Normen
AAV §100;
AAV §22 Abs10;
AAV §22;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
AAV §100;
AAV §22 Abs10;
AAV §22;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt 1. (Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II. den Beschluß gefaßt:
Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit mit ihr der angefochtene Bescheid wegen der Bestrafung wegen Übertretung der Kälteanlagenverordnung bekämpft wird, abgelehnt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als rechtswirksam im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG bestellter verantwortlich Beauftragter der X-AG mit Sitz in W zu verantworten, daß am 2. Oktober 1991 in einer örtlich bezeichneten Filiale in W 1.) das motorisch betriebene Schiebetor nicht durch wiederkehrende Prüfungen mindestens einmal jährlich auf dessen ordnungsgemäßen Zustand geprüft worden sei und
2.) die Kälteanlage insofern nicht in einem Zeitabstand von höchstens einem Jahr einer Überprüfung hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit unterzogen worden sei, als die letzte diesbezügliche Überprüfung am 11. Juni 1990 gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
ad 1.) § 22 Abs. 10 iVm § 100 AAV und § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz,
ad 2.) § 22 Abs. 1 Kälteanlagenverordnung, BGBl. Nr. 305/1969, iVm § 33 Abs. 2 Z. 12, § 33 Abs. 7 und § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz.
Es wurden Geldstrafen von je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 1 Tag) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
I. Zur Übertretung nach § 22 Abs. 10 AAV:
Was die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers im Grunde des § 9 Abs. 2 und 4 VStG anlangt, so ist zunächst auf die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/19/0323, und vom 30. Juli 1992, Zl. 91/19/0239, zu verweisen. Auch das vom Beschwerdeführer am 11. September 1991 unterfertigte "Merkblatt für die Filialführung" enthält die in diesen beiden hg. Erkenntnissen angeführten, als wesentlich erachteten Passagen, wobei sich vor seiner Unterschrift der Satz findet, daß er "hinsichtlich sämtlicher oben angeführter Agenden" für die Filiale die Verantwortung übernehme und ihm eine entsprechende Anordnungsbefugnis erteilt worden sei. Allerdings ist die lit. h ("im übrigen die Einhaltung aller die Filiale betreffenden Verwaltungsvorschriften") durch die Worte "mit Ausnahme von Fragen betreffend die Antragstellung und Erlangung der Gewerbeberechtigung, der Betriebsanlagengenehmigung und der Baubewilligung" ergänzt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist jedoch aus dieser Ergänzung nicht erschließbar, daß der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als verantwortlich Beauftragter nicht für die Einhaltung der in Rede stehenden arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschrift verantwortlich gemacht werden konnte, läßt sich doch aus dieser Ergänzung unschwer entnehmen, daß es hier allein um die Erlangung von "Genehmigungen" geht. Ob allenfalls auch eine andere Person, die zum verantwortlich Beauftragten in Hinsicht auf einen sachlich abgegrenzten Bereich des Unternehmens bestellt wurde, zur Verantwortung gezogen hätte werden können, kann dahinstehen, weil dies an der von der belangten Behörde zu Recht als gegeben erachteten Verantwortung des Beschwerdeführers für den räumlich abgegrenzten Bereich der Filiale nichts zu ändern vermocht hätte.
§ 22 Abs. 10 AAV lautet:
"Hub-, Kipp- und Rolltore mit einer Torblattfläche von mehr als 10 m2 sowie alle kraftbetriebenen Tore müssen vor ihrer Inbetriebnahme sowie nach größeren Instandsetzungen oder wesentlichen Änderungen durch eine Abnahmeprüfung auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden. Diese Tore müssen ferner, unabhängig von der Größe der Torblattfläche, durch wiederkehrende Prüfungen mindestens einmal jährlich auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden. Tore, die einer Prüfung unterzogen werden müssen, dürfen nur verwendet werden, wenn die vorstehenden Prüfungen durchgeführt wurden."
Der Beschwerdeführer bringt hiezu vor, § 22 Abs. 10 AAV betreffe nur "Tore". Die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im Beschwerdefall ein Tor oder lediglich eine Tür vorliege. Damit ist er im Recht:
Der unter der Überschrift "Türen, Tore" stehende § 22 AAV enthält nämlich Regelungen, welche sowohl Türen als auch Tore (vgl. etwa Abs. 5) oder nur Türen (vgl. etwa Abs. 1) oder aber nur Tore (vgl. etwa Abs. 7) betreffen. Zur letzten Art gehört nach Ansicht des Gerichtshofes auch die in Rede stehende Bestimmung des § 22 Abs. 10 AAV, welche nur von "Toren" spricht. Daß der Unterscheidung von "Türen" und "Toren" im gegebenen Zusammenhang normative Bedeutung zukommt, ergibt sich sohin schon aus der verschiedenen, eindeutigen Wortwahl im § 22 AAV, wobei eine Gleichsetzung dieser beiden Begriffe auch nach dem Sprachgebrauch (vgl. dazu Meyers Enzyklopädisches Lexikon in 25 Bänden, 9. Auflage, Band 23, S 590) nicht naheliegt (vgl. im übrigen auch die ÖNORM B 1200, die gleichfalls eine Unterscheidung zwischen Tür und Tor trifft). Besonders augenfällig wird diese Unterscheidung durch § 22 Abs. 6 AAV gemacht, wo eine Regelung in wechselseitiger Beziehung zwischen Toren und einer "Gehtüre" bzw. "Türe" getroffen wurde. Der Ansicht der belangten Behörde, eine Unterscheidung der beiden Begriffe "Türe" und "Tor" erscheine vom "Schutzzweck" her nicht von Bedeutung, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof somit nicht anzuschließen.
Da es die belangte Behörde daher in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, zu prüfen, ob vorliegendenfalls überhaupt von einem "Tor" gesprochen werden kann, erweist sich der Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Bescheides mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu einer Aufhebung führt.
II. Zur Übertretung nach § 22 Kälteanlagenverordnung:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt.
Im übrigen sei in Hinsicht auf die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers insbesondere auf oben stehenden Ausführungen zu I. sowie die hg. Erkenntnisse vom 24. September 1990, Zl. 90/19/0275, und vom 19. November 1990, Zl. 90/19/0479, verwiesen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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