VwGH 93/12/0271

VwGH93/12/027118.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde der Dr. H in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 21. Juli 1993, Zl. 163.736/2-III/16/93, betreffend Feststellung des Anspruches auf Reisegebühren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §56;
RGV 1955 §2 Abs1;
RGV 1955 §2 Abs2;
RGV 1955 §2 Abs5;
RGV 1955 §73;
AVG §38;
AVG §56;
RGV 1955 §2 Abs1;
RGV 1955 §2 Abs2;
RGV 1955 §2 Abs5;
RGV 1955 §73;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Oberstudienrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; ihre Dienststelle war im Schuljahr 1991/92 das Wirtschaftskundliche Bundesrealgymnasium in X.

Mit Eingabe vom 18. Dezember 1992 begehrte die Beschwerdeführerin die bescheidmäßige Absprache über die Gebührlichkeit der Abgeltung VON FAHRTKOSTEN zu "den dislozierten Klassen" nach Y.

Mit Bescheid des Landesschulrates vom 17. Juni 1993 wurde wie folgt abgesprochen:

"Es wird gem. § 2 (1) der Reisegebührenvorschrift 1955, i. d.d.g.F., festgestellt, daß für die Unterrichtserteilung von Frau Prof. Mag. OStR. Dr. H in den dislozierten Klassen des Wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasiums X in Y keine Reisegebühren verrechnet werden können."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und führte in dieser im wesentlichen aus, bereits in ihrem Antrag vom 18. Dezember 1992 habe sie darauf hingewiesen, daß sich das im Bescheid erster Instanz genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1985, Zl. 84/09/0215, auf Dienstverrichtungen im Dienstort bezogen habe. Die dislozierten Klassen des Wirtschaftlichen Bundesrelgymnasiums seien in Y untergebracht. Y sei eine eigene Ortsgemeinde und liege in einem anderen Bezirk. Die Wegstrecke zwischen der Stammschule und den dislozierten Klassen betrage außerdem mehr als 2 km. Da im Bescheid wieder mit dem Argument Dienstverrichtungen im Dienstort argumentiert werde, obwohl dies sachlich nicht richtig sei, begehre die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Bescheides und die Zuerkennung der Fahrtkosten zwischen X und Y.

Dieser Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß §§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 sowie 20 Abs. 1 und Abs. 3 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133 (RGV), nicht stattgegeben.

Zur Begründung führt die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im wesentlichen weiter aus, die Beschwerdeführerin versehe zwar ihren Dienst bei den dislozierten Klassen in Y, das ändere aber nichts an der organisatorischen Einheit der Schule, der sie zugewiesen sei. Es sei begrifflich ausgeschlossen, daß eine eine Schule darstellende Einrichtung zugleich als Dienststelle und Dienstverrichtungsstelle zu qualifizieren sei. Die vom § 2 Abs. 2 RGV geforderte Voraussetzung für eine "Dienstverrichtung im Dienstort" setze nämlich voraus, daß sich der Beamte (Lehrer) zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion im Dienstort zu einer

- VON SEINER DIENSTSTELLE VERSCHIEDENEN -

Dienstverrichtungsstelle begebe.

Somit bestehe in Fällen, in denen innerhalb des Dienstortes einzelne Klassen einer Schule disloziert untergebracht seien, kein Anspruch auf Reisekosten. Bei Zugrundelegung dieser Rechtsmeinung dürfe aber auch dann nichts anderes gelten, wenn die disloziert untergebrachten Klassen sich an einem außerhalb des Schulortes gelegenen Ort befänden. Zwar werde im § 2 Abs. 1 RGV als Voraussetzung für das Vorliegen einer Dienstreise lediglich die Reisebewegung vom Dienstort an einen außerhalb dessen gelegenen Ort gefordert, sodaß insofern das Vorliegen einer Dienstverrichtungsstelle nicht mehr erforderlich sei. Gehe aber die disloziert gelegene Klasse organisatorisch in die schulische Einheit auf, so stelle sie eine mit dem Ort (Hauptgebäude) identische Dienststelle dar. Eine Reisebewegung von der Dienststelle Schule (Hauptgebäude) zur selben Dienststelle (disloziert gelegene Klasse) sei damit trotz des bestehenden räumlichen Unterschiedes begrifflich nicht möglich.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage sei es als gegeben anzusehen, daß die Dienstverrichtungen der Beschwerdeführerin in dieser eine organisatorische Einheit darstellenden Schule weder als "Dienstverrichtungen im Dienstort" im Sinne des § 2 Abs. 2 RGV noch als Dienstreise im Sinne des § 2 Abs. 1 der genannten Bestimmung anzusehen seien. Dies habe zur Folge, daß nicht nur der Anspruch nach den §§ 4 ff bzw. § 20 Abs. 1 RGV ausgeschlossen, sondern auch der Anwendungsfall des § 20 Abs. 3 und Abs. 4 RGV nicht gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des zweitinstanzlichen Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Behörde erster Instanz hat über den Antrag der Beschwerdeführerin auf bescheidmäßigen Abspruch betreffend die von ihr geltend gemachten Reisegebühren einen Feststellungsbescheid erlassen, mit dem nur ausgesprochen wurde, daß für die Unterrichtserteilung der Beschwerdeführerin in den dislozierten Klassen des Wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasiums X in Y keine Reisegebühren verrechnet werden können. Ein Feststellungsanspruch dieses Inhaltes ist im Gesetz aber nicht vorgesehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können die Verwaltungsbehörden im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zwar erlassen, aber nur dann, wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Unzulässig ist es hingegen, über die den Gegenstand des Antrages bildende Rechtsfrage einen gesonderten Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn diese Frage im Rahmen eines anderen Verfahrens zu entscheiden ist. Es muß mithin für die Feststellung ein im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gegründeter Anlaß gegeben sein. Ein solcher Anlaß liegt nicht vor, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens, zu dem auch das Verfahren hinsichtlich einer einem bestimmten Zeitraum konkret gebührenden Reisegebührenvergütung gehört, zu entscheiden ist. Daraus ergibt sich, daß im Streitfall ein Feststellungsanspruch der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Frage, ob ihr Reisegebühren für ihre Dienstleistung in den dislozierten Klassen des Wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasiums X in Y zustehen oder nicht, nicht erkennbar ist. Vielmehr war im Verwaltungsverfahren ausschließlich nur über die Gebührlichkeit der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Kosten bescheidmäßig abzusprechen. Der Feststellungsbescheid wurde daher durch die Behörde erster Instanz zu Unrecht erlassen (vgl. ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise Erkenntnis vom 18. September 1992, Zl. 91/12/0156, und die dort weiters angegebene Rechtsprechung).

Da die belangte Behörde dies verkannte und den Bescheid erster Instanz nicht behoben hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Für das fortgesetzte Verfahren wird bemerkt, daß die Rechtsauffassung der belangten Behörde schon deshalb nicht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1985, Zl. 84/09/0215, gestützt werden kann, weil es bei diesem Erkenntnis um die Frage einer Dienstverrichtung im Dienstort gegangen ist und bei einer dislozierten Außenstelle, die außerhalb des Dienstortes der Stammdienststelle gelegen ist, im Sinne der RGV dem örtlichen Aspekt eine größere Bedeutung als dem organisatorischen Aspekt zuzumessen ist (vgl. auch Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 93/12/0268).

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