VwGH 93/09/0359

VwGH93/09/035920.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des W in P, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 17. Juni 1993, Zl. 33-3-Dk/10/93, betreffend Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß in einem Disziplinarverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §109 Abs1;
BDG 1979 §109 Abs3;
BDG 1979 §110 Abs1;
BDG 1979 §118 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §126 Abs1;
BDG 1979 §131;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
BDG 1979 §109 Abs1;
BDG 1979 §109 Abs3;
BDG 1979 §110 Abs1;
BDG 1979 §118 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §126 Abs1;
BDG 1979 §131;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich (Bund); er ist im Bereich der Bundespolizeidirektion St. Pölten als Polizeibeamter tätig.

Mit Schreiben vom 5. April 1993, SW 7651, erstattete das Zentralinspektorat der Sicherheitswache der Bundespolizeidirektion St. Pölten gegen den Beschwerdeführer gemäß § 109 Abs. 1 BDG 1979 Disziplinaranzeige. Diese Anzeige war an den Polizeidirektor gerichtet und schilderte folgende Vorfälle, durch die der Beschwerdeführer wiederholt schuldhafte Verletzungen der Dienstpflichten begangen haben soll:

"a) Am 29.12.1992 befand sich RevInsp. W außer Dienst mit einer privaten Gruppe auf der dem hs. Polizeisportverein gehörenden Schutzhütte auf dem Eibl in Türnitz. Das genannte Vereinshaus befindet sich in einer Seehöhe von ca. 1000 m.

RevInsp. W war vom SW-Dauerdienst ab 19.00 Uhr des genannten Tages zur Überstundendienstleistung kommandiert. Dieser dienstliche Auftrag war dem Beamten laut Aussage in der beiliegenden Niederschrift vom 23.1.1993 bekannt.

Nichts desto trotz konsumierte der Beamte Alkohol in einer derartigen Menge, daß er einerseits auf die zu erbringende Dienstleistung vergaß und andererseits vor den Augen auch polizeifremder Personen ein Verhalten setzte, das geeignet war, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern.

Nach ho. Ansicht hat RevInsp. W gegen die Bestimmungen des Dienstbefehles Nr. 1 vom 2.1.1986, Allgemeine Vorschriften, Pkt. I. verstoßen, in dem es heißt, daß der mit einer Berechtigung zum Lenken von Dienstfahrzeugen ausgestattete Beamte sich auch entsprechende Zeit VOR Dienstantritt jeden Alkoholkonsums zu enthalten hat.

Weiters hat er durch sein Verhalten in alkoholisiertem Zustand die ihm auch in der Freizeit obliegende Verpflichtung zur Wahrung des Standesansehens verletzt.

Durch die Unterlassung des Dienstantrittes zur Überstundenleistung am 29.12.1992, um 19.00 Uhr, hat er eine Weisung des ihm vorgesetzten Beamten im SW-Dauerdienst nicht befolgt.

b) Am 16. und 17.3.1993 war RevInsp. W zur Teilnahme an der Schulung im Hinblick auf das Sicherheitspolizeigesetz eingeteilt. Als Unterrichtszeit war mit dem an alle Dienststellen ergangenen Kommandobefehl des Zentralinspektorates der Sicherheitswache vom 22.1.1993, 08.00 -16.00 Uhr festgelegt.

Nachdem der SWB bereits am 16.3.1993 einige Minuten zu spät gekommen war, erschien er am 17.3.1993 um ca. 50 Minuten zu spät.

Daraufhin wurde ihm vom Vortragenden, Rat Dr. P, aufgetragen, sich im Zentralinspektorat zu melden.

Dort konnten von Oblt. B deutliche Symptome einer Alkoholisierung festgestellt werden. Wie im Aktenvermerk vom 17.3.1993 ausgeführt, rechtfertigte sich der Beamte damit, daß er am Vortag auf einer Geburtstagsfeier gewesen wäre und in der Folge verschlafen hätte.

Er wurde in der Folge i.S. des § 19 der Geschäftsordnung der Bundespolizeibehörden einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit unterzogen. Diese durch den Pol.Amtsarzt Dr. G vorgenommene Untersuchung ergab, daß mit Sicherheit ein Alkoholgehalt von mehr als 0,8 Promille bei dem SWB vorlag und daß somit die Dienstfähigkeit nicht gegeben war.

Rev.Insp. W erklärte gegenüber Oblt. B, als ihm dieser das Ergebnis der Untersuchung mitteilte, daß er keine weiteren Angaben mache und nach Hause gehe.

Am 22.3.1993 versuchte Oblt. B den SWB niederschriftlich zu befragen, RevInsp. W verweigerte die Beantwortung und verlas einen vorbereiteten Schriftsatz, der in der gegenständlichen Niederschrift wiedergegeben ist.

Nach Ansicht des ZI hat RevInsp. W in diesem Fall ebenfalls gegen eine dienstliche Anordnung - nämlich die Kommandierung zur Teilnahme an der SPG-Schulung ab 08.00 Uhr - verstoßen. Diese Kommandierung war dem Beamten bekannt.

Weiters dürften auch die Bestimmungen des Dienstbefehl Nr. 1 im Hinblick auf das Verbot des Alkoholkonsums für Lenker von Dienstkfz. anwendbar sein, da diese Bestimmung nicht darauf abstellt, ob der Beamte tatsächlich zum Lenken herangezogen wird, sondern lediglich darauf, daß er mit dem Lenken von Dienstfahrzeugen beauftragt ist.

Für den Fall eines großen Spontanereignissses wären sicherlich auch die Teilnehmer am SPG-Seminar zum Einsatz herangezogen worden.

Da der Beamte hinsichtlich des unter b) angeführten Ereignisses nicht geständig ist und überdies aufgrund der kurzen zeitlichen Abfolge zweier Dienstpflichtverletzungen, die ihre Ursache in der gleichen schädlichen Neigung haben, wird beantragt, diese Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres weiterzuleiten."

Angeschlossen waren dieser Anzeige unter anderem ein Bericht des Abt.Inspektors J vom 3. Jänner 1993, wonach der Beschwerdeführer trotz einer ihm zur Kenntnis gebrachten Kommandierung zum Dienstantritt am 29. Dezember 1992 um 19.00 Uhr den Dienst nicht angetreten und auf Befragen erklärt habe, dies vermutlich vergessen zu haben. Weiters ist in einem Aktenvermerk vom 5. Jänner 1993 (verfaßt von Polizei-Obstlt. H) von Vorkommnissen im Zusammenhang mit einem Aufenthalt auf der "Eiblhütte der PSV in Türnitz" die Rede. Der Beschwerdeführer sei dort augenscheinlich stark alkoholisiert gewesen und habe unter anderem, für alle Anwesenden hörbar, während einer kurzfristigen Abwesenheit des Obstlt. H zu dessen Gattin gesagt: "Hau Dein Alten amal ane am Schädel, damit er endlich amal a Mann wird". In einer Niederschrift vom 21. Jänner 1993 gab der Beschwerdeführer zum Nichtantritt des Dienstes am 29. Dezember 1992 und zu den Vorfällen in der Eiblhütte befragt, an, ihm sei die Kommandierung zum Überstundendienst bekannt gewesen. Er fühle sich bezüglich des vergessenen Überstundendienstes auch einer Dienstpflichtverletzung schuldig. Es sei richtig, daß er sich am 29. Dezember 1992 auf der Hütte am Eibl in Türnitz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (in seiner Freizeit), weil er den Jahreswechsel gefeiert und deshalb auf die ergangene Kommandierung vergessen habe. Anstelle seiner sei ein anderer Beamter kommandiert worden, sodaß er der Meinung sei, daß dem Dienstgeber kein Nachteil durch seinen Ausfall entstanden sei. Zu seiner Alkoholisierung gebe er an, daß diese zum damaligen Zeitpunkt infolge nicht eingenommener Mahlzeit eher stark gewesen sein dürfte. An konkrete Aussagen, die er in der Hütte gemacht haben solle, könne er sich nicht erinnern; er hoffe, niemanden beleidigt zu haben. Bis zum Zeitpunkt "vor Antritt meiner starken Alkoholisierung" sei ihm wohl der bevorstehende Dienst bewußt gewesen, er habe aber ab ca. 10.30 Uhr mit dem Trinken begonnen und dann auf die Dienstleistung vergessen. Wenn er Gelegenheit gehabt hätte, hätte er einen anderen Kollegen angerufen, um "meinen Dienst zu machen, und die Sache wäre in Ordnung gewesen".

Weiters war der Disziplinaranzeige angeschlossen ein Aktenvermerk vom 17. März 1993 betreffend das Zuspätkommen zur Schulung am 17. März 1993. Der Beginn der Schulung um 08.00 Uhr sei dem Beschwerdeführer bekannt gewesen, weil er jedoch - nach seinen Angaben - "verschlafen habe", sei er am 17. März 1993 um ca. 50 Minuten zu spät gekommen. Der Beschwerdeführer habe deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung aufgewiesen und habe dazu angegeben, er sei am Vortag auf einer Geburtstagsfeier gewesen und habe dabei sicherlich "einiges getrunken". Dies sei jedoch nicht der Grund seines Zuspätkommens, er habe vielmehr "verschlafen". Aufgrund der deutlichen Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung - so die Ausführungen des Obstlt. B im Aktenvermerk - sei der Verdacht nahe gelegen, daß beim Beschwerdeführer die Dienstfähigkeit nicht mehr vorhanden gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei daher von ihm angewiesen worden, sich beim Polizeiamtsarzt einer Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit zu unterziehen; in diese Untersuchung habe der Beschwerdeführer auch eingewilligt. Das ebenfalls der Disziplinaranzeige angeschlossene amtsärztliche Gutachten vom 18. März 1993 spricht davon, daß zum Untersuchungszeitpunkt (17. März 1993, gegen 9.30 Uhr) Zeichen einer leichten bis mittelstarken Alkoholisierung bestanden hätten. Beim Beschwerdeführer habe mit Sicherheit "ein Alkoholgehalt" von mehr als 0,8 Promille bestanden; eine Exekutivdiensttauglichkeit sei somit nicht mehr gegeben gewesen.

Nachdem die Disziplinaranzeige am 28. Mai 1993 gemäß § 110 Abs. 1 BDG 1979 an die belangte Behörde weitergeleitet worden war, erging der nunmehr angefochtene Bescheid (Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß vom 17. Juni 1993).

Laut dem Spruch dieses Bescheides hat die belangte Behörde beschlossen, gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes,

"1). er habe sich am 29.12.1992 während eines Aufenthaltes in der Schutzhütte der Polizeisportvereinigung St.Pölten am Eibel in unangemessener bzw. unqualifizierter Weise geäußert und dadurch das Ansehen der Polizei im Beisein von Privatpersonen geschädigt,

2). er habe sich am 29.12.1992 während der Freizeit in einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand versetzt, obwohl er wußte, daß er ab 19.00 Uhr zur Überstundenleistung kommandiert war und sich als einer, mit einer Berechtigung zum Lenken von Dienstfahrzeugen ausgestatteter Beamter auch entsprechende Zeit vor Dienstantritt jeglichen Alkoholkonsums zu enthalten habe,

3). er habe durch diese Alkoholisierung auf den Dienstantritt zur Überstundenleistung am 29.12.1992 um 19.00 Uhr vergessen,

4). er habe am 17.3.1993 einen für 08.00 Uhr angesetzten Termin für eine Schulung (Sicherheitspolizeigesetz) ohne ausreichende Rechtfertigung nicht eingehalten, da er verspätet seinen Dienst im Ausmaß von 50 Minuten angetreten hat,

5). er habe eben am 17.3.1993 diesen Dienst in Form einer Schulung im alkoholbeeinträchtigten und die Dienstfähigkeit ausschließenden Zustand angetreten,

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gem. §§ 43/1,2 44/1 BDG i.V.m. den Bestimmungen des Dienstbefehles Nr. 1 vom 2.1.1986 Allgemeine Vorschriften Pkt. I begangen,

I. gem. § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren einzuleiten und II. gem. § 124 Abs. 1 BDG 1979 eine mündliche Verhandlung für

den ... anzuberaumen."

In der Begründung wird darauf hingewiesen, der Verdacht zahlreicher Dienstpflichtverletzungen ergebe sich aus der Disziplinaranzeige der BPD-St. Pölten vom 5. April 1993. Zur Klärung des Sachverhaltes sei es notwendig, eine Disziplinarverhandlung anzuberaumen.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 21. Juni 1993 zugestellt und dem Beschwerdeführer am 23. Juni 1993 laut Zustellschein persönlich ausgehändigt.

Gegen die Disziplinaranzeige vom 5. April 1993, gegen die am 9. April erfolgte Mitteilung an den Dienststellenausschuß über die beabsichtigte Disziplinaranzeige und gegen die Mitteilung vom 2. Juni 1993, mit der dem Beschwerdeführer in Entsprechung der Vorschrift des § 109 Abs. 3 BDG 1979 eine Abschrift der Disziplinaranzeige zugestellt worden war, hatte der Beschwerdeführer am 15. Juli 1993 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, die mit Beschluß vom 23. Februar 1994, 93/09/0335, 94/09/0041, 0042, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG (wegen fehlenden Bescheidcharakters der Erledigungen) als unzulässig zurückgewiesen wurde.

In der Beschwerde gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich dabei in folgenden Rechten verletzt:

Zum Einleitungsbeschluß:

"1. Seines Rechtes auf rechtsrichtige Handhabe von § 123 BDG, daß gegen ihn nur bei begründetem Verdacht und nach ausreichender Klarstellung durch Erhebung Einleitungsbeschluß gefaßt werden darf;

2. Seines Rechtes, daß nach erforderlicher Klarstellung, gegebenenfalls durch Erhebung UNVERZÜGLICH Disziplinaranzeige vom Dienstvorgesetzten und im weiteren von der Dienstbehörde an die Disziplinarkommission zu erstatten ist;

3. Auf genaue Umschreibung des ihm angelasteten Verhaltens und Klarstellung, zu welcher Tat ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde;

4. Seines Rechtes, sich durch einen Rechtsanwalt bei außerhalb eines Disziplinarverfahrens gesetzten Erhebungsschritten der Dienstbehörde (§ 107 Abs. 1 BDG 1979) verteidigen zu lassen;

5. Seines Rechtes, nicht bei ungenügenden Anhaltspunkten eine gegen ihn ins Treffen geführten Dienstpflichtverletzung, sohin bei lediglich vager Verdachtsintensität von Dienstpflichtverletzungen, gegen sich die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wirken zu lassen;

6. Seines Rechtes auf Mitwirkung im Verfahren zur Feststellung des Verdachtsgrades von Dienstpflichtverletzungen zur Erstattung einer Disziplinaranzeige und wäre die Dienstbehörde bei Gewährung von Akteneinsicht und Zulassung seiner rechtsfreundlichen Vertretung in dem Einleitungsbeschluß vorhergegangenen Verfahrens zum Ergebnis gelangt, daß aufgrund des geringen, wenn überhaupt gegebenen Unrechtsgehaltes des inkriminierten Verhaltens, keine Disziplinaranzeige zu erstatten gewesen wäre und wenn überhaupt erforderlich, mit einer Abmahnung Auslangen gefunden hätte werden können."

Zum Verhandlungsbeschluß:

"1. Seines Rechtes auf rechtsrichtige Handhabe von § 124 BDG, daß gegen ihn nur bei hinreichender Ermittlung einer Verdachtslage wegen Dienstpflichtverletzungen ein Verhandlungsbeschluß gefaßt werden darf und vor Beschlußfassung sämtliche notwendigen Ermittlungen durchzuführen sind, die zu einem hinreichenden begründeten Verdacht oder zur Entlastung des Beschuldigten führen;

2. Seines Rechtes, daß der Verhandlungsbeschluß jene Teile des Sachverhaltes genau zu bezeichnen hat, die den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen begründen, sohin der Verfahrensgegenstand soweit präzisiert ist, daß damit der Verhandlungsumfang festgelegt ist.

3. Seines Rechtes auf Begründung des Verhandlungsbeschlusses, in welchem darzulegen ist, welche Beweise und Erhebungen dazu geführt haben, daß der Sachverhalt ausreichend geklärt erscheint;

4. Seines Rechtes, daß im Spruch des Verhandlungsbeschlusses die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen sind, wobei der Beschwerdeführer einen wesentlichen Mangel des gefaßten, im Gegenstand angefochtenen Verhandlungsbeschlusses darin sieht, daß die belangte Behörde nicht jene Umstände angegeben hat, die zur Subsumtion unter einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand erforderlich sind."

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift eine Replik eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (d.h. dem 9. Abschnitt dieses Gesetzes) zur Verantwortung zu ziehen.

Nach § 94 Abs. 1 BDG 1979 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 16/1994) darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde.

Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat nach § 109 Abs. 1 Satz 1 BDG 1979 bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Auf Grund der Disziplinaranzeige oder des Berichtes des Dienstvorgesetzten hat die Dienstbehörde gemäß § 110 Abs. 1 BDG 1979 eine Disziplinarverfügung zu erlassen oder die Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt weiterzuleiten.

Nach § 123 Abs. 1 BDG 1979 hat der Vorsitzende der Disziplinarkommission nach Einlangen der Disziplinaranzeige die Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen.

Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn genügend Verdachtsmomente gegen den Beamten vorliegen, die die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Die Disziplinarkommission muß bei der Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren zu klären. Ebensowenig muß im Einleitungsbeschluß das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden. Die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung ist in erster Linie darin gelegen, dem beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Disziplinarverletzungen ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, was insbesondere für die Frage einer allfälligen Verjährung von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (siehe dazu beispielsweise das Erkennntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1994, 93/09/0367, 94/09/0086, 0269, m.w.N.).

Die Disziplinarkommission ist auch nicht gezwungen, vor der Erlassung des Einleitungsbeschlusses über die Disziplinaranzeige hinausgehende Ermittlungen durchführen zu lassen. Weitere Ermittlungen werden in dieser Phase nur im Zweifelsfall notwendig sein. Ein solcher liegt vor, wenn die bisherigen Erhebungen der Dienstbehörde, die in der Disziplinaranzeige ihren Niederschlag gefunden haben, weder die Offenkundigkeit eines zur Einstellung führenden Tatbestandes (in der Regel nach § 118 Abs. 1 Z. 1 bis 3 BDG 1979) ergeben noch einen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens ausreichenden Tatverdacht begründen; ob dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab (vgl. hiezu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1992, 91/09/0190).

Es ist der Disziplinarkommission daher nicht verwehrt, ihre Entscheidung in dieser Phase des Disziplinarverfahrens ausschließlich aufgrund der Disziplinaranzeige (ohne weitere Ermittlungen) zu treffen. Macht sie davon Gebrauch, bleibt freilich zu prüfen, ob sie - unter Berücksichtigung der Funktion und der Stellung des Einleitungsbeschlusses (bzw. der Voraussetzungen für die Einstellung) im Disziplinarverfahren - damit ihrer Verpflichtung zu einer für die Erlassung ihres Bescheides ausreichenden Sachverhaltsermittlung nachgekommen ist (vgl. wiederum das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1992, 91/09/0190).

Da auch der Verhandlungsbeschluß nach § 124 Abs. 1 BDG 1979 noch im Verdachtsbereich erfolgt, ist auch hier der Sachverhalt nur insoweit zu erheben, als auf Grund dessen im Verhandlungsbeschluß als unabdingbarer Inhalt die Anschuldigungspunkte zu formulieren sind, die die Grundlage für die mündliche Verhandlung darstellen. Eine darüber hinausgehende Behandlung des Sachverhaltes im Rahmen der einzelnen Anschuldigungspunkte erübrigt sich im Stadium des Verhandlungsbeschlusses, weil damit der Beurteilung im folgenden Disziplinarverfahren vorgegriffen würde und es nicht Aufgabe des Verhandlungsbeschlusses, sondern des nachfolgenden Disziplinarverfahrens ist, die Rechts- bzw. Schuldfrage zu klären (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1989, Slg. Nr. 12962/A, und vom 22. April 1993, 92/09/0315). Aus dem Begriff der "Anschuldigung" folgt weiters, daß anzugeben ist, welche Dienstpflichten der beschuldigte Beschwerdeführer im einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt voraussichtlich zu unterstellen sein wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, 93/09/0030, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtslage und der durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellten Funktion des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses entspricht der angefochtene Bescheid den dargelegten Anforderungen. In Verbindung mit der Disziplinaranzeige, auf die die Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich verweist und die dem Beschwerdeführer (samt den angeschlossenen Unterlagen) nach den Ausführungen in der Beschwerdeschrift (vgl. dazu auch den dem hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1994, 93/09/0335, 94/09/0041, 0042 zugrundeliegenden Sachverhalt) bekannt war, ist mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen, in welchen konkret umschriebenen und schuldhaft begangenen Verhaltensweisen des Beschwerdeführers die belangte Behörde die Begehung von bestimmten Dienstpflichtverletzungen erblickt, worauf sich diese Sachverhaltsannahme (im Verdachtsbereich) stützt und wie sie den solcherart angenommenen Sachverhalt (vorläufig) rechtlich beurteilt.

Zu den Anschuldigungspunkten betreffend die Vorkommnisse in der Schutzhütte der Polizeisportvereinigung St. Pölten am Eibel vom 29. Dezember 1992 (Vorwürfe 1 bis 3 des angefochtenen Bescheides) hat sich der Beschwerdeführer vom Sachverhalt her (in der Niederschrift vom 21. Jänner 1993) ohnedies auch geständig gezeigt. So stellte er weder die Alkoholisierung (wobei er auch hoffe, durch Äußerungen niemanden beleidigt zu haben) noch das Wissen um seine Verpflichtung zur Dienstleistung ab 19.00 Uhr in Abrede. Der Verdacht der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen wird durch die weiteren Ermittlungsunterlagen (Bericht des Abt.Inspektors J vom 3. Jänner 1993 und Aktenvermerk vom 5. Jänner 1993 des Polizei-Obstlt. H) erhärtet. Im Zusammenhalt mit der Disziplinaranzeige vom 5. April 1993 ist auch für einen Verhandlungsbeschluß in ausreichender Weise ersichtlich, welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird. Eine endgültige Qualifizierung (samt der Lösung allfälliger Konkurrenzverhältnisse) wird im nachfolgenden Disziplinarverfahren zu erfolgen haben, wobei die Subsumtion unter die angeführten Dienstpflichtverletzungen der mangelnden Weisungsbefolgung nach § 44 Abs. 1 i.V.m. den Bestimmungen des Dienstbefehles Nr. 1 vom 2. Jänner 1986 sowie der Verletzung der allgemeinen Dienstpflichten nach § 43 BDG 1979 (im angefochtenen Bescheid mit der Schädigung des Ansehens der Polizei im Beisein von Privatpersonen umschrieben) jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint (nach den Erläuterungen zur RV zum BDG 1979 11 BlgNR 14. GP 85 kann grundsätzlich auch außerdienstliches Verhalten, beispielsweise Trunkenheitsexzesse, als Dienstpflichtverletzung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 die für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben unerläßliche Vertrauensbasis zwischen Beamten und der Bevölkerung zerstören).

Zu den unter den Punkten 4. und 5. des angefochtenen Bescheides angeführten Dienstpflichtverletzungen steht der verspätete Dienstantritt am 17. März 1993 außer Streit. Hinreichender Verdacht ergab sich nach den aktenkundigen Unterlagen (Aktenvermerk vom 17. März 1993 und amtsärztliches Gutachten vom 18. März 1993) auch bezüglich der Alkoholbeeinträchtigung und dem dadurch verursachten, die Dienstfähigkeit ausschließenden Zustand. Die in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken gegen das amtssachverständige Gutachten werden im weiteren Disziplinarverfahren zu würdigen sein. Auch der hiezu vorgeworfene Dienstpflichtenverstoß (so Weisungsverstoß betreffend verspäteter Teilnahme an der Schulung und wiederum Verstoß gegen das im Dienstbefehl Nr. 1 enthaltene Verbot des Alkoholkonsums) geht wiederum in ausreichender Weise aus dem angefochtenen Bescheid (im Zusammenhalt mit der Disziplinaranzeige) hervor.

Die Beschwerdeausführungen lassen auch ansonsten keine relevanten Verletzungen von Verfahrensvorschriften erkennen. Der Beschwerdeführer gibt selbst in der Beschwerde nicht an, zu welchen (weiteren) Ermittlungsergebnissen ihm nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden wäre; zu seinem Vorbringen, die belangte Behörde hätte zumindest "nach Erlassung des Einleitungsbeschlusses Parteiengehör gewähren müssen", ist festzuhalten, daß die näheren Umstände der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen (so auch bezüglich der vorgeworfenen unqualifizierten Äußerungen im Rahmen der am 29. Dezember 1992 stattgefundenen Feier) und ihr "Unrechtsgehalt" - unter Wahrung des Parteiengehörs - im weiteren Verfahren zu klären sein werden. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern "bei Gewährung von Akteneinsicht und Zulassung seiner rechtsfreundlichen Vertretung in dem dem Einleitungsbeschluß vorhergegangenen Verfahren" die Verdachtslage hinsichtlich der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen hätte zerstreut werden können und warum die laut Beschwerde vermißte Bekanntgabe des Beschlusses des Dienststellenausschusses über dessen Befassung mit "der Angelegenheit" zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

Der Beschwerdeführer bemängelt weiters eine nicht unverzügliche Erhebung der Disziplinaranzeige und (in der Replik zur Gegenschrift), daß den Senatsmitgliedern zur Fassung des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses ausreichend Vorbereitungszeit zu geben gewesen wäre, wobei eine wegen einer allfälligen Gefahr der Verjährung kurzfristige Anberaumung einer Sitzung nicht zulässig sei. Solange sich derartige vom Beschwerdeführer gerügte Verhaltensweisen nicht auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auswirken, kann der Beschwerdeführer dadurch für sich allein keine relevante Rechtsverletzung in bezug auf den angefochtenen Bescheid ableiten.

§ 131 BDG 1979 räumt der Dienstbehörde die prozessuale Möglichkeit ein, unter den dort näher genannten Voraussetzungen (insbesondere Geständnis und begrenzte Strafhöhe) ohne weiteres Verfahren eine Disziplinarverfügung zu erlassen. Eine Verpflichtung der Behörde zu einem derartigen Vorgehen besteht damit nicht (siehe zur vergleichbaren Regelung des § 47 VStG das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1987, 86/02/0150, zum Vorbildcharakter der Strafverfügung nach dem VStG für die Einführung der Disziplinarverfügung durch den § 91 BDG 1977, der wörtlich dem § 131 BDG 1979 entspricht, siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1990, 88/09/0013); dem Einzelnen steht auch kein durchsetzbarer Anspruch auf Anwendung des abgekürzten Verfahrens zu (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz. 894/6). Ungeachtet der unterschiedlichen Behördenzuständigkeit (für die Erlassung einer Disziplinarverfügung nach § 131 BDG 1979 ist nicht die Disziplinarkommission, sondern die Dienstbehörde zuständig) ergeben sich von den Rechtswirkungen her keine ins Gewicht fallenden Unterschiede; so ist jedenfalls auch im förmlichen Disziplinarverfahren nach der § 123 ff BDG 1979 die Verhängung von Disziplinarstrafen innerhalb der Grenzen des § 131 BDG 1979 möglich. Aus dem nach Ansicht des Beschwerdeführers wegen "unrichtigen Ermessensgebrauchs" unterbliebenen Ergehen einer Strafverfügung (und der damit zu Unrecht nach § 110 Abs. 1 BDG erfolgten Weiterleitung der Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission) kann damit auch nichts im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides gewonnen werden.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insgesamt nicht als rechtswidrig, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994.

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