VwGH 94/20/0334

VwGH94/20/033429.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des T in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 18. April 1994, Zl. III/4609/93, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1986 §1;
WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §12;
WaffG 1986 §30 Abs1;
WaffG 1986 §6;
WaffG 1986 §1;
WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §12;
WaffG 1986 §30 Abs1;
WaffG 1986 §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 18. April 1994 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 10. Mai 1993, mit dem gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1986 ein Waffenverbot über den Beschwerdeführer verhängt worden war, keine Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz bestätigt. Zur Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und detaillierter Darstellung der über den Beschwerdeführer seit dem Jahre 1980 verhängten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen (alle wegen Delikten, die gerichtet waren gegen Leib und Leben sowie fremdes Vermögen) aus, am 15. Juli 1992 sei dem Gendarmerieposten Gaschurn von Touristen des deutschen Alpenvereins mitgeteilt worden, der Beschwerdeführer habe am 12. Juli 1992 abends mit einem Gewehr in der Gaststube hantiert und gesagt, daß er jetzt den Hund erschießen werde. Er habe das Gewehr in der Gaststube mehrere Male geladen und entladen. Zu diesem Zeitpunkt seien drei deutsche Feriengäste und einige Einheimische im Gastlokal gesessen. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gehe die Behörde davon aus, daß diese Angaben den Tatsachen entsprochen hätten. Ein weiterer Anlaß, der die Befürchtung bestärke, daß der Beschwerdeführer in Hinkunft durch mißbräuchliche Verwendung einer Waffe die öffentliche Sicherheit gefährden könnte, habe sich in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1992 ereignet, zu welchem Zeitpunkt er nach einem Streit mit seiner Ehefrau vor dem Hause seiner Schwiegereltern beanstandet worden sei, da er fortwährend die Hupe seines PKWs betätigt habe. Auch zu diesem Zeitpunkt habe er ein Flobertgewehr bei sich gehabt. Die Vorfälle sowie die Sachverhalte, die den gerichtlichen Verurteilungen zugrunde lägen, brächten klar zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer, insbesondere in alkoholisiertem Zustand, zu unüberlegten und aggressiven Handlungen neige. So seien von ihm bereits diverse Personen durch Faustschläge und Fußtritte verletzt worden, einmal habe er sogar eine Schere als Waffe gebraucht und einer Person Stichwunden in den Rücken und in den Bauch zugefügt. Diese Verurteilungen lägen zwar durchwegs über drei Jahre zurück, in der Zwischenzeit habe sich jedoch sein Verhalten keineswegs gebessert, da er wiederum Handlungen gesetzt habe, die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen befürchten ließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, daß diese Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Diese Vorschrift dient - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat (vgl. zuletzt hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 93/01/0337 und die dort wiedergegebene Judikatur) - der Verhütung einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung durch jene Person erfolgt ist, gegen die das Waffenverbot verhängt wird. Es genügt vielmehr, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, daß von der Waffe ein die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigender, gesetz- oder zweckwidriger ("mißbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schußwaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 93/01/0337 und die dort wiedergegebene Judikatur). Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist daher die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Mißbrauches von Waffen. Liegt aber diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne daß ihr im Rahmen ihres Ermessens die Berücksichtigung anderer Umstände ermöglicht würde. Wesentlich ist daher ausschließlich die Tatsache, daß der vom Waffenverbot betroffenen Person, die im Affekt gewaltsam gegen einen anderen Menschen vorgegangen ist, auf Grund ihres Verhaltens in anderen Affektsituationen auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 29. April 1987, Zl. 85/01/0274 und vom 12. April 1989, Zl. 89/01/0079).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer wiederholt strafgerichtlich verurteilt wurde, weil er gegen dritte Personen in alkoholisiertem Zustand tätlich geworden ist und die körperliche Unversehrtheit durch Eingriffe in die körperliche Integrität dieser Personen sowie in die Unverletzbarkeit fremden Eigentumes angegriffen hat. Ebenso unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer tatsächlich Waffen, nämlich ein Flobertgewehr und ein nicht näher definiertes Kleinkalibergewehr besessen hat bzw. besitzt. Bei Zugrundelegung dieses unbestrittenen Sachverhaltes ist aber der belangten Behörde darin zuzustimmen, wenn sie von einer, in den Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten zum Ausdruck kommenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Beschwerdeführer ausgegangen ist. Angesichts der bereits aus den strafgerichtlichen Verurteilungen ersichtlichen Art der gefährdeten Rechtsgüter war die Behörde auch nicht veranlaßt, weitere Erhebungen über das "soziale Umfeld" des Beschwerdeführers einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen, weil in die zur rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Falles anzustellende Prognose die in Hinkunft möglichen Fälle einzubeziehen sind, in denen sich der Beschwerdeführer zu unkontrollierten Agressionshandlungen unter Alkoholeinfluß hinreißen lassen könnte. Es genügt, daß der Beschwerdeführer in alkoholisiertem Zustande in bestimmten Situationen aggressiv reagieren könnte und daher eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit objektiv nicht ausgeschlossen werden kann.

Angesichts der Art und Häufigkeit der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und des sich daraus ergebenden Charakterbildes kann der Bejahung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG durch die belangte Behörde daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Insoweit der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin zu erblicken vermeint, daß eine der beschlagnahmten Waffen gemäß § 30 Abs. 1 lit. 3 WaffG (richtig "Z", aber "4") eine Schußwaffe sei, bei der die Geschoße durch verdichtete Luft angetrieben werden bzw. es sich bei dem nicht näher definierten Kleinkalibergewehr um eine defekte bzw. nicht gebrauchsfähige Waffe gehandelt habe, weil einerseits die Montagevorrichtung defekt gewesen sei und sowohl Magazin als auch Verschluß gefehlt hätten, es sich dabei also nicht um Waffen im Sinne des § 1 WaffG gehandelt habe, ist ihm zu entgegnen, daß nach nunmehr ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - in Übereinstimmung mit der Entscheidung eines verstärkten Senates des OGH vom 11. September 1978, 12 Os 59/78 - auch ungeladene oder funktionsuntüchtige Schußwaffen, die nicht sofort schußbereit gemacht werden können, als "Waffe" zu beurteilen sind. Im übrigen ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß § 12 WaffG auch auf Waffen nach § 30 Abs. 1 leg. cit. uneingeschränkt anzuwenden ist.

Die Beschwerde erweist sich aus den dargelegten Gründen als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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