VwGH 93/04/0240

VwGH93/04/024024.5.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde der "X-Gesellschaft m.b.H. & Co in H, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) - diese Behörde vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W - vom 11. Oktober 1993, Zl. Präs. 142-185/92/Wa/SO, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
HKG 1946 §42 Abs4;
HKG 1946 §57a Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4 idF 1991/620;
HKG 1946 §57g Abs1;
AVG §38;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs2;
HKG 1946 §42 Abs4;
HKG 1946 §57a Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4 idF 1991/620;
HKG 1946 §57g Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich (Präsident) wurde über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Juni 1992 wie folgt abgesprochen:

"Gemäß § 57g HKG wird festgestellt:

Der Bescheidwerber ist in Anwendung der Bestimmungen des § 57a HKG zur Bezahlung der Grundumlage für das Jahr 1992 für die Landesgremien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln (3/01b), des Lederwaren-, Spielwaren- und Sportartikelhandels (3/11), des Parfümeriewarenhandels (3/26) und für das Allgemeine Landesgremium (3/31) in der Höhe von S 3.300,-- verpflichtet.

Die Höhe der Grundumlage gründet sich auf Grundumlagenbeschlüsse des Landesgremialausschusses vom 13.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 05.02.1992) für das Landesgremium des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln (3/01b), des Landesgremialausschusses vom 09.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 05.02.1992) für das Landesgremium des Lederwaren-, Spielwaren- und Sportartikelhandels (3/11), des Landesgremialausschusses vom 24.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 05.02.1992) für das Landesgremium des Parfümeriewarenhandels (3/26) und des Landesgremialausschusses vom 23.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 05.02.1992) für das Allgemeine Landesgremium (3/31), welche im Mitteilungsblatt der Kammer in der Nr. 14 vom 10.04.1992 auf den Seiten X, XI, XII und XIII verlautbart sind.

Die Delegierung der Grundumlagenbeschlußfassung an den Landesgremialausschuß durch die Landesgremialtagung erfolgte für

3/01b am 06.03.1991 -

verlautbart in der NÖ Wirtschaft Nr. 20 vom 21.06.1991 auf

Seite 17,

3/11 am 17.04.1991 -

verlautbart in der NÖ Wirtschaft Nr. 20 vom 21.06.1991 auf

Seite 17,

3/26 am 15.04.1991 -

verlautbart in der NÖ Wirtschaft Nr. 16 vom 17.05.1991 auf

Seite 26,

3/31 am 16.04.1991 -

verlautbart in der NÖ Wirtschaft Nr. 20 vom 21.06.1991 auf

Seite 18.

Das Präsidium der Handelskammer NÖ wurde mit Beschluß des Vorstandes vom 07.11.1990 gem. Par. 53a HKG zur Genehmigung der Beschlüsse der Fachgruppen über die Grundumlage delegiert. Diese Delegierung wurde in der Nr. 37 der NÖ Wirtschaft vom 07.12.1990 auf Seite 6 verlautbart."

Über eine dagegen erhobene Berufung entschied die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) mit Bescheid vom 11. Oktober 1993 dahin, daß die Berufung abgewiesen und der Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich vom 4. November 1992 mit der Ergänzung bestätigt wurde, daß sich der Spruch des Bescheides der Kammer Niederösterreich im Hinblick auf § 59 Abs. 1 AVG auch auf den von der Vollversammlung der Kammer Niederösterreich gefaßten Beschluß gemäß § 57 Abs. 4 HKG vom 28. November 1990 über die Grundumlagenpflicht beim Gemischtwarenhandel, kundgemacht im Mitteilungsblatt der Kammer Niederösterreich am 19. April 1991, Nr. 14, gründe. Weiters wurde die verfahrensgegenständliche Berechtigung spruchgemäß festgestellt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung gegen den Bescheid vom 4. November 1992 der Kammer Niederösterreich die Mitgliedschaft zu den verfahrensgegenständlichen Landesgremien Niederösterreich bestritten und behauptet, daß die Sortimentbreite jener Artikel, die den Landesgremien des Lederwaren-, Spielwaren- und Sportartikelhandels, des Parfümeriewarenhandels sowie des allgemeinen Landesgremiums zuzuordnen wären, zusammen weniger als 10 % des gesamten Umsatzes ausmache und daher eine Einreihung zu den genannten Landesgremien nicht gerechtfertigt sei. Dies treffe jedoch nicht zu. Laut der der Bundeskammer vorliegenden Aktenlage und wie auch aus dem Bescheid der Kammer Niederösterreich hervorgehe, seien Erhebungen bezüglich des Warensortiments bei den in Frage stehenden Betriebsstätten der Berufungswerberin durch die Sektion Handel der Kammer Niederösterreich durchgeführt worden. Mit Schreiben vom 31. Juli 1992 der Kammer Niederösterreich sei die Beschwerdeführerin von der Fachgruppeneinreihung für die genannten Betriebsstätten betreffend die Grundumlagenpflicht für 1992 unter Hinweis auf den Beschluß der Kammervollversammlung gemäß § 57a Abs. 4 HKG in Kenntnis gesetzt und zur Stellungnahme eingeladen worden. Die Beschwerdeführerin habe darauf mit Schreiben vom 5. August 1992 reagiert. Die Beschwerdeführerin habe somit im Rahmen des Verfahrens vor der ersten Instanz unter Ausnutzung ihres Rechtes auf Parteiengehör Gelegenheit gehabt, ihre Einwendungen bezüglich der Mitgliedschaft zu den betreffenden Landesgremien Niederösterreich vorzubringen. Nach Ansicht der Bundeskammer habe die Kammer Niederösterreich § 37 AVG somit in keiner Weise verletzt. Ergänzend werde angemerkt, daß die Vollversammlung der Kammer Niederösterreich am 28. November 1990 u.a. beschlossen habe, daß "die Inhaber von Berechtigungen für den Gemischtwarenhandel (Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973) in jenen Fachgruppen der Sektion Handel grundumlagenpflichtig sind, welcher sie auf Grund des Geschäftsumfanges angehören. Die Zugehörigkeit zu einer Fachgruppe ergibt sich aus den durch den Berechtigten angeführten Warengruppen." Der genannte Beschluß sei im Mitteilungsblatt der Kammer Niederösterreich "Die

NÖ. Wirtschaft" vom 19. April 1991, Nr. 14, verlautbart worden. Daraus sei ersichtlich, daß eine Regelung über den Anteil bestimmter Warengruppen am Gesamtsortiment als Grundlage für eine Zuordnung nicht getroffen worden sei. Die Zuordnung der Beschwerdeführerin zu den genannten Landesgremien Niederösterreich sei daher zu Recht erfolgt, zumal von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden sei, daß die von der Kammer Niederösterreich ihrer Entscheidung zugrundegelegten Warengruppen tatsächlich geführt worden seien. Die Einwendung, daß eine Zuordnung zu den genannten Landesgremien auf Grund eines ganz geringen Warensortiments nicht zulässig sei, habe daher mangels einer Geringfügigkeitsgrenze in dem entsprechenden Grundumlagenbeschluß nicht berücksichtigt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt,

  1. "a) nach einer an uns gerichteten Anfrage der Handelskammer Niederösterreich, ob wir "gegen die Einreihung in die obgenannten Landesgremien Einwände vorzubringen haben" und unserem (im Brief vom 05.08.1992 und in der Berufung gestellten) Antrag, die Zugehörigkeit zu den nachstehend angeführten Gremien zu verneinen, eine Entscheidung in BESCHEIDFORM darüber zu erhalten, ob wir wegen unserer Gewerbetätigkeit am Standort S auch den Landesgremien des Lederwaren-, Spielwaren- und Sportartikelhandels, des Parfümeriewarenhandels und dem Allgemeinen Landesgremium angehören;
  2. b) mangels Zugehörigkeit zu den unter a) genannten Landesgremien die Bezahlung der betreffenden Grundumlagen (900 S für das Landesgremium des Lederwaren-, Spielwaren- und Sportartikelhandels, 800 S für das Landesgremium des Parfümeriewarenhandels und 600 S für das Allgemeine Landesgremium) zu verweigern."

Zur Begründung wurde ausgeführt, die in einem Brief der Beschwerdeführerin vom 5. August 1992 enthaltene bejahende Antwort auf die Kammeranfrage, ob die Beschwerdeführerin "gegen die Einreihung in die oben genannten Landesgremien Einwände vorzubringen habe", enthalte implicite den Antrag, über diese Frage auf gesetzlich vorgesehene Weise zu entscheiden. Mit dem von der Beschwerdeführerin gestellten Eventualantrag in der Berufung habe sie eine solche Entscheidung der Handelskammer Niederösterreich sogar ausdrücklich verlangt. Damit sei in bezug auf die Zugehörigkeit zu den Landesgremien des Lederwaren-, Spielwaren- und Sportartikelhandels, des Parfümeriewarenhandels und zum allgemeinen Landesgremium für den Standort S ein "Streitfall" im Sinne des § 42 Abs. 4 HKG gegeben, dessen Entscheidung zu den "laufenden Geschäften" im Sinne des § 52 Abs. 2 HKG zähle. Diese Entscheidung habe daher der Präsident zu treffen und zwar in Form eines Bescheides. Da dies nicht geschehen sei, könne die Beschwerdeführerin nach richtiger Rechtsansicht nicht als Mitglied dieser Gremien gelten und sie sei daher für diese nicht grundumlagepflichtig. Die Berufungsbehörde könne nicht eine Frage entscheiden, die nicht Gegenstand des vorangehenden Verfahrens sei. Gegen diesen Grundsatz habe die belangte Behörde dadurch verstoßen, daß sie im Spruch ihres Bescheides darüber abgesprochen habe, "welche Gewerbeberechtigung" der Beschwerdeführerin am Standort S, H-Straße 27, zustehe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 57a Abs. 1 HKG haben die Mitglieder der Fachgruppen (Fachverbände) eine Grundumlage zu entrichten, die zufolge des Abs. 3 - von einem hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefall abgesehen - von der Fachgruppe beschlossen und von der Landeskammer vorgeschrieben und eingehoben wird.

Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle - in der hier anzuwendenden Fassung des Art. I Z. 46 der 8. Handelskammergesetznovelle, BGBl. Nr. 620/1991 - ist die Grundumlage für jede Berechtigung, die in den Wirkungsbereich einer Fachgruppe (eines Fachverbandes) fällt, zu entrichten. Dies gilt auch, wenn die Mitgliedschaft zu mehreren Fachgruppen (Fachverbänden) durch nur eine Berechtigung begründet ist. Die Beschlußfassung über die Grundumlagepflicht beim Gemischtwarenhandel obliegt der Landeskammer nach Anhörung der Sektion Handel. Bei Verpachtberechtigungen ist die Grundumlage sowohl vom Verpächter als auch vom Pächter zu entrichten. Die Grundumlage ist unbeschadet des Abs. 6 eine unteilbare Jahresumlage; sie ist auch für das Kalenderjahr zu entrichten, in dem die Berechtigung erworben wird oder erlischt.

Gemäß § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage zuständige Körperschaft über Art und Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Juni 1992 entsprechend - ausschließlich über Art und Ausmaß ihrer Grundumlagenpflicht gemäß § 57g HKG abgesprochen und nicht über einen nach § 42 Abs. 4 HKG zu qualifizierenden, einen dahingehenden Antrag voraussetzenden Streitfall.

Im Zuge dieses Verfahrens oblag der belangten Behörde die vorfragenweise Beurteilung - im Sinne des § 38 AVG - der Fachgruppenzugehörigkeit. Dabei war die belangte Behörde nicht verpflichtet, das bei ihr anhängige, über Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. Juli 1992 eingeleitete Feststellungsverfahren bis zur Erledigung eines allfälligen über Antrag der Beschwerdeführerin eingeleiteten Verfahrens nach § 42 Abs. 4 HKG zu unterbrechen. Ob die Behörde eine Vorfrage selbst beurteilt oder bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen das Verfahren aussetzt, ist - soweit die Vorschriften nicht anderes bestimmen - in das Ermessen der Behörde gestellt (vgl. auch etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1989, Slg. 12175).

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war lediglich die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 57g HKG, nicht jedoch die Entscheidung über ein Verfahren nach § 42 Abs. 4 HKG. Ob über einen darauf gerichteten Antrag der Beschwerdeführerin (allenfalls) nicht entschieden wurde, ist im Beschwerdefall nicht relevant.

Soweit aber gerügt wird, die Behörde habe rechtswidrigerweise über die "Gewerbeberechtigung" der Beschwerdeführerin abgesprochen, ist darauf hinzuweisen, daß Unternehmungen als Träger einschlägiger Berechtigungen ex lege Mitglied der jeweils fachlich zuständigen Fachgruppe (Innung, Gremium) und der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft sowie auch der analogen Selbstverwaltungskörperschaften auf Bundesebene sind (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1989, Slg. 12175). Ausgehend von dieser Rechtslage wird - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - mit dem angefochtenen Bescheid (nur) an die Gewerbeberechtigung angeknüpft, nicht aber über deren Bestand abgesprochen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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