VwGH 94/05/0347

VwGH94/05/034710.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M sen. in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. Oktober 1994, Zl. BauR - 011317/2 - 1994 Ha/Vi, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Scharnstein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 litd;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litc;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litd;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 lite;
BauO OÖ 1976 §41;
BauRallg;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
ROG NÖ 1976 §30 Abs3;
ROG OÖ 1972 §18 Abs5;
ROG OÖ 1994 §39 Abs1;
ROG Slbg 1992 §45;
ROG Tir 1994 §108;
ROG Tir 1994 §109;
AVG §56;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 litd;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litc;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litd;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 lite;
BauO OÖ 1976 §41;
BauRallg;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
ROG NÖ 1976 §30 Abs3;
ROG OÖ 1972 §18 Abs5;
ROG OÖ 1994 §39 Abs1;
ROG Slbg 1992 §45;
ROG Tir 1994 §108;
ROG Tir 1994 §109;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Scharnstein vom 6. Juli 1990 wurde dem Beschwerdeführer antragsgemäß die Baubewilligung "für den Neubau eines Schafstalles mit Heubergeraum auf den Parzellen Nr. n1, n2, n3, n4 KG V, entsprechend den bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen erteilt. Die anläßlich der mündlichen Bauverhandlung am 11. Juni 1990 aufgenommene Verhandlungsschrift, deren Ablichtung diesem Bescheid angeschlossen ist, wird zu einem wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt".

Auflagepunkt 11 dieses Baubewilligungsbescheides hat folgenden Wortlaut:

"Das Gebäude darf nur für landwirtschaftliche Zwecke im Sinne der vorgesehenen Nutzung verwendet werden.

Eine andere Nutzung für Wohnzwecke oder Ferienwohnungen oder sonstige wohnliche Nutzung ist nicht zulässig."

Aus der in der Verhandlungsschrift vom 11. Juni 1990 enthaltenen Baubeschreibung ergibt sich, daß die gegenständlichen Grundstücke im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Partei als (unspezifisches, land- und forstwirtschaftliches) Grünland gewidmet sind und ein Ausmaß von insgesamt 5,5 Hektar haben. Auf Grund einer Stellungnahme des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. April 1990 ist die Errichtung des beantragten Bauprojektes nicht nur landwirtschaftlich gerechtfertigt, sondern sogar erforderlich; das Bauvorhaben erscheint daher im Sinne des § 18 Abs. 5 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1972 zulässig. Die projektierten Maße des bewilligten Gebäudes betragen 13,10 m x 8,75 m, die Gebäudehöhe ab dem Erdgeschoßfußboden beträgt 6,60 m. Im Kellergeschoß sollen die Tiere untergebracht werden. Geplant ist die Errichtung eines Schafstalles, eines Stalles für Kleintiere und einer Futterkammer. Das Erdgeschoß soll als Bergeraum und Einstellraum für landwirtschaftliche Geräte und Maschinen verwendet, der Keller in massiver Bauweise ausgeführt werden. Das Erdgeschoß soll in einer Riegelwandkonstruktion mit einer senkrechten Außenschalung errichtet werden. Als Abdeckung soll ein Krüppelwalmdach mit 35 Grad Neigung und harter Eindeckung aufgebracht werden. Für die Wasserversorgung besteht ein Brunnen auf eigenem Grund. Die Stromversorgung erfolgt aus dem Ortsnetz.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 14. November 1990 wurde dem Beschwerdeführer "die Baubewilligung für die zum Neubau eines Schafstalles mit Heubergeraum durchgeführten Planänderungen (Wasserbehälter, hangseitiger Kellerraum)" auf den vorgenannten Grundstücken entsprechend dem vorgelegten "Tekturplan" erteilt. Die (in diesem Bescheid nunmehr unter Punkt 10 enthaltene) Auflage bezüglich des Verwendungszweckes im Bewilligungsbescheid vom 6. Juli 1990 Auflagepunkt 11 blieb aufrecht. Im "Tekturplan" sind die Außenmauern des Stalles mit 25 cm Stärke und die - den Stall gegen den darüberliegenden Heubergeraum abschließende - Decke zur Gänze als Massivdecke eingezeichnet. Sämtliche Tür- und Fensteröffnungen sind planmäßig rechteckig auszuführen.

In der Folge wich der Beschwerdeführer bei der Bauausführung vom bewilligten Vorhaben insoweit ab, als die Außenmauern des Stalles in einer Stärke von 38 cm, die den Stall gegenüber dem darüberliegenden Heubergeraum abschließende Decke als isolierte Holztramdecke und zwei Türen und vier Fenster des Stalles mit Rundbögen ausgeführt wurden.

Auf Grund dieser Planabweichungen untersagte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 14. Oktober 1992 gemäß § 56 Abs. 3 der Oberösterreichischen Bauordnung (BO) die Fortsetzung der Bauausführung. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 leg. cit. aufgetragen, binnen vier Wochen um die (Bau-)Bewilligung für die vorgenommenen Planabweichungen anzusuchen oder binnen einer weiteren Frist von acht Wochen "die bewilligungslos errichteten Baulichkeiten zu beseitigen". Dieser baupolizeiliche Auftrag wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 23. März 1993 bestätigt und erwuchs in Rechtskraft.

Mit Eingabe vom 3. November 1992 beantragte der Beschwerdeführer bei der Baubehörde erster Instanz entsprechend dem "angeschlossenen Bauplan (...) vom 30. Oktober 1992" die Baubewilligung. In der bereits dem Antrag um Baubewilligung vom 21. März 1990 zugrundeliegenden Baubeschreibung wurde unter Punkt 5 (Angaben über Bauausführung) lit. c (Erdgeschoß- und Obergeschoßwände): Innenwände 25 cm bzw. 12 cm Ziegelmauer hinzugefügt " bzw. 38 cm" und unter lit. d (Konstruktion der Decken): Massivdecke hinzugefügt "bzw. Holzdecke". Der nunmehr vorgelegte Änderungsplan vom 30. Oktober 1992 unterscheidet sich vom bereits genehmigten "Tekturplan" wie folgt:

Unter "Grundriß Stall" ist die Mauerstärke der Außenwände mit nunmehr 38 cm angegeben; an der Ostseite ist der Stall an Stelle von 8,75 m auf 8,80 m verlängert worden. Bei gleichbleibender Anordnung der Räumlichkeiten und des angegebenen Verwendungszweckes wurden die Fensteröffnungen teilweise anders angeordnet. Im Schnitt A-A des Planes wurde die eingezeichnete Decke nunmehr mit "isolierte Holztramdecke" konkretisiert. Die projektierten Fenster wurden im Plan bei Ansicht nordwest und südwest teilweise ebenso wie die Eingangstüren bei Ansicht nordwest und südwest mit Rundbögen eingezeichnet. Die Eingangstür bei Ansicht südwest wurde von bisher 1 m Breite und 2 m Höhe auf 1,50 m Breite und 2,20 m Höhe geändert.

Ein von der Baubehörde erster Instanz beigezogener Amtssachverständiger aus dem Fachgebiete des Agrarwesens des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung führte in dem von der Baubehörde erster Instanz in Auftrag gegebenen Gutachten zur Frage, "ob dieses Gebäude nach wie vor als Schafstall mit Heubergeraum genehmigt werden kann und mit der Widmung als Grünland im Flächenwidmungsplan übereinstimmt" zusammenfassend aus, daß das errichtete Gebäude deshalb keinen zulässigen Bau im gewidmeten Grünland darstelle, weil nicht die landwirtschaftliche Bewirtschaftung und Nutzung des Gebäudes als Schafstall im Vordergrund stehe, sondern die Nutzung als Wohnobjekt. Dies werde auch dadurch betont, daß das Umfeld um das Gebäude keineswegs für ein landwirtschaftliches Nutzgebäude typisch gestaltet sei, sondern vielmehr auf eine Bewohnung des Gebäudes hindeute (Biotop, Hecken, Obstbäume). Mit der Veränderung in Richtung besserer Bauqualität im Vergleich zum Einreichprojekt werde jenes wirtschaftlich notwendige Erfordernis, wie es die Haltung von Schafen verlange, wesentlich überschritten. Auf Grund der konkreten Form der Landwirtschaft, der Schafhaltung im Umfang von etwa 20 Stück auf einer Nutzfläche von ca. 5 Hektar, habe dem Bau des Wirtschaftsgebäudes in der ursprünglich geplanten Form die zum Betrieb der Landwirtschaft geforderte Dienlichkeit und Notwendigkeit noch attestiert werden können. Investitionen nur im betrieblich notwendigen Umfang, wie dies bei einem Betrieb mit wirtschaftlicher Zielsetzung grundsätzlich erfolge, könnten bei dem nunmehrigen Projekt nicht mehr festgestellt werden.

Mit Bescheid vom 11. Jänner 1994 faßte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei folgenden Spruch:

"Gemäß § 49 Abs. 1 und 2 der Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 i.d.g.F., wird die von ihnen beantragte Baubewilligung für die durchgeführten Planänderungen beim bewilligten Neubau eines Schafstalles mit Heubergeraum auf den Grundstücken Nr. n1, n2, n3 und n4 der KG V versagt."

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 29. Juli 1994 keine Folge gegeben.

Mit Bescheid vom der O.Ö. Landesregierung vom 24. Oktober 1994 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß er durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt ist. In der Begründung hiezu führte die Aufsichtsbehörde aus, selbst wenn man zugunsten des Beschwerdeführers annehme, daß die beschriebenen Maßnahmen bei einem bestehenden Bau (noch) nicht die Dimension eines Umbaues im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 lit. e BO haben sollten, wären sie doch jedenfalls nach § 41 Abs. 1 lit. d leg. cit. bewilligungspflichtig. Die Bewilligungspflicht stelle auch der Beschwerdeführer nicht in Zweifel. Ungeachtet der Verwendung des Wortes "errichtet" im § 30 Abs. 5 erster Satz O.ö. Raumordnungsgesetz 1994 sei klar und unbestritten, daß diese Gesetzesstelle - ebenso wie vor dem 1. Jänner 1994 die Bestimmung des § 18 Abs. 5 Oö. ROG 1972 - auch für Umbauten und sonstige nach § 41 Abs. 1 lit. d BO bewilligungspflichtige Änderungen von Gebäuden gelte, könne doch andernfalls der eindeutige Zweck dieser Gesetzesbestimmung niemals erreicht bzw. gewährleistet, sondern ganz leicht und einfach umgangen werden. Selbst wenn man angesichts der Rechtskraft der bisher erlassenen Baubewilligungsbescheide ohne nähere Prüfung davon ausgehen müsse, der rechtskräftig bewilligte "Schafstall mit Heubergeraum" habe seinerzeit noch der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung der hier zu beurteilenden Grundstücke gedient, so sei damit noch keineswegs die Frage beantwortet, ob die vom Beschwerdeführer mittlerweile vorgenommenen festgestellten Änderungen dieses Schafstalles für dieselbe Nutzung nötig seien. Nur wenn auch die Frage zu bejahen sei, daß für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung der Grundflächen auch die nunmehr beantragten Änderungen nötig seien, könnten diese gemäß § 49 Abs. 2 BO i.V.m. § 30 Abs. 5 erster Satz Oö. ROG 1994 im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. d BO bewilligt werden. Auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen ergebe sich im konkreten Fall, daß offensichtlich ein Mißverhältnis zwischen Baukosten und erzielbaren Einahmen bestünde, auf Grund welcher sich eine nähere Kalkulation erübrige. Daraus ergebe sich auch, daß die beantragten Planänderungen nicht bewilligungsfähig im Sinne des § 30 Abs. 5 erster Satz Oö. ROG 1994 (bzw. § 18 Abs. 5 Oö. ROG 1972) seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 13. April 1993, Zl. 92/05/0301), da zumindest und jedenfalls jene Bauausführung des verfahrensgegenständlichen "Schafstalles mit Heubergeraum", um deren Bewilligung der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 3. November 1992 angesucht habe, "nicht nötig ist", um die als Grünland gewidmeten Grundstücke bestimmungsgemäß, d.h. nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers mittels Schafhaltung zu nutzen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Durchführung eines ordentlichen und widerspruchsfreien Verwaltungsverfahrens", seinem gesamten Beschwerdevorbringen zufolge in dem Recht auf Bewilligung der beantragten Planänderungen verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Gegenäußerung, auf welche die belangte Behörde replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der gegenständlichen Beschwerdesache ist die Oö. Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 59/1993 unter Berücksichtigung des am 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Oö. Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 114 (Oö. ROG 1994) anzuwenden (vgl. § 40 Abs.1 Oö. ROG 1994). Hiebei ist die Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 1 leg. cit. zu beachten, wonach im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes rechtswirksame Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne und Teilbebauungspläne als Flächenwidmungspläne oder Bebauungspläne im Sinne dieses Landesgesetzes gelten. Diese Übergangsbestimmung stellt sich - entgegen der von der belangten Behörde in ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 21. September 1995 vertretenen Rechtsansicht - nur als notwendige Anordnung dar, würden doch ansonsten mit dem früheren Gesetz, sofern sich die gesetzlichen Bestimmungen inhaltlich maßgeblich geändert haben, auch dessen Durchführungsverordnungen außer Kraft treten (vgl. hiezu insbes. Hauer, Tiroler Baurecht, 2. Auflage, Anm. 3 zu § 108 Tiroler Raumordnungsgesetz, S. 519; derselbe, Salzburger Baurecht, 2. Auflage, Anm. 5 zu § 45 Raumordnungsgesetz, S. 377). So hat der Verfassungsgerichtshof zu der vergleichbaren Übergangsbestimmung des § 30 Abs. 3 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1978, Slg. Nr. 8463, ausgesprochen, der Gesetzgeber bringe damit zum Ausdruck, daß die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des neuen Gesetzes bereits geltenden örtlichen Raumordnungsprogramme weder ihre Geltung verlieren noch etwa wegen Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über das Verfahren und den Inhalt rechtswidrig werden sollen. Eine Anpassung des Inhaltes der Widmungskategorien wird durch diese Übergangsbestimmung nicht angeordnet. Hiezu hätte es dem § 109 Tiroler Raumordnungsgesetz bzw. dem § 45 Salzburger Raumordnungsgesetz vergleichbarer Anpassungsvorschriften bedurft. Der Inhalt eines Raumordnungsplanes, was also die festgelegte Widmung betrifft, ergibt sich daher im vorliegenden Fall nach dem Inhalt jener gesetzlichen Bestimmung, die im Zeitpunkt der Erlassung (allenfalls der Entstehung - meist Beschlußfassung durch den Gemeinderat) gegolten hat, hier somit aus dem Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz 1972 (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, S. 243, sowie die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0012, und vom 29. August 1995, Zl. 94/05/0232).

Gemäß § 41 Abs. 1 BO bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung)

  1. a) der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;

    ...

  1. d) die nicht unter lit. a fallende Änderung oder die Instandsetzung von Gebäuden sowie die Änderung oder die Instandsetzung von Bauten, deren Errichtung gemäß lit. b bewilligungspflichtig ist; in diesen Fällen ist eine Bewilligung jedoch nur erforderlich, wenn die Änderung oder die Instandsetzung von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder das Orts- und Landschaftsbild ist oder das äußere Aussehen des Baues wesentlich verändert.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist im Sinne des Abs. 1 unter

  1. a) Bau eine bauliche Anlage, zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind,
  2. b) Gebäude ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter,
  3. c) Neubau die Herstellung eines Gebäudes, und zwar auch dann, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden,
  4. d) Zubau die Vergrößerung eines Gebäudes der Höhe, Länge oder Breite nach
  5. e) Umbau eine so weitgehende bauliche Änderung des Gebäudes, daß dieses nach der Änderung ganz oder doch in größeren Teilen z.B. hinsichtlich eines Geschosses) als ein anderes anzusehen ist,

    zu verstehen.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen ist es für die Bewillungspflicht ohne Belang, für welche Dauer und für welchen Zweck das Bauvorhaben bestimmt ist und ob eine feste Verbindung mit dem Boden geschaffen werden soll.

Gemäß § 53 Abs. 2 leg. cit. darf vom bewilligten Bauvorhaben ohne Bewilligung der Baubehörde nur abgewichen werden, wenn

  1. a) die Abweichung solche Änderungen betrifft, zu deren Vornahme auch bei bestehenden baulichen Anlagen eine Bewilligung nicht erforderlich ist, und
  2. b) Bedingungen oder Auflagen des Baubewilligungsbescheides hievon nicht berührt werden.

    § 18 Abs. 5 Oö. ROG, LGBl. Nr. 18/1972, zuletzt geändert durch das Landesgesetz, LGBl. Nr. 91/1989, (Oö. ROG 1972) hatte folgenden Wortlaut:

"Im Grünland dürfen nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienen. Hiezu gehören im besonderen auch Bauten und Anlagen für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft."

Unter Berücksichtigung der letztgenannten Bestimmung hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei als Baubehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer auf Grund seines Ansuchens um Baubewilligung vom 21. März 1990 mit Bescheid vom 6. Juli 1990 den Neubau eines Schafstalles mit Heubergeraum auf den hier zu beurteilenden Grundstücken des Beschwerdeführers erteilt und die im "Tekturplan" vom 8. April 1990 ersichtlichen Planänderungen mit Bescheid vom 14. November 1990 genehmigt.

Das nunmehr von den Baubehörden abgewiesene, der Beschwerde zugrundeliegende Ansuchen des Beschwerdeführers vom 3. November 1992 ist auf Genehmigung der durchgeführten, aus dem vorgelegten Plan vom 30. Oktober 1992 ersichtlichen Änderungen beim rechtskräftig mit den vorzitierten Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei bewilligten Neubau eines Schafstalles mit Heubergeraum gerichtet.

Bei den hier zur Beurteilung vorliegenden, vom Beschwerdeführer beantragten, eingangs näher umschriebenen Änderungen handelt es sich (auch) nicht um einen Umbau im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. e BO, da für einen solchen eine so weitgehende bauliche Änderung des Gebäudes erforderlich ist, daß dieses nach der Änderung ganz oder doch in größeren Teilen als anderes anzusehen ist. Keine der hier zu beurteilenden Planänderungen kann jedoch als eine derart weitgehende bauliche Änderung des bewilligten Schafstalles angesehen werden.

Zu folgen ist der von der belangten Behörde vertretenen und vom Beschwerdeführer gebilligten Rechtsansicht, daß die - nicht als Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a BO zu qualifizierenden - Änderungen bewilligungspflichtig im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. d BO sein können, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß diese Änderungen des als Gebäude zu qualifizierenden Schafstalles von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder das Orts- und Landschaftsbild sind oder das äußere Ansehen des Baues wesentlich verändern. Gegenstand eines solchen Verfahrens ist nur die Änderung der ursprünglichen Baubewilligung (vgl. hiezu Hauer, Kärntner Baurecht, 2. Auflage, Seite 125 zu § 20 der Kärntner Bauordnung 1992), setzt also das Bestehen eines Baukonsenses für das zu ändernde Gebäude begrifflich voraus (vgl. das bezüglich einer Instandsetzung zur Niederösterreichischen Bauordnung ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1975, Zl. 969/74).

Eine unter § 41 Abs. 1 lit. d BO fallende Änderung von Gebäuden ist entgegen der Bewilligungspflicht von Neu-, Zu- oder Umbauten von Gebäuden gemäß § 41 Abs. 1 lit. a leg. cit. nur unter der Voraussetzung bewilligungspflichtig, daß die Änderung von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder das Orts- und Landschaftsbild ist oder das äußere Aussehen des Baues wesentlich verändert. Nur auf diese Tatbestandsmerkmale kann sich die auf § 41 Abs. 1 lit. d BO gegründete Bewilligungspflicht beziehen. Abgesehen davon, daß sich die im § 41 Abs. 1 lit. d BO normierte Bewilligungspflicht nur auf die dort aufgezählten Interessen bezieht und schon aus diesem Grunde im vorliegenden Fall § 18 Abs. 5 Oö. ROG 1972 bei Überprüfung des hier zu beurteilenden Antrages auf seine Genehmigungsfähigkeit ausscheidet, schränkt die letztgenannte Norm ungeachtet der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen die Zulässigkeit von Bauten und Anlagen im Grünland auf die Errichtung, nicht jedoch die Änderung der bereits errichteten Bauten und Anlagen ein. Die von der belangten Behörde vertretene gegenteilige Rechtsansicht, die Verwendung des Wortes "errichtet" umfasse auch bewilligungspflichtige Änderungen von Gebäuden nach § 41 Abs. 1 lit. d Oö. BO läßt außer acht, daß § 41 BO ausdrücklich zwischen Änderung und Errichtung unterscheidet und daher § 18 Abs. 5 Oö. ROG 1972 nur auf die im § 41 BO genannten bewilligungspflichtigen Bauvorhaben bezogen werden kann, die die Errichtung von Bauten und Anlagen zum Gegenstand haben. Hätte der Gesetzgeber die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen der hier zu beurteilenden Art im Hinblick auf einen möglichen Einfluß auf das Oö. ROG 1972 in die Bewilligungspflicht einbeziehen wollen, hätte er dies im § 41 Abs. 1 lit. d BO ausdrücklich normieren müssen (vgl. hiezu § 57 Abs. 1 lit. c der Steiermärkischen Bauordnung 1968 und § 25 lit. d der Tiroler Bauordnung).

Da sich die belangte Behörde bei Überprüfung des Berufungsbescheides allein auf die als irrig erkannte Rechtsansicht gestützt hat, auch bei bewilligungspflichtiger Änderung von Gebäuden im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. d BO habe die Baubehörde § 30 Abs. 5 erster Satz Oö. ROG 1994 zu berücksichtigen und sei der vom Beschwerdeführer beantragten Änderung des bewilligten Objektes deshalb zu Recht die Baubewilligung versagt worden, weil diese Änderungen nicht nötig seien, um das dem Beschwerdeführer gehörige Grünland bestimmungsgemäß zu nutzen, erweist sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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