VwGH 92/04/0273

VwGH92/04/027325.5.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Weiss, DDr. Jakusch, Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der S-GmbH in N, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. November 1992, Zl. 311.038/5-III/3/92, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. Jänner 1987 gab die Bezirkshauptmannschaft Lienz dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Abänderung des die tägliche Betriebszeit ihrer gastgewerblichen Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort in N betreffenden Auflagenpunktes keine Folge. Die von ihr dagegen erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 13. Jänner 1988 als unbegründet ab. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Mit dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angefochtenen Bescheid vom 19. November 1992 behob der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Berufung der Beschwerdeführerin die eingangs genannten Bescheide der Unterinstanzen unter Berufung auf die Bestimmungen der §§ 353, 356 Abs. 1 GewO 1973. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges aus, anläßlich des zum im Ermittlungsverfahren zuletzt eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten gewährten Parteiengehörs habe die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme abgegeben, die u.a. folgendes enthalte:

"1.) Vorweg haben wir zu reklamieren, daß ein Verfahren nach § 81 GewO 1973 nicht zur Diskussion stehen kann. Wir haben keine Betriebsanlage geändert und auch nicht die Absicht, sie zu ändern. ...

Aufgrund dieser Ausführungen stellen wir den Antrag, das gegen uns eingeleitete Verfahren gemäß § 81 GewO 1973 einzustellen."

Mit diesem Schriftsatz habe die Beschwerdeführerin in eindeutiger Weise das dem Verfahren zugrundeliegende Ansuchen vom 29. April 1986 zurückgezogen, indem sie zum Ausdruck gebracht habe, es bestehe keine Absicht, die Betriebsanlage zu ändern und es möge das anhängige Verfahren gemäß § 81 GewO 1973 eingestellt werden. Da die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt sei und mit der zitierten Erklärung der Beschwerdeführerin ein derartiger Antrag weggefallen sei, seien die vorinstanzlichen Bescheide mangels Rechtsgrundlage zu beheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erledigung ihres dem Verwaltungsverfahren zugrundeliegenden Antrages verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, das Schreiben der belangten Behörde vom 1. September 1992, womit ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegen das medizinische Sachverständigengutachten eingeräumt worden sei, sei an sie selbst adressiert worden, obwohl sie zum damaligen Zeitpunkt durch "das Anwaltsbüro Dr. R und Dr. D" vertreten gewesen sei. Wäre die Zustellung an diese Anwälte erfolgt, wäre jegliches Mißverständnis ausgeschaltet worden, weil diese Anwaltskanzlei andere Aktenunterlagen besessen habe, weshalb dort u.a. durch Vergleichen der Geschäftszahlen hätte ermittelt werden können, was überhaupt Gegenstand des Verfahrens sei. Mangels anderer Unterlagen habe ihr nunmehriger Vertreter aus dem Rubrum des Schreibens vom 1. September 1992 entnommen, Gegenstand des Verfahrens sei ein Verfahren gemäß § 81 GewO 1973. Die Beschwerdeführerin habe aber diesen ihren Vertreter informiert, daß sie nie eine solche Betriebsanlagenänderung angestrebt habe und daher auch ein solches Ansuchen gar nicht laufen würde. Auch die von der belangten Behörde für ihren Bescheid als Rechtsgrundlage herangezogenen Gesetzesstellen seien verfehlt, weil diese keine "Regelungen über die Zurückziehung eines Gewerberechtsansuchens" enthielten. Die Ausführungen in der Stellungnahme vom 15. September 1992 seien alles andere als ein Hinweis darauf, daß die Beschwerdeführerin ein Ansuchen zurückziehen wolle. Sie sei eingeladen gewesen, zu einem amtsärztlichen Gutachten Stellung zu nehmen. Gegen die Ausführungen im Gutachten habe sie in ihrer Äußerung opponiert.

Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, daß der Inhalt ihrer Stellungnahme vom 21. September 1992 jedenfalls nicht, wie die belangte Behörde meint, "in eindeutiger Weise" als Zurückziehung ihres Antrages auf Genehmigung der Änderung ihrer gewerblichen Betriebsanlage verstanden werden kann.

Die belangte Behörde hätte daher davon ausgehen müssen, daß das von der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 21. September 1992 tatsächlich Gewollte zumindest unklar ist.

Ist aber der Umfang eines von einer Partei gestellten Antrages unklar, dann ist die Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung des nicht eindeutigen Umfanges seines Begehrens aufzufordern. Solange ein eindeutiger Antrag der Partei nicht vorliegt, ist die Erlassung eines darauf gestützten Verwaltungsaktes inhaltlich rechtswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 85/09/0260).

Da es die belangte Behörde unterließ, eine entsprechende Klärung des von der Beschwerdeführerin tatsächlich Gewollten herbeizuführen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das auf Zuspruch von Umsatzsteuer zum Schriftsatzaufwand gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die Pauschalierung des diesbezüglichen Aufwandersatzes in der zitierten Verordnung abzuweisen. Im übrigen betrifft die Abweisung des Mehrbegehrens nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand (die Beschwerde wurde richtigerweise nur zweifach eingebracht und für die Beilage - angefochtener Bescheid - war lediglich eine Gebühr in der Höhe von S 30,-- zu entrichten).

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