Normen
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AsylG 1991 §27;
AVG §56;
VwRallg;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AsylG 1991 §27;
AVG §56;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Juli 1992 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem türkischen Staatsangehörigen, der am 19. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen - die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 11. Juni 1992 erledigenden - Bescheides davon ausgegangen, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Diese Auffassung trifft aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, wie die folgenden Ausführungen zeigen, nicht zu.
Bei der Auslegung von Gesetzen ist vornehmlich von deren Wortlaut auszugehen, welcher dann alleine maßgebend ist, wenn diese Methode bereits zu einem klaren Ergebnis führt (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Februar 1988, Slg. Nr. 12622/A, mit weiteren Judikaturhinweisen). Zieht man diesen Grundsatz bei Auslegung des § 25 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1991, wonach am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sind, heran, so ergibt sich nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung, daß von dieser Regelung ausschließlich die Verfahren erfaßt sind, die AM 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig sind. Stellt sich die weitere Frage, nach welchen Bestimmungen die anderen (nicht zum genannten Zeitpunkt beim Bundesminister für Inneres anhängigen) Verfahren zu Ende zu führen sind, so wird sie - ebenfalls auf Grund des Gesetzeswortlautes - hinsichtlich der am 1. Juni 1992 in erster Instanz anhängigen Verfahren eindeutig durch § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 dahingehend beantwortet, daß hiefür (weiterhin) die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltende Rechtslage, also das Asylgesetz (1968), heranzuziehen ist. Es besteht auch keine (durch Analogie zu schließende) Regelungslücke in den denkbaren Fällen, in denen am 1. Juni 1992 das Verfahren (infolge vorheriger Bescheiderlassung) nicht mehr in erster Instanz, aber auch (infolge späterer Erhebung der Berufung, weil die Berufungsfrist noch im Laufen war) noch nicht beim Bundesminister für Inneres anhängig war, weil hier - ebenso wie bei überhaupt erst nach dem 1. Juni 1992 anhängig werdenden Fällen - § 27 Asylgesetz 1991 Platz greift, wonach dieses Bundesgesetz mit 1. Juni 1992 in Kraft und gleichzeitig das Asylgesetz außer Kraft tritt. Der Gesetzgeber hat durch diese Schlußbestimmungen in Ansehung der Frage, welche Rechtslage im Einzelfall anzuwenden ist, zur Gänze eine abschließende Regelung getroffen, weshalb es diesbezüglich zusätzlicher Überlegungen im Sinne der von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze (vgl. dazu insbesondere die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, und vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11237/A) nicht mehr bedarf. Zweifelhaft könnte anhand des Wortlautes des § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 - und dies ist im vorliegenden Beschwerdefall von Relevanz - allenfalls nur sein, ob die am 1. Juni 1992 in erster Instanz anhängigen Verfahren lediglich von der Erstbehörde (jeweilige Sicherheitsdirektion) oder auch noch vom Bundesminister für Inneres nach der alten Rechtslage zu Ende zu führen sind. Nimmt man letzteres nicht ohnehin schon auf Grund des Wortlautes des § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 an, weil es sich bei dem Wort "Verfahren" um einen einheitlichen (das gesamte Asylverfahren vom Einlangen des Asylantrages bis zu seiner rechtskräftigen Erledigung umfassenden) Begriff handelt, zumal sich weder dem Asylgesetz 1991 noch dem AVG (worauf § 11 Asylgesetz 1991 verweist) das Gegenteil entnehmen läßt und insbesondere § 16 Abs. 1 leg. cit. ("in allen Stadien des Verfahrens") dafür spricht, so kommt man auch im Wege verfassungskonformer Interpretation, die nur auf (in diesem Fall vorhandene) Zweifelsfälle beschränkt ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1976, Slg. Nr. 9213/A, und vom 29. Mai 1990, Zl. 88/04/0033), zum selben Ergebnis. Hiebei muß aber auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, B 1387, 1542/92, eingegangen werden, dessen Rechtsauffassung die belangte Behörde, wie sie in ihrer schriftlichen Äußerung vom 3. Februar 1993 zum Ausdruck bringt, "zuneigen würde", ohne daß sie allerdings die sich daraus ergebenden Konsequenzen vollinhaltlich (und zwar hinsichtlich der Anwendung materiellen Rechts durch die Erstbehörde in den Fällen des § 25 Abs. 1 Asylgesetz 1991) mitträgt.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt in dem angeführten Erkenntnis zusammenfassend die Ansicht, daß § 25 Abs. 1 und 2, jeweils erster Satz, Asylgesetz 1991 für die Übergangszeit ausdrücklich nur "die Behördenzuständigkeit (Abs. 1: weiterhin die Sicherheitsdirektionen, Abs. 2: das Bundesministerium für Inneres)" festlegten und bei einer Gesamtbetrachtung erkennen ließen, daß in jedem Fall ab 1. Juni 1992 materiell das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei. Dazu gelangt er - im Bewußtsein dessen, daß diese Auslegung dem Wortlaut dieser Bestimmungen ("nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen" bzw. "nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen") widerspricht, und unter Bedachtnahme darauf, daß über deren Inhalt sich aus den Gesetzesmaterialien nichts ableiten läßt
- vor allem auf Grund der Erwägung, daß andernfalls die Behörde erster Instanz den Asylantrag nach dem Asylgesetz (1968) zu beurteilen hätte, obgleich zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung bereits bekannt sei, daß die zweite Instanz dessen § 25 Abs. 2 zufolge das Asylgesetz 1991 anzuwenden haben werde, die Gesamtregelung dann aber sachlich nicht zu rechtfertigen und demnach Abs. 2 allein schon aus diesem Grunde verfassungswidrig wäre. Er sieht daher die Möglichkeit, eine solche Verfassungswidrigkeit zu vermeiden, nur in der von ihm vorgenommenen Auslegung. Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, erscheint ihm doch von vornherein eine Auslegung möglich, die, ohne mit dem Wortlaut dieser Bestimmungen in Konflikt zu geraten, ihre Verfassungsmäßigkeit gewährleistet. Ist auf Grund des § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 dann, wenn das Verfahren am 1. Juni 1992 (noch) in erster Instanz anhängig war, bis zu seiner Beendigung, also im Falle der späteren Erhebung einer Berufung auch vom Bundesminister für Inneres, altes Recht anzuwenden - welche Auslegung der Wortlaut dieser Bestimmung nicht nur zuläßt sondern, wie oben dargestellt, sogar nahelegt -, so fällt die vom Verfassungsgerichtshof seinen Überlegungen zugrunde gelegte, zur Annahme der Verfassungswidrigkeit führende Prämisse weg, weil in derartigen Fällen sowohl die Asylbehörde erster als auch jene zweiter Instanz den Asylantrag übereinstimmend noch nicht nach neuem Recht zu beurteilen hat. Es ist daher jedenfalls dieser Auslegungsvariante der Vorzug zu geben. Der Umstand, daß in § 25 Abs. 1 Asylgesetz 1991 auch (in dessen zweitem Satz ausschließlich) die Behördenzuständigkeit geregelt wurde, wofür
- im Sinne des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses - eine Verfassungsbestimmung notwendig war, läßt sich damit durchaus in Einklang bringen. Wenn der Verfassungsgerichtshof meint, daß eine Regelung, welches Gesetz für bereits anhängige Verfahren materiell angewendet werden soll, entbehrlich sei, weil ohne eine solche spezielle Norm für bereits anhängige Verfahren die allgemeine Bestimmung des § 27 Asylgesetz 1991 gelte, so ist zu bemerken, daß eben nach der vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommenen Auslegung des § 25 Abs. 1 erster Satz leg. cit. eine davon abweichende Norm geschaffen wurde; Abs. 2 erster Satz dieses Paragraphen wäre zwar (auch nach der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes) nicht erforderlich gewesen, diente jedoch immerhin der Klarstellung. Dem Argument der belangten Behörde in ihrer bereits erwähnten (auf Grund einer Berichterverfügung ermöglichten) Äußerung, dieses Ergebnis würde dazu führen, "daß der Zufall entscheiden würde, ob die alte oder die neue Rechtslage anzuwenden ist" (nämlich im Berufungsverfahren je nachdem, ob die Behörde erster Instanz vor oder nach dem 1. Juni 1992 entschieden hat), ist entgegenzuhalten, daß es dem Gesetzgeber freisteht, im Rahmen von Übergangs- bzw. Schlußbestimmungen eines Gesetzes auch eine solche, teilweise von der (lediglich einfachgesetzlichen) Norm des § 66 Abs. 4 AVG abweichende Regelung zu treffen, und im übrigen das gleiche Problem (auch bei ihrer bzw. der vom Verfassungsgerichtshof vorgenommenen Auslegung) im Verhältnis der bereits bis 1. Juni 1992 zu den erst nachher erledigten Berufungen besteht.
Die belangte Behörde hätte daher im vorliegenden Beschwerdefall das (bei ihr erst nach dem 1. Juni 1992 anhängig gewordene) Verwaltungsverfahren gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen gehabt. Daß sie demgegenüber - anders als die Behörde erster Instanz - bereits die materiellen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes angewendet hat, bedeutet aber noch nicht zwangsläufig - wie der Beschwerdeführer auf Grund der Berichterverfügung in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 29. Jänner 1993 im Rahmen des Beschwerdepunktes nachträglich ebenfalls geltend gemacht hat - eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, setzt doch eine solche eine damit verbundene Rechtsverletzung des Beschwerdeführers voraus. Diese ist aber nicht gegeben, weil sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - trotz der Zitierung weiterer Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 (§§ 3, 2 Abs. 2 und Abs. 3) - in rechtlicher Würdigung der vom Beschwerdeführer gemachten Angaben über seine Fluchtgründe ausschließlich mit dem Flüchtlingsbegriff des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinandergesetzt hat und dieser von jenem des § 1 Asylgesetz (1968) - ungeachtet dessen, daß es nach der neuen Rechtslage für den Erwerb dieses Status keiner behördlichen Feststellung mehr bedarf, was im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung ist - nicht abweicht, sondern mit dem des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention, soweit es sich um dessen Z. 2 (in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 18/1974) handelt, vollinhaltlich übereinstimmt.
Der Beschwerdeführer hat seinen schriftlichen Asylantrag vom 28. April 1992 damit begründet, auf Grund seiner kurdischen Abstammung in der Türkei in allen Lebensbereichen benachteiligt und politisch verfolgt worden zu sein. Sein Bruder sei von der Polizei verhaftet und geschlagen worden. Da auch ihm selbst eine entsprechende Behandlung durch die Behörden gedroht habe, habe er sich zur Flucht entschlossen. Seine genauen Fluchtgründe werde er bei seiner Einvernahme zu Protokoll geben. Diese fand am 21. Mai 1992 statt, wobei der Beschwerdeführer jedoch lediglich angab, daß die Kurden, denen er angehöre, in der Türkei keine Rechte hätten, ein Kurde in der Türkei, wenn er für seine Rechte eintrete, Angst haben müsse, eingesperrt zu werden, und daß er sich deshalb, weil die Kurden in der Türkei unterdrückt würden, entschlossen habe, nach Österreich zu flüchten. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat der Beschwerdeführer kein weiteres Tatsachenvorbringen erstattet. Der Beschwerdeführer hat damit - entgegen seiner Ansicht - keine tauglichen Asylgründe vorgebracht. Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß die Zugehörigkeit zu einer Minderheit allein nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigt und der Beschwerdeführer keine konkreten, individuell gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen dargetan hat.
Da sich somit die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)