VwGH 94/16/0078

VwGH94/16/00784.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des P in R, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 4. Februar 1994, Zl. 60.523-6/93, betreffend Grunderwerbsteuer und Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ErbStG §12 Abs1 Z2;
ErbStG §12 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schloß am 14. Jänner 1991 mit seinem Vater im Wege eines Notariatsaktes (der auch Rechtsgeschäfte mit bzw. zwischen anderen Familienmitgliedern beinhaltete) einen Vertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"ÜBERGABS-, ERB. UND PFLICHTTEILVERZICHTSVERTRAG

1.) Herr K übergibt seinem Sohn Herrn P und dieser übernimmt in sein Eigentum folgende dem Übergeber gehörenden Liegenschaften:

a) EINLAGE ZAHL 985 II R, bestehend aus den Grundparzellen 1952/3, 1952/4, 1956/1 Wiese, vom Übergeber erworben aufgrund des Kaufvertrages vom 2.8./28.11.1973;

b) EINLAGE ZAHL 1265 II R, bestehend aus Grundparzelle 1956/2 Wiese, vom Übergeber erworben aufgrund des Tauschvertrages vom 30.10./8.11.1961.

Übergeben und übernommen wird weiters der von K auf den angeführten Liegenschaften geführte KRAFTFAHRZEUGBETRIEB mit dem Standort R, mit allen Rechten und Forderungen, Lasten und Verbindlichkeiten, sohin mit allen Aktiven und Passiven des Betriebes eischließlich aller bestehenden Arbeits- und Dienstverhältnisse, und zwar zum Stichtag einunddreißigsten Dezember neunzehnhundertneunzig (31.12.1990). Ab ersten Jänner neunzehnhunderteinundneunzig (1.1.1991) wird sohin dieser Betrieb im Namen und auf Rechnung des P geführt.

2.) In Einlage Zahl 985 II R ist aufgrund des Bescheides vom 23.4.1941, Zahl IV c/2-113/6, ersichtlich gemacht, daß die Grundparzelle 1956/1 zum Teil im engeren Gefährdungsbereich des Sprengmittellagers des J auf Grundparzelle 1959 liegt und daß die genaue Lage innerhalb dieses engeren Gefährdungsbereiches aus dem dem Bescheid beiliegenden Plan ersichtlich ist.

3.) Die Liegenschaft in Einlage Zahl 1265 II R ist wie folgt belastet:

  1. a) Aufgrund der Pfandbestellungsurkunde vom 4.1.1973 mit dem Pfandrecht für die Raiffeisen-Bezirkskasse R zur Sicherstellung aller aus gewährtem Kredit herrührenden Forderungen im Höchstbetrag von S 1.250.000,-- (eine Million zweihundertfünfzigtausend Schilling);
  2. b) aufgrund der Pfandstellungsurkunde vom 29.12.1977 mit dem Pfandrecht zur Sicherstellung aller aus gewährtem Kredit herrührenden Forderungen der Raiffeisen-Bezirkskasse R im Höchstbetrag von S 1.250.000,-- (eine Million zweihundertfünfzigtausend Schilling);
  3. c) aufgrund der Pfandbestellungsurkunde vom 1.8.1979 mit dem Pfandrecht für die Kreditforderung der Raiffeisen-Bezirkskasse R im Höchstbetrag von

    S 2.600.000,-- (zwei Millionen sechshunderttausend Schilling).

Es handelt sich hiebei ausschließlich um Schulden des übergebenen Betriebes.

4.) Als Gegenleistung für die Übergabe hat Herr P seinem Vater K, beginnend mit Jänner neunzehnhunderteinundneunzig, eine lebenslängliche Versorgungsrente von monatlich S 18.000,-- (achtzehntausend Schillign) netto zu bezahlen. Für den Fall des Vorablebens des K vor seiner Ehegattin A hat P ab dem Monat, der dem Monat des Ablebens des K folgt, seiner Mutter A eine lebenslängliche Versorgungsrente von monatlich S 12.000,-- (zwölftausend Schilling) netto zu bezahlen.

Wertsicherung wird vereinbart. Als Maßstab zur Berechnung der Schwankungen der Kaufkraft des österreichischen Schillings wird der vom österreichischen Statistischen Zentralamt in Wien verlautbarte Index der Verbraucherpreise 86 beziehungsweise ein an dessen Stelle tretender Index herangezogen. Ausgangsbasis ist die Indexziffer für Jänner neunzehnunderteinundneunzig. Die Indexanpassung, die der Verpflichtete von sich aus vorzunehmen hat, hat mit Jänner jeden Jahres zu erfolgen, und zwar unter Heranziehung der Indexziffer des Monats Oktober des vorausgegangenen Jahres.

Die Rente ist bis spätestens zum fünften eines jeden Monats im vorhinein mittels Dauerauftrages auf ein Konto des/der Berechtigten zu überweisen.

Die Verpflichtung zur Zahlung der Rente von S 18.000,-- (achtzehntausend Schilling) beziehungsweise S 12.000,-- (zwölftausend Schilling) erlischt mit dem Ableben des/der Berechtigten. Der Rentenanspruch ist also nicht vererblich, wohl aber ist es die Verpflichtung zur Zahlung der Rente.

Damit die Rente von monatlich S 18.000,-- (achtzehntausend Schilling) beziehungsweise S 12.000,-- (zwöftausend Schilling) netto zukommt, hat P außer dieser Nettorente auch die veranlagte Einkommensteuer der Rentenempfänger zur Zahlung zu übernehmen.

...

9.) Besitz, Genuß, Wag und Gefahr sind mit ersten Jänner neunzehnhunderteinundneunzig (1.1.1991) auf die Übernehmer übergegangen, die von da an die mit den übernommenen Liegenschaften verbundenen Steuern und Abgaben aller Art aus eigenem zu tragen haben.

...

13.) Die mit der Errichtung und Verbücherung dieses Vertrages verbundenen Kosten und Gebühren einschließlich der insgesamt anfallenden Steuern und der insgesamt anfallenden gerichtlichen Eintragungsgebühr trägt Herr P, der auch den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat. ..."

Gegen den daraufhin ergangenen, vorläufigen Schenkungssteuerbescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im folgenden kurz Finanzamt) vom 30. September 1991 berief der Beschwerdeführer (soweit dies für den Beschwerdefall noch von Interesse ist) mit der Begründung, sein Vater habe neben den Betriebsverbindlichkeiten noch eine Privatdarlehensschuld bei der Raika R über S 1,200.000,-- gehabt. Auch diese Schuld sei vom Beschwerdeführer zur Rückzahlung übernommen worden. Da dies in den Übergabsvertrag vom 14. Jänner 1991 nicht aufgenommen worden sei, werde hierüber noch ein Nachtrag errichtet werden. Neben den echten Betriebsschulden habe der Beschwerdeführer auch die Verpflichtung aller offenen Einkommensteuernachzahlungen seines Vaters übernommen. Inzwischen sei die Einkommensteuer 1989 mit S 474.500,-- bezahlt worden. Offen sei noch die Einkommensteuer 1990 mit S 63.133,--. Daraus ergebe sich eine zusätzliche Gegenleistung von S 537.633,--.

Am 27. November 1991 wurde dem Finanzamt eine vom Beschwerdeführer und seinem Vater unterfertigte Urkunde folgenden Inhaltes übermittelt.

"NACHTRAG

zum not. Übergabs-, Erb- und Pflichtteilverzichtsvertrag vom 14.1.1991, GZl. 321, dem Finanzamt zur Grunderwerbsteuer bzw. Schenkungssteuer angezeigt am 18.1.1991.

Gemäß Punkt 1.) obigen Vertrages hat Herr K, Kraftfahrzeugmeister, wohnhaft in W, seinem Sohn Herrn P, Kraftfahrzeugmeister, wohnhaft in R, die Liegenschaften in Einl.Zl. 985 II, 1265 II R und den auf diesen Liegenschaften geführten Kraffahrzeugbetrieb mit dem Standort in R, mit allen Rechten und Forderungen, Lasten und Verbindlichkeiten, sohin mit allen Aktiven und Passiven des Betriebes einschließlich der bestehenden Arbeits- und Dienstverhältnisse zum Stichtag 31.12.1990 übergeben.

Zu den bisherigen vereinbarten Gegenleistungen übernimmt Herr P als weitere Gegenleistung für die Übergabe gemäß Punkt 1.) des o. a. Vertrages den von Herrn K bei der Reiffeisenbank R, laut Abstattungskreditvertrag vom 31.10.1989 aufgenommenen Privatkredit von S 1.200.000,-- in seine ausschließliche Rückzahlungsverpflichtung zum Stichtag 31.12.1990. Herr K erklärt dazu, daß dieser Kredit voll ausgeschöpft wurde und am 31.12.1990 im vollen Betrage aushaftete.

Als weitere Gegenleistung übernimmt Herr P die Einkommensteuernachzahlung beim Finanzamt R, die sich aufgrund der Einkommensteuererklärung für K ergeben, in seine ausschließliche Zahlungsverpflichtung, und zwar die Steuernachzahlung für das Jahr 1989 im Betrage von

S 474.500,--, die Steuernachzahlung für das Jahr 1990 im voraussichtlichen Betrage von S 63.133,--

R, am 4. November 1991"

Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Jänner 1992 gab das Finanzamt der Berufung (in jetzt nicht mehr beschwerdegegenständlichen Belangen) teilweise statt, versagte aber den nachträglich übernommenen Leistungen des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf das Entstehen der Steuerschuld zum 1. Jänner 1991 die Anerkennung.

In seinem dagegen fristgerecht gestellten Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertrat der Beschwerdeführer die Meinung, der schriftliche Nachtrag vom 4. November 1991 hätte rein deklarativen Charakter gehabt, indem er nur die bestehende Vereinbarung klarstellen wollte.

Am 7. Juni 1993 erließ das Finanzamt einen endgültigen Grunderwerbsteuerbescheid mit dem Inhalt der Berufungsvorentscheidung.

Die belangte Behörde wies die (gemäß § 274 Abs. 1 BAO auch als gegen den endgültigen Bescheid gerichtet anzusehende) Berufung als unbegründet ab. Sie versagte dabei der Behauptung des Beschwerdeführers, der Wille zur Übernahme der im Nachtrag vom 4. November 1991 genannten Leistungen hätte schon zur Zeit der Errichtung der Schenkung bestanden, mit dem Argument die Glaubwürdigkeit, der betroffene Betrag von ca. S 1,7 Millionen sei zu hoch, als daß man darüber irrtümlich in den Vertrag keine Bestimmung aufgenommen bzw. den Vertrag insoweit unpräzise gefaßt hätte. Beim Nachtrag vom 4. November 1991 handle es sich daher um eine nachträgliche Vereinbarung, durch die die am 1. Jänner 1991 begründete Schenkungssteuerschuld auch nicht teilweise beseitigt werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht auf Berücksichtigung des Nachtrags vom 4. November 1991 als Gegenleistung verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Als solcher ist im vorliegenden Fall unstrittig der 1. Jänner 1991 anzusehen, weil an diesem Tag gemäß Punkt 9 des Schenkungsvertrages "Besitz, Genuß, Wag und Gefahr" des geschenkten Objektes auf den Beschwerdeführer übergingen (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III,

4. Teil, Erbschafts- und Schenkungssteuer Rz 28 zu § 12 ErbStG referierte hg. Judikatur).

Der Beschwerdeführer wendet sich in Darstellung des Beschwerdegrundes der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (wobei er vor allem die Unterlassung der Einvernahme der am Vertragsabschluß beteiligten Personen rügt) im Ergebnis gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Dabei gelingt es ihm aber nicht, eine Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung aufzuzeigen, weil abgesehen von den vom angefochtenen Bescheid gebrauchten Argumenten vor allem der Wortlaut des Nachtrags vom 4. November 1991 eine ganz deutliche Sprache spricht. Während Abs. 2 dieser Urkunde auf den in Abs. 1 näher bezeichneten, vorher abgeschlossenen Vertrag vom 14. Jänner 1991 Bezug nimmt und dabei (insbesondere auch hinsichtlich der Bezeichnung des Schenkungsobjektes und der darauf lastenden Verbindlichkeiten) im Perfekt textiert ist, legen die Abs. 3 und 4 des Textes jeweils im Präsens fest, daß der Beschwerdeführer "zu den bisherigen vereinbarten Gegenleistungen" weitere Gegenleistungen übernimmt (die jetzt streitgegenständlich sind). Daraus ist der Charakter der weiteren Gegenleistungen als zusätzliche, neuvereinbarte Gegenleistungen unzweifelhaft zu erkennen. Davon, daß dies die bloß deklarative Beurkundung einer bereits am 14. Jänner 1991 getroffenen Vereinbarung wäre, kann keine Rede sein.

Da dem Verwaltungsgerichtshof abgesehen von der Schlüssigkeitsprüfung eine weitere Überprüfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde versagt und die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes vorzunehmen ist (§ 41 Abs. 1 VwGG), muß die Verfahrensrüge versagen.

Was die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides anlangt, ist der Beschwerdeführer auf die schon vom angefochtenen Bescheid zitierte Literatur und Judikatur zu verweisen, wonach für Verkehrsteuern ganz allgemein der Grundsatz gilt, daß die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann, insbesondere nicht durch nachträgliche Parteivereinbarungen (vgl. dazu die bei Fellner aaO. Rz 6 zu § 12 ErbStG referierte hg. Judikatur sowie das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1990, Zlen. 89/16/0088, 0089 und die dort zitierte Vorjudikatur, worauf gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Ebenso wie die Parteien einer Schenkung durch den nachträglichen Abschluß eines Kaufvertrages über den bereits geschenkten Gegenstand die schon entstandene Steuerpflicht nicht mehr beseitigen können (vgl. Kapp-Ebeling, Erbschaftssteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar11 Rz 66 zu § 9d ErbStG unter Berufung auf Judikatur des Reichsfinanzhofes), können sie im Falle einer gemischten Schenkung durch die nachträgliche Vereinbarung zusätzlicher Gegenleistungen eine für den unentgeltlichen Teil des Geschäftes bereits entstandene Schenkungssteuerpflicht nicht mehr verringern.

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß weite Teile des Sachvorbringens der Beschwerde im Zusammenhang mit der Situation des Geschenkgebers unzulässige und daher unbeachtliche Neuerungen darstellen (§ 41 Abs. 1 VwGG).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).

Mit Rücksicht auf die durch die oben zitierte Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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