VwGH 94/19/0096

VwGH94/19/009621.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des K, zuletzt in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Mai 1993, Zl. 4.334.092/2-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, ist am 4. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tage beantragt, ihm Asyl zu gewähren. Anläßlich seiner Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien am 26. März 1992 hat er im wesentlichen angegeben, seit 1990 Mitglied der "SDP" zu sein und sich für diese Partei auch engagiert zu haben; diese Partei hätte im Jahre 1990 die Wahlen gewonnen, wobei jedoch in Benin City der "NCR" die stärkste Partei gewesen sei. Am 14. November 1991 sei eine neuerliche Wahl abgehalten worden, bei der die "SDP" gewonnen hätte. Dies habe zu Gewalttätigkeiten gegenüber "SDP-Mitgliedern" geführt. Dabei seien Personen verletzt und getötet worden; auch der Beschwerdeführer habe Verletzungen davongetragen. Er sei in die Kirche geflüchtet und dort von Mitgliedern seiner Religionsgemeinschaft ärztlich versorgt worden. Danach sei er mit anderen Personen in einem Waisenhaus in Lagos versteckt worden, da bekannt geworden sei, daß "man" nach ihm gesucht habe; er habe um sein Leben fürchten müssen. Nachdem er "von der Kirche" einen Reisepaß und Geld erhalten habe, sei er über Lagos, Bengasi, Sofia, Bukarest und Budapest nach Österreich gelangt.

Mit Bescheid vom 27. April 1993 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark den Antrag auf Gewährung von Asyl ab. In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß er bitte, seinen Asylantrag noch einmal zu prüfen, da er in Österreich wohnen und arbeiten wolle.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Die vom Beschwerdeführer geschilderten Ausschreitungen im Rahmen einer Wahl seien unterschiedlichen politischen Gruppen zuzurechnen, nicht aber als vom Staat ausgehend anzusehen. Der Beschwerdeführer habe keinen vergeblichen Versuch behauptet, bei den staatlichen Stellen Schutz vor den Angriffen der Anhänger der Gegenpartei zu finden.

Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß bereits von ihr das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Diese Auffassung trifft aber - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831) dargelegt hat - aufgrund der Auslegung der genannten Bestimmung sowie der des § 25 Abs. 1 erster Satz AsylG 1991 nicht zu. Die belangte Behörde hatte daher das Asylgesetz (1968) anzuwenden. Dies führt aber noch nicht zwangsläufig dazu, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde, ist doch die belangte Behörde zu ihrer abweislichen Entscheidung deshalb gelangt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint hat, wobei diese Bestimmung keine inhaltliche Änderung gegenüber dem nach § 1 AsylG (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention geltenden Flüchtlingsbegriff enthält. Die unrichtige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde konnte sich auch insoweit nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirken, da die belangte Behörde entgegen ihrer Ansicht neues Berufungsvorbringen zwar als zulässig zu berücksichtigen gehabt hätte, solches aber nicht erstattet wurde.

Flüchtling im Sinne der bereits zitierten von der belangten Behörde richtigerweise anzuwendenden Vorschriften

(§ 1 AsylG (1968), Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politschen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Der Beschwerdeführer hat nun im erstinstanzlichen Verfahren nur vorgebracht, als Mitglied einer politischen Partei (offenbar) von Mitgliedern einer anderen politschen Partei verfolgt worden zu sein. Er hat auch in der Berufung nichts anderes vorgebracht. Wie die belangte Behörde im Ergebnis daher zutreffend festgehalten hat, kann darin keine (staatliche) Verfolgung aus einem der hier soeben genannten Gründe gesehen werden, spricht doch der Beschwerdeführer selbst nicht davon, daß etwa Behörden seines Heimatstaates an der Verfolgung beteiligt gewesen wären oder ihm keinen Schutz vor Verfolgung gewährt hätten. Soweit der Beschwerdeführer daher vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals darauf verweist, daß die Verfolgungen sowohl von staatlichen Stellen ausgegangen seien wie auch von anderen "Stellen, deren Übergriffe der Staat nicht gewillt war, hintanzuhalten", ist darauf wegen des Neuerungsverbotes gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nicht näher einzugehen.

Der Beschwerdeführer vermag mit seinen Ausführungen aber auch keine (allenfalls wesentliche) Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens aufzuzeigen; er führt nämlich nicht aus, welche konkreten Feststellungen bei seiner (nochmaligen) Stellungnahme "bezüglich der konkreten Situation in seinem Heimatland" getroffen worden wären. Die belangte Behörde ist bei der rechtlichen Beurteilung aber allein von den Angaben des Beschwerdeführers ausgegangen.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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