Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung (belangte Behörde) vom 13. Dezember 1990 wurde die Beschwerdeführerin einer Verwaltungsübertretung nach Art. VIII zweiter Fall EGVG für schuldig erkannt. Die ihr zur Last gelegte Tat wurde im Sinne des § 44a lit. a VStG wie folgt umschrieben:
"Sie haben am 31.10.1988 um 22.20 Uhr in W, X-Gasse, im Lokal 'A', durch überlautes Spielenlassen der Musikanlage (dumpfe Bassklänge) ungebührlicherweise störenden Lärm erregt."
Die belangte Behörde setzte dabei die von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt, nach Art. VIII Schlußsatz verhängte Geldstrafe auf S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden) herab.
Nach der Begründung sei der strafbare Tatbestand aufgrund der widerspruchsfreien Angaben des Meldungslegers in seiner Anzeige und bei seinen zeugenschaftlichen Einvernahmen sowie aufgrund der Zeugenaussagen des Aufforderers als erwiesen anzunehmen. Letzterer habe um Polizeiintervention ersucht, da aus dem unter seiner Wohnung gelegenen, von der Beschwerdeführerin unbefugt betriebenen Lokal, die Musikanlage so laut zu hören gewesen sei, daß ihn dies am Schlafen gehindert habe. Auch der Meldungsleger habe im Schlafzimmer des Aufforderers wahrgenommen, daß von der Musikanlage ausgehende Baßtöne in großer Lautstärke hörbar gewesen seien, die auch nach Auffassung des Meldungslegers geeigent gewesen seien, als unangenehm bzw. schlafstörend empfunden zu werden. Dies umso mehr, als der allgemeine Lärmpegel in der Umgebung des Tatortes zur Tatzeit (NachtzeitÜ) sehr niedrig gewesen sei. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin schließe die belangte Behörde aus, daß der Meldungsleger wider besseres Wissen vom Aufforderer zur Anzeige "gedrängt" worden sei. Der Beschwerdeführerin könne auch nicht gefolgt werden, daß auch schon deshalb keine Lärmerregung vorgelegen sein könne, da sich anderenfalls auch der zu diesem Beweisthema am 16. Juli 1990 als Zeuge einvernommene zweite Sicherheitswachebeamte, der bei der Amtshandlung ebenfalls anwesend gewesen sei, daran hätte erinnern müssen. Vielmehr sei diesem Zeugen aufgrund der seit dem Tatzeitpunkt verstrichenen Zeit von nahezu neun Monaten zuzubilligen, daß er sich nicht mehr hinreichend an die Amtshandlung, die für ihn sicher nur eine unter vielen wegen einer derartigen Verwaltungsübertretung gewesen sei, habe erinnern können, wie er auch selbst bei seiner Einvernahme zu Protokoll gegeben habe.
Die Beschreibung der Intensität der Lärmerregung zur Tatzeit lasse den Schluß zu, daß der von der Musikanlage im Lokal ausgehende Lärm auch nach einem objektiven Maßstab als äußerst unangenehm zu empfinden gewesen sei, was unter anderem auch der Meldungsleger glaubhaft versichert habe. Dadurch sei gegen ein Verhalten verstoßen worden, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden müsse. Der Lärm sei auch geeignet gewesen, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen (entgangener Schlaf) zu beeinträchtigen. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, daß Baßtöne von normal empfindenen Menschen nicht als unangenehm empfunden würden und auch deren Wohlbefinden nicht störten, sei entgegenzuhalten, daß Baßtöne - auch im Hinblick auf die damit verbundenen Schwingungen - durchaus geeignet seien, als unangenehm empfunden zu werden und auch (schlaf-)störende Wirkung zu haben, gerade wenn sie über längere Zeit andauerten bzw. in kurzen Intervallen über einen längeren Zeitraum immer wieder auftreten würden, wie das beim ununterbrochenen Betrieb einer Musikanlage der Fall sei.
Die Einvernahme eines von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten Zeugen sei nicht erforderlich gewesen, da dieser nach ihren Ausführungen zwar ein regelmäßiger Gast im Lokal sei, seine Anwesenheit zur Tatzeit jedoch nicht behauptet worden sei, er sohin zum konkreten Sachverhalt nichts hätte angeben können. Dies gelte auch für die angeführten Gutachten und Ergebnisse von Lärmpegelmessungen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt erstellt worden seien, zumal die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren selbst eingeräumt habe, daß die Musikanlage am Tattag "versehentlich" zu laut eingestellt gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:
Gemäß Art. VIII EGVG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird Lärm ungebührlicher Weise erregt, wenn das Verhalten, das zur Erregung des Lärms führt, jene Rücksicht vermissen läßt, die im Zusammenleben verlangt werden kann (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. September 1984, Zl. 84/10/0109). Lärm ist dann störend, wenn er wegen seiner Art und/oder seiner Intensität geeigent ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Jänner 1987, Zl. 84/10/0220).
Wenn die Beschwerdeführerin unter Hinweis darauf, daß der Lärm von einer Betriebsanlage ausgegangen sei, die Ungebührlichkeit in Abrede stellt, so ist darauf zu verweisen, daß im Zeitpunkt der Tat von ihr das Lokal ohne entsprechende Betriebsanlagengenehmigung betrieben worden ist. Daher erweist sich auch ihre Auffassung als unzutreffend, daß für ein etwaiges Strafverfahren die Gewerbebehörde zuständig gewesen wäre.
Sofern die Beschwerdeführerin verneint, störenden Lärm hervorgerufen zu haben, da "lediglich Baßtöne oder überhaupt nur Schwingungen auszumachen" gewesen seien, ist ihr - vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtsprechung - zu erwidern, daß auch Baßtöne einer gewissen Intensität im Zusammenhang mit den damit verbundenen Schwingungen geeignet sind, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen. Ob dabei die Musik selbst bzw. die gespielten Melodien zu vernehmen sind, ist nicht von Bedeutung.
Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde auf die von ihr angebotenen Gutachten nicht eingegangen sei. Wenn diese Gutachten auch erst zu einem späteren Zeitpunkt erstellt worden seien, so hätten sie doch Aufschluß über die örtlichen Verhältnisse geben können. Ebenso verhalte es sich mit dem von der Beschwerdeführerin angebotenen Zeugen: Es sei nicht geklärt worden, ob er im Tatzeitpunkt im Lokal gewesen sei. Ferner hätte die belangte Behörde nähere Feststellungen über die Möglichkeit einer Lärmimmission treffen müssen.
Mit diesem Vorbringen bekämpft die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Sie vermag damit jedoch keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) schließt die gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist, und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie unter anderem den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof aufgrund seiner eingeschränkten Prüfungsbefungnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie den im wesentlichen gleichlautenden Angaben des Meldungslegers gefolgt ist. Dieser hat anläßlich seiner Vernehmung am 27. Februar 1989 erklärt, im Schlafzimmer des Aufforderers deutlich Baßgeräusche der Musikanlage wahrgenommen zu haben. Diese seien derart laut gewesen, als wenn "die Anlage in unmittelbarer Nähe spielen würde". Diese Angaben wurden von ihm in seiner Vernehmung am 20. September 1990 dahin präzisiert, daß die Schwingungen der Töne aus der Musikanlage des unterhalb der Wohnung gelegenen Lokals zu verspüren gewesen seien, wobei er diese Schwingungen als "unangenehm empfunden" habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes braucht die Befähigung von Polizeibeamten, die objektive Zumutbarkeit der Lärmerregung für die Nachbarschaft zu qualifizieren, nicht bezweifelt zu werden (vgl. etwa das Erkennntnis vom 30. Juni 1986, Zl. 83/10/0311, mit weiteren Judikaturhinweisen). Daher war auch die Vernehmung des von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugen entbehrlich, zumal dieser als "häufiger Gast" zum Musiklärm im Lokal bloß eine "repräsentative Aussage" hätte machen sollen. Daß der Zeuge zum Zeitpunkt der Tat im Lokal anwesend gewesen sei, wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Wenn die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin angebotenen Gutachten nicht berücksichtigt hat, so kann auch darin keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt werden, da diese Gutachten nicht zu den konkreten Verhältnissen zur Tatzeit geführt worden sind (Niederschrift vom 19. Dezember 1989 über eine von der Bundespolizei durchgeführte Lärmmessung bzw. Protokoll im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vom 2. Februar 1990).
Da das tatbildmäßige Verhalten der Beschwerdeführerin auch hinter dem in der Strafdrohung des Art. VIII zweiter Fall typisierten Unrechts- und Schuldgehalt nicht erheblich zurückblieb (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 14. Jänner 1988, 86/08/0073), kann nicht von einem geringen Verschulden der Beschwerdeführerin gesprochen werden. Diese Voraussetzung für eine Ermahnung gemäß § 21 Abs. 1 VStG lag daher nicht vor.
Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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