VwGH 84/09/0194

VwGH84/09/019419.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Griesmacher, Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde des AH in A, vertreten durch Dr. Helga Wippel in Linz, diese vertreten durch Dr. Alfred Eichler, Rechtsanwalt in Linz, Goethestraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. August 1984, Zl. SV-2079/11-1984, betreffend Zustimmung zur Kündigung nach dem Invalideneinstellungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Firma G-Ges. m. b. H. in S), zu Recht erkannt:

Normen

InvEG 1969 §8 Abs2 idF 1979/111;
InvEG 1969 §8 Abs2 idF 1979/111;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, Geburtsjahrgang 1944, war seit 13. November 1973 bei der mitbeteiligten Partei, nach deren Angaben als "Hilfsarbeiter", nach seinen Ausführungen und nach dem angefochtenen Bescheid als "Graveur", beschäftigt. Nach einem im April 1981 erlittenen Verkehrsunfall, der zwei längere Krankenstände zur Folge hatte, beantragte der Beschwerdeführer am 22. Oktober 1982 die Einbeziehung in den Kreis der begünstigten Invaliden.

Am 15. März 1983 wurde der Beschwerdeführer gekündigt (Kündigungsfrist bis 15. April 1983). Mit Bescheid vom 6. April 1983 stellte das Landesinvalidenamt für Oberösterreich fest, daß der Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1982 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 v. H. dem Kreis der begünstigten Invaliden angehöre. Am 22. April 1983 - also nach Ablauf der Kündigungsfrist - wurde die mitbeteiligte Partei über die rückwirkende Einbeziehung des Beschwerdeführers in den Kreis der begünstigten Invaliden in Kenntnis gesetzt. Daraufhin beantragt die mitbeteiligte Partei die nachträgliche Zustimmung zu der zum 15. April 1983 erfolgten Kündigung, allenfalls die Zustimmung zur künftigen Kündigung.

Mit Bescheid vom 30. November 1983 gab der Invalidenausschuß beim Landesinvalidenamt für Oberösterreich den Anträgen der mitbeteiligten Partei keine Folge. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wurde nach Darlegung des Sachverhaltes im wesentlichen ausgeführt, ein Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter sei abgewiesen worden, weil der Beschwerdeführer zwar aus orthopädischer Sicht mit dem linken Arm lediglich einfache, leichtere Tätigkeiten verrichten könne, mit dem dominanten rechten Arm aber für alle Arbeiten verwendungsfähig sei. Bei der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 1983 habe die Firmenleitung erklärt, daß der Beschwerdeführer nicht mehr weiter beschäftigt werden könne, weil es ihm am nötigen Ausbildungswillen fehle. Eine Wiederbeschäftigung sei nicht vertretbar, weil die für den Beschwerdeführer aus gesundheitlicher Sicht möglichen Tätigkeiten als Hilfsarbeiter mit teilweise älteren und unterhaltspflichtigen Arbeitnehmern besetzt seien. In dieser Verhandlung habe der Betriebsrat erklärt, daß eine Wiederbeschäftigung des Beschwerdeführers als Hilfsarbeiter im Betrieb möglich sei, wenngleich dies auch mit einem Lohnverlust verbunden wäre. Bei einer weiteren mündlichen Verhandlung sei festgestellt worden, daß die mitbeteiligte Partei noch fünf Hilfsarbeiter beschäftige, welche folgende Arbeiten zu verrichten hätten: Bedienung von ferngesteuerten Kränen und Hubstaplern, Durchführung der Späneentsorgung und Toilettenreinigung. In dieser Verhandlung habe der Betriebsratsobmann erklärt, daß auch er nun keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den Beschwerdeführer sehe, weil die Tätigkeiten im Transportbereich aus Sicherheitsgründen nicht mehr vertretbar seien. Der Kündigung eines anderen Dienstnehmers anstelle des Behinderten würde von seiten des Betriebsrates die Zustimmung verweigert werden.

Nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes sei der Invalidenausschuß bei der Prüfung der Frage, ob eine Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers künftig möglich sei, zur Ansicht gelangt, daß auf Grund der gegebenen Verhältnisse der Erhaltung des Arbeitsplatzes des Behinderten die überwiegendere Bedeutung zuzumessen sei. Maßgebend hiefür sei gewesen, daß im Betrieb der mitbeteiligten Partei trotz voraussichtlich mangelnder Vollbeschäftigung noch insgesamt fünf Hilfsarbeiter tätig seien. Sollte es tatsächlich für den behinderten Beschwerdeführer keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr geben, wäre einem gesunden Hilfsarbeiter der Verlust des Arbeitsplatzes eher zumutbar als dem behinderten Beschwerdeführer. Sicherlich könne dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Behinderung die Bedienung von flurgesteuerten Kränen und Hubstaplern nicht zugemutet werden, es wäre aber von medizinischer Seite durchaus vertretbar, ihn für die Durchführung der Späneentsorgung und zur Toilettenreinigung heranzuziehen. Da die Hilfsarbeitertätigkeiten von insgesamt fünf Personen verrichtet würden, wäre auch die Möglichkeit einer entsprechenden Arbeitsaufteilung gegeben, bei der der Beschwerdeführer eben jene Hilfsarbeitertätigkeiten verrichten müßte, welche ihm auf Grund seiner Behinderung möglich seien.

Eine der Zielsetzungen des Invalideneinstellungsgesetzes bestehe darin, einem begünstigten Invaliden von einer willkürlichen Kündigung wegen seiner Invalidität und der damit verbundenen Minderleistung zu schützen. Der behinderte Beschwerdeführer sei zu den vorher genannten Tätigkeiten durchaus verwendbar und habe sich bereit erklärt, als Hilfsarbeiter zu arbeiten.

Daher könne auch der nun abweichenden Stellungnahme des Betriebsrates nicht gefolgt werden. Der Verlust des Arbeitsplatzes würde aber insbesondere auf Grund der Behinderung für den Beschwerdeführer eine längere, wenn nicht dauernde Arbeitslosigkeit bedeuten. Da sich somit der Verlust des Arbeitsplatzes für den Beschwerdeführer wesentlich schwerwiegender auswirken würde als gegebenenfalls für einen anderen, jüngeren bzw. nicht behinderten Dienstnehmer, habe der Invalidenausschuß in freier Beweiswürdigung beschlossen, auch dem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung nicht stattzugeben.

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung, in der sie sich vorerst insbesondere gegen die Verneinung des Vorliegens eines besonderen Ausnahmefalles, der eine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung rechtfertige, wendete. Sie legte weiters dar, daß die Invalidität des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Kündigung nicht bekannt und auch nicht offensichtlich war. Darüber hinaus führt sie aus, sei die Kündigung des Beschwerdeführers aus betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit und auf Grund des Gesamtverhaltens des Dienstnehmers erfolgt und weist auf den Mangel einer entsprechenden Einsetzbarkeit des Beschwerdeführers hin.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und die nachträgliche Zustimmung zur Kündigung des Beschwerdeführers erteilt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird der Sachverhalt, die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - diese aber nur unvollständig (es fehlt die Interessensabwägung, die für die Verweigerung der Zustimmung die Grundlage darstellt) - und die Berufung auf das Wesentliche zusammengefaßt wiedergegeben. Anschließend folgten die - nachstehend im wesentlichen wiedergegebenen - Erwägungen der belangten Behörde. Was zunächst die "verhältnismäßig große Betriebseinschränkung" betreffe, so könne als amtsbekannt gelten, daß das Werk A der mitbeteiligten Partei seit etwa Ende des Jahres 1982/Anfang 1983 mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen habe.

Diese Schwierigkeiten hätten im Laufe der Jahre 1983/1984 zu erheblichen Personalreduktionen geführt. Es folgt die Wiedergabe zweier Zeitungsartikel. Daß - so führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus - im vorliegenden Fall also tatsächlich eine verhältnismäßig große Betriebseinschränkung vorliege und damit auch eine der Voraussetzungen für eine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung eines invaliden Dienstnehmers gegeben sei, werde wohl nicht bestritten werden können.

Weiters wird ausgeführt, strittig sei gewesen, zu welchem Zeitpunkt die Firmenleitung später von der Invalidität des Beschwerdeführers in Kenntnis gesetzt worden sei bzw. davon, daß ein Verfahren bezüglich der Einbeziehung des Beschwerdeführers in den Kreis der begünstigten Invaliden im Gange sei. Nach Aussage des Zentralbetriebsobmannes der mitbeteiligten Partei habe er die Firmenleitung darüber in Kenntnis gesetzt, daß der Beschwerdeführer einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Invaliden eingebracht habe. Er könne aber nicht mit Sicherheit sagen, ob dieses Gespräch bereits vor Ausspruch der Kündigung stattgefunden habe; er wisse jedoch mit Bestimmtheit, daß es noch vor Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgt sei.

Nach Ansicht der belangten Behörde erscheine somit jedenfalls das Vorbringen der mitbeteiligten Partei, sie habe zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung nicht über ein laufendes Verfahren über die Einbeziehung des Beschwerdeführers in den Kreis der begünstigten Invaliden gewußt, nicht widerlegt und könne somit als erwiesen angenommen werden.

Selbst wenn aber diese Benachrichtigung noch vor Ausspruch der Kündigung erfolgt wäre, sei damit nichts für den Beschwerdeführer gewonnen. Ein noch laufendes Verfahren besage noch nicht, daß das Verfahren unbedingt zugunsten des Antragstellers ausgehen hätte müssen. Selbst der Beschwerdeführer konnte vom Ausgang des Verfahrens nichts wissen. Tatsache sei, daß die mitbeteiligte Partei erst nach Ausspruch der Kündigung von einem laufenden Verfahren, betreffend Einbeziehung des Beschwerdeführers in den Kreis der begünstigten Invaliden, Kenntnis erlangt habe. Die Kenntnisnahme des Dienstgebers von einer während der Kündigungsfrist rückwirkend eingetretenen Zugehörigkeit des gekündigten Dienstnehmers zum Kreis der begünstigten Invaliden verpflichte den Dienstgeber aber keinesfalls zur Rücknahme der Kündigung, sondern mache nur die Antragstellung auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung beim zuständigen Invalidenausschuß erforderlich.

Der Beschwerdeführer stehe - wie auch die erste Instanz - auf dem Standpunkt, daß er die körperliche Beschädigung bei einem Verkehrsunfall während des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses erlitten habe und es der Firmenleitung im Rahmen der Fürsorgepflicht durchaus zumutbar gewesen wäre, sich über das Ausmaß der Schädigungen des Dienstnehmers zu erkundigen, dies insbesondere auch deshalb, weil er immerhin über einen Zeitraum von zehn Monaten arbeitsunfähig gewesen sei, was auf schwerwiegende Verletzungsfolgen schließen lassen hätte können. Diesem Vorbringen müsse entgegengehalten werden, daß im Beschwerdefall von einer offensichtlichen Invalidität nicht die Rede sein könne. Das Vorbringen der mitbeteiligten Partei, daß ihr nicht zugemutet werden könne, medizinische Fachkenntnisse zu besitzen, erscheine schlüssig. Insbesondere werde die Annahme, daß von einer offenkundigen Invalidität nicht die Rede sein könne, dadurch gestützt, daß sowohl die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter als auch das Schiedsgericht der Sozialversicherung für Oberösterreich das Klagebegehren abgewiesen habe.

Die weitere Voraussetzung für eine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung, nämlich daß der Dienstgeber beim Ausspruch der Kündigung nicht wissen habe können, daß der Betreffende Invalide sei, erscheine dadurch ebenfalls nicht zweifelhaft.

Bei dieser Sach- und Rechtslage - so vermeint die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - wäre an sich eine Entscheidung bezüglich einer Zustimmung zur (künftigen) Kündigung nicht mehr erforderlich, doch aus prozeßökonomischen Gründen - zumal auch die erste Instanz eine Zustimmung zu einer künftigen Kündigung verweigert habe - sei die diesbezügliche Auffassung der belangten Behörde dargelegt. Nach Ansicht der Erstinstanz sei der Beschwerdeführer auf Grund seiner gesundheitlichen Situation nicht mehr zur Bedienung von flurgesteuerten Kränen und Hubstaplern geeignet, wohl aber zur Durchführung der Späneentsorgung und Toilettenreinigung. Der Beschwerdeführer habe darauf hingewiesen, daß er auch seine linke Hand zur Unterstützung der rechten Hand einsetzen könne. Aus der Entscheidung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter gehe hervor, daß der Beschwerdeführer auch noch folgende Tätigkeiten verrichten könne: Sortier- und Kontrollarbeiten, Verpacken, Expeditarbeiten, Stapelfahren, Elektrokranführen, Hilfsarbeiten für innerbetrieblichen Transport u.a. m.

Dem sei entgegenzuhalten, daß es sich nach einem im Akt erliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten bei den Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers um einen Zustand am "Oberarm Distal mit Gelenksbehinderung am Ellenbogen, kanalisierte Ulnaris, auch Radialisbeteiligung, chronische Alkoholschädigung" handle. Möglich seien für den Beschwerdeführer alle Arbeiten mit der rechten Hand, mit der linken Hand könnten nur Halteverrichtungen geleistet werden. Einigung habe auch darüber bestanden, daß der Beschwerdeführer im Werk der mitbeteiligten Partei nur mehr für die Späneentsorgung und Toilettenreinigung in Frage komme. Andere Betätigungsmöglichkeiten seien in diesem Betrieb - auch nach Ansicht des Betriebsrates - nicht mehr gegeben.

Die belangte Behörde habe diesbezüglich ein Gutachten des Arbeitsinspektorates eingeholt, welches nach einer Betriebsüberprüfung mitgeteilt habe, daß derzeit für die Späneentsorgung und Toilettenreinigung im Werk der mitbeteiligten Partei nur ein Dienstnehmer beschäftigt sei und diese Arbeiten höchstens 50 v. H. der täglichen Arbeitszeit beanspruchen würden. Nach den Erhebungen des Arbeitsinspektorates seien also im Betrieb der mitbeteiligten Partei keine Einsatzmöglichkeiten für die Vollbeschäftigung eines Invaliden mit nur einer intakten Hand gegeben.

Allein durch dieses schlüssige Gutachten scheine erwiesen, daß für den Beschwerdeführer im Betrieb der mitbeteiligten Partei keine Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden sei, wobei - ganz allgemein gesehen - durchaus zahlreiche Möglichkeiten zu einer Betätigung in einem anderen Bereich gegeben wären. Grundsätzlich sei noch dargelegt - so führt die belangte Behörde weiters aus -, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Slg. Nr. 5037/1959) eine Kündigung eines Invaliden nicht den Zweck verfolgen dürfe, ihn trotz grundsätzlicher Eignung zur Dienstleistung und bei gleichzeitigem Bedarf an einer solchen Dienstleistung aus dem Betrieb zu entfernen, ihn also wegen seiner Invalidität zu benachteiligen. Die Kündigung würde jedenfalls zu versagen sein, wenn sich weder aus der Person des Invaliden noch aus den Erfordernissen des Unternehmens Gründe für eine Kündigung ergeben würden. Nach Auffassung der belangten Behörde könne dies nur so aufgefaßt werden, daß das Invalideneinstellungsgesetz 1969 den Dienstgeber nicht verpflichte, neue Arbeitsplätze für invalide Dienstnehmer zu schaffen, indem er alle Arbeiten, die für den Invaliden allenfalls noch in Frage kämen, dem Aufgabengebiet anderer Dienstnehmer, die damit nur nebenbei befaßt seien, entziehe und dem Invaliden zuweise. Es sei vielmehr zu prüfen, ob der Invalide noch die grundsätzliche Eignung zur Erfüllung seines bisher innegehabten Arbeitsplatzes aufweise. Daß der Beschwerdeführer aber die vor seiner Einbeziehung in den Kreis der begünstigten Invaliden innegehabten Arbeitsplätze nicht mehr ausführen könne, stehe außer Zweifel.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer sieht sich nach seinem Vorbringen in seinem Recht auf Kündigungsschutz nach § 8 Abs. 2 des Invalideneinstellungsgesetzes 1969 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - mit einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 2 des Invalideneinstellungsgesetzes 1969, BGBl. Nr. 22/1970, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 111/1979 (= IEG), darf die Kündigung eines begünstigten Invaliden von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Invalidenausschuß nach Anhörung des Betriebsrates sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Invalidenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.

Die Entscheidung der Behörde darüber, ob die Zustimmung zur Kündigung einer nach dem IEG begünstigten Person erteilt werden soll, steht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Ermessen der Behörde, deren Aufgabe es ist, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1959, Zl. 534/56, Slg. N. F. Nr. 5037/A, vom 1. Oktober 1959, Zl. 1564/56, und vom 14. Dezember 1961, Zl. 1726/60, Slg. N. F. Nr. 5686/A). Diese aus der Zweckbestimmung des IEG abgeleiteten Grundsätze haben als Richtlinie für die Handhabung des der Behörde vom Gesetz eingeräumten Ermessens zu dienen.

Die Zustimmung zur Kündigung wäre jedenfalls nicht im Sinne des Gesetzes erteilt worden, wenn diese nur den Zweck gehabt hätte, dem Invaliden trotz grundsätzlicher Eignung zur Dienstleistung wegen seiner Invalidität zu benachteiligen bzw. aus dem Betrieb zu entfernen. Der Grund für die Kündigung eines begünstigten Invaliden muß keineswegs in der Person des Gekündigten selbst liegen. Vielmehr genügen auch sachliche, im Betrieb selbst gelegene Gründe. Es braucht also nicht unbedingt ein Verschulden des Dienstnehmers vorzuliegen. Stünde man auf dem gegenteiligen Standpunkt, so käme man zu dem unmöglichen Schluß, daß Invalide überhaupt nicht gekündigt werden dürften, solange nicht ein Verschulden von ihrer Seite vorliege (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1954, Zl. 3402/53).

Die aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorleuchtende Auffassung der belangten Behörde, daß die Abwägung des Interesses des Dienstgebers an der Kündigung im Verhältnis zur Schutzbedürftigkeit des Dienstnehmers dann, wenn durch eine verhältnismäßig große Betriebseinschränkung und durch Unkenntnis des Dienstgebers von der Eigenschaft des Dienstnehmers als begünstigter Invalide bei der Kündigung die Voraussetzungen für die Zustimmung zur nachträglichen Kündigung allein gegeben seien, nicht erforderlich sei, teilt der Gerichtshof nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die bereits vorher genannten Erkenntnisse) ist diese Interessensabwägung durch die belangte Behörde vielmehr die Voraussetzung jeder Kündigung eines begünstigten Invaliden. Über diese Ermessensentscheidung hinaus ist bei der Erteilung der Zustimmung zur Kündigung im nachhinein noch zu prüfen, ob und inwieweit "besondere Ausnahmefälle", also ganz außergewöhnliche Umstände, vorliegen, aus denen dem Dienstgeber die vorherige Einholung der Zustimmung nicht zugemutet werden kann.

Die belangte Behörde stellt in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Prüfung der Voraussetzungen für das Vorliegen eines "besonderen Ausnahmefalles" in den Vordergrund ihrer Erwägungen, bringt aber dann, gleichsam nur als Ergänzung, ihre Überlegungen zur Handhabung des Ermessens bei der Zustimmung zur Kündigung an sich vor.

Bei derartigen Ermessensentscheidungen hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich zu prüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmißbrauches - nicht der Fall gewesen ist.

Wenn die belangte Behörde bei dieser Interessenabwägung, durch Gutachten unterstützt, darlegt, daß für den Beschwerdeführer einerseits im Betrieb der mitbeteiligten Partei kein voller Arbeitsplatz mehr gegeben sei, andererseits der Beschwerdeführer sehr wohl für eine Reihe von Tätigkeiten außerhalb dieses Betriebes der mitbeteiligten Partei geeignet sei und damit andere Beschäftigungsmöglichkeiten bestünden, lassen diese Erwägungen nicht erkennen, daß die belangte Behörde ihr Ermessen willkürlich gehandhabt hat.

Bezogen auf die nachträglich erteilte Zustimmung zur Kündigung ist strittig das Vorliegen eines "besonderen Ausnahmefalles", der im Sinne der genannten Rechtsprechung insbesondere dann gegeben ist, wenn eine "verhältnismäßig große Betriebseinschränkung" erforderlich gewesen ist und der Dienstgeber nicht wissen konnte, daß der betroffene Dienstnehmer zu den begünstigten Invaliden gezählt hat.

Wenn die Beschwerde darlegt, daß zu den genannten beiden Gründen noch weitere Gründe vorhanden sein müßten, ist ihr - entgegen den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift - unter der Annahme und insoweit zuzustimmen, daß die Beschwerde damit meint, die besonderen Ausnahmegründe hätten nur ergänzend zu den für die grundlegende Interessenabwägung maßgebenden Gründen zu treten. Diesbezüglich hat der Gerichtshof bereits vorher ausgeführt, daß im Rahmen seiner Prüfungsaufgabe ein Ermessensmißbrauch nicht erkennbar war. Ansonsten ist - im Sinne der genannten Rechtsprechung (siehe insbesondere Erkenntnis vom 10. Juni 1954, Zl. 2141/53, Slg. N. F. Nr. 3442/A) - das Vorliegen der beiden genannten Gründe als "besonderer Ausnahmefall" durchaus hinreichend zu betrachten.

Wenn die Beschwerde dann weiters ausführt, daß die mitbeteiligte Partei keine verhältnismäßig große Betriebseinschränkung behauptet habe, die Annahme einer solchen auf Grund von Zeitungsartikeln als amtsbekannt zu Unrecht erfolgt sei und der Beschwerdeführer im "März 1984" allein gekündigt worden sei, so ist sie zum ersten Vorbringen sowohl auf die Berufung der mitbeteiligten Partei als auch auf den Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens zu verweisen; zum zweiten Vorbringen behauptet die Beschwerde selbst nicht, daß die Annahme der belangten Behörde inhaltlich zu Unrecht erfolgt sei, sondern weist somit nur auf einen allenfalls gegebenen, aber nicht entscheidungswesentlichen Begründungsmangel hin; zum dritten sei der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, daß seine Kündigung bereits im März 1983 erfolgt ist.

Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zumindest nicht als entscheidungswesentlich erkannt wurde, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Zum Vorbringen der mitbeteiligten Partei in der Gegenschrift, das sich insbesondere gegen die Unterschutzstellung des Beschwerdeführers an sich wendet, ist zu bemerken, daß diese Frage nicht Gegenstand dieses Verfahrens gewesen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 19. März 1986

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