VwGH 93/12/0198

VwGH93/12/019822.2.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des F in Graz, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Mai 1993, Zl. Präs.-K-79/1992-2, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
Statut Graz 1967 §100;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
Statut Graz 1967 §100;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter des Magistrates Graz in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Mit Eingabe vom 10. Februar 1992 ersuchte der Beschwerdeführer, ihm für die Zeit vom 1. Juni bis 23. Juni 1992 einen Krankenstand mit Ortsverlaß zu gewähren. Mit Datum 11. März 1992 erging folgendes Schreiben des Magistrates Graz an den Beschwerdeführer:

"Herrn F, Rechnungsrat, wird über Anfrage gemäß § 17 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Landeshauptstadt Graz vom 22.12.1972 und in Entsprechung der amtsärztlichen Äußerung vom 3.3.1992 sowie unter Zugrundelegung der Krankenordnung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), III. Erweiterte Heilbehandlung, Pkt 67 Abs. 1 und 2 in der derzeit geltenden Fassung, nahegelegt, daß insgesamt 3 bewilligten Kuraufenthalten (3 durch die KFA bezahlt, 0 durch den Amtsarzt empfohlen) zunächst vor Ort Behandlungen vornehmen zu lassen. Sollte jedoch auf eine Kurbehandlung in Baden bei Wien nicht verzichtet werden wollen, wird für den Zeitraum des Ortswechsels Gebührenurlaubs-, gegebenenfalls auch Invalidenurlaubskonsumierung empfohlen.

Es darf erwähnt werden, daß seitens der KFA auch für Anwendungen am Kurort während des Gebühren- oder Invalidenurlaubes eine tarifmäßige Refundierung der Behandlungskosten gewährt wird."

Dieses Schreiben fertigte SR Dr. H für den Stadtsenat.

Gegen dieses Schreiben brachte der Beschwerdeführer am 23. März 1992 eine Berufung ein. Die belangte Behörde blieb untätig, weshalb der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Säumnisbeschwerde erhob, welche zur Zl. 92/12/0295 anhängig war. Der Verwaltungsgerichtshof trug der belangten Behörde auf, innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid nachzuholen. Nach Einbringung eines Fristerstreckungsantrages vom 16. April 1993, dem stattgegeben wurde, erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, mit welchem sie die Berufung des Beschwerdeführers zurückwies. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Feststellung einer Dienstverhinderung für den inneren Dienst regle der § 17 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Magistrat. Die allgemeinen Regelungen für den inneren Dienstbetrieb seien gemäß § 71 Abs. 2 des Statuts der Landeshauptstadt Graz in der Geschäftsordnung für den Magistrat enthalten, die gemäß § 35 Abs. 4 Statut der Landeshauptstadt Graz und Bürgermeister mit Zustimmung des Stadtsenates erlassen werde und somit den Charakter einer generellen Weisung trage. Die Feststellung der Dienstverhinderung sei ein Fall innerdienstlicher Regelungen, begründe keinen Rechtsanspruch und sei daher verfahrensfrei. Dem Schreiben des Personalamts komme daher kein Bescheidcharakter zu. Diese Verfügung sei allerdings nicht dem Stadtsenat, sondern dem Bürgermeister zuzuordnen. Da es sich eben um keinen Bescheid handle, sei die Berufung zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, in der er Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machte.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht in offenbarer Übereinstimmung mit den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß die Fertigung des angefochtenen Bescheides für den Gemeinderat durch den Bürgermeister erfolgt ist und die Unterschrift i.S. des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren § 18 Abs. 4 AVG noch leserlich ist.

Gemäß § 58 Abs. 1 des gemäß § 1 DVG anzuwendenden AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Wie der Verwaltungsgerichtshof seit seinem von einem verstärkten Senat gefaßten Beschluß vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A, in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift, oder auch die Beglaubigung enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Nur dann, wenn sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung für jedermann eindeutig ergibt, daß mit der Erledigung verbindlich und in einer der Rechtskraft fähigen Weise über eine Verwaltungsrechtssache abgesprochen wurde, ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzusehen (vgl. z.B. den Beschluß vom 28. April 1993, Zl. 93/12/0111). Bloße Schlüsse aus der Erledigung in Verbindung mit den Verwaltungsakten und den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen reichen nicht aus, um einer Erledigung den Charakter eines Bescheides zu geben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1990, Zl. 90/12/0197).

Mangels dieser Eindeutigkeit - immerhin fehlen neben der Bezeichnung als Bescheid auch die Begründung sowie eine Rechtsmittelbelehrung, vor allem aber kann der Inhalt der

Erledigung ("Herrn F wird ... nahegelegt, ...") nicht mit der

notwendigen Eindeutigkeit als Spruch (hier: Festlegung einer Verpflichtung) qualifiziert werden - hat die belangte Behörde zutreffend die Berufung wegen mangelnder Bescheidqualität zurückgewiesen.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Geschäftsordnung für den Magistrat den Charakter einer generellen Weisung oder einer Verordnung hat. Weiters kann offen bleiben, ob die Dienstbehörde erster Instanz im Fall des § 17 Abs. 4 dieser Geschäftsordnung zu einer bescheidmäßigen Absprache verpflichtet ist oder nicht. Im gegenständlichen Verfahren ist einzig relevant, ob sie einen Bescheid erlassen hat oder nicht.

Der Beschwerdeführer irrt aber auch, wenn er aus der Tatsache, daß der Verwaltungsgerichtshof im vorangegangenen Säumnisbeschwerdeverfahren der belangten Behörde die Nachholung des versäumten Bescheides aufgetragen hat, ableitet, daß es sich beim Schreiben vom 11. März 1992 um einen Bescheid handle. Da der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine Berufung eingebracht hat, war sie (ungeachtet der Rechtsaktqualität der Erledigung vom 11. März 1992) jedenfalls verpflichtet über diese Berufung mit Bescheid zu entscheiden. Die Erfüllung dieser Verpflichtung kann auch darin bestehen, daß die belangte Behörde die Berufung wegen Unzulässigkeit zurückweist, wie sie es im gegenständlichen Fall getan hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1986, Zl. 85/01/0296).

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob als "Dienstbehörde erster Instanz" der Bürgermeister oder der Stadtsenat zuständig ist, da von der ersteinschreitenden Behörde ohnehin kein Bescheid erlassen wurde. Zur Entscheidung über die Berufung gegen eine Erledigung des Stadtsenates war jedenfalls, wie sich schon aus § 100 des Statutes für die Landeshauptstadt Graz ergibt, die belangte Behörde zuständig.

Aus diesem Grund war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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