VwGH 94/04/0168

VwGH94/04/016820.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der J in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Juni 1994, Zl. 309.779/4-III/5/94, betreffend Konzessionsentziehung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art103 Abs4;
GewO 1973 §361 Abs5 idF 1976/253 ;
GewO 1973 §361 Abs5;
GewO 1973 §361 idF 1993/029 ;
GewO 1973 §87;
GewRNov 1992 Art1 Z165;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs2;
VwGG §63 Abs1;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art103 Abs4;
GewO 1973 §361 Abs5 idF 1976/253 ;
GewO 1973 §361 Abs5;
GewO 1973 §361 idF 1993/029 ;
GewO 1973 §87;
GewRNov 1992 Art1 Z165;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs2;
VwGG §63 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0144, wurde der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. Mai 1993 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren erging sodann der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Juni 1994, mit welchem er die Berufung der Beschwerdeführerin "gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit Art. 103 Abs. 4 B-VG in der Fassung der Bundes- Verfassunggesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 444, als unzulässig" zurückwies. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, durch die am 1. Juli 1993 in Kraft getretene Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, sei es zum Entfall der Bestimmung des § 361 Abs. 5 GewO 1973 gekommen. Ab 1. Juli 1993 gelte daher bei Verfahren betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung, daß - bei Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde in erster Instanz - der Landeshauptmann als Rechtsmittelinstanz endgültig entscheide. Zufolge § 361 Abs. 1 GewO 1994 sei zur Entziehung der Gewerbeberechtigung für ein Gastgewerbe die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. Mangels einer anhängige Entziehungsverfahren betreffenden Übergangsbestimmung über die weitere Anwendung der außer Kraft getretenen Vorschriften, einschließlich der alten Zuständigkeitsregel (§ 361 Abs. 5 GewO 1973), auf das gegenständliche Verfahren sei nach Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 am 1. Juli 1993 "weder das frühere materielle noch das frühere Verfahrensrecht anzuwenden" (Hinweis auf das hg. Erkenntis vom 28. März 1985, Slg. Nr. 11.734/A). Da nach den seit 1. Juli 1993 geltenden Verwaltungsvorschriften in einem Verfahren der gegenständlichen Art ein Instanzenzug an den Bundesminister nicht (mehr) vorgesehen sei, habe die vorliegende Berufung infolge Ausschöpfung des Instanzenzuges als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Sachentscheidung verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, wenn eine Berufung nach den "damals" geltenden Rechtsvorschriften möglich und zulässig gewesen sei, stehe für die Beschwerdeführerin wie für jeden Staatsbürger, der auf ein geordnetes staatliches Verwaltungsverfahren vertrauen dürfe, fest, daß nur deshalb, weil die Berufungsbehörde einmal unrichtig entschieden und den Bescheid mit Gesetzwidrigkeit belastet habe, die Berufung nicht aus formellen Gründen überhaupt als unzulässig zurückgewiesen werden könne und dürfe. Es sei geradezu absurd, nach Durchführung weiterer, von der Berufungsbehörde selbst veranlaßter Erhebungen und Aufforderungen zur Stellungnahme nach Ergehen und Zustellung des letzten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes nunmehr das Verfahren mit der Begründung "abzubrechen", die Berufung sei als unzulässig zurückzuweisen. Auch die Aufhebung des Bescheides des Bundesministers (vom 25. Mai 1993) durch den Verwaltungsgerichtshof unter Berufung auf die aufgezeigten Verfahrens- und Begründungsmängel mache deutlich, daß gerade nach den Grundsätzen auch des VwGG die belangte Behörde - oder durchaus denkbar auch eine Unterbehörde, deren Bescheid ja durch das Erkenntnis im Ergebnis ebenfalls nicht aufrechterhaltbar sei - den gesetzlichen Zustand herzustellen gehabt hätten, was nur bedeuten könne, daß eine meritorische Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin zu fällen sei. Daß die neue Rechtslage eine bezughabende Übergangsbestimmung nicht vorsehe, könne nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen und es könne von dieser auch nicht verlangt werden, nach wie immer gearteten "rechtstheoretischen laienhaften Überlegungen" zu erkunden, ob sie nicht als Berufungswerberin, die ohnehin nie eine Frist versäumt habe, Wiedereinsetzungsanträge wegen unvorhergesehener oder unabwendbarer Ereignisse stellen müßte. Es sei immer noch Aufgabe eines geordneten Instanzenzuges und eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens in einem Rechtsstaat europäischer Prägung, daß betroffene Staatsbürger auf ihre möglichen Rechte hingewiesen würden. Wer letztlich für die ausstehende Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin zuständig sei, sei für die Beschwerdeführerin im Ergebnis ohne Belang. Keinesfalls sei es aber zulässig, die gegenständliche Berufung aus den im belangten Bescheid angeführten Gründen ",weil es einem nun einfach so einfällt," zurückzuweisen. Dies manifestiere sich auch im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, der ja bei Erlassung des Erkenntnisses auf diese geänderte Gesetzeslage jedenfalls hätte Bedacht nehmen können und müssen.

Dieses Vorbringen vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Gemäß Art. 103 Abs. 4 B-VG endet in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der administrative Instanzenzug, sofern der Landeshauptmann als Rechtsmittelbehörde zu entscheiden hat und nicht durch Bundesgesetz ausnahmsweise aufgrund der Bedeutung der Angelegenheit ausdrücklich anderes bestimmt ist, beim Landeshauptmann. Als eine solche Ausnahmebestimmung normierte § 361 Abs. 5 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, u. a., daß der administrative Instanzenzug im Verfahren betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung aus den in den §§ 87, 88 Abs. 1 oder 89 Abs. 1 leg. cit. angeführten Gründen bis zum Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten geht. Mit der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, welche mit 1. Juli 1993 in Kraft trat, kam es zum Entfall des Abs. 5 des § 361 GewO 1973, sodaß - mangels gesonderter Übergangsvorschriften - seither auch im Entziehungsverfahren Art. 103 Abs. 4 B-VG bezüglich der Abkürzung des Instanzenzuges anzuwenden ist, wobei eine gesetzliche Änderung des Instanzenzuges während des Laufes eines anhängigen Verfahrens von der Verwaltungsbehörde zu beachten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zlen. 94/04/0008, 0018, 0019).

Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn in der Beschwerde erkennbar auf die Regelung des § 63 Abs. 1 VwGG hingewiesen wird. Danach sind, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 stattgegeben hat, die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Auch aus dieser Regelung vermag eine eine perpetuatio fori normierende Zuständigkeitsvorschrift nicht abgeleitet werden. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich die Behörde nach der Aufhebung ihres Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof den neuen Bescheid aufgrund der inzwischen eingetretenen Änderungen in der Rechtslage zu erlassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1976, Slg. N.F. Nr. 9.203/A; vgl. auch VfSlg. 7.705).

Hinsichtlich der in der Beschwerde angestellten Rechtsschutzüberlegungen ist in diesem Zusammenhang weiters auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Fall, daß durch eine Änderung der Rechtslage ein vorher bestehender Instanzenzug innerhalb der Verwaltung weggefallen ist, dem Fall des § 46 Abs. 2 VwGG gleichzuhalten ist, in welchem irrtümlich gegen einen unmittelbar vor dem Verwaltungsgerichtshof anzufechtenen Bescheid ein Rechtsmittel eingeräumt worden ist, von dem die Partei Gebrauch gemacht hat (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 22. März 1984, Slg. N.F. Nr. 11.377/A).

Soweit aber in der Beschwerde (erkennbar) eine Verletzung der Manuduktionspflicht des § 13 a AVG geltend gemacht wird, geht diese Verfahrensrüge - losgelöst von der Frage der Wesentlichkeit eines derartigen Verfahrensmangels in dem Sinne, daß die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können - schon deshalb ins Leere, weil die Manuduktionspflicht des § 13 a AVG nur gegenüber jenen Personen besteht, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die Beschwerdeführerin hingegen im Verfahren vor der belangten Behörde rechtsanwaltlich vertreten war (vgl. im übrigen auch das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1985, Zl. 84/01/0374).

Wenn schließlich in der Beschwerde vorgebracht wird, der Verwaltungsgerichtshof hätte bei Erlassung des Erkenntnisses (vom 23. November 1993) auf die geänderte Gesetzeslage "Bedacht nehmen können und müssen", so genügt der Hinweis, daß Änderungen der Rechtslage nach Erlassung des angefochtenen Bescheides der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. März 1956, VwSlg. N.F. Nr. 1.374/F).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde, erübrigt sich einen Abspruch über diesen Antrag.

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