Normen
BEinstG §8 Abs2;
BEinstG §8 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;
BEinstG §8 Abs2;
BEinstG §8 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Kärnten vom 12. Jänner 1987 wurde über Antrag des am 12. Juni 1967 geborenen Beschwerdeführers festgestellt, daß dieser ab 1. November 1986 dem Kreis der begünstigten Invaliden (§ 2 Abs. 1 IEinstG) angehöre und die Höhe der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit (zufolge Taubheit beiderseits und Sprachstörung) 80 % betrage.
Mit Bescheid vom 27. März 1992 wies der Behindertenausschuß beim Landesinvalidenamt für Kärnten den Antrag der mitbeteiligten Partei vom 4. Dezember 1991 auf Zustimmung zur Kündigung des Beschwerdeführers (der seit 20. März 1989 in einem Dienstverhältnis zu ihr stehe) gemäß § 8 BEinstG ab.
Nach der Bescheidbegründung habe die mitbeteiligte Partei ihren Antrag mit einer notwendigen Reduzierung des Personalstandes infolge eines weltweiten Preisverfalles bei Serienmöbeln und hohen Soziallasten im Inland begründet. Die Firmenleitung habe sich veranlaßt gesehen, die Serienfertigung auf ein Minimum zu beschränken und die Produktion auf die Fertigung von Möbeln nach individuellen Kundenwünschen umzustellen. Außerdem gestalte sich der Einsatz des Beschwerdeführers an Arbeitsmaschinen als problematisch. In der am 26. Februar 1992 im Betrieb der mitbeteiligten Partei durchgeführten Kündigungsverhandlung sei von der Dienstgeberseite auch auf die mangelnde fachliche Qualifikation des Beschwerdeführers trotz seiner abgeschlossenen Tischlerlehre und auf seine verlangsamte Arbeitsweise sowie auf eine Personalreduzierung von 20 Mitarbeitern im vorangegangenen Jahr aufgrund der Produktionsumstellung und auf weitere noch auszusprechende Kündigungen hingewiesen worden. Die Fertigung von Möbeleinzelstücken nach individiuellen Kundenwünschen erfordere den Einsatz bestens qualifizierter Mitarbeiter. Diesem Erfordernis werde der Beschwerdeführer aus Dienstgebersicht keinesfalls gerecht. Bisher habe er lediglich mit einfachen und einfachsten Arbeiten betraut werden können. Der Beschwerdeführer selbst habe zum Ausdruck gebracht, daß er die Auffassung der mitbeteiligten Partei hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit nicht teile, habe allerdings eingeschränkt, daß ihm seine mangelnde fachliche Qualifikation sehr wohl bewußt sei. Die Ursachen dafür seien seiner Meinung nach bei einer angeblich schlechten Lehrausbildung zu suchen. Ein Arbeitsangebot im Tischlereibereich der G-GesmbH habe der Beschwerdeführer in erster Linie wegen der Notwendigkeit täglichen Pendelns abgelehnt. Er habe den Eindruck vermittelt und sich auch dahingehend geäußert, daß er sich über seine Situation bzw. Gefährdung seines Arbeitsplatzes nicht im klaren sei. Die Aussage des Betriebsrates im Rahmen der Kündigungsverhandlung decke sich im großen und ganzen mit jener der mitbeteiligten Partei; letztendlich sei auch von Seite der Belegschaftsvertretung der Standpunkt vertreten worden, daß ein Ersatzarbeitsplatz für den Beschwerdeführer nicht zur Verfügung stehe. Die in der Angelegenheit befaßte Arbeitsinspektion habe sich dahingehend geäußert, daß es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Behinderung nicht zumutbar sei, eine Maschine alleine zu bedienen, er aber sehr wohl an einer Maschine einsetzbar sei, die von zwei Mitarbeitern bedient werde. Diesbezüglich stünden mehrere entsprechende Arbeitsplätze im Betrieb zur Verfügung. Im Zuge einer Betriebsbesichtigung habe die Produktionsumstellung und der Umstand festgestellt werden können, daß sich rund zwei Drittel der für die Serienfertigung geeigneten Holzbearbeitungsmaschinen außer Betrieb befänden. In Anbetracht der schlechten Arbeitsmarktsituation im Wohnbezirk seien von seiten des zuständigen Arbeitsamtes die Vermittlungsaussichten im gegenständlichen Fall als sehr gering bewertet worden. Von öffentlicher Seite sei zur Abgeltung der behinderungsbedingten Leistungseinbuße für die Beschäftigung des Beschwerdeführers durch die mitbeteiligte Partei an sie Zuschüsse zu den Lohnkosten gewährt worden. Für die mitbeteiligte Partei sei aber ihrer Ansicht nach eine Weiterbeschäftigung auch mit höchstmöglicher Förderung aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds nicht denkbar.
In rechtlicher Hinsicht bewertete die erstinstanzliche Behörde - nach Hinweisen auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 Abs. 2 BEinstG - diesen Sachverhalt dahin, daß eine Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers unter Inanspruchnahme der von öffentlicher Seite angebotenen Förderungsmittel für ein Unternehmen dieser Größenordnung verkraftbar erscheine. Ungeachtet der tatsächlichen fachlichen Mängel habe der Beschwerdeführer doch den Lehrabschluß als Tischler geschafft. Es könne von der Betriebsleitung sehr wohl auch dafür Sorge getragen werden, daß der Beschwerdeführer bei einer entsprechenden Verwendung und bei begleitenden internen oder externen Schulungsmaßnahmen eine bessere Qualifikation erreiche. Die Kosten allfälliger außerbetrieblicher Schulungsmaßnahmen könnten sowohl von der Arbeitsmarktverwaltung als auch vom Landesinvalidenamt übernommen werden. Deshalb sei die erstinstanzliche Behörde zur Überzeugung gelangt, daß den Beschwerdeführer der Verlust des Arbeitsplatzes ungleich härter träfe als die mitbeteiligte Partei die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung, zumal auch das Landesinvalidenamt die Gewährung nicht unbeträchtlicher Förderungsmittel angeboten habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte die mitbeteiligte Partei ein, daß die von ihr aus zwingenden wirtschaftlichen Überlegungen durchgeführte Produktionsumstellung bewirke, daß nur mehr fachlich qualifizierte Mitarbeiter benötigt würden. Die Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers würde eine reine Gefälligkeit darstellen und dem Unternehmen der mitbeteiligten Partei keinerlei Nutzen bringen, weil der Beschwerdeführer zur Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit trotz seiner abgeschlossenen Tischlerlehre selbst nicht in der Lage sei. Aufgrund seiner Behinderung sei er auch weder im Kundenverkehr einsetzbar noch könne ihm eine bessere Ausbildung zuteil werden. Seine Weiterbeschäftigung würde daher für das Unternehmen der mitbeteiligten Partei nur eine Mehrbelastung darstellen, weil dem Beschwerdeführer auch unter Berücksichtigung der Förderungen für seine Tätigkeit eine Entlohnung zukommen müsse, er jedoch nicht in der Lage sei, für die mitbeteiligte Partei eine entsprechende wertvolle und nutzbringende Arbeitstätigkeit als Gegenleistung auszuüben. Zu dem komme, daß ja bei der G-GesmbH sehr wohl ein Ersatzarbeitsplatz für den Beschwerdeführer zur Verfügung stünde, sodaß er auch im Fall der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der mitbeteiligten Partei nicht arbeitslos wäre. Die Ablehnung dieses Ersatzarbeitsplatzes durch den Beschwerdeführer mit der Begründung, daß er nicht pendeln wolle, könne nicht von Bedeutung sein. Auch wäre jederzeit eine Beschäftigung bei der Firma K in B möglich, sodaß die diesbezüglichen Argumente einer schlechten Arbeitsmarktlage im Bezirk nicht zielführend erschienen. In diesen Betrieben könnte er auch schon jetzt nicht nur seine fachliche Qualifikation durch Inanspruchnahme von Schulungsmaßnahmen verbessern, sondern sie auch durch die von ihm ausgeübte Tätikeit in der Praxis erproben. Hingegen wäre für ihn eine Fortbildung im Unternehmen der mitbeteiligten Partei aufgrund seiner mangelnden fachlichen Qualifikation nicht möglich.
Dazu nahm der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 30. Dezember 1992 wie folgt Stellung:
Trotz der Produktionsumstellung seien im Betrieb der mitbeteiligten Partei immer noch Hilfskräfte und angelerntes Personal beschäftigt. Die bestehende Minderqualifizierung liege im Verschulden der mitbeteiligten Partei, weil sie die öffentlichen Förderungsmittel nicht in der Form von Schulungsmaßnahmen umgesetzt habe. Es sei ihm vielmehr ein solcher Weg durch die mitbeteiligte Partei versperrt worden. Mit entsprechender Instruierung, die bis dato nicht bestanden habe, seien ihm die Bedienung einer Maschine sowie auch eine andere nutzbringende Tätigkeit sehr wohl zumutbar. Bei der bisherigen Tätigkeit an der Maschine sei sein Arbeitsrhythmus durch die Maschine vorgegeben gewesen und nicht von ihm bestimmt worden. Trotz Umstrukturierung des Unternehmens der mitbeteiligten Partei stünden die gleichen Maschinen im Einsatz wie vorher. Bei entsprechender Einschulung könne der Beschwerdeführer aber auch an anderen Maschinen eingesetzt werden. Die angeblichen nutzbringenden Arbeitsplätze im Filterwerk K und in der G-GesmbH seien nicht existent und stellten keine reale Alternative zur Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der mitbeteiligten Partei dar. Die Firma K sei branchenfremd und habe mit Holzbearbeitung nichts zu tun. Außerdem nehme sie selbst Personalreduzierungen vor. In der genannten geschützten Werkstätte sei der Beschwerdeführer bereits in einem einjährigen befristeten Arbeitsverhältnis gestanden. Dabei habe er wegen des dort herrschenden Arbeitsdruckes nachweislich gesundheitliche Schäden erlitten. Durch die besondere psychische Belastung, die Zusammenarbeit mit körperbehinderten Mitarbeitern, sei für ihn eine unerträgliche Situation aufgetreten. Außerdem seien während des Pendelns vom Heimatort zum Arbeitsplatz wiederholt Feindseligkeiten und aggressive Übergriffe durch manche Personen aufgetreten. Auch wäre eine Integration in die private Wirtschaft aus der geschützten Werkstätten selbst viel schwieriger. Die darin auszuführenden Tätigkeiten bestünden nämlich in einfachen unqualifizierten Arbeiten und Serienfertigkeiten. Eine fachliche Weiterqualifizierung sei nicht möglich.
In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 28. Jänner 1993 brachte die mitbeteiligte Partei vor, daß die Zahl der Arbeitnehmer von 105 auf 66 vermindert worden sei. Insbesondere seien die Hilfskräfte freigesetzt worden. Der Beschwerdeführer bestätigte diese Angaben. Die mitbeteiligte Partei verwies auf die Produktionsumstellung von der Massenfertigung auf die individuelle Fertigung, wodurch vermehrt Kundenkontakte erforderlich seien. Die innerbetriebliche Kommunikation mit dem Beschwerdeführer sei äußerst erschwert und auf das Vorzeigen von Handgriffen reduziert. Darauf erwiderte der Beschwerdeführer, daß der Vorarbeiter schriftliche Anweisungen geben müsse.
Mit Bescheid vom 27. April 1993 gab die belangte Behörde der Berufung Folge und stimmte der beabsichtigten Kündigung des Beschwerdeführers zu.
Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/09/0334, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung auf, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß mangels Vorliegens eines Zustellnachweises "im Zweifel" anzunehmen sei, die Berufung sei rechtzeitig erhoben worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung neuerlich Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahin ab, daß der beabsichtigten Kündigung des Beschwerdeführers zugestimmt werde.
In der Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde zunächst zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung fest, daß der erstinstanzliche Bescheid vom 27. März 1992 der mitbeteiligten Partei am 30. März 1992 zugestellt worden sei. Dies ergebe sich einerseits aus dem von der mitbeteiligten Partei geführten Postbuch sowie daraus, daß aufgrund eines Fehlers der erstinstanzlichen Behörde der Bescheid irrtümlicherweise nicht mit Rückschein, sondern mit der normalen Post zugestellt worden sei. Die vierzehntägige Frist zur Erhebung der Berufung sei demgemäß bis einschließlich Montag, den 13. April 1992, gelaufen. Die an diesem Tag namens der mitbeteiligten Partei eingebrachte Berufung sei somit als rechtzeitig anzusehen.
In der Sache selbst werde ergänzend festgestellt, daß die mitbeteiligte Partei infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Zahl ihrer Beschäftigten von 105 auf 66 vermindert habe, wobei insbesondere Hilfskräfte freigesetzt worden seien. Vor der Umorganisation sei eine Serienproduktion erfolgt, nunmehr würden Maßmöbel nach individuellen Kundenwünschen erzeugt. Hierdurch würden höhere Anforderungen an die Beschäftigten gestellt, was auch erkläre, daß überwiegend Hilfskräfte freigesetzt worden seien. Der Beschwerdeführer dürfe infolge einer Auflage durch die Arbeitsinspektion wegen seiner Behinderung nicht allein am holz-verarbeitenden und -bearbeitenden Maschinen tätig sein, weil das Verletzungsrisiko ohne akustische Wahrnehmung erhöht sei. Die Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen sei durch die Kommunikationsschwierigkeiten äußerst erschwert. Die Erzeugung von nach individuellen Wünschen gefertigten Möbeln setze eine Zusammenarbeit von mehreren Beschäftigten nach Art eines Teams voraus. Die Bereitschaft der Arbeitskollegen, auf die Behinderung des Beschwerdeführers Rücksicht zu nehmen, sei gering. Für Kundenkontakte könne der Beschwerdeführer wegen seiner Sprachbehinderung nicht verwendet werden. Er könne in seiner Region praktisch nicht vermittelt werden, wohl aber könnte er in der G-GesmbH Beschäftigung finden. Dies lehne er jedoch wegen des damit verbundenen Pendelns und der psychischen Belastung durch die Gegenwart anderer Behinderter ab. Die Verminderung der Beschäftigtenzahl stehe außer Streit. Die übrigen Umstände, die einer Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers entgegenstünden, seien die Folge der Umstellung von Serienfertigung auf Fertigung nach individuellen Wünschen. Dabei seien die Anforderungen an die Kommunikation deutlich höher. Während früher bei der Serienfertigung einige wenige Anweisungen durch den Vorarbeiter für die Arbeit des Beschwerdeführers genügt hätten, sei dies bei der nunmehrigen Produktionsweise nicht der Fall. Dadurch könne der Beschwerdeführer nur mehr für einfache Helferarbeiten, unter seiner Qualifikation, herangezogen werden.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt dahin, daß bei der Abwägung des Bestandsinteresses des Beschwerdeführers gegenüber dem Auflösungsinteresse der mitbeteiligten Partei unter Berücksichtigung der sie treffenden erhöhten Fürsorgepflicht die außer Streit stehenden drastischen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die zur Verminderung der Beschäftigten auf annähernd die Hälfte und die Umstellung zur Produktion geführt hätten, zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer sei zwar durch das Arbeitsamt nicht vermittelbar, könne aber in einer geschützten Werkstätte Beschäftigung finden. Das tägliche Pendeln sei ihm zumutbar. Dies müßten in Regionen mit Arbeitsplatzproblemen immer mehr Beschäftigte auf sich nehmen. Die verhältnismäßig umfangreiche Betriebseinschränkung bei der mitbeteiligten Partei und die damit verbundene Umstrukturierung komme einem besonderen Ausnahmefall im Sinne des zweiten Satz des § 8 Abs. 2 BEinstG nahe, wonach sogar eine nachträgliche Zustimmung erwogen werden könnte. Die Schwierigkeiten des Umganges des Beschwerdeführers mit Behinderten dürfe kein ernsthaftes Argument für die Ablehnung einer Beschäftigung in einer geschützten Werkstätte sein. Gerade in diesem Umfeld könnte der Beschwerdeführer die zur persönlichen Entwicklung notwendigen sozialen Kontakte besser entwickeln als im Betrieb der mitbeteiligten Partei, in dem er im Umgang mit nichtbehinderten Arbeitskollegen durch die besondere Art seiner Behinderung auf eine Barriere stoße und für Helfertätigkeiten eingesetzt werde. Wegen seines Alters von nur 26 Jahren sei es seiner Entwicklung auch zuträglich, in einer geschützten Werkstätte zu arbeiten und nicht in einer ihn ablehnenden Umgebung. Zwar sei es der mitbeteiligten Partei verwehrt, sich auf diese Ablehnung zu berufen, jedoch könne die Verpflichtung des Dienstgebers eines Behinderten nicht einfach auf die Arbeitskollegen erstreckt werden. Derartige ethische und solidarische Pflichten, die nichtbehinderte Arbeitskollegen Behinderter träfen, seien mit den Mitteln des BEinstG nicht einlösbar. Bei Abwägung dieser Umstände sei die Zustimmung zur Kündigung gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legt die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, daß auch die ergänzenden Feststellungen der belangten Behörde nicht ausreichten, um abschließend die Rechtzeitigkeit der Berufung beurteilen zu können. Zunächst könne schon die Argumentation, es ergebe sich die Zustellung per 30. März 1992 daraus, daß der erstinstanzliche Bescheid irrtümlicherweise nicht mit Rückschein, sondern mit der normalen Post zugestellt worden sei, gedanklich nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn man aber von einem solchen Zustelldatum ausgehe, habe die zweiwöchige Berufungsfrist mit 13. April 1992 geendet. Daß die Berufung aber tatsächlich spätestens an diesem Tag zur Post gegeben worden sei, sei den Feststellungen nicht zu entnehmen. Darüber habe die belangte Behörde auch offensichtlich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, wozu sie jedoch verpflichtet gewesen wäre. Auch seien keine Nachforschungen bei der Post durchgeführt worden. Die Berufungsschrift sei zwar mit 13. April 1992 datiert, daß heiße jedoch nicht, daß sie auch noch an diesem Tag zur Post gegeben worden sei. Aus dem Eingangsstempel des Landesinvalidenamtes für Kärnten gehe hervor, daß die Berufungsschrift am 14. April 1992 eingelangt sei. Es sei daher nicht auszuschließen, daß sie an diesem Tag ohne Postweg eingebracht worden sei. In diesem Fall wäre die Berufung jedoch verspätet. Um dies auszuschließen, hätte die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren auf die Vorlage eines Aufgabescheines oder eines sonstigen Nachweises durch die mitbeteiligte Partei ausdehnen müssen, was jedoch nicht der Fall sei.
Diese Einwände sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Daß der erstinstanzliche Bescheid vom 27. März 1992 der mitbeteiligten Partei am 30. März 1992 und nicht bereits früher zugestellt wurde, ergibt sich nicht nur aus dem von der mitbeteiligten Partei geführten und im Verfahren vorgelegten Postbuch, sondern auch aus der Aussage der vom Landesinvalidenamt für Kärnten als Zeugin vernommenen Büroangestellten der mitbeteiligten Partei vom 15. Juni 1994 und aus dem Umstand, daß der 30. März 1992 ein Montag war und nicht angenommen werden kann, es sei der mit Freitag, dem 27. März 1992, datierte Bescheid vor dem 30. März 1992 der mitbeteiligten Partei mit der Post zugestellt worden. Daß die mitbeteiligte Partei ihre Berufung am 13. April 1992 zur Post gegeben habe, stellte die belangte Behörde zwar nicht ausdrücklich fest; die Feststellung der Einbringung an diesem Tag schließt eine solche Deutung aber auch nicht aus. Sie liegt deshalb nahe, weil die belangte Behörde daraus die Rechtzeitigkeit der Berufung erschließt. Daß die Berufung in der Tat an diesem Tag zur Post gegeben wurde, ergibt sich aber aus der im Verfahren vorgelegten, mit diesem Tag datierten Kopie des Aufgabescheines der Berufung.
2. Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des § 8 BEinstG lauten:
"(1) Das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten darf vom Dienstgeber, soferne keine längere Kündigungsfrist einzuhalten ist, nur unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen gekündigt werden. ...
(2) Die Kündigung eines begünstigten Behinderten (§ 2) darf von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates ...
zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren
Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des
Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht
in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung
erteilt. Gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des
Dienstverhältnisses an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen,
bleiben unberührt. Auf die Kündigung eines begünstigten
Behinderten finden die Bestimmungen des § 105 Abs. 2 bis 6 des
Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 ... keine
Anwendung.
(3) Abs. 2 findet auf das Dienstverhältnis eines
begünstigten Behinderten keine Anwendung, soweit ihm als
Mitglied des Betriebsrates (Jugendvertrauensrates) ... der
besondere Kündigungsschutz aufgrund der §§ 120 und 121 des
Arbeitsverfassungsgesetzes ... zusteht."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 10.September 1959, Zl. 534/56, VwSlg. 5.037/A, vom 19. Februar 1986, Zl. 85/09/0215, vom 26. Mai 1988, Zl. 87/09/0263, vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0006, VwSlg. 12.921/A, vom 27. April 1989, Zlen. 88/09/0124, 0125, VwSlg. 12.922/A, und vom 13. September 1994, Zlen. 93/09/0346, 0358) liegt die Entscheidung darüber, ob die Zustimmung zu einer künftigen Kündigung einer dem Kreis der begünstigten Personen nach § 2 BEinstG angehörenden Person nach § 8 Abs.2 erster Satz BEinstG oder die nachträgliche Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung nach § 8 Abs. 2 zweiter Satz BEinstG erteilt werden soll, im freien Ermessen der Behörde. Nach dem Zweck des BEinstG, das der Eingliederung der begünstigten Person in den Arbeitsprozeß und der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz dienen soll (vgl. zum Gesetzeszweck auch die Erkenntnisse vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0147, VwSlg.Nr. 13.126/A, und vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1991, VfSlg. Nr. 12.933), ist es bei dieser Ermessensentscheidung Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden bzw. schon gekündigten Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann, wobei unter Bedachtnahme auf § 8 Abs. 3 BEinstG der in diesem Gesetz normierte Kündigungsschutz nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls nicht weitergehen soll als etwa im Falle eines Betriebsratsmitgliedes.
Um eine im Sinn des BEinstG entsprechende Interessenabwägung zugunsten des die Kündigung beabsichtigenden Dienstgebers vorzunehmen, brauchen die Kündigungsgründe im Sinne des § 8 Abs. 2 BEinstG nicht im Verhalten oder in der Person des Gekündigten zu liegen und ist insbesondere nicht sein Verschulden erforderlich, sondern können an sich (freilich neben noch zu behandelnden weiteren Umständen) auch sachliche, im Betrieb gelegene Gründe genügen (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 21. Mai 1954, Zl. 3402/53, ArbSlg. 5.998, vom 19. Februar 1986, Zl. 85/09/0215, vom 19. März 1986, Zl. 84/09/0194, und vom 27. April 1989, Zl. 86/09/0092). Betriebliche Belange reichen aber in der Regel für eine Zustimmung für eine in Aussicht genommene Kündigung eines begünstigten Behinderten nicht aus, es sei denn, seine Kündigung wäre unabdingbar, um nicht das Fortbestehen des Unternehmens konkret zu gefährden. In diesem Zusammenhang dürfen die zur Entscheidung berufenen Verwaltungsbehörden zwar nicht die Zweckmäßigkeit einer unternehmerischen Entscheidung überprüfen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes eines behinderten Arbeitnehmers führt bzw. bei Veränderung des Arbeitsplatzes die Einsatzfähigkeit des behinderten Arbeitnehmers für diese Arbeit nicht mehr zuläßt, sofern nicht diese unternehmerische Entscheidung ausschließlich zum Zweck der Benachteiligung des begünstigten Behinderten getroffen worden sein sollte. Die Behörden haben aber - um die gebotene, umfassende Abwägung nicht nur der objektiven betrieblichen Interessen des Dienstgebers, sondern auch und vor allem der unter dem Gesichtspunkt der sozialen Schutzbedürftigkeit des begünstigten Behinderten bestehenden Interessen an der Aufrechterhaltung seines Dienstverhältnisses vornehmen zu können - festzustellen, ob in dem Betrieb, in dem der behinderte Dienstnehmer beschäftigt ist, noch andere Arbeitsplätze vorhanden sind, auf denen er unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit tätig werden könnte. Besteht eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des begünstigten Behinderten auf einem anderen, von ihm akzeptierten Arbeitsplatz des Dienstgebers, und führt die (bei vergleichender Würdigung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Situation des Behinderten, insbesondere auch seiner künftigen Berufsaussichten im Falle einer Auflösung des Dienstverhältnisses gebotene) Weiterbeschäftigung nicht zu unzumutbaren Belastungen für den Dienstgeber, sei es aus den im Verhalten oder in der Person des Behinderten gelegenen, sei es aus objektiven betrieblichen Gründen (so z.B. wegen äußerster Einschränkung der Weiterverwendungsmöglichkeit des begünstigten Behinderten: vgl. die Erkenntnisse vom 27. April 1989, VwSlg. 12.922/A, und vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139), so widerspricht eine auf Antrag des Dienstgebers erteilte Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung eines solchen begünstigten Behinderten dem Sinn des BEinstG (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 22. Februar 1990, VwSlg. 13.126/A, vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139, und vom 23. April 1992, Zl. 92/09/0046, sowie OGH, DRdA 1991, 324, mit Anmerkung von Ritzberger-Moser).
Diese aus der Zweckbestimmung des BEinstG abgeleiteten Grundsätze haben als Richtlinie für die Handhabung des der Behörde vom Gesetz eingeräumten Ermessens zu dienen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Ermessensentscheidung entsprechend dem Art. 130 Abs. 2 B-VG ausschließlich daraufhin zu prüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmißbrauches - nicht der Fall gewesen ist. Eine solche Prüfung setzt freilich voraus, daß alle für diese Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Umstände unter Einhaltung der maßgebenden Verfahrensvorschriften ermittelt und in der Bescheidbegründung festgestellt wurden.
Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätzes reichen, wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde mit Recht ausführt, die oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde nicht zu einer abschließenden Beurteilung aus, ob die getroffene Ermessensentscheidung dem Sinn des BEinstG entspricht.
Die belangte Behörde hat festgestellt, daß der Beschwerdeführer - trotz der mehrfach genannten Produktionsumstellung im Betrieb der mitbeteiligten Partei - zwar nurmehr (aber doch noch) "für einfache Helferarbeiten, unter seiner Qualifikation, herangezogen werden" könne. Angesichts des Umstandes, daß der Beschwerdeführer - sowohl nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen als auch nach der Aktenlage (nämlich nach den im Akt der erstinstanzlichen Behörde erliegenden Berichten über Betriebsbesuche, Aktenvermerken und Anträgen der mitbeteiligten Partei auf Beihilfen: vgl. die Seiten 2, 4, 6, 35) - wegen seiner fehlenden fachlichen Ausbildung lediglich zur Verrichtung einfacher Hilfsarbeiten, die auch eine Person ohne entsprechende Qualifikation ausführen könne, und zwar nicht allein, sondern nur mit einer zweiten Person, einsetzbar gewesen sei (weshalb der mitbeteiligten Partei auch während der gesamten Zeit der tatsächlichen Beschäftigung des Beschwerdeführers Beihilfen gewährt wurden), ist nicht erkennbar, aus welchem Grund der mitbeteiligten Partei die weitere Heranziehung des Beschwerdeführers für einfache Helferarbeiten unter seiner Qualifikation auch unter der Annahme, daß sie für umfangreichere Instruierungen durch andere Mitarbeiter Sorge tragen müßte, im obgenannten Sinn unmöglich und unzumutbar sein sollte. Die bloße beschränkte Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers allein stellt jedenfalls kein schlüssiges Argument dafür dar, daß der mitbeteiligten Partei seine weitere Beschäftigung (allenfalls unter Inanspruchnahme weiterer Beihilfen) nicht mehr zumutbar wäre. Würde man nämlich dieser Argumentation folgen, dann wäre damit im Ergebnis gerade die Behinderung des Beschwerdeführers der letztlich ausschlaggebende Grund für seine Ausgliederung aus dem Arbeitsprozeß, was den Intentionen des BEinstG diametral zuwiderliefe (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 13. September 1994, Zlen. 93/09/0346, 0358). Die belangte Behörde hat auch nicht festgestellt, daß der Beschwerdeführer die genannte Helfertätigkeit nicht akzeptiere. Besteht aber eine solche der mitbeteiligten Partei zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Beschwerdeführers, so kommt der angeblichen Möglichkeit seiner Beschäftigung in der G-GesmbH schon deshalb keine Bedeutung zu, weil in solche Werkstätten nur begünstigte Behinderte aufgenommen werden sollen, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung noch nicht oder nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können (§ 11 BEinstG).
Aus den genannten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)