VwGH 93/09/0259

VwGH93/09/025923.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dr. P in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Salzburger Gemeindebedienstete vom 16. November 1992, Zl. Diskom P - 1/13 - 1991, betreffend Einleitungsbeschluß in einem Disziplinarverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §109 Abs3;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §109 Abs3;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gemeindeverwaltungsoberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Marktgemeinde S, Salzburg; er ist dort als Leiter des Gemeindeamtes tätig.

Mit dem als Disziplinaranzeige zu wertenden Schreiben vom 20. Juli 1992 brachte der Bürgermeister der genannten Marktgemeinde dem Vorsitzenden der belangten Behörde den dem Einleitungsbeschluß zugrunde liegenden Sachverhalt zur Kenntnis.

Die Disziplinarkommission für Salzburger Gemeindebedienstete, Senat 1, beschloß daraufhin ohne weitere Verfahrensschritte "unter dem Vorsitz von Bezirkshauptmann Hofrat Dr. NN und den weiteren Mitgliedern GVwOR Mag. A, OAR B, VBgm C und GR D am 19. Oktober 1992 stimmeneinhellig" gegen den Beschwerdeführer die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen des spruchmäßig dargestellten Verhaltens.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. November 1992 beschloß die Disziplinarkommission für Salzburger Gemeindebedienstete durch ihren Senat 1 unter dem "Vorsitz von Bezirkshauptmann Hofrat Dr. NN und den weiteren Mitgliedern GVwOR Mag. A, GVwOAR E, VBgm. C und GR D", den Beschluß vom 19. Oktober 1992 aufzuheben; weiters beschloß die belangte Behörde stimmeneinhellig:

"1. Gegen Herrn Gemeindeverwaltungsoberrat Dr. P (Beschwerdeführer), S, wohnhaft in X, wird gemäß §§ 9 und 12 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968, LGBl. Nr. 27, i.d.g.F., in Verbindung mit § 123 des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, i.d.g.F., ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil er im Verdacht steht, er habe wie folgt gegen seine Dienstpflichten verstoßen:

1.1. er habe dadurch, daß er ohne Wissen und Willen des Bürgermeisters der Marktgemeinde S ein an die Marktgemeinde S zu Handen des Bürgermeisters gerichtetes Schreiben des Herrn Mag. F, Bischofshofen, vom 6. Juni 1992 an Herrn G, Salzburg, weitergeleitet hat, obwohl ihm nach dem Inhalt bekannt sein mußte, daß dieser Brief für Herrn G nicht bestimmt sein konnte, seiner Dienstpflicht nach § 43 BDG 1979 und seiner Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit im Sinne der §§ 44 und 46 BDG 1979 nicht genügt;

1.2. er habe dadurch, daß er eine noch nicht funktionsfähige EDV-Applikation für die Bauaktverwaltung am 25. Juli 1991 als ordnungsgemäß geliefert anerkannt hat, obwohl er als Mitglied der von der liefernden WA-Unternehmensberatung G gegründeten Beratergruppe Netzwerk fungiert hatte, seine Befangenheit im Sinne des § 47 BDG 1979 nicht wahrgenommen und dadurch entgegen seiner Dienstpflicht im Sinne des § 43 BDG 1979 der Marktgemeinde S einen finanziellen Nachteil zugefügt und 1.3. er sei als Mitglied der Beratergruppe Netzwerk einer Nebenbeschäftigung nachgegangen, ohne diese dem Dienstgeber gemeldet zu haben; dies stelle sich als Verstoß gegen § 56 BDG 1979 dar.

2. Da die Disziplinarkommission für Salzburger Gemeindebedienstete zur Ansicht gekommen ist, daß durch die obbezeichneten Verstöße gegen das BDG 1979 auch eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung begangen worden sein kann, wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 114 BDG 1979 unterbrochen und wird gleichzeitig Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Salzburg erstattet."

Zur Begründung wird ausgeführt, mit Anzeige des Bürgermeisters der Marktgemeinde S vom 20. Juli 1992 sei der Disziplinarkommission für Gemeindebedienstete folgender Sachverhalt zur Kenntnis gebracht worden:

"1.1. Die Marktgemeinde S hat - über Empfehlung von Herrn Dr. P (Beschwerdeführer) - Ende 1990 mit der Unternehmensberatung G in Salzburg einen EDV-Softwarevertrag abgeschlossen. In der Erfüllung dieses Softwarevertrages kam es in der Folge zu gravierenden Differenzen zwischen der Firma G und der Marktgemeinde S.

Amtsleiter Dr. P (Beschwerdeführer) hat ohne mein Wissen und ohne Befragen der mit der in Auftrag gegebenen Entwicklung für eine Bauaktverwaltung befaßten Sachbearbeiter im Bauamt, am 25.7.1991 als Vertreter der Marktgemeinde S ein Übernahmeprotokoll unterzeichnet, in welchem die ordnungsgemäße Übernahme der Bauaktverwaltung laut detailliertem Organisationskonzept vom 20.11.1990 bestätigt wird.

Wie dem Aktenvermerk über die Besprechung vom 15.1.1992 zu entnehmen ist, war die gelieferte Software zum Zeitpunkt der Übernahme durch Dr. P (Beschwerdeführer) in keiner Form auch nur annähernd dem Organisationskonzept entsprechend entwickelt, sodaß ich mir berechtigte Gedanken machen durfte, was Dr. P (Beschwerdeführer) dazu bewegte, ein Projekt als abgeschlossen zu übernehmen, welches nachweislich erst im März 1992 voll eingesetzt werden konnte.

Ich habe mich in weiterer Folge - um mich in dieser komplizierten Materie beraten zu lassen - mit Herrn Mag. F in Verbindung gesetzt. Herr Mag. F hat sich mit unseren Problemen mit der Firma G eingehend befaßt und hat mir in einem Schreiben vom 6.6.1992 samt einer ausdrücklich als vertraulich bezeichneten Stellungnahme Empfehlungen in Hinblick auf die weitere Vorgangsweise gegenüber der Firma G übermittelt. (Anlagen)

Sie können sich meine Konsterniertheit vorstellen, als mich Mag. F mit Schreiben vom 24.6.1992 (Anlage) davon informierte, daß diese vertrauliche, zu meinen Handen gerichtete Stellungnahme offenbar umgehend unserem Kontrahenten, Herrn G, zugespielt wurde.

Meine Nachfragen ergaben, daß Herr Dr. P (Beschwerdeführer) selbst diese Unterlagen an Herrn G weitergeleitet hat. Herr Dr. P (Beschwerdeführer) hat dies auch - ohne sich besonders zu rechtfertigen - zugegeben.

In weiterer Folge wurden mir auch die Hintergründe dieses Vorgehens von Dr. P (Beschwerdeführer) klar:

Herr Mag. F informierte mich, daß Dr. P (Beschwerdeführer) Mitglied einer Beratergruppe sei, die unter Leitung von Herrn G es sich unter anderem zur Aufgabe gesetzt hat, EDV-Programme in den Gemeinden zu verbreiten und daraus "... kommerzielle Problemlösungen zu aquirieren". Er übergab mir als Beweis zwei Schriftstücke vom 14.3.1991 und 23.2.1991, die diesem Schreiben beigelegt sind.

Herr Dr. P (Beschwerdeführer) hat mich zu keiner Zeit vom Bestand dieser Beratergruppe bzw. davon, daß er in dieser Beratergruppe mitwirkt, in Kenntnis gesetzt.

Herr Mag. F hatte Zugang zu diesen Informationen, weil auch er ursprünglich dieser Beratergruppe angehört hatte, sich aber später wieder daraus verabschiedete. An dieser Stelle sei erwähnt, daß im Rahmen der Organisationsgespräche zur Entwicklung einer EDV-unterstützten Bauaktverwaltung für die Marktgemeinde S ursprünglich Überlegungen angestellt worden waren, ein gemeinsames Projekt mit der Stadtgemeinde H zu entwickeln, die jedoch scheiterten.

Von besonderem Interesse erscheint auch ein Arbeitspapier zur Sache "Beratergruppe, Organisation mit EDV" vom 23.2.1991 (Anlage), in dem ausführlich über Entschädigungszahlungen bzw. Provisionen für diverse Verkaufsleistungen die Rede ist. Ob auch Herr Dr. P (Beschwerdeführer) als Mitglied dieser Beratergruppe Provisionszahlungen, im speziellen aus dem Auftrag der Firma G bei der Marktgemeinde S erhalten hat, ist mir nicht bekannt.

Ich ersuche Sie, sehr geehrter Herr Hofrat, um Überprüfung dieser Angelegenheit aus der Sicht des Beamtendienstrechtsgesetzes. Sollten Sie zur Erkenntnis kommen, daß über das Dienstrecht hinaus durch dieses Verhalten relevante Tatbestände gesetzt worden sind, ersuche ich Sie um entsprechende Veranlassung.

1.2. Dieser Anzeige waren die darin erwähnten Beilagen angeschlossen."

Die belangte Behörde führt dann in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, sie habe sich in ihrer Sitzung am 16. November 1992 mit diesen Vorwürfen eingehend befaßt und sei zu den im Spruch des Bescheides zitierten Ergebnissen gekommen. Der Beschluß vom 19. Oktober 1992 sei aufzuheben gewesen, weil er von einem nicht richtig zusammengesetzen Senat gefaßt worden sei.

Gegen diesen Bescheid wendete sich der Beschwerdeführer vorerst an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Mit der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid enthält drei Absprüche:

  1. 1. Die Aufhebung des dem Beschwerdeführer vom 22. Oktober 1992 zugestellten Einleitungsbeschlusses vom 19. Oktober 1992;
  2. 2. den neuerlichen Einleitungsbeschluß wegen des Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen in drei Sachverhaltspunkten;
  3. 3. den Beschluß, das nach Pkt. 2 eingeleitete Disziplinarverfahren wegen Strafanzeige zu unterbrechen.

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid nur wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Als Beschwerdepunkt macht der Beschwerdeführer nur die Verletzung seines Rechtes dadurch, daß gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, geltend. Daraus folgt, daß sich die Beschwerde nur gegen den vorher unter Pkt. 2 dargestellten Einleitungsbeschluß und nicht gegen die Absprüche unter Pkt. 1 und Pkt. 3 im Sinne der vorherigen Darstellung richtet.

Gegen den Einleitungsbeschluß bringt der Beschwerdeführer vor, die Dienstbehörde habe es unterlassen, ihm eine Abschrift der Disziplinaranzeige zuzustellen und ihm so die Möglichkeit der Stellungnahme genommen. Der Dienstvorgesetzte habe vor seiner Disziplinaranzeige keinerlei Erhebungen gepflogen bzw. ihm das Ergebnis dieser Erhebungen nicht zur Kenntnis gebracht. Die belangte Behörde habe sich lediglich auf die Disziplinaranzeige gestützt, ohne irgendwelche Erhebungen anzustellen bzw. ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Hätte er Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, hätte er Beweismittel angeboten, aus denen sich ergeben hätte, daß er die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen nicht begangen habe.

Dieses Vorbringen kann aus folgenden Überlegungen der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968, LGBl. Nr. 27, gilt - soweit das zitierte Gesetz nicht selbst anderes bestimmt - das in der Anlage angeführte Dienstrecht der Bundesbeamten sinngemäß. Von dem also nach der Anlage zur Anwendung kommenden Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333, sind im wesentlichen nur die Zuständigkeitsvorschriften in den §§ 12 und 13 des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes 1968 abweichend geregelt.

Nach § 43 Abs. 4 der Salzburger Gemeindeordnung 1976, LGBl. Nr. 56, steht die Ausübung der Disziplinargewalt - soweit nicht besondere Disziplinarbehörden hiefür zuständig sind - dem Bürgermeister zu.

Nach § 109 BDG 1979 hat der mittelbar oder unmittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Die Dienstbehörde hat nach Abs. 3 der genannten Bestimmung, sofern es sich nicht um eine Selbstanzeige handelt, eine Abschrift der Disziplinaranzeige unverzüglich dem Beschuldigten zuzustellen.

Gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 hat der Vorsitzende der Disziplinarkommission nach Einlangen der Disziplinaranzeige die Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen. Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluß nach Abs. 2 der genannten Bestimmung dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig.

Nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn

  1. 1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,
  2. 2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,
  3. 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
  4. 4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine

    oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um dem Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

Gemäß § 105 BDG 1979 sind auf das Disziplinarverfahren, soweit in diesem Abschnitt des BDG nicht anderes bestimmt ist, u. a. die Bestimmungen des AVG über den Gang des Ermittlungsverfahrens und über das Parteiengehör anzuwenden. Dies trifft somit grundsätzlich auch für das einem Einleitungsbeschluß vorangehende Verwaltungsverfahren zu. Allerdings gehen nach der Textierung des § 105 BDG 1979 in diesem Abschnitt des Gesetzes normierte verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen den anzuwendenden Regeln des AVG vor. Eine derartige lex specialis, und zwar zur Frage der Gewährung des Parteiengehörs zur Disziplinaranzeige, sofern der Einleitungsbeschluß ausschließlich auf diese Anzeige gestützt wird, stellt der § 109 Abs. 3 BDG 1979 dar. Die unverzügliche Mitteilung der Disziplinaranzeige an den beschuldigten Beamten, welche die genannte Bestimmung vorsieht, setzt diesen in die Lage, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zur Kenntnis zu nehmen und allenfalls dazu auch eine Stellungnahme abzugeben. Nur dann, wenn die Disziplinarkommission vor der Erlassung des Einleitungsbeschlusses über die Disziplinaranzeige hinaus weitere Ermittlungen durchführen läßt - wozu sie nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 1 BDG 1979 keinesfalls in jedem Fall gezwungen ist -, hat sie zu den zusätzlichen Ermittlungsergebnissen dem beschuldigten Beamten im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG das Parteiengehör zu gewähren (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1990, Zl. 90/09/0044, mit weiterer Rechtsprechung).

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß ihm gegenüber die Verpflichtung nach § 109 Abs. 3 BDG 1979 (Zustellung der Disziplinaranzeige) verletzt worden ist; die belangte Behörde hat ihm - wozu sie aber an sich mangels eigener Ermittlungen nicht verhalten war - kein Parteiengehör eingeräumt. Das der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Verfahren ist daher von vornherein mit durchaus nicht leicht zu wertenden Verfahrensmängeln behaftet. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften hat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aber nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen, wenn bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschriften die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise Erkenntnisse vom 7. Juli 1950, Slg. N. F. Nr. 1602/A, vom 7. Juni 1967, Slg. N. F. Nr. 7150/A, vom 20. Juni 1978, Slg. N. F. Nr. 9596/A, vom 20. Oktober 1978, Zl. 1423/77, vom 22. Jänner 1987, Zl. 86/12/0146, u.v.a.) kann die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 3 AVG (Parteiengehör) dann nicht herbeigeführt werden, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt hat, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen (- und zwar hier unter Berücksichtigung der Funktion des Einleitungsbeschlusses im Disziplinarverfahren -) zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre.

Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer sowohl in seiner ursprünglichen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch in seiner Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof darauf beschränkt, den Verfahrensmangel der Nichtbefassung im Verfahren aufzuzeigen; er hat aber lediglich ganz allgemein gehaltene Behauptungen, er hätte Beweismittel anbieten können, aus denen sich ergeben hätte, daß er die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen nicht begangen habe, aufgestellt und nichts Konkretes vorgebracht, auf Grund dessen die Relevanz des von ihm geltend gemachten Verfahrensmangels hätte beurteilt werden können.

Bei einem Einleitungsbeschluß handelt es sich um eine Entscheidung im Verdachtsbereich. Ermittlungen der Disziplinarbehörde vor der Einleitung eines Disziplinarverfahrens haben das Ziel, zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind, oder ob allenfalls (offenkundige) Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche zur Annahme einer Dienstpflichtverletzung führen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung, er setzt die Kenntnis von Tatsachen voraus, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen werden kann. Die Disziplinarkommission muß bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. Ebensowenig muß im Einleitungsbeschluß das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden. Die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung ist in erster Linie darin gelegen, dem beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, was inbesondere für die Frage einer allfälligen Verjährung von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl. diesbezüglich insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1990, Zl. 90/09/0044).

Vorliegendenfalls wird der angefochtene Teil des Spruches den Anforderungen, nämlich klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird und damit die Verfolgungsverjährung ausgeschlossen ist, gerecht. Im Beschwerdefall reichten nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die in der Disziplinaranzeige enthaltenen, durch Beilagen erhärteten mitgeteilten Tatsachen sowie die darin gegen den Beschwerdeführer erhobenen Beschuldigungen für die auf Grund dieser Angaben getroffene Annahme der belangten Behörde aus, gegen den Beschwerdeführer liege ein für die Einleitung des Disziplinarverfahrens ausreichender TatVERDACHT vor. Abgesehen davon, daß der als Verletzung des Grundsatzes auf Parteiengehör zu wertende Verfahrensmangel in der Beschwerde nicht mit entsprechend konkreten Beweisanboten bekämpft worden ist und der Beschwerdeführer vom Inhalt der gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch den (aufgehobenen) Bescheid vom 19. Oktober 1992 in Kenntnis war, beruht die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers auf der irrigen Auffassung, er könne in dieser Phase des Disziplinarverfahrens eine umfassende Klärung der ihm im Verdachtsbereich vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen herbeiführen. Dies ist jedoch Aufgabe des dem Einleitungsbeschluß nachfolgendem Disziplinarverfahrens. Das Vorliegen offenkundiger Einstellungsgründe nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beschwerdeführer nicht behauptet; solche sind dem Verwaltungsgerichtshof auch nach der Aktenlage nicht erkennbar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG im Rahmen des einleitend dargestellten Beschwerdepunktes als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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