Normen
AuslBG §4 Abs3 Z5;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
EGVG 2008 Art2;
PaßG 1969 §25 Abs3 lite;
PaßG 1969 §28;
PaßG 1969 §29 Abs1;
PaßG 1969 §37;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AuslBG §4 Abs3 Z5;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
EGVG 2008 Art2;
PaßG 1969 §25 Abs3 lite;
PaßG 1969 §28;
PaßG 1969 §29 Abs1;
PaßG 1969 §37;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Eingabe an die Österreichische Botschaft in Ankara (die belangte Behörde) vom 16. November 1990 hatte der nunmehrige Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines "vorerst auf ein Jahr befristeten Wiedereinreise-Sichtvermerkes" gestellt. Begründend war dazu ausgeführt worden, daß seine Mutter sowie sein Bruder A und dessen Frau in Österreich aufenthaltsberechtigt seien und sich hier auch ständig aufhielten. Er habe die Schulen in der Türkei absolviert und wolle nun zu seinen nächsten Angehörigen - der Vater sei bereits vor fünf Jahren verstorben - nach Österreich kommen. Nach den einschlägigen Gesetzen und der Rechtsprechung bestehe ein Anspruch auf Familieneinheit. Die Angehörigen des Beschwerdeführers seien in der Lage, für seine Aufenthaltskosten aufzukommen. Auch ein Bett stehe ihm in der Wohnung seiner Angehörigen zur Verfügung. Allenfalls werde er in unmittelbarer Nähe ein Zimmer beziehen.
2. Mit Schreiben vom 15. Jänner 1991 ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer (z.H. seines Rechtsvertreters) unter anderem, ihr eine "Bestätigung des Gemeindeamtes oder der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, daß die vom Sichtvermerkswerber zu beziehende Unterkunft unter Berücksichtigung des dzt. Belages und der nachzuführenden Person im Hinblick auf Größe und Ausstattung den örtlichen Verhältnissen entspricht", vorzulegen.
3. Unter Bezugnahme darauf legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Jänner 1991 eine von der "Firma Z unterfertigte Unterkunftserklärung" vor und teilte dazu mit, daß er mit seiner Mutter "in dieser Wohnung in X, G-Straße, wohnen (wird)". Derzeit wohne die Mutter noch in X, H-Straße. Sobald aber der Sohn (der Beschwerdeführer) komme, werde die neue Wohnung in X, G-Straße, bezogen. B, der die Wohnung in der G-Straße derzeit bewohne, sei ein "Angehöriger der Familie".
4. Mit Schreiben vom 20. Februar 1991 teilte die Bezirkshauptmannschaft X der belangten Behörde unter Bezugnahme auf deren entsprechendes Ersuchen vom 15. Jänner 1991 mit, daß, wie sich aus dem "Wohnungsbericht" des Amtes der Stadt X vom 13. Februar 1991 ergebe, in X, H-Straße bereits die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers sowie die Gattin des Bruders wohnten. Die Wohnung sei schon für drei Personen als sehr klein anzusehen; für eine vierte Person sei nicht einmal eine Schlafstelle vorhanden. Ein Zuzug einer weiteren Person in diese Wohnung werde seitens der Bezirkshauptmannschaft X abgelehnt.
5. Schließlich erging unter dem Datum 27. Februar 1991 an den Vertreter des Beschwerdeführers (den nunmehrigen Beschwerdevertreter) ein Schreiben folgenden Wortlautes:
"Sehr geehrter Herr Dr. WÜ
Zu Ihrem Antrag vom 16. November 1990 betreffend die Erteilung eines Einreisesichtvermerkes für N wird mitgeteilt, daß diesem nicht stattgegeben werden kann. Die von der Bezirkshauptmannschaft X über ha. Ersuchen durchgeführten Erhebungen haben ergeben, daß für den Sichtvermerkswerber bei seinen Familienangehörigen keine geeignete Unterkunft zur Verfügung steht.
Mit freundlichen Grüßen
(Dr. Friedrich Zanetti)
ao. u. bev. Botschafter"
6. Durch dieses vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Schreiben erachtet er sich in "seinem Recht verletzt, eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Sichtvermerk) für Österreich zu bekommen". Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
7. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten (in Ablichtung) vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Was zunächst die rechtliche Qualifizierung der angefochtenen Erledigung (oben I.5.) anlangt, so pflichtet der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer bei, daß mit dieser in normativer Weise über den von ihm gestellten Antrag vom 16. November 1990 auf Ausstellung eines befristeten Sichtvermerkes abgesprochen worden ist, die besagte Erledigung der belangten Behörde somit als Bescheid i.S. des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG zu werten ist (vgl. die zu gleichgelagerten Fällen ergangenen hg. Erkenntnisse vom 27. April 1983, Zl. 82/01/0184, und vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/01/0148). Die vorliegende Beschwerde ist demnach zulässig.
2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Paßgesetz, BGBl. Nr. 422/1969, (PaßG 1969) bedürfen Fremde zur Einreise in das Bundesgebiet außer einem gültigen Reisedokument (§ 22) eines österreichischen Sichtvermerkes; dies gilt nicht, wenn durch zwischenstaatliche Vereinbarung anderes bestimmt wird oder wenn der Fremde während einer Zwischenlandung auf einem österreichischen Flugplatz dessen Transitraum nicht verläßt (Transitreisender).
Im Beschwerdefall bedurfte der Beschwerdeführer eines Sichtvermerkes, da durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt ist: Die nach dem Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Türkischen Regierung über die Aufhebung des Sichtvermerkszwanges, BGBl. Nr. 194/1955, zulässige sichtvermerksfreie Einreise türkischer Staatsangehöriger in Österreich und ein anschließender drei Monate nicht übersteigender Aufenthalt war dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die Kundmachungen des Bundeskanzlers vom 23. Jänner 1990, BGBl. Nr. 66, und vom 24. April 1990, BGBl. Nr. 222, mit denen das genannte Regierungsabkommen hinsichtlich türkischer Staatsangehöriger mit Ausnahme der Inhaber von Diplomaten- und Dienstpässen mit 17. Jänner 1990 aufgehoben bzw. die Aufhebung mit Wirkung ab 17. April 1990 bis auf weiteres verlängert wurde, nicht gestattet.
3.1. Nach § 25 Abs. 1 PaßG 1969 kann einem Fremden auf Antrag ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt. Zufolge des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde bei der Ausübung des ihr im Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen. Gemäß § 25 Abs. 3 PaßG 1969 ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn (lit. e) die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führen könnte.
3.2. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, auf die Versagungsgründe des § 25 Abs. 3 PaßG 1969 sei im vorliegenden Fall nicht einzugehen, da sich die belangte Behörde "weder ausdrücklich noch schlüssig" auf einen in dieser Bestimmung angeführten Versagungsgrund bezogen habe, ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, daß die im angefochtenen Bescheid für die Versagung des beantragten Sichtvermerkes gegebene Begründung, nämlich das Fehlen einer geeigneten Unterkunft, erkennbar auf den Tatbestand des § 25 Abs. 3 lit. e leg. cit. Bezug nimmt. Diese Subsumtion kann nicht als rechtswidrig befunden werden, steht es doch mit den Denkgesetzen, aber auch der Lebenserfahrung durchaus in Einklang, daß das Nichtvorhandensein einer Unterkunft für einen Fremden zu einer finanziellen Belastung der Republik führen könnte. War aber der Tatbestand des § 25 Abs. 3 lit. e PaßG 1969 als verwirklicht anzusehen - was in bezug auf die von der belangten Behörde als erwiesen angenommene sachverhaltsmäßige Grundlage zu prüfen sein wird -, so hatte die belangte Behörde dem klaren Wortlaut des § 25 Abs. 3 PaßG 1969 zufolge den begehrten Sichtvermerk zwingend zu versagen.
4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe ihm zu der - auf den Erhebungen der Bezirkshauptmannschaft X gründenden - Feststellung, es stehe für ihn bei seinen Familienangehörigen keine Unterkunft zur Verfügung, das Parteiengehör nicht gewährt. Hätte sie dies getan, so wäre "zum Vorschein gekommen, daß sehr wohl eine ausreichende Unterkunft vorhanden ist". Dies ergebe sich auch aus der vorgelegten "Unterkunftserklärung". Vor allem habe die Behörde nicht berücksichtigt, daß nach dem Zuzug des Beschwerdeführers dieser mit seiner Mutter in X, G-Straße, eine neue Unterkunft beziehe.
4.2. Damit gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit der von ihm gerügten Nichtgewährung des Parteiengehörs darzutun. Zum einen behauptet der Beschwerdeführer damit - in Übereinstimmung mit seinem Vorbringen im Schreiben vom 28. Jänner 1991 an die belangte Behörde - auch in der Beschwerde nicht, daß er in der Wohnung seiner Mutter, seines Bruders und dessen Frau in X, H-Straße, Unterkunft genommen hätte. Es war daher entbehrlich, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den ihr von der Bezirkshauptmannschaft X vorgelegten Ermittlungsbericht diese Wohnung betreffend (Schreiben vom 20. Februar 1991) zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelte. Was zum anderen die in der Beschwerde ins Treffen geführte "Unterkunftserklärung" betreffend die Wohnung X, G-Straße, anlangt, die der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge als gemeinsame Unterkunft für sich und seine Mutter in Aussicht genommen hatte, so war die belangte Behörde deshalb nicht gehalten, zu dieser nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vom Unterkunftgeber (Z AG) für den türkischen Staatsangehörigen B abgegebenen Erklärung das rechtliche Gehör zu gewähren, weil diese vom Beschwerdeführer selbst der belangten Behörde vorgelegt worden war, ihm also bekannt war, und die Behörde sich auf diese Wohnung beziehende darüber hinaus gehende Ermittlungen nicht durchgeführt hat.
5.1. Der Beschwerdeführer rügt des weiteren, daß der angefochtene Bescheid "äußerst mangelhaft" begründet sei, weil sich aus ihm nicht nachvollziehbar entnehmen lasse, aus welchen konkreten Gründen keine geeignete Unterkunft zur Verfügung stehen solle.
5.2. Wenn es auch zutrifft, daß die Begründung der bekämpften Entscheidung den an eine ausreichende Bescheidbegründung zu stellenden Anforderungen - die belangte Behörde hatte zwar im vorliegenden Fall nicht das AVG, wohl aber die in diesem Gesetz niedergelegten Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens anzuwenden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. April 1988, Zl. 88/01/0023), wozu auch die Begründungspflicht für Bescheide zu zählen ist (vgl. das hg.Erkenntnis vom 3. März 1951, Slg. Nr. 1977/A) - nicht genügt, so ist damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Denn auch bei hinreichender Beachtung der Begründungspflicht wäre die belangte Behörde zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt.
Die belangte Behörde hat, ohne daß ihr, wie dargetan, der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß gegen den Grundsatz des Parteiengehörs unterlaufen ist, als erwiesen angenommen, daß dem Beschwerdeführer bei seinen Familienangehörigen keine geeignete Unterkunft zur Verfügung stehe. Sie hat damit - dem Verfahrensverlauf entsprechend - ihrer Entscheidung, freilich ohne die gebotenen diesbezüglichen Feststellungen, aber doch erkennbar, in sachverhaltsmäßiger Hinsicht jedenfalls auch die vom Beschwerdeführer selbst bekanntgegebene Tatsache zugrunde gelegt, daß er in der Wohnung des B , eines "Angehörigen der Familie", in X, G-Straße, Unterkunft zu nehmen beabsichtige. Diese Wohnung weist laut der vorerwähnten Erklärung des Unterkunftgebers Z AG (vom 29.Jänner 1991) eine Nutzfläche von 71,80 m2 auf und bot zum damaligen Zeitpunkt bereits drei Erwachsenen und zwei Kindern Unterkunft. Nach dem Zuzug des Beschwerdeführers und seiner Mutter wäre diese Wohnung somit von sieben Personen bewohnt gewesen. Der Gerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß solcherart unter Zugrundelegung der hiefür maßgeblichen "örtlichen Verhältnisse" (vgl. auch das Schreiben der belangten Behörde an den Beschwerdeführer vom 15. Jänner 1991) für den Beschwerdeführer "bei seinen Familienangehörigen keine geeignete Unterkunft zur Verfügung steht". Im übrigen kommt es nicht darauf an, daß der Beschwerdeführer seine Absicht bekundet, in der Wohnung eines "Angehörigen der Familie" Unterkunft zu nehmen; es wäre vielmehr der Nachweis erforderlich, daß dieser "Angehörige" tatsächlich bereit ist, diese Unterkunft auf die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes zu gewähren. Ein solcher Nachweis liegt nach Ausweis der Akten nicht vor.
Die vorstehenden Erwägungen zeigen, daß die belangte Behörde, obgleich sie ihrer Begründungspflicht nicht voll entsprochen hat, im Ergebnis zutreffend das Fehlen einer geeigneten Unterkunft für den Beschwerdeführer als maßgeblichen Sachverhalt angenommen hat.
6. Da dieser Sachverhalt, wie oben II.3.2. ausgeführt, von der belangten Behörde in rechtlich einwandfreier Weise dem § 25 Abs. 3 lit. e PaßG 1969 subsumiert wurde, liegt die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vor. Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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