VwGH 89/16/0088

VwGH89/16/008812.7.1990

N gegen Finanzlandesdirektion für Steiermark 1. vom 17. März 1989, Zl. B 269 - 7/87, und 2. vom 20. März 1989, Zl. B 270 - 7/87, je betreffend Schenkungssteuer

Normen

BewG 1955 §10;
ErbStG §12 Abs1 Z2;
ErbStG §19;
ErbStG §3 Abs1 Z2;
BewG 1955 §10;
ErbStG §12 Abs1 Z2;
ErbStG §19;
ErbStG §3 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 5.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Der Beschwerdeführer war Komplementär, seine Eltern und zwei weitere physische Personen waren Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (in der Folge: KG) gewesen. Der betreffende Gesellschaftsanteil der am 17. Oktober 1913 geborenen Mutter des Beschwerdeführers hatte 11,666 % und der seines am 8. April 1900 geborenen Vaters 30 % betragen.

Die Eltern des Beschwerdeführers hatten mit ihm am 30. August 1983 (mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der beiden anderen Kommanditisten) einen schriftlichen Übergabs- und Leibrentenvertrag (in der Folge: Vertrag) errichtet, nach dessen Punkt 2. Abs. 4 die Übergabe ihrer Gesellschaftsanteile an ihn mit 28. Februar 1983 (Ablauf des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres der KG) erfolgt war.

Nach Punkt 3. Abs. 1 zweiter Satz des Vertrages hatte sich der Beschwerdeführer "Ungeachtet des wirtschaftlichen Wertes der übernommenen Anteile verpflichtet", "die künftige Versorgung seiner Eltern im Sinne einer standesgemäßen Lebenshaltung in Form einer Rente zu sichern."

Im Abgabenverfahren legte der Beschwerdeführer zur Widerlegung der Annahme von Schenkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG (Rechtssache 1.: Gesellschaftsanteil seiner Mutter, Rechtssache 2.: Gesellschaftsanteil seines Vaters) u.a. die Bilanz der KG vom 28. Februar 1983 (in der Folge: Bilanz) mit einer von ihr ausgehenden, unter Berufung auf das Fachgutachten Nr. 45 des Fachsenates für Betriebswirtschaft und Organisation des Instituts für Betriebswirtschaft, Steuerrecht und Organisation der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (in der Folge: Fachgutachten Nr. 45) von einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft durchgeführten Ermittlung des Wertes der KG zum 28. Februar 1983 mit S 56.000,-- vor.

In der Bilanz wurden die Aktiva (ohne Grund und Boden, ein Gebäude, Forderung an Kommanditisten) mit S 54,517.824,76 bewertet. Bei der erwähnten Ermittlung des Wertes der KG wurde der Verkehrswert von Grund und Boden samt Gebäude mit S 39,000.000,-- geschätzt. Die in der Bilanz ausgewiesenen Werte der Passiva (Rückstellungen, Verbindlichkeiten und passive Rechnungsabgrenzung) ergaben zusammen (also ohne Kapital und Rücklagen für Investitionsfreibeträge) den Betrag von S 61,003.444,70.

Abgesehen von übernommenen "Passiva" der KG berechnete die belangte Behörde den - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestrittenen - Wert der Gegenleistung versicherungsmathematisch, und zwar für den Gesellschaftsanteil der Mutter mit rund S 600.000,-- (darin enthalten der mit S 443.390,-- berechnete Kapitalwert der ihr zu zahlenden Rente) und für den Gesellschaftsanteil des Vaters mit rund S 184.000,-- (darin enthalten der mit S 53.390,-- berechnete Kapitalwert der ihm zu zahlenden Rente).

Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinn der Begründungen der angefochtenen Berufungsentscheidungen) die Erwerbe der Gesellschaftsanteile der Eltern des Beschwerdeführers an der KG dem Grunde nach der Schenkungssteuer unterliegen oder (wie der Beschwerdeführer vermeint) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Schenkungen unter Lebenden. Nach § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes

  1. 1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes;
  2. 2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

    Auf Grund des § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.

    Gemäß § 13 Abs. 1 ErbStG ist Steuerschuldner der Erwerber, bei einer Schenkung auch der Geschenkgeber...

    Zutreffend gehen die Parteien des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß für die Beurteilung der Frage, ob eine Bereicherung bzw. ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt oder nicht, die Gegenüberstellung der gemeinen Werte von Leistung und Gegenleistung Bedeutung hat. Für die - in den vorliegenden Fällen nicht strittige - Berechnung der Steuer sind dagegen Leistung und Gegenleistung ausschließlich auf die im § 19 ErbStG bestimmte Weise zu bewerten (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, Zl. 86/16/0008, ÖStZB 18/1988, S. 391, mit weiterem Hinweis).

    Entgegen der von den Parteien des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vertretenen Auffassung kommt es in den vorliegenden Fällen nicht auf das - als Richtlinie im Tatsachenbereich für die Erstattung von Sachverständigengutachten anzusehende - Fachgutachten Nr. 45 an - das erst am 20. Dezember 1989 beschlossene (die Fachgutachten Nr. 45 und 47 ersetzende) Fachgutachten Nr. 74 hätte schon rein zeitlich bei der Erlassung der angefochtenen Berufungsentscheidungen (30. März 1989) nicht berücksichtigt werden können -, sondern auf folgendes:

    Für die Festsetzung einer Schenkungssteuer, und zwar auch schon für die Beantwortung der Frage, ob zwischen Leistung und Gegenleistung ein Mißverhältnis vorliegt oder nicht, sind auf Grund des oben zitierten § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG die Verhältnisse am Tage der Entstehung der Steuerschuld maßgebend (siehe z.B. das Erkenntnis vom 16. März 1967, Zl. 1689/66, ÖStZB 15/16/1967, S. 127, und das bereits angeführte vom 1. Dezember 1987).

    Zutreffend weist z.B. Stoll, Rentenbesteuerung3, Wien 1979, S. 613 Abs. 4, 623 Abs. 3 und 625 Abs. 2, sowohl für das Gebiet der Rechtsgebühren als auch für das der Erbschafts- und Schenkungssteuer darauf hin, daß die Voraussetzung der objektiven Bereicherung nach den gemeinen Werten des übertragenen Vermögens (Verkehrswert der Grundstücke und Teilwerte der beweglichen Gegenstände des Betriebsvermögens) und dem versicherungsmathematisch berechneten Rentenbarwert, zu dem die vom Nachfolger übernommenen Schulden kommen, zu beurteilen ist. Schon deshalb können in den vorliegenden Fällen weder Mindergewinne (in acht oder drei Jahren) berücksichtigt werden, noch kommt es auf den Liquidationswert an (oder auf die Frage, ob er immer als Untergrenze des Unternehmenswertes anzusehen ist oder nicht).

    Rücklagen für Investitionsfreibeträge sind jedenfalls keine in dem hier maßgebenden Zeitpunkt (28. Februar 1983) bereits bestandene Verbindlichkeiten. Im übrigen sind die Passiva keineswegs allgemein der Gegenleistung zuzurechnen, sondern nur soweit sie intern gegenüber dem Schuldner übernommen wurden, sei es mit einer weiteren vertragsmäßigen Verpflichtung oder ohne einer solchen (siehe z.B. das Erkenntnis vom 7. Oktober 1985, Zl. 84/15/0071, Slg. Nr. 6036/F).

    Geht man nun - zumindest im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers - davon aus, daß seine Eltern der KG den ihrem Gesellschaftsanteil entsprechenden Teil des eingangs angeführten Betrages von S 61,003.444,70 - also S 7,116.661,85 (11,666 %) bzw. S 18,301.033,41 (30 %) - geschuldet und (im Innenverhältnis) dafür gehaftet hätten, dann könnten diese Beträge zu den versicherungsmathematisch berechneten Teilen der Gegenleistung gezählt werden, was für den Gesellschaftsanteil der Mutter eine solche von insgesamt S 7,716.661,85 und für den Gesellschaftsanteil des Vaters eine solche von S 18,485.033,41 ergäbe.

    Ausgehend von dem dargestellten - nach der erwähnten Unternehmensbewertung durch die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft statt Teilwerten auch darunter befindliche geringere Buchwerte umfassenden - Gesamtwert der Aktiva (S 93,517.824,76) entfielen davon auf den Gesellschaftsanteil des Vaters S 28,055.347,42 und auf den der Mutter S 10,909.789,43.

    Der Vergleich der betreffenden Beträge zeigt aber jeweils ein offenbares oder erhebliches Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das nach Rechtsprechung und Lehre anzunehmen ist, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um (teilweise schon 20) 25 v.H. unterschreitet (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, auch hier mit weiterem Hinweis).

    Der Wille zu bereichern muß bei freigebigen Zuwendungen beim Zuwendenden vorhanden sein. Dieser Wille muß allerdings kein unbedingter sein, ES GENÜGT vielmehr, DASS DER ZUWENDENDE eine BEREICHERUNG DES EMPFÄNGERS der Zuwendung bejaht bzw. IN KAUF NIMMT, falls sich eine solche Bereicherung im Zuge der Abwicklung des Geschäftes ergibt (siehe z.B. das bereits wiederholt angeführte Erkenntnis vom 1. Dezember 1987). Der Verwaltungsgerichtshof erblickt in den vorliegenden Fällen keine Rechtswidrigkeit in der Annahme des Bereicherungswillens, zumal dies bei Zuwendungen an einen (kraft Gesetzes erbberechtigten) Angehörigen im besonderen gerechtfertigt ist, weil Familienbande Gestaltungen nahelegen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlaß besteht (z.B. Vorwegnahme der Erbschaft durch freigebige Zuwendungen) - siehe z.B. das Erkenntnis vom 8. November 1977, Zl. 1168/77, Slg. Nr. 5183/F.

    Da die belangte Behörde jedenfalls - wenn auch mit einer anderen Begründung - in beiden Fällen zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangte, ist die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen (siehe z.B. die von Dolp-Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 570 unten, zitierte Rechtsprechung).

    Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren ist abzuweisen, weil die Vorlage der gemeinsam geführten Verwaltungsakten nur einmal erfolgte.

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