Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
SchUG 1986 §75 Abs1;
SchUG 1986 §75 Abs3;
SchUG 1986 §75 Abs4;
VwRallg;
ZPO §271 impl;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
SchUG 1986 §75 Abs1;
SchUG 1986 §75 Abs3;
SchUG 1986 §75 Abs4;
VwRallg;
ZPO §271 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Unterricht und Kunst) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Eingabe vom 5. März 1992 beantragte die Beschwerdeführerin beim Bundesministerium für Unterricht und Kunst die Nostrifikation ihres im Jahre 1985 in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Reifezeugnisses.
1.2. Der Bundesminister für Unterricht und Kunst erließ daraufhin am 6. März 1992 einen Bescheid, dessen Spruch - soweit hier von Belang - wie folgt lautet:
"Das Reifezeugnis vom 25. Juni 1985, ausgestellt vom XY-Gymnasium in L, für A, geboren 1966 in S, wird gemäß § 75 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, nach erfolgreicher Ablegung der im folgenden angeführten Prüfungen als ein Reifezeugnis eines österreichischen Oberstufenrealgymnasiums mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie (ohne Latein) gleichwertig anerkannt.
Sodann gewährt das nostrifizierte Zeugnis gemäß § 75 Abs. 5 leg. cit. die gleichen Berechtigungen wie das österreichische Reifezeugnis, mit dem es gleichgehalten wird.
Die Nostrifikation wird nach dem Nachweis der erfolgreichen Ablegung der im folgenden angeführten Prüfungen gemäß § 75 Abs. 6 leg. cit. auf dem Zeugnis (oder auf einem damit fest verbundenen Anhang) beurkundet.
Prüfungen, von deren erfolgreicher Ablegung die Anerkennung
(Nostrifikation) abhängig ist:
Mathematik (8. Klasse)."
Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid - nach teilweiser Wiedergabe der Abs. 1, 3 und 4 des § 75 des Schulunterrichtsgesetzes - damit, daß "Bundesdeutsche Bestimmungen" festlegten, die Note "Mangelhaft" solle erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspreche, jedoch erkennen lasse, daß die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden seien und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten. Somit entspreche die Note "Mangelhaft" etwa einem "Nicht genügend", weil auch die Definition des "Nicht genügend" gemäß österreichischer Leistungsbeurteilungsverordnung dadurch gekennzeichnet sei, daß die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben nicht einmal in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt würden. Dadurch, daß bei "Mangelhaft" die Leistungen den Anforderungen nicht entsprächen, sei die Entsprechung zum "Nicht genügend" gemäß der Leistungsbeurteilungsverordnung eindeutig.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Nach der Begründung dieser Beschwerde übersehe die belangte Behörde, daß das anzuwendende ausländische Recht als Tatsache anzusehen gewesen wäre; dieses hätte Gegenstand der Beweisaufnahme sein müssen, das Ermittlungsergebnis unterliege dem Parteiengehör. Der bloße - nicht näher begründete und ohne Anführung einer Gesetzesstelle oder einer Verordnung gemachte - Hinweis darauf, daß angeblich die deutsche Beurteilung "Mangelhaft" der österreichischen Beurteilung "Nicht genügend" entspreche, reiche nicht aus, weil die belangte Behörde zur Ermittlung des ausländischen Schulrechtes (des Bundeslandes Baden-Württemberg) kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe und nicht einmal offenlege, auf welche gesetzlichen Grundlagen sie ihre Annahme stütze. Ferner wäre zu berücksichtigen gewesen, daß die Einstufung bestimmter Leistungen zu einer Note in Deutschland nach einem Umrechnungsschlüssel erfolge, wobei insgesamt 15 Punkte zu vergeben seien und die Notenstufen "Sehr gut" (1) bis "Mangelhaft" (5) dadurch gekennzeichnet seien, daß jeweils drei Punkte eine Notenstufe definierten. Aus diesem Umrechnungsschlüssel gehe hervor, daß die Note "Mangelhaft" bei Erreichen von einem, zwei oder drei Punkten erteilt werde. Berücksichtige man nun, daß aus dem Zeugnis der Beschwerdeführerin hervorgehe, daß sie zwei Kurse in Mathematik abgelegt habe und bei beiden jeweils drei Punkte erreicht habe, so ergebe sich, daß sie innerhalb der für die Note "Mangelhaft" notwendigen Punkte jeweils die höchste Punktezahl (nämlich drei) erreicht habe. Bei Umrechnung des deutschen Sechsnotensystems auf das österreichische Fünfnotensystem müßte die von der Beschwerdeführerin erreichte Gesamtpunkteanzahl in Mathematik dazu führen, daß sie in der 4. Notenstufe, also unter "Genügend" einzustufen wäre. Auch wäre zu berücksichtigen, daß in Deutschland - anders als in Österreich - eine Gesamtqualifikation der erreichten Punkte in den einzelnen Grundkursgegenständen für die Erlangung des Reifezeugnisses maßgebend sei. Der positive Abschluß der deutschen Reifeprüfung werde nicht durch die Einzelbenotung einzelner Gegenstände nachgewiesen, sondern durch die erreichte Gesamtpunkteanzahl, die für die Beurteilung maßgeblich sei, ob die allgemeine Hochschulreife erreicht werde.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift "in Anbetracht der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. 3. 1980, Zl. 2121/77, und vom 21. 12. 1987, Zl. 87/10/0157-5, Abstand".
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 75 Abs. 1 erster Satz des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986 (SchUG), sind Zeugnisse über einen im Ausland zurückgelegten Schulbesuch oder über im Ausland abgelegte Prüfungen von Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Inland oder von österreichischen Staatsbürgern mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland auf deren Ansuchen vom Bundesminister für Unterricht und Kunst mit einem Zeugnis über einen Schulbesuch oder die Ablegung von Prüfungen im Sinne dieses Bundesgesetzes als gleichwertig anzuerkennen (Nostrifikation), wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Nostrifikation für das Erlangen einer angestrebten Berechtigung oder eines angestrebten Anspruches erforderlich ist und die in den folgenden Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 75 Abs. 3 leg. cit. hat der Bundesminister für Unterricht und Kunst zu prüfen, ob der Schulbesuch und die abgelegten Prüfungen den Anforderungen für ein Zeugnis entsprechen, mit dem die Gleichhaltung angestrebt wird. Soweit den Anforderungen nach Abs. 3 nur zum Teil entsprochen wird, ist zufolge des Abs. 4 des § 75 SchUG die Nostrifikation vom erfolgreichen Besuch einzelner Schulstufen oder Unterrichtsgegenstände als außerordentlicher Schüler oder von der erfolgreichen Ablegung von Prüfungen abhängig zu machen. Auf diese Prüfungen ist § 42 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 14 Abs. 5 der Leistungsbeurteilungsverordnung, BGBl. Nr. 371/1974, sind mit "Genügend" Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt. Gemäß § 14 Abs. 6 LeistungsbeurteilungsV sind mit "Nicht genügend" Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit "Genügend" (Abs. 5) erfüllt.
2.2. Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Dezember 1987, Zl. 87/10/0157 = ZfVB 1988/4/1536, dargetan hat, ist das auf Grund der Bestimmungen des § 75 Abs. 1, 3 und 4 SchUG in Betracht kommende ausländische Recht als Tatsache anzusehen und die Ermittlung dieses Rechtes Gegenstand der Beweisaufnahme, deren Ergebnis dem Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG unterliegt. Der Beschwerdeführerin wurde Parteiengehör - entgegen diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes - nicht gewährt. Sie hatte daher keine Gelegenheit, sich zu den von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten deutschen Rechtsvorschriften und ihrem Inhalt, also zu den Leistungsanforderungen für die deutsche Reifeprüfung und die Art der Beurteilung dieser erbrachten Leistungen zu äußern. Schon aus diesem Grund ist daher der angefochtene Bescheid mit einem relevanten Verfahrensmangel belastet.
2.3. Dadurch, daß die belangte Behörde die beantragte Nostrifikation von der erfolgreichen Ablegung einer Prüfung abhängig machte, wurde dem Standpunkt der Partei (der Beschwerdeführerin) nicht vollinhaltlich Rechnung getragen. Insoweit war der bekämpfte Bescheid daher im Hinblick auf § 58 Abs. 2 AVG zu begründen; hiebei oblag es der belangten Behörde im Grunde des § 60 AVG, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Auch diesen gesetzlichen Anforderungen wird die Begründung nicht gerecht.
Die belangte Behörde verweist in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf "Bundesdeutsche Bestimmungen", die aber nicht näher bezeichnet werden. Diese Bestimmungen sollen festlegen, unter welchen Voraussetzungen die Note "Mangelhaft" erteilt werde. Danach solle die Note "Mangelhaft" dann erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspreche, jedoch erkennen lasse, daß die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden seien und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten.
Es wäre der belangten Behörde oblegen, die entsprechenden deutschen Bestimmungen, aus denen sich die zu nostrifizierenden Leistungsbeurteilungen und die ihnen zugrundeliegenden Leistungsanforderungen ergeben, in nachvollziehbarer Weise zu zitieren und wiederzugeben. Die belangte Behörde hat jedoch die notwendige Konkretisierung dieser Normen unterlassen und sich unter Heranziehung der Definition der (österreichischen) Leistungsbeurteilungsverordnung betreffend die Note "Nicht genügend" auf den Hinweis beschränkt, daß die (deutsche) Note "Mangelhaft" der Note "Nicht genügend" entspreche, weil die Note "Mangelhaft" aussage, daß die erbrachten Leistungen die Anforderungen nicht erfüllt hätten. Dieser Hinweis läßt aber nicht mit ausreichender Klarheit erkennen, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse und welcher rechtlicher Überlegungen die belangte Behörde zu der Schlußfolgerung gekommen ist, daß die in der Bundesrepublik Deutschland abgelegte Reifeprüfung zum Teil, nämlich in Mathematik, nicht den Anforderungen für ein Zeugnis entspreche, mit dem die Gleichhaltung angestrebt werde. Dazu hätte es nicht nur einer Beurteilung der Benotung, sondern auch der Berücksichtigung der Äquivalenz der Anforderungen, auf die § 75 Abs. 3 und 4 SchUG abstellt, bedurft. Auch insofern erweist sich der angefochtene Bescheid als mangelhaft, nämlich als ergänzungsbedürftig und nicht ausreichend begründet.
Aus diesen Erwägungen folgt, daß der in Beschwerde gezogene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Grunde des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben ist.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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