Normen
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 28. Juli 1989 suchte Architekt M. im Namen der Beschwerdeführerin als Bauherrschaft beim Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) um wasserrechtliche Bewilligung der Abwasserbeseitigung für die B-Vertriebs AG und die P-Vertriebs Ges.m.b.H. auf dem Areal eines Einkaufszentrums an.
Mit Schreiben vom 15. November 1989 bestätigte die Beschwerdeführerin, daß Architekt M. bevollmächtigt sei, in ihrem Namen um wasserrechtliche Bewilligung für das angeführte Projekt anzusuchen.
Nach mehrmaligen Projektsergänzungen fand am 26. Jänner 1990 eine Verhandlung betreffend eine vorläufige Überprüfung der errichteten Abwasserbeseitigungsanlage (diverse Dach- und Oberflächenwässer, Waschstraße, Selbstbedienungswaschplatz) gemäß § 104 WRG 1959 statt, bei welcher vereinbart wurde, daß die vorgelegten Unterlagen bis Ende Mai 1990 überarbeitet werden sollten. Diese Frist sei deshalb sinnvoll, weil auch die Verantwortlichen des Einkaufszentrums bis zu diesem Zeitpunkt Überlegungen angestellt haben würden, wie die in den Oberflächenwässern enthaltenen Feststoffe vom K-Bach ferngehalten werden könnten.
Mit Schreiben vom 28. Jänner 1991 reichte die Beschwerdeführerin das ursprüngliche Abwasserbeseitigungsprojekt neuerlich zur wasserrechtlichen Bewilligung ein.
Nachdem am 29. März 1993 eine mündliche Verhandlung und eine Begutachtung der ohne wasserrechtlichen Konsens bereits bestehenden Anlagen durch den wasserbautechnischen Amtssachverständigen I. Instanz durchgeführt worden waren, ergingen seitens des LH von NÖ wasserpolizeiliche Aufträge, und zwar wurde sodann mit Bescheid des LH vom 16. April 1993 der Beschwerdeführerin aufgetragen, bis spätestens 31. Dezember 1993 die Ableitung von Abwässern der bestehenden Waschstraße und des Selbstbedienungswaschstandes in den Schmutzwasserkanal des Einkaufszentrums durch dauerhaftes und wasserdichtes Verschließen der einzelnen Abläufe einzustellen. Weiters wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, die Ableitung der mineralölbelasteten Niederschlagswässer im Zufahrtsbereich zur Servicehalle und von der Abstellspur der Zufahrt der Waschstraße in den Regenkanal der Marktgemeinde V. durch dichtes und dauerhaftes Verschließen der Einlaufschächte in diesem Bereich bis 31. Dezember 1993 einzustellen sowie die Mineralölverunreinigungen auf diesen Flächen bis 20. Mai 1993 zu entfernen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und brachte darin vor, daß für die gesamte Anlage des Einkaufszentrums ein Gesamtentwässerungskonzept vorgesehen sei, weshalb die nunmehr vorgeschriebenen Maßnahmen mit diesem Konzept in Widerspruch stehen würden. Aus diesen Gründen sei es nicht zumutbar, innerhalb kurzer Zeit zwei verschiedene bauliche Maßnahmen durchzuführen.
Darüber hinaus sei der Bescheid des LH an die falsche Partei adressiert und zugestellt worden, da Betreiberin des B-Marktes die B-Vertriebs AG und Betreiberin des P-Marktes die P-Vertriebs Gesellschaft m.b.H. sei. Da diese Gesellschaften die Kanalanlagen benutzen würden, hätte sich der angefochtene Bescheid gegen diese richten müssen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und legte die Erfüllungsfristen gemäß § 59 Abs. 2 i.V.m.
§ 66 Abs. 4 AVG neu fest.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages auch derjenige sei, der die Anlage konsenslos errichtet habe; inwieweit auch der Betreiber der Anlage verpflichtet werden könne, sei davon gesondert zu überprüfen.
Im gegenständlichen Fall richte sich der wasserpolizeiliche Auftrag an die Beschwerdeführerin, welche auch im bereits 1989 angestrengten Bewilligungsverfahren als "Bauherr" für die Abwasserbeseitigungsprojekte aufgetreten sei.
Im Zusammenhang damit scheine es unlogisch, weshalb die Beschwerdeführerin einerseits als Konsenswerberin für die teilweise nachträgliche Bewilligung der bereits bestehenden Abwasserbeseitigungsanlage des P-Marktes sowie des Objektes B-Markt auftrete, im Berufungsverfahren gegen den Bescheid eigenmächtig vorgenommener Neuerungen jedoch meine, nicht der richtige Bescheidadressat zu sein.
Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren als Partei bzw. Ansprechpartnerin im Zusammenhang mit dem Abwasserbeseitigungsprojekt für die Firmen B-Markt und P-Markt aufgetreten. Auch wäre die Beschwerdeführerin im Falle der wasserrechtlichen Bewilligung der gegenständlichen Projekte gegenüber der Behörde für die Einhaltung der wasserrechtlichen Bestimmungen verantwortlich zu machen.
Dem Firmenbuch sei ebenfalls zu entnehmen, daß die im gegenständlichen Verfahren angesprochenen Gesellschaften aufgrund von Personenidentität im Bereich der Geschäftsführung und des Vorstandes sowie Identität des Firmensitzes eng miteinander in Verbindung stünden.
Aus diesen Gründen erscheine für die Behörde der Schluß zulässig, daß die Beschwerdeführerin auch maßgeblich am P-Markt sowie am B-Markt, in welcher Form auch immer, beteiligt sei und somit auch Einfluß auf Entscheidungen im Hinblick auf die Abwasserbeseitigung nehmen würde.
Die Beschwerdeführerin habe daher im gegenständlichen Fall, unabhängig davon, ob möglicherweise weitere Aufträge gegenüber den Firmen B-Markt und P-Markt erlassen würden, Adressat des gegenständlichen gewässerpolizeilichen Auftrages sein können.
Dagegen richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht, entgegen den Bestimmungen der §§ 32 und 138 WRG 1959 nicht zur Beseitigung von eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen verhalten zu werden, als verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Als Täter im Sinne des § 138 WRG 1959 kommt jeder in Betracht, der die Übertretung des Gesetzes verursacht oder mitverursacht hat. Auch juristische Personen können im Sinne dieser Gesetzesstelle Bestimmungen des WRG durch Handlungen und Unterlassungen übertreten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1989, 89/07/0013).
Nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens sind Betreiber der ohne wasserrechtliche Bewilligung errichteten Anlagen die B-Vertriebs AG und die P-Vertriebs Gesellschaft m.b.H. Es wird daher die Ableitung von Abwässern der bestehenden Waschstraße und des Selbstbedienungswaschstandes in den Schmutzwasserkanal des Einkaufszentrums von diesen vorgenommen. Dies hat auch für die Ableitung von mineralölbelastetem Niederschlagswasser im Zufahrtsbereich zur Service-Halle und von der Aufstellspur der Zufahrt der Waschstraße in den Regenkanal der Marktgemeinde V. zu gelten.
Die Beschwerdeführerin stellte bereits im Verwaltungsverfahren die Zulässigkeit ihrer Heranziehung durch den wasserpolizeilichen Auftrag mit dem Hinweis auf die Nutzung der von diesem Auftrag erfaßten Anlagen durch zwei andere, offenbar ihrem Unternehmen sehr nahestehende Gesellschaften in Frage. Sie übersieht dabei, daß aufgrund der hg. Judikatur zu § 138 Abs. 1 WRG 1959 nicht nur die Nutzung eines einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen Zustandes ohne diese Bewilligung eine Übertretung des WRG 1959 im Sinne dieser Bestimmung darstellt, sondern auch die Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines solchen konsenslosen Zustandes (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 1994, Zl. 92/07/0154).
Aufgrund der aktenkundig festgehaltenen Eigenschaft der Beschwerdeführerin als "Bauherr" erscheint es daher nicht ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin die "Herbeiführung" z. B. im Sinne einer Auftragserteilung zur Herstellung des konsenslosen Zustandes verwirklicht haben könnte. Jedoch läßt die Beschwerdeführerin mit ihrem Beschwerdevorbringen erkennen, daß die Ermittlungen der belangten Behörde nicht ausreichen, um die Zurechnung des wasserpolizeilichen Auftrages ihr gegenüber gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Weder hat die belangte Behörde ihr die im angefochtenen Bescheid angeführten Unternehmensverflechtungen im Zuge des Parteiengehörs vorgehalten, noch kann daraus bereits eine Rechtfertigung für den erteilten wasserpolizeilichen Auftrag schlüssig abgeleitet werden. Es wäre daher an der belangten Behörde gelegen, die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen und eine mögliche Einflußnahme der Beschwerdeführerin auf die anderen Gesellschaften zu ermitteln und der Beschwerdeführerin vorzuhalten. Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten einer Täterschaft nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 hätte es auch entsprechender Feststellungen seitens der belangten Behörde bedurft, die trotz eines die Täterschaft bestreitenden Vorbringens der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid fehlen.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)