VwGH 93/01/0337

VwGH93/01/033727.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. März 1993, Zl. St 9-5/93, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
WaffG 1967 §6 Abs1 Z2;
WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6;
B-VG Art130 Abs2;
WaffG 1967 §6 Abs1 Z2;
WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. März 1993 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1986 (WaffG) der Besitz von Waffen und Munition verboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Zur Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei bereits zweimal wegen der Vergehen der Körperverletzung sowie der gefährlichen Drohung rechtskräftig gerichtlich bestraft worden, und zwar mit Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 21. Juli 1988, Zl. 9 EVr 186/88, zu einer auf drei Jahre bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten (dabei auch wegen des Vergehens der schweren Nötigung) sowie mit Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 14. Mai 1992, Zl. 9 EVr 6/92, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen. Der letztgenannten Verurteilung habe zugrunde gelegen, daß der Beschwerdeführer am 4. Jänner 1992 in G seine Schwägerin H durch die Äußerung, er werde sie umbringen, ihr den Bierkrug "hinaufschlagen", sie mit dem Bierkrug erschlagen, mit dem Tode gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, sowie seine Schwägerin durch Versetzen von Faustschlägen, die eine Prellung der linken Schulter und des linken Oberarmes und Blutergüsse im Brustkorbbereich zu Folge gehabt hätten, am Körper verletzt. Seine Schwägerin habe als Zeugin anläßlich ihrer Einvernahme beim Bezirksgericht ausgeführt, sie würde sich schon seit dem ersten Vorfall "gewaltig" vor dem Beschwerdeführer fürchten, auch die Kinder fürchteten sich. Auch der Bruder des Beschwerdeführers, N, habe bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung am 21. Jänner 1992 ausgeführt, der Beschwerdeführer habe ihn und seine Frau schon mehrere Male, auch in nüchternem Zustand, bedroht, sie alle hätten Angst vor ihm. Seine Gattin habe Verletzungen gehabt, sei jedoch wegen der Aufregung nervlich so fertig gewesen, daß sie erst am nächsten Tag zum Arzt gegangen sei. Der der zweiten Verurteilung zugrunde liegende Vorfall vom 4. Jänner 1992 sei in alkoholbeeinträchtigtem Zustand geschehen, der Beschwerdeführer habe im Zeitpunkt der Tat 1,7 Promille Blutalkoholgehalt aufgewiesen. Er sei damals in Haft genommen, jedoch am 13. Jänner 1992 wieder entlassen worden. In seiner Stellungnahme vom 21. September 1992 habe der Beschwerdeführer selbst ausgeführt, zwischen seiner Schwägerin und ihm habe ein extrem gespanntes Verhältnis bestanden, der Vorfall sei allerdings einzig und allein auf Grund seiner Alkoholisierung geschehen. Seit seiner Inhaftierung enthalte er sich jeglichen Alkoholgenusses. Diesem Vorbringen maß die belangte Behörde im Hinblick auf das aktenkundige Einschreiten des GPK am 24. Mai 1992 jedoch keine Glaubwürdigkeit zu, weil der Beschwerdeführer sich an diesem Tage in stark alkoholisiertem Zustande selbst verletzt gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe anläßlich seiner am 15. Juli 1992 aufgenommenen Niederschrift ausgeführt, er sei zwar nicht alkoholabhängig, würde aber von Zeit zu Zeit wieder trinken, wobei er immer wieder den Zeitpunkt übersehe, an dem er aufhören sollte. Er habe auch wegen seiner Trunksucht bereits mit einem Arzt gesprochen. Diesen Sachverhalt qualifizierte die belangte Behörde dahingehend, daß bei jemandem, der zu Aggressionsdelikten wie gefährliche Drohung und Körperverletzung und zudem noch zu übermäßigem Alkoholgenuß neige, die Annahme gerechtfertigt sei, daß diese Person, wäre sie im Besitz von Waffen, durch deren mißbräuchliche Verwendung die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Daran ändere auch nichts, daß sich diese Aggressionshandlungen "lediglich" gegen die Schwägerin des Beschwerdeführers gerichtet hätten und er ansonsten keinesfalls als aggressiv oder jähzornig bekannt sei. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, daß durch den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, am 18. Februar 1993 geschlossenen gerichtlichen Vergleich alle Streitpunkte zwischen ihm, seinem Bruder und seiner Schwägerin aus der Welt geschafft worden seien, doch sei die Zeit zu kurz, um erkennen zu können, daß die seit 13 Jahren währenden Spannungen und Feindseligkeiten damit in einer Art beendet seien, daß diese nicht mehr die Gefahr von Tätlichkeiten mit sich brächten.

Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte.

Diese Vorschrift dient, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bereits wiederholt ausgeführt hat (vgl. u.a. hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/01/0140, vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0128, vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0175, und die dort angeführte Judikatur), der Verhütung einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung durch jene Person erfolgt ist, gegen die das Waffenverbot verhängt wird. Vielmehr genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, daß von der Waffe ein die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigender gesetz- oder zweckwidriger ("mißbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der auch mit dem Besitz von Schußwaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0175, sowie vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0246, und die dort angegebene Judikatur).

Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer zweimal strafgerichtlich verurteilt wurde, weil er Familienangehörige seines Bruders durch gefährliche Drohung in Angst und Unruhe versetzt und die körperliche Unversehrtheit durch Eingriffe in die körperliche Integrität verletzt hat. Bei Zugrundelegung dieses unbestrittenen Sachverhaltes ist aber der belangten Behörde darin zuzustimmen, wenn sie von einer, in diesen Straftaten zum Ausdruck kommenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Beschwerdeführer ausgegangen ist. Angesichts der bereits aus den strafrechtlichen Verurteilungen ersichtlichen Art der gefährdeten Rechtsgüter war die Behörde auch nicht gehalten, weitere Erhebungen über deren konkreten Anlaß bzw. dessen Wegfall, anzustellen, weil in die in diesem Zusammenhang anzustellenden Überlegungen auch die in Hinkunft möglichen Fälle einzubeziehen sind, in denen sich der Beschwerdeführer zu unkontrollierten Aggressionshandlungen unter Alkoholeinfluß hinreißen lassen könnte. Daher genügt die Feststellung, daß der Beschwerdeführer in bestimmten Situationen - möglicherweise auch unter Alkoholeinfluß - aggressiv reagieren könnte und daher objektiv nicht ausgeschlossen werden kann, daß eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu besorgen ist. Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist - wie bereits dargelegt - nur die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Mißbrauches von Waffen. Anders als etwa bei den Entziehungstatbeständen des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 WaffG setzt der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG eine (anzunehmende) qualifizierte rechtswidrige Verwendung von Waffen, nämlich deren Mißbrauch, voraus. Liegen aber diese Voraussetzungen vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne daß ihr im Rahmen ihres Ermessens die Berücksichtigung eines bisher untadeligen Vorlebens ermöglicht würde. Wesentlich ist daher ausschließlich die Tatsache, daß der vom Waffenverbot betroffenen Person, die im Affekt gewaltsam gegen einen anderen Menschen vorgegangen ist, auf Grund ihres Verhaltens in anderen Affektsituationen auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl. hg. Erkenntnisse vom 29. April 1987, Zl. 85/01/0274 und vom 12. April 1989, Zl. 89/01/0079).

Angesichts des Umstandes, daß der Beschwerdeführer offensichtlich seine Emotionen in sich zuspitzenden Situationen nicht zu beherrschen in der Lage ist, erweist sich auch die Schlußfolgerung der belangten Behörde als nicht erkennbar rechtswidrig, wenn sie vom Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausspruch eines Waffenverbotes nach § 12 Abs. 1 WaffG ausgegangen ist, ohne das im Berufungsverfahren beantragte zusätzliche Beweismittel, nämlich den Akt des Bezirksgerichtes, zum Beweise dafür beizuschaffen, daß durch gerichtlichen Vergleich der zwischen dem Beschwerdeführer und der Familie seines Bruders bestandene Zwist bereits beigelegt sei, lassen sich doch trotz Bestehens einer solchen Bereinigung die von der Behörde angestellten Bedenken nicht ohne weiteres zerstreuen, der Beschwerdeführer könnte in einer ähnlichen Situation aus gänzlich anderem Anlaß durch Mißbrauch von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden.

Daran kann auch nichts ändern, daß der Beschwerdeführer bei Ausübung des Schießsports als besonnen und diszipliniert erkannt wurde, fehlt doch bei der Ausübung sportlicher Aktivitäten, auch bei Kampfsportarten, der Emotionsstau, den der Beschwerdeführer in den seinen Verurteilungen zugrundeliegenden Fällen offenbar nicht zu beherrschen gewußt hat.

Der belangten Behörde kann sohin nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie, ausgehend von dem sich aus dem dargelegten Sachverhalt ergebenden Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers, das Vorliegen von Tatsachen als gegeben erachtet hat, die die Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, daß der Beschwerdeführer durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

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