VwGH 92/12/0125

VwGH92/12/012529.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger über die Beschwerde des J in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenats der Stadt Wien vom 29. April 1992, Zl. P 91886, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §6 Abs1;
DO Wr 1966 §20a Abs3;
DO Wr 1966 §20a;
DVV 1981 §1 Abs1 Z9;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
DO Wr 1966 §20a Abs3;
DO Wr 1966 §20a;
DVV 1981 §1 Abs1 Z9;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien. Im Hinblick auf die Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird im übrigen auf das in dieser Angelegenheit ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 91/12/0039, verwiesen.

Am 28. Februar 1991 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Erlassung eines bekämpfbaren Feststellungsbescheides über die Rechtmäßigkeit seiner Versetzung und brachte im wesentlichen dazu vor, er sei seit 12. Oktober 1970 im Dienste der Wiener Stadtwerke-Verkehrsbetriebe als Facharbeiter, und zwar als KFZ-Schlosser in der Garage G eingesetzt; seit 1977 stehe er in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und sei damals auch als Facharbeiter besoldungsmäßig im Schema I, Verwendungsgruppe 2, eingestuft worden. Aus gesundheitlichen Gründen sei er mit Wirkung vom 3. Juli 1989 mittels Weisung der Personalabteilung dienstzugeteilt worden und sei zunächst im Fotolabor, ab 2. Jänner 1990 als Bürohelfer verwendet worden. Ab 26. März 1990 werde er auf Weisung seines Vorgesetzten als Stationswart verwendet. Er habe weder all diesen Dienstzuteilungen noch seiner Versetzung aus seiner vormaligen Dienststelle noch einer Verwendungsänderung seine Zustimmung erteilt. Er erachte daher die erfolgte Versetzung als gesetzwidrig.

Über Aufforderung der Behörder erster Instanz teilte der Beschwerdeführer darüberhinaus ergänzend mit, er sei der Auffassung, er habe ein rechtliches Interesse auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Versetzung, um die Versetzung im Verwaltungsweg bekämpfen zu können.

Mit Bescheid der Direktion der Wiener Stadtwerke-Verkehrsbetriebe vom 21. August 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. Februar 1991 auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Rechtmäßigkeit der Versetzung vom Dienstposten eines Spezialfacharbeiters der Garagenrevisionswerkstätte der Garage G auf den Dienstposten eines Stationswartes des Bahnhofes X zurückgewiesen. In der Begründung wurde ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses als nicht gegeben erachtet.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte gemäß § 66 Abs. 4 des AVG 1991 den erstinstanzlichen Bescheid im wesentlichen mit der Begründung, es mangle dem Beschwerdeführer ein rechtliches Interesse an der angestrebten Feststellung insbesondere im Hinblick auf das bereits mit ihm durchgeführte Überstellungsverfahren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 der Dienstordnung für Beamte der Bundeshauptstadt Wien, LGBl für Wien 37/1967 idF

LGBl. Nr. 49/1985 (DO 1966) ist jeder Beamte im allgemeinen nur zur Durchführung jener Geschäfte verpflichtet, zu deren Verrichtung er auf Grund seiner Anstellung und des allgemeinen Geschäftskreises seiner Gruppe (§ 8) bestimmt ist. Wenn es der Dienst jedoch erfordert, kann er nach Maßgabe seiner Eignung vorübergehend auch zur Verrichtung eines anderen Geschäftskreises herangezogen werden.

Nach Abs. 2 leg cit sind Versetzungen auf andere Dienstposten aus Dienstrücksichten stets zulässig. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann ein Beamter im Interesse des Dienstes auch in eine andere Beamtengruppe überreiht werden, doch darf dabei das Ausmaß des Ruhegenusses, das ihm bei einer Ruhestandsversetzung im Zeitpunkt der Überreihung gebührt hätte, keine Schmälerung erfahren.

Gemäß § 20 a Abs.1 DO 1966 hat der Beamte grundsätzlich seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen.

Gemäß Abs. 2 leg. cit kann der Beamte die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

Gemäß Abs. 3 kann der Beamte, der eine Weisung aus einem anderen Grund für gesetzwidrig hält, bevor er die Weisung befolgt, seine Bedenken dem Vorgesetzten mitteilen. Bestätigt jedoch der Vorgesetzte die Weisung schriftlich, so hat der Beamte die Weisung zu befolgen.

Gemäß Abs. 4 hat der Beamte eine Weisung, die er für gesetzwidrig hält, ohne schriftliche Bestätigung zu befolgen, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt.

Nach der auch vom Beschwerdeführer herangezogenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 13. September 1982, 82/12/0011, vom 18. Oktober 1978, Zl. 65/78, vom 6. Februar 1989, 287/12/0112 u. v.a.), sind die Verwaltungsbehörden nicht nur berechtigt, außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit (auch im Dienstrechtsverfahren) von amtswegen Feststellungsbescheide über Rechte oder Rechtsverhältnisse zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlaß dazu gegeben ist und die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes bestimmen, sondern auch der Partei des Verwaltungsverfahrens unter der zuletzt genannten Voraussetzung die Berechtigung zukommt, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist allerdings nur gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft auch tatsächlich klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Als subsidiärer Rechtsbehelf scheidet der Feststellungsbescheid jedenfalls dann aus, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen Verfahrens (mit einem das rechtliche Interesse abdeckenden Ergebnis) zu entscheiden ist.

Unter diesen Voraussetzungen bejaht die Judikatur auch in bezug auf Weisungen (Dienstaufträge) ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, ob die Befolgung einer erteilten Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten zählt. Ein Recht auf bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Weisungen (Dienstaufträgen) besteht dann, wenn durch diese Weisungen (Dienstaufträge) die aus dem Dienstrecht entspringenden Rechte und Pflichten des Beamten berührt werden. Zwar kann aus Artikel 18 Abs. 1 B-VG ein subjektes Recht des Einzelnen, also auch des Beamten, auf Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht abgeleitet werden, doch ist im Beschwerdefall unstrittig, daß Rechte und Pflichten des Beschwerdeführers aus seinem Dienstverhältnis zur Stadt Wien, insbesondere in bezug auf die Bestimmung des § 20 a Abs. 1 DO 1966 berührt werden. Unzulässig wäre ein Feststellungsbescheid nur, - das Vorliegen einer Weisung bzw eines Dienstauftrages vorausgesetzt - wenn die Dienstpflichten betreffende und ein rechtliches Interesse begründende Umstände gar nicht vorlägen (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 30. April 1984, Zl. 83/12/0057 und das bereits zititerte Erkenntnis vom 6. Februar 1989, Zl. 87/12/112). Aber auch wenn bereits eine Weisung (ein Dienstauftrag) erteilt wurde, scheidet vor dem Hintergrund der Funktion des Feststellungsbescheides als subsidiärer Rechtsbehelf die Erlassung eines solchen Bescheides darüber, ob ein Beamter zu künftigen weisungsgemäßen Dienstleistungen verpflichtet werden kann, jedenfalls so lange aus, als nicht eine Klärung dieser strittigen Frage im Wege des § 20a Abs. 3 DO 1966 versucht wurde. Nach der zuletzt genannten Bestimmung kann dann, wenn ein Beamter eine Weisung seines Vorgesetzten aus einem anderen Grund (als den im § 20a Abs. 2 der DO 1966 genannten Gründen) für gesetzwidrig hält und es sich nicht wegen Gefahr in Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt (Abs. 4 leg. cit.), vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitteilen; dieser hat eine solche Weisung schriftlich zu bestätigen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt. Vor Durchführung dieses einer möglichen Konfliktbewältigung durch Klarstellung, Erläuterung, Modifizierung oder (ausdrücklichen oder vermuteten) Zurückziehung der Weisung dienlichen Verfahrens steht ja der endgültige Inhalt der Weisung, um deren Zugehörigkeit zu den Dienstpflichten bzw. deren Rechtmäßigkeit es geht, gar nicht fest und muß demnach bis zum Abschluß dieses Verfahrens, auch wenn dieses nicht in der Erlassung eines Bescheides besteht (vgl. das Erkenntnis vom 25. Mai 1987, Zl. 86/12/0097), schon deshalb das Interesse an der Erlassung eines entsprechenden Feststellungsbescheides verneint werden.

Vor diesem Hintergrund entspricht die Zurückweisung des vorliegenden Feststellungsantrages dem Gesetz, weil der Beschwerdeführer nicht behauptet hat, von seinem Recht auf die im § 20a Abs. 3 DO 1966 genannte Vorgangsweise Gebrauch gemacht zu haben.

Aus diesem Grunde war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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