Normen
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. August 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, der am 3. Juni 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. November 1991, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 27. Juli 1991 im wesentlichen angegeben, er sei in seiner Heimat nicht Mitglied einer politischen Partei. Sein Vater jedoch sei Gründer der Partei "NRC", einer christlichen Partei, gewesen und sei am 23. März 1990 von Mitgliedern der "SDP", einer moslemischen Partei, getötet worden. Am 24. März 1990 hätten "die Parteimitglieder" gemeinsam mit drei Polizisten versucht, den Beschwerdeführer zu Hause anzutreffen. Dies sei nicht gelungen, da er nicht zu Hause gewesen sei. Die gleichen Personen seien am 25. März 1990 wieder gekommen und dem Beschwerdeführer sei es nur durch einen Sprung aus dem Fenster gelungen, zu flüchten. Er sei nach Orhonigbe geflüchtet, wo er die nächsten sechs Monate verbracht habe. Anschließend sei er, nachdem ihm ein Freund mitgeteilt habe, daß er von "den Moslems" überall gesucht werde, nach Idumogo geflüchtet, wo er acht Monate geblieben sei. Als ihm mitgeteilt worden sei, daß "die Moslems" immer näher kämen, habe er sich entschlossen, sein Heimatland zu verlassen.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien am 19. November 1991 hat der Beschwerdeführer im wesentlichen angegeben, daß nach dem Tod seines Vaters am 23. April 1990 Polizisten in sein Elternhaus gekommen seien, er aber zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen sei. Am 26. April 1990 seien erneut Polizisten in sein Elternhaus gekommen, die ihm Dokumente zur Unterschrift vorgelegt hätten. Da er nicht die Gelegenheit bekommen habe, diese Dokumente zu lesen, habe er seine Unterschrift verweigert. Die Polizisten hätten ihm erklärt, daß es sich dabei um einen Hausdurchsuchungsbefehl handle und ihn auf die Polizeistation gebracht, wo er acht Tage festgehalten worden sei. Dann habe er das Zellenfenster eingeschlagen und das hölzerne Fenstergitter entfernt und sei geflohen. In der Folge habe er sich im Haus des Gemeindepfarrers versteckt gehalten. Dieser habe ihm auch ein Visum für Jugoslawien verschafft und ihn in Idumogo bis zu seiner Ausreise, also ca. eine Woche in einem verfallenen Haus versteckt. Der Grund für die Hausdurchsuchung sei gewesen, daß die Polizisten den "Hausplan" hätten finden wollen, um den Beschwerdeführer zu enteignen. Er sei nämlich nach dem Tode seines Vaters zwar der rechtmäßige Besitzer des Hauses. Allerdings bestehe in Nigeria ein Gesetz, wonach derjenige, der über den Hausplan verfüge, als rechtmäßiger Eigentümer gelte. Der Grund für die beabsichtigte Enteignung liege darin, daß der - ermordete - Vater des Beschwerdeführers ein Gegner des Regierungschefs Babangida gewesen sei und auch an einem Putschversuch gegen diesen teilgenommen habe. Der Beschwerdeführer habe den Hausplan allerdings bei Freuden versteckt bzw. im Garten vergraben. Die nigerianische Regierung werde ihn daher nicht finden und er sei nach wie vor Eigentümer seines Elternhauses. Die versuchte Enteignung seines Hauses sei der einzige Grund gewesen, weshalb der Beschwerdeführer Nigeria verlassen habe.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat der Beschwerdeführer im wesentlichen ausgeführt, daß sein Vorbringen bei der Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien im wesentlichen richtig und vollständig protokolliert worden sei, das Protokoll über seine Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich hingegen viele gravierende Fehler aufweise. Die Dolmetscherin in Traiskirchen habe nämlich über nur schlechte Englischkenntnisse verfügt und sie sei aus diesem Grunde - obwohl sie oft Rücksprache mit dem Beamten, der das Protokoll getippt habe, gehalten habe - nicht im Stande gewesen, die Fluchtgründe des Beschwerdeführers richtig und vollständig zu protokollieren. Er wolle ausdrücklich festhalten, daß er das "Protokoll von Traiskirchen", das ihm auch vor der Unterzeichnung nicht rückübersetzt worden sei, nicht anerkenne, sondern das Protokoll der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien. Sein Vorbringen wolle er insoferne ergänzen, als sein Vater bei dem Putschversuch gegen die Militärregierung getötet worden sei. Sein Vater sei - ebenso wie er selbst - Mitglied der NRC (National Republic Convent) gewesen. Die Enteignung hätte aus politischen Gründen erfolgen sollen und es hätte für den Beschwerdeführer die Gefahr bestanden, für unbestimmte Zeit eingesperrt zu werden. Um religiöse Dinge sei es bei seiner Flucht aber überhaupt nicht gegangen.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht ergeben habe, daß der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei, da er aufgrund seiner divergierenden Angaben zu seinen Fluchtgründen keine Verfolgung im Sinne des AsylG 1991 habe glaubhaft machen können. Die Rüge hinsichtlich des von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich aufgenommenen Protokolls könne "nicht nachvollzogen" werden, da der Beschwerdeführer am Ende dieses Protokolls mit seiner eigenhändigen Unterschrift bestätigt habe, daß ihm das Protokoll in englischer Sprache vorgelesen sei, daß er den Inhalt verstanden und dem nichts hinzuzufügen habe. Überdies habe er noch handschriftlich ergänzt, daß das Geschriebene mit seinen Angaben übereinstimme, ohne Kritik am Protokoll zu üben.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, daß die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nicht ausreichend nachgekommen sei. So habe es die belangte Behörde unterlassen, "vermeintliche Widersprüche" zwischen seinen Angaben in den genannten Niederschriften durch ergänzende Erhebungen oder seine Befragung aufzuklären, was einen wesentlichen Verfahrensmangel bedeute. Auch sei der Beschwerdeführer niemals über die Möglichkeit belehrt worden, Zeugen für den relevanten Sachverhalt namhaft zu machen, was ihm ebenso wie die Beibringung einer eidesstättigen Erklärung des Gemeindepfarrers möglich gewesen wäre.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:
Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, daß die belangte Behörde eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens erster Instanz vorzunehmen gehabt hätte, wären im erstinstanzlichen Verfahren aufgetretene, erhebliche Widersprüche nicht im Sinne des § 16 Abs. 1 - im vorliegenden Fall anzuwendenden - AsylG 1991 erörtert worden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1993, Zl. 93/01/0730). Es erübrigt sich aber, auf den diesbezüglich aufgezeigte Verfahrensmangel einzugehen, da die Behörde, selbst wenn er gegeben wäre, auch bei seiner Vermeidung nicht zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können und er daher nicht wesentlich wäre. Die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe in seinem Heimatland Verfolgung aus einem der Gründe des § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht zu fürchten, trifft nämlich im Ergebnis zu.
Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffs einen weiteren Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. z.B. das Erkenntis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1993, Zl. 92/01/1057). Bei der Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen kommt es nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0745) immer auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers an. Das bedeutet, daß konkrete, den Asylwerber selbst, nicht aber etwa seinen Vater betreffende Umstände behauptet und glaubhaft gemacht werden müssen.
Gemessen an dieser Rechtslage läßt sich aber den Angaben des Beschwerdeführers weder vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich noch vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien entnehmen, daß er Verfolgungshandlungen durch staatliche Organe seines Heimatlandes ausgesetzt gewesen sei, die auf seine politische Gesinnung oder einen anderen Grund des § 1 Z. 1 AsylG 1991 zurückzuführen gewesen wären. Vielmehr ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich, er werde - wie er von Freunden erfahren habe - von "den Moslems" gesucht. Dies würde aber - abgesehen davon, daß ein Zusammenhang dieser "Suche" mit einem Konventionsgrund nicht behauptet wurde - keine von staatlichen Stellen seines Heimatlandes ausgehende bzw. von diesen geduldete Verfolgung des Beschwerdeführers darstellen, zumal er auch nicht behauptet hat, gegen das Vorgehen der "Moslems" vergeblich Schutz bei staatlichen Stellen gesucht zu haben.
Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien ergibt sich hingegen, daß der Grund für seine Flucht die geplante Enteignung seines Elternhauses gewesen sei. Dies wäre jedoch nach hg. Judikatur - auch wenn dieser Eingriff auf politische Motive zurückzuführen wäre - für sich noch keine Verfolgungsmaßnahme, die unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffs einen weiteren Verbleib im Heimatland als unerträglich erscheinen ließe, zumal der Beschwerdeführer weder behauptet noch glaubhaft gemacht hat, daß dadurch seine Lebensgrundlage massiv bedroht würde (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0146).
Bei diesem Ergebnis erübrigte es sich auch, auf die Verfahrensrüge hinsichtlich der Belehrung des Beschwerdeführers über die Möglichkeit, zum Beweis für die Richtigkeit seines Vorbringens Zeugen namhaft zu machen und weitere Beweismittel beizubringen, einzugehen. Denn abgesehen davon, daß es im Asylverfahren nur der Glaubhaftmachung des Vorbringens des Asylwerbers bedarf, hätte auch eine Bestätigung des Vorbringens des Beschwerdeführers zu keinem anderen Ergebnis führen können.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.
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