VwGH 91/05/0016

VwGH91/05/001628.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der B-AG in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Dezember 1990, Zl. 551.524/3-VIII/6/90, betreffend die Feststellung der Parteistellung in einem elektrizitätsrechtlichen Verfahren (mitbeteiligte Parteien: 1) Stadt Wien - Wiener Stadtwerke - Elektrizitätswerke in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W,

2) EVN Aktiengesellschaft in Maria-Enzersdorf am Gebirge, Johann Steinböck-Straße 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §8;
StarkstromwegeG NÖ 1979 §7 Abs1;
StarkstromwegeG NÖ 1979;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §8;
StarkstromwegeG NÖ 1979 §7 Abs1;
StarkstromwegeG NÖ 1979;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. August 1989 erteilte die NÖ. Landesregierung der Beschwerdeführerin die starkstromrechtliche Bewilligung für die Verlegung und den Betrieb einer 20 kV-Kabelleitung und eines innerbetrieblichen Hochspannungsnetzes. Die erstmitbeteiligte Partei stellte in der Folge den Antrag, ihr im starkstromwegerechtlichen Verfahren Parteistellung gemäß § 8 AVG einzuräumen. Mit Bescheid vom 2. Februar 1990 wies die NÖ. Landesregierung diesen Antrag zurück. Auf Grund des dagegen erhobenen Antrages gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG auf Übergang der Zuständigkeit stellte die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid fest, daß der Erstmitbeteiligten im genannten starkstromwegerechtlichen Verfahren Parteistellung zukomme, weil ihr als Elektrizitätsversorgungsunternehmen ein rechtlich geschütztes Interesse auf Verhinderung des Einbruches in ihr Versorgungsgebiet zustehe. In diesem Zusammenhang wurde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1954, Slg. N.F. Nr. 5353/A, verwiesen. Es genüge, daß das Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Einbruch in sein Versorgungsgebiet behaupte, wenn diese Behauptung zumindest möglich sei. In diesem Zusammenhang wurde das Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 9484/A als Belegstelle zitiert. Im vorliegenden Fall liege die Behauptung der Erstmitbeteiligten jedenfalls im Bereich der Möglichkeit, weshalb ihr in diesem Leitungsverfahren Parteistellung zukomme. Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0210, sei bereits im starkstromwegerechtlichen Baubewilligungsverfahren neben den Grundeigentümern, deren Grundflächen durch eine elektrische Leitungsanlage betroffen würden, auch den (sonstigen) an diesen Grundflächen dinglich Berechtigten Parteistellung einzuräumen. Da im vorliegenden Fall die Kabelleitung der Beschwerdeführerin eine bestehende 20 kV-Freileitung der Erstmitbeteiligten unterkreuze, sei diese als Dienstbarkeitsberechtigte auch aus diesem Grunde Partei im Verfahren.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zunächst war auf Grund der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift aufgestellten Behauptung zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt werden kann. Eine solche Rechtsverletzungsmöglichkeit ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes allein schon deshalb gegeben, weil dann, wenn einer weiteren Partei in einem abgeschlossenen Verfahren Parteistellung eingeräumt wird, damit die Rechtswirksamkeit des Bescheides jedenfalls vom Abschluß des mit der hinzugekommenen Partei abzuführenden Verfahrens abhängt. Ein Bewilligungswerber hat daher jedenfalls einen Rechtsanspruch darauf, daß nur solchen Personen Parteistellung zuerkannt wird, denen auf Grund der Rechtslage in dem jeweiligen Bewilligungsverfahren Parteistellung auch tatsächlich zukommt.

Inhaltlich verweist die Beschwerdeführerin darauf, daß das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1954, Slg. N.F. Nr. 3553/A, eine völlig andere Rechtslage betroffen habe, nämlich nach dem Energiewirtschaftsgesetz 1935, welches damals als landesrechtliche Vorschrift in der Steiermark gegolten habe. In jenem Beschwerdefall sei es um die Frage der Wirtschaftlichkeit einer geplanten Maßnahme und darum gegangen, ob eine Bewilligung deswegen zu versagen sei, weil durch die projektierte Anlage ein volkswirtschaftlich schädlicher Wettbewerb entstehen könnte. Ein Zusammenhang mit der hier maßgebenden Rechtslage bestehe nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung der Beschwerdeführerin.

Der zwischen den Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestehende Streit über das jeweilige Versorgungsgebiet der Mitbeteiligten kann rechtens nicht nach dem NÖ Starkstromwegegesetz, LGBl. 7810-0, ausgetragen werden. § 7 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt, daß die Bau- und Betriebsbewilligung zu erteilen ist, wenn die elektrische Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. In dieser Bewilligung hat die Behörde erforderlichenfalls durch Auflagen zu bewirken, daß die elektrischen Leitungsanlagen diesen Voraussetzungen entsprechen. Dabei hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumordnung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden und die öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind im Ermittlungsverfahren zu hören, soweit sie durch die Leitungsanlage betroffen werden.

Schon aus dieser gesetzlichen Bestimmung ergibt sich, daß die Erstmitbeteiligte in dem Verfahren nur zu hören war, ihr also eine Parteistellung nicht zukam. Wenn die Erstmitbeteiligte in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Abgrenzung der jeweiligen Versorgungsgebiete auf einen Demarkationsvertrag aus dem Jahre 1941 verweist, so findet dieser Vertrag in der hier maßgeblichen Rechtslage nach dem NÖ Starkstromwegegesetz jedenfalls keine Beachtung in dem Sinn, daß ihr auf Grund des Vertrages allein schon nicht nur Parteistellung, sondern auch ein Rechtsanspruch auf Nichterteilung der von der Beschwerdeführerin angestrebten Bewilligung zukomme. Wenn tatsächlich durch die Leitungsanlage ein Einbruch in das Versorgungsgebiet der Erstmitbeteiligten erfolgen sollte, so kann dieser Rechtsstreit zwischen den Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht nach dem NÖ Starkstromwegegesetz ausgetragen werden. Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht mit diesem Argument die Parteistellung der Erstmitbeteiligten im durchgeführten starkstromwegerechtlichen Verfahren bejaht (vgl. im übrigen auch den Rechtssatz des verstärkten Senates III vom 8. März 1954, Zl. 3/20-Pr./1953, Slg. Anhang Nr. 63/1954, sowie das Erkenntnis vom 25. März 1954, Slg. Nr. 3358/A).

Die Parteistellung der Erstmitbeteiligten kann aber auch nicht unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0210, bejaht werden, weil nach § 7 Abs. 1 des NÖ Starkstromwegegesetzes lediglich eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen Energieversorgungseinrichtungen vorzunehmen ist und auch hier den Beteiligten ausdrücklich nur ein Anhörungsrecht eingeräumt wurde. Auch hat die Beschwerdeführerin zutreffend darauf verwiesen, daß der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt sich von dem im vorliegenden Fall gegebenen schon dadurch wesentlich unterscheidet, daß eine Einräumung von Zwangsrechten zu Lasten der Erstmitbeteiligten gar nicht in Betracht kommt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist sohin eine Parteistellung der Erstmitbeteiligten nicht gegeben.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung eines den Schriftsatzaufwand übersteigenden Streitgenossenzuschlages, der im VwGG nicht vorgesehen ist, sowie Stempelgebühren für nicht erforderliche Beilagen.

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