügliche Beweisantrag daher abzuweisen gewesen. Die vorgenommenen Spruchkorrekturen bezögen sich lediglich auf eine semantische Richtigstellung und Ergänzung, die somit als zulässig bzw. rechtlich geboten zu betrachten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtneen Bescheid erkennbar im Recht verletzt, der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei insofern mangelhaft, als ihm nicht zu entnehmen wäre, daß das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich des Spruchteiles b) des Straferkenntnisses des Bürgermeisters von Salzburg bereits eingestellt worden sei, sondern nach den Ausführungen in der Begründung vielmehr davon ausgegangen werden müßte, daß der Berufung in beiden Spruchteilen keine Folge gegeben worden sei. Weiters sei die Abänderung des erstinstanzlichen Spruches keine semantische Richtigstellung und Ergänzung, sondern es stelle die belangte Behörde auf "ein anderes Tatbild" ab, als die erstinstanzliche Behörde. Diese habe dem Beschwerdeführer nämlich zur Last gelegt, er habe die Fahrzeuge selbst abgestellt, während ihm von der belangten Behörde die Unterlassung einer Verpflichtung als gewerberechtliche Geschäftsführer vorgeworfen werde. Dieser Vorwurf betreffe einen "nicht bestimmbaren Zeitraum", nämlich "seit dem 20. März 1986", und ohne daß die belangte Behörde festgestellt habe, ob der Beschwerdeführer während dieses Zeitraumes ständig gewerberechtliche Geschäftsführer der Fa. T gewesen sei, sodaß auch die Frage einer allfälligen Verjährung nicht geprüft werden könne. Unzutreffend sei auch die Auffassung der belangten Behörde, die Bestellung eines verantwortlichen Betriebsleiters und dessen Anweisung zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften könnten einen gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht exkulpieren. Vielmehr hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob der Beschwerdeführer einen verantwortlichen Betriebsleiter in ausreichender Weise angewiesen und kontrolliert habe. Im Zuge dieser Prüfung wäre die belangte Behörde auch zum Ergebnis gelangt, daß hinsichtlich allfälliger derartiger Unterlassungen bereits Verjährung eingetreten sei. Schließlich stelle die Unterlassung der Einvernahme des angebotenen Zeugen einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Dieser Zeuge hätte beweisen können, daß zwar LKWs abgestellt worden seien, die Fahrtfrequenz dieser LKWs jedoch wesentlich niedriger, als sie für PKWs genehmigt gewesen wäre und daher auch eine niedrigere, jedenfalls noch zulässige Abgasemission bewirkt worden sei.

Zunächst ist festzuhalten, daß sich der angefochtene Bescheid ausdrücklich nur auf Spruchteil a) des Straferkenntnisses des Bürgermeisters von Salzburg bezieht, nicht jedoch auf Spruchteil b) dieses Bescheides. Der diesbezügliche Vorwurf des Beschwerdeführers trifft daher schon aus diesem Grunde nicht zu.

Als unzutreffend erweist sich auch der Vorwurf, die belangte Behörde habe dem angefochtenen Bescheid eine andere Tat zugrundegelegt, als der erstinstanzliche Bescheid. Denn die mit "Sie haben als der gemäß § 370 der GewO verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführer der Fa. ..." eingeleitete Tatumschreibung im Straferkenntnis ist schon wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Funktion des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht dahin zu deuten, ihm werde angelastet, persönlich in der dargestellten Art und Weise tätig geworden zu sein. Selbst wenn dies aber so wäre, so läge eine Überschreitung der die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG bestimmenden Grenzen durch die Neufassung des Schuldspruches, wonach der Beschwerdeführer es "als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. ... zu verantworten habe, daß von dieser" wie näher beschrieben vorgegangen worden sei, nicht vor, zumal die Berufungsbehörde auch befugt ist, die Bestrafung eines Beschuldigten mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, daß ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen ist (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 88/04/0049).

Zu Recht rügt der Beschwerdeführer jedoch, es hätte festgestellt werden müssen, zu welchem Zeitpunkt das Ende des ihm zur Last gelegten Deliktes anzunehmen sei:

Gemäß § 44a lit a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Er hat somit nicht nur die Sachverhaltselemente, von denen die Zuordnung eines Tatverhaltens zu den Merkmalen des Straftatbestandes abhängt, zu bezeichnen, sondern grundsätzlich auch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen.

Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid (in Verbindung mit dem Straferkenntnis der Erstbehörde) in Ansehung der Bezeichnung der Tatzeit aber nicht gerecht, weil diesbezüglich gegen den Beschwerdeführer - ohne Angabe eines Endzeitpunktes - lediglich der Vorwurf der Tatbegehung "seit 20. 3. 1986" erhoben wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1990, Zl. 90/04/0029).

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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