Normen
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
VStG §45 Abs1 lita;
VStG §52;
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
VStG §45 Abs1 lita;
VStG §52;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin einer Verwaltungsübertretung gemäß § 34 Abs. 1 lit. c des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes, Anlage zur Neukundmachung der Landesregierung, LGBl. Nr. 1/1982 (in der Folge: Landschaftsschutzgesetz), schuldig erkannt, wobei die ihr zur Last gelegte Tat wie folgt umschrieben wurde:
"HS, F, hat am 6.6.1989 ein Vorhaben abweichend von Bewilligungen ausgeführt, indem sie es unterlassen hat, dafür Sorge zu tragen, daß Spruchpunkt IIb des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23.12.1986, Zl.I-1574/75c, II-3044/77, eingehalten wird. In diesem Spruchpunkt II.b) wurde ihr als Bescheidadressatin vorgeschrieben, das feine Schlickmaterial in die südliche Bucht der Schiffahrtsrinne unter Verwendung der durch den Pfahlschlag gegebenen Ausbuchtung zu spülen. Entgegen dieser Auflage wurde das feine Schlickmaterial bei den am 6.6.1989 mit einem Saugbagger in der Schiffahrtsrinne zum Hafen S, Gp.394/1, KG. F, durchgeführten Baggerarbeiten auf die östlich der Fahrtrinne bestehende Landzunge gespült. Diese Arbeiten wurden von ihrem Sohn GS in ihrem Einvernehmen durchgeführt."
Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 34 Abs. 3 des Landschaftsschutzgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen) verhängt.
Nach der Begründung seien am 6. Juni 1989 in der Schiffahrtsrinne zum Hafen S Baggerarbeiten mit einem im Eigentum von PS stehenden Saugbagger von seinem Bruder G durchgeführt worden. Dabei sei das feine Schlickmaterial nicht entsprechend dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. Dezember 1986 südlich der Bucht der Schiffahrtsrinne, sondern auf die östlich der Fahrtrinne bestehende Landzunge gespült worden. Die Beschwerdeführerin habe es dabei als verantwortliche Bescheidadressatin unterlassen, dafür Sorge zu tragen, daß die in ihrem Einvernehmen vorgenommenen Maßnahmen entsprechend diesem Bescheid durchgeführt würden. Dadurch sei das Vorhaben abweichend von dieser Bewilligung ausgeführt worden. Da die Beschwerdeführerin diesen Sachverhalt nicht bestritten habe, sei er als erwiesen angenommen und dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegt worden. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach der Spruch des Straferkenntnisses so undeutlich sei, daß der Tatvorwurf nicht nachvollzogen werden könne, werde von der belangten Behörde nicht geteilt. Im vorliegenden Spruch sei ergänzt worden, wer die Baggerarbeiten durchgeführt habe. Was die Tatzeit "am 6.6.1989" anlange, so könne zwar mit Sicherheit angenommen werden, daß das strafbare Verhalten länger gedauert habe, der Beschwerdeführerin habe jedoch nur dieser Tag als Tatzeit nachgewiesen werden können; dieser Tag sei daher dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:
Aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten ergibt sich, daß gegen die Beschwerdeführerin bereits mit einer Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigte vom 7. August 1989 ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, das zu einem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 6. September 1989 führte. Der Beschwerdeführerin wurde dabei vorgeworfen,
sie habe entgegen der Auflage des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23.12.1986, Zl. I-1574/75c, II-3044/77 (Spruchpunkt IIb), Baggerarbeiten zur Ausbaggerung mit einem Saugbagger der bestehenden Einfahrtsrinne zum Hafen S, Gp. 394/1, KG. F, in Auftrag gegeben, indem das aus der Einfahrtsrinne gebaggerte Schlickmaterial im Anschluß an die östlich der Fahrtrinne bestehende Landzunge gespült worden sei, wodurch diese in östlicher Richtung auf eine Fläche von ca. 25 x 50 m vergrößert worden sei. Dies sei von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft Bregenz am 6.6.1989 festgestellt worden.
Dadurch habe sie eine Übertretung gemäß § 34 Abs. 1 lit. c des Landschaftsschutzgesetzes i.V.m. dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23.12.1986, Zl. I-1574/75c, II-3044/77, begangen. Gemäß § 34 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 des Landschaftsschutzgesetzes wurde über Frau HS eine Geldstrafe von S 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzarreststrafe von 14 Tagen, verhängt.
Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 23. Oktober 1989 wurde der gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren "gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt". Nach der Begründung sei die der Beschwerdeführerin vorgeworfene Tat einerseits nicht ausreichend konkretisiert und andererseits stelle das "In-Auftrag-geben" nicht das Tatbild des § 34 Abs. 1 lit. c des Landschaftsschutzgesetzes dar.
Gemäß § 45 Abs. 1 lit. a (nunmehr Z. 1) VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.
Gegenstand des mit Bescheid vom 23. Oktober 1989 eingestellten Strafverfahrens war dabei unzweifelhaft jenes der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten, das auch dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrunde liegt. Wenn auch im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 6. September 1989 der Tatzeitpunkt nicht mit der nach § 44a lit. a VStG gebotenen Klarheit angeführt wird, so ergibt sich doch im Zusammenhang mit der Begründung des Straferkenntnisses, daß der Beschwerdeführerin vorgeworfen wurde, sie habe die bescheidwidrige Ablagerung des ausgebaggerten Schlickmaterials am 6. Juni 1989 zu verantworten, was jedenfalls an diesem Tag von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft festgestellt worden sei. Eben dieses Verhalten am 6. Juni 1989 ist auch "Sache" des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens.
"Sache" des Verwaltungsstrafverfahrens ist dabei die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung. Die Einstellung des Verfahrens hat zur Folge, daß eine Bestrafung wegen derselben Tat - auch unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift - den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt und deshalb inhaltlich rechtwidrig ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. November 1986, Zl. 86/02/0136). Die bescheidmäßige Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hat dabei unter anderem zur Folge, daß die Verwaltungsbehörde das Strafverfahren nur gemäß § 52 VStG im Zusammenhalt mit § 69 AVG wiederaufnehmen darf (vgl. das Erkenntnis vom 27. Juni 1980, VwSlg. 10.178/A).
Im Beschwerdefall hat die Vorarlberger Landesregierung mit Bescheid vom 23. Oktober 1989 ausdrücklich eine Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG verfügt. Damit lag hinsichtlich der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Tat entschiedene Sache vor. Aufgrund des insofern klaren Spruches dieses Bescheides kann an dieser Deutung auch der Umstand nichts ändern, daß die Landesregierung in der Zustellverfügung die Bezirkshauptmannschaft Bregenz angewiesen hat, ein neues Strafverfahren innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist durchzuführen.
Da die belangte Behörde die Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid wegen derselben Tat neuerlich bestraft hat, belastete sie schon deshalb ihren Bescheid mit Rechtwidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Ein Eingehen auf die Beschwerdeausführungen erübrigt sich damit.
Der Ausspruch über die Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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