VwGH 93/01/0443

VwGH93/01/044322.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. April 1993, Zl. 4.293.637/4-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 13. März 1991 ab, mit dem festgestellt worden war, daß sie die Voraussetzungen der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht erfülle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, die mit ihren vier minderjährigen Kindern in das Bundesgebiet eingereist ist, hat anläßlich ihrer Erstbefragung am 20. November 1990 durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien angegeben, sie und ihr Gatte seien im Jänner 1990 der "Nationalen Bauernpartei" beigetreten. Im Februar 1990 habe sie einen offenen Brief an die Tageszeitung "Romania Libera" geschrieben, in dem sie aufgezeigt habe, welchen Druck die Polizei auf sie und ihre Familie ausübe. So seien sie von der Polizei mehrmals aufgefordert worden, die Partei wieder zu verlassen und bei den bevorstehenden Wahlen die Regierungspartei zu wählen. Obwohl dieser Brief in der Zeitung nicht veröffentlicht worden sei, habe die Polizei davon Kenntnis erlangt und der Beschwerdeführerin mit dem Verlust der Wohnung und des Arbeitsplatzes sowie der Festnahme gedroht. Sie sei auch mehrmals zur Polizeistation gerufen worden, wo man sie aufgefordert habe, keine Artikel mehr zu verfassen und aus der Partei auszutreten. Ihr Ehegatte sei von der Miliz vorgeladen worden, wo ihm ebenfalls mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und der Verhaftung gedroht worden sei, sollte er seine Tätigkeit bei der Bauernpartei nicht einstellen. Aufgrund der ständigen Bedrohungen habe ihr Mann im März 1990 Rumänien verlassen, obwohl er an einem geheimen Militärstützpunkt als Elektrotechniker tätig gewesen sei und sich verpflichtet habe, das Land nicht zu verlassen. Nach der Flucht ihres Gatten sei sie wiederholt zur Polizei vorgeladen worden. Sie habe es in ihrer Heimat nicht mehr ausgehalten, "da sich auch nach der Revolution und den Wahlen überhaupt nichts geändert hat".

In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei nach der Flucht ihres Mannes verhört und nach seinem Aufenthaltsort befragt worden. Dabei sei ihr von namentlich genannten Polizeioffizieren sowie einem Militäroffizier mit dem Verlust der Wohnung und mit einer Gefängnisstrafe gedroht worden, sollte sie ihren Mann nicht verraten. Jeder Kontakt zu ihrem Mann sei verhindert worden. So habe sie seine Briefe nicht erhalten, und man habe ihr Telefon beschädigt, damit er nicht anrufen könne. Sie habe im Karenzurlaub keine Kinderbeihilfe bekommen und größte Schwierigkeiten gehabt, nach der Karenzzeit wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Nach ihrer Flucht hätten sie und ihr Ehegatte Vorladungen für den 26. Dezember 1990 vor das Gericht in Ploiesti, Prahova, erhalten, da ihre Wohnung konfisziert worden sei.

Die belangte Behörde gelangte in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu dem Schluß, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die niederschriftliche Einvernahme nicht ergeben hätte, daß die Beschwerdeführerin Flüchtling im Sinne des AsylG sei.

Dem kann im Ergebnis nicht entgegengetreten werden.

Insoweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die belangte Behörde sei ihrer Ermittlungspflicht nicht ausreichend nachgekommen, übersieht sie, daß eine dahingehende Verpflichtung nur dann bestanden hätte, wenn die Angaben der Beschwerdeführerin einen deutlichen Hinweis auf eine ihr in ihrem Heimatland drohende asylrechtlich relevante Verfolgung enthalten hätten, wovon im Hinblick auf den von ihr bei ihrer Vernehmung geschilderten, konkret sie betreffenden Sachverhalt keine Rede sein kann.

Insofern sich die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde darauf beruft, von der belangten Behörde sei unrichtig beurteilt worden, daß sie bereits vor der Flucht ihres Ehegatten infolge ihrer beider politischen Aktivitäten mehrfach zur Polizei vorgeladen und dort unter Druck gesetzt worden sei, ist ihr die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, nach der Verhöre und Befragungen, wenn sie ohne weitere Folgen bleiben, keine Verfolgungshandlungen im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 (übereinstimmend mit den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention) darstellen. Auch der Verlust des Arbeitsplatzes ohne massive Bedrohung der Lebensgrundlage und daher umso weniger die bloße Androhung des Verlustes und "Schwierigkeiten" bei der Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes nach Ablauf der Karenzzeit, die Zensurierung von Briefen und Versuche zur Verhinderung des Kontaktes mit dem bereits im Ausland befindlichen Ehegatten als auch jene Vorladungen und Verhöre über den Aufenthaltsort ihres Ehegatten, die die Beschwerdeführerin nach dessen Flucht über sich hat ergehen lassen müssen, sind weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit für die Bejahung der Flüchtlingseigenschaft ausreichend, da es an der erforderlichen Intensität dieser Maßnahmen fehlt, die einen weiteren Verbleib der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland unerträglich gemacht hätten, wobei bei Beurteilung dieser Frage ein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/01/0285, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0801, und die dort angegebene Judikatur). Die von der Beschwerdeführerin behauptete "Konfiszierung" der Wohnung erfolgte nach ihrem eigenen Vorbringen erst nach der Flucht aus ihrem Heimatland und konnte schon deshalb nicht als asylrechtlich relevanter Verfolgungsgrund anerkannt werden.

Da aus den genannten Gründen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

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