Normen
AVG §56;
BDG 1979 §44;
BDG 1979 §50 Abs3;
B-VG Art7 Abs1;
B-VG Art87 Abs2;
B-VG Art94;
DVG 1984 §1;
EMRK Art4 Abs2;
RDG §57;
RDG §68;
RDG §77 Abs6;
RDG §77;
VwRallg;
AVG §56;
BDG 1979 §44;
BDG 1979 §50 Abs3;
B-VG Art7 Abs1;
B-VG Art87 Abs2;
B-VG Art94;
DVG 1984 §1;
EMRK Art4 Abs2;
RDG §57;
RDG §68;
RDG §77 Abs6;
RDG §77;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Richterin des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit Antrag vom 9. August 1990, gerichtet an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, begehrte die Beschwerdeführerin die Erlassung folgenden Bescheides:
"Es wird festgestellt, daß es nicht zu den Dienstpflichten der Antragstellerin "..." gehört, 'forced or compulsory labours' im Sinne des Art. 4 Abs. 2 EMRK dadurch zu leisten, daß sie ohne besondere, den Zeiten und der Art dieser Tätigkeiten und ihren Gesamtbezügen entsprechende Entlohnung
für einen Richter, der als Organ der Gesetzgebung außer Dienst gestellt ist;
für einen Richter, der ordentlichen oder außerordentlichen
Präsenzdienst nach dem Wehrgesetz leistet;
für einen Richter, der Zivildienst leistet;
für einen Richter, der gemäß § 77 Abs. 5 RDG einer anderen Dienststelle mit seiner Zustimmung zugeteilt wird;
für einen Richter, der mit seiner Zustimmung gemäß § 78 RDG zu einem Bundesministerium oder einem einem Bundesministerium angegliederten Amt zugeteilt wird;
für Richterinnen, die sich im Mutterschutz nach dem Mutterschutzgesetz befinden;
für Richter(innen), die sich im Karenzurlaub nach dem Mutterschutzgesetz befinden;
für einen Richter, dem ein Sonderurlaub gewährt wird;
für einen Richter, dem ein Karenzurlaub nach § 75 RDG gewährt wird;
für einen Richter, der vom Dienst suspendiert wird,
neben der Tätigkeit für die der Antragstellerin zugewiesene Gerichtsabteilung Vertretungstätigkeiten leistet; oder daß sie für sie aus der Nichtbesetzung einer Richterplanstelle sich ergebende Mehrleistungen ohne besondere Entlohnung herangezogen wird.
Solche Tätigkeiten sind durch das Gehalt (den Bezug) und die Dienstzulage nicht entlohnt."
Zur Begründung des Feststellungsinteresses brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, durch Unterlassungen der Justizverwaltung sei sie gezwungen worden, Tätigkeiten zu verrichten, die von anderen hiefür zu bestellenden Personen hätten verrichtet werden sollen. Die Verweigerung dieser Tätigkeiten hätte sie der Gefahr einer Disziplinarstrafe ausgesetzt. Eine Entlohnung dieser Tätigkeiten sei gesetzlich nicht vorgesehen. Da die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses habe tätig werden müssen und ihre Entlohnung der rechtlichen Determinierung bedürfe, habe ihre Tätigkeit bisher unentlohnt bleiben müssen. Die Verpflichtung zu derartigen Tätigkeiten falle unter die Bestimmung des Art. 4 Abs. 2 EMRK. Auf Grund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes Slg. 8.976/1980 habe die Beschwerdeführerin ein begründetes Interesse an der beantragten Feststellung durch einen Dienstrechtsbescheid. Die der Beschwerdeführerin auferlegten Tätigkeiten zählten zu jenen, für die andere Personen als Vertreter zu bestellen seien. Die Beschwerdeführerin müsse jederzeit damit rechnen, daß ihr die Verrichtung einer dieser Tätigkeiten ohne Entlohnung wieder verpflichtend auferlegt werde. Sie habe daher ein begründetes Interesse an der begehrten Feststellung, die jene Fälle betreffe, für die aus dem Gesetz erkennbar sei, daß für eine andere Vertretung vorzusorgen sei. Nach Art. 26 EMRK könne sich die Beschwerdeführerin erst nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtszuges an die EMRK-Kommission wenden.
Sachverhaltsmäßig bringt die Beschwerdeführerin vor, der Leiter der Abteilung 21 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien sei seit 5. Mai 1989 wegen Suspendierung an der Ausübung der Gerichtsbarkeit verhindert, ohne daß die Dauer der Verhinderung absehbar sei. Die Vertretungstätigkeit habe die Richter dieses Gerichtes zu gleichen Teilen getroffen. Schließlich habe der Personalsenat die Geschäfte der Rechtsprechung dieser Abteilung gleichmäßig auf die Richter der anderen Abteilungen aufgeteilt. Von September 1989 an sei die Leiterin der Abteilung 14 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien wegen des gesetzlichen Mutterschutzes an der Ausübung der Gerichtsbarkeit verhindert. Erst im Jänner 1990 sei für die Geschäfte dieser Gerichtsabteilung eine Vertretung gemäß § 77 Abs. 6 RDG ernannt worden. Der Personalsenat habe die Geschäfte dieser Abteilung teils auf die anderen Gerichtsabteilungen aufgeteilt, teils periodisch den übrigen Richtern zugewiesen. Diese Mehrarbeit sei der Beschwerdeführerin durch die Dienstzulage nicht abgegolten, weil diese nur für die notwendige Mehrarbeit für die ihr ständig zugewiesene Gerichtsabteilung und für jene Vertretungstätigkeiten gebühre, die im Rahmen der ständigen Vertretungsregelung der Geschäftsverteilung zu verrichten seien. Der Anteil der Geschäfte der Abteilungen 21 und 14, welche der Beschwerdeführerin zur Erledigung zugewiesen worden seien, sei von ihr ebenso wie die Geschäfte ihrer Abteilung unter ihrer vollen Verantwortlichkeit während der laufenden Geschäftsjahre zu behandeln.
Rechtlich folgert die Beschwerdeführerin aus Art. 87 Abs. 3 B-VG und § 68 RDG, das zuletzt genannte Gesetz verstoße wegen Unbestimmtheit gegen das Legalitätsprinzip (Art. 18 B-VG) und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 Abs. 1 B-VG). Der Ausschluß einer Leistungsobergrenze für die Grundlage einer pauschaliert entlohnten Tätigkeit entspreche nicht dem Erfordernis sachlich gerechtfertigter Differenzierung. Das Gesetz sei auch aus der Sicht des Art. 4 Abs. 2 EMRK bedenklich, weil unentgeltliche Mehrleistungen durch die Sanktion der Disziplinarstrafe erzwungen würden. Für die im Antrag genannten Tätigkeiten wäre ein Vertreter nach § 77 Abs. 6 RDG zu ernennen gewesen. Die Obergrenze der für die anfallenden Geschäfte der Gerichtsabteilung erforderlichen Tätigkeit wäre durch die pflichtgemäße Ausstattung der Gerichte mit den für die in angemessener Zeit (Art. 6 Abs. 1 EMRK) zu vollziehenden Geschäfte notwendigen Richterplanstellen gezogen. Die im Antrag genannten Vertretungsleistungen stellten Mehrleistungen dar, die zusätzlich zu den Geschäften der vom Personalsenat ständig zugewiesenen Gerichtsabteilung und den ordentlichen Vertretungen jedenfalls auch von der Beschwerdeführerin zu erledigen seien. Es dürfe nicht dem Ermessen der Justizverwaltung überlassen bleiben, wo auftretende Verhinderungen durch Einsatz von Vertretungsrichtern und wo diese durch Vertretungsregelungen der Personalsenate ersetzt würden. Dies widerspreche der Regelung nach § 77 Abs. 6 RDG, wonach der Personalsenat des Oberlandesgerichtes bestimmen könne, daß ein Richter, der bei einem Gerichtshof erster Instanz auf eine für Vertretungen gebundene Planstelle ernannt worden sei, nach Beendigung des Vertretungsfalles solange bei anderen Gerichten zu verwenden sei, bis die nächste gleichwertige Planstelle beim Gerichtshof des Vertretungsrichters frei werde. Diese Deutung widerspreche auch dem Unabhängigkeitsgrundsatz. Als derartige "Verhinderungsfälle, die nicht durch die interne Geschäftsverteilungsvertretungsregelung erfaßt" seien, müßten jene angesehen werden, die nicht der Belastungsrechnung für die Planstelle zugrunde lägen, wie die regelmäßigen Vertretungen für gesetzliche Urlaube, kurzfristige Krankenstände und kurzfristige Verhinderungsfälle des täglichen Lebens. Für die im Antrag genannten Vertretungsfälle sei im Sinne des Gesetzes ein Vertretungsrichter nach § 77 Abs. 6 RDG zu ernennen. Die verpflichtende unentgeltliche Vertretungstätigkeit von Richtern nach der internen Vertretungsregelung in solchen Fällen widerspreche Art. 4 Abs. 2 EMRK. Die Beschwerdeführerin sei in dem durch diese Bestimmung verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden. Durch die Unterlassung des Einsatzes von Vertretungsrichtern komme es jedenfalls zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer, die eine Erledigung in "angemessener Frist" im Sinne des Art. 6 Abs. 3 EMRK nicht ermögliche. Auch daraus ergäbe sich ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 EMRK.
Mit Bescheid vom 27. August 1990 wies der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien den Antrag der Beschwerdeführerin und weiterer Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes ab.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführerin und andere Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes Berufungen an die belangte Behörde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde unter anderem der Berufung der Beschwerdeführerin "teilweise" Folge und hob den erstinstanzlichen Bescheid auf (Punkt 1). Mit Punkt 2 des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde unter anderem den Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin ab. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, beim Arbeits- und Sozialgericht Wien seien 1989 25 Planstellen systematisiert und besetzt gewesen. Seit 2. Mai 1989 sei der Präsident dieses Gerichtes suspendiert; zwischen 2. Oktober 1989 und 18. Jänner 1991 habe die Richterin des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien Dr. V infolge Mutterschutzfrist und eines Karenzjahres keinen Dienst geleistet. Mit 1. Jänner 1990 sei für sie eine nach Maßgabe des § 77 Abs. 6 RDG für Vertretungen gebundene weitere Richterplanstelle beim Arbeits- und Sozialgericht systemisiert und mit Dr. B besetzt. Seit 2. Mai 1989 und zwischen 2. Oktober und 31. Dezember 1989 hätten die Richter dieses Gerichtes nach der vom Personalsenat ihres Gerichtes beschlossenen Vertretungsregelung den Präsidenten und die Richterin Dr. V in Rechtsprechungsagenden zu vertreten gehabt. Seit der Rückkehr der Richterin Dr. V sei auch der Präsident "kopfzahlenmäßig" (durch Dr. B, die weiterhin dort Dienst versehe) ersetzt.
Zu den Berufungen der Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien wird ausgeführt, sie seien rechtzeitig eingebracht worden.
Gemäß § 2 Abs. 2 DVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV 1981 sei die Feststellung, ob die Befolgung eines BESTIMMTEN DIENSTAUFTRAGES zu den Dienstpflichten zähle, auf die nachgeordneten Dienstbehörden übertragen, sofern der Dienstauftrag nicht von der obersten Behörde oder auf deren Weisung erteilt worden sei. Mit den vorliegenden Feststellungsanträgen werde auf keinen bestimmten Dienstauftrag Bezug genommen, sodaß die genannte Zuständigkeitsnorm nicht zum Tragen komme; es sei sohin gemäß § 2 Abs. 2 DVG die belangte Behörde als oberste Dienstbehörde zur Entscheidung über die Feststellungsanträge zuständig. Wegen der rechtswidrigen Inanspruchnahme der Zuständigkeit durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien seien die bekämpften Bescheide entsprechend dem primären Begehren der Berufung aufzuheben.
Nach den Anträgen in der Berufung und den zugrunde liegenden Eingaben sei das Begehren der Antragsteller darauf gerichtet, bescheidmäßig festzustellen, daß es nicht zu ihren Dienstpflichten gehöre, eine als Zwangsarbeit qualifizierte VERTRETUNGSTÄTIGKEIT OHNE ZUSÄTZLICHES ENTGELT zu leisten, weil solche Tätigkeiten durch Gehalt und Dienstzulage nicht abgegolten würden. Verwaltungsbehörden seien berechtigt, nicht nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit von Amts wegen Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlaß hiezu gegeben sei und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmten, sondern auch auf Antrag einer Partei, die die bescheidmäßige Feststellung strittiger Fragen begehre, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung sei und insofern im Interesse der Partei liege (Hinweis auf Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1984, Zl. 83/12/0057). Für die Beschwerdeführerin bestehe kein echter Vertretungsfall beim Arbeits- und Sozialgericht Wien. Die Beschwerdeführerin zähle in ihrem Feststellungsantrag alle in Betracht kommenden Verhinderungsfälle von Richtern
- ausgenommen Urlaub und Erkrankung - auf. Ihrem Begehren, festzustellen, daß Vertretungstätigkeiten ohne Entgelt in diesen von ihr ABSTRAKT genannten Vertretungsfällen nicht zu ihren Dienstpflichten gehörten, liege kein begründetes Feststellungsinteresse zugrunde. Soweit in dem früheren Vorliegen von Vertretungsfällen bei ihrem Gericht ein ein rechtliches Interesse begründender Umstand erblickt werden könne, bestehe kein Zweifel, daß es zu den Dienstpflichten der Beschwerdeführerin gehöre, einen suspendierten oder karenzierten Richter entsprechend den vom Personalsenat ihres Gerichtshofes gemäß § 25 Abs. 1 GOG beschlossenen Regelungen zu vertreten. Die genannten Vertretungstätigkeiten würden durch § 68 RDG, wonach alle mengenmäßigen und zeitlichen Mehrleistungen der Richter durch die Dienstzulage abgegolten werden, entlohnt. Es könne daneben keine Überstundenvergütung nach § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 und keine Mehrleistungszulage nach § 18 dieses Gesetzes gebühren. Die Beschwerdeführerin habe anerkannt, daß es keine abgesonderte Entlohnung dieser Vertretungstätigkeiten nach dem Gesetz gebe. Eine Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 68 RDG, die darin gipfelten, daß Vertretungstätigkeit (ohne besonderes Entgelt) als Zwangsarbeit im Sinne des Art. 4 Abs. 2 EMRK angesehen würde, könne in der Entscheidung der belangten Behörde nicht erfolgen, weil sie als Verwaltungsbehörde gehörig kundgemachte Gesetze anzuwenden habe. Die belangte Behörde teile diese Bedenken auch nicht, dem Feststellungsantrag habe daher nicht entsprochen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht auf die beantragte Feststellung sowie in Verfahrensrechten für verletzt und beantragt Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
1. Zur Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde
Nach § 2 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29, sind die Dienststellen bei den obersten Verwaltungsorganen als oberste Dienstbehörden in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist und die Dienststelle nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der zu übertragenden Aufgaben geeignet ist. Im Fall einer solchen Übertragung ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 9 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 - DVV 1981, BGBl. Nr. 162, wird die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörden gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz des Dienstrechtsverfahrensgesetzes für Beamte, die nicht der obersten Dienstbehörde angehören, auf die im § 2 genannten nachgeordneten Dienstbehörden für die Feststellung, ob die Befolgung eines bestimmten Dienstauftrages zu den Dienstpflichten zählt, übertragen, sofern der Dienstauftrag nicht von der obersten Dienstbehörde oder auf deren Weisung erteilt worden ist.
Die von der Beschwerdeführerin (und anderen Richtern des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien) beantragte Feststellung betrifft nicht die Befolgung eines bestimmten Dienstauftrages. Sie hat vielmehr die Ausübung von Tätigkeiten, die der Beschwerdeführerin auf Grund der Gesetze und durch den Personalsenat der Gerichtsabteilung, zu deren Leiterin die Beschwerdeführerin bestellt ist, übertragen sind, zum Gegenstand. Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über den Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin ausschließlich zuständig. Der Ausspruch in Punkt 1 des angefochtenen Bescheides ist daher ohne Rechtsirrtum ergangen.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, in ihrem Fall sei jedenfalls ein konkreter Dienstauftrag zur Vertretung eines suspendierten Richters ergangen, so hat sie einen bestimmten Dienstauftrag der Justizverwaltungsbehörde weder in ihrem Antrag noch in der Beschwerdeschrift genannt. Für einen solchen Dienstauftrag ergibt sich auch aus den Akten des Verwaltungsverfahrens kein Anhaltspunkt. Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über den Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin in erster Instanz zuständig.
2. Zur Frage des Feststellungsinteresses
Die Verwaltungsbehörden sind berechtigt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn diese entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegen und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Ein solches Interesse besteht dann nicht, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens, zu dem auch ein Disziplinarverfahren gehört, oder eines gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden ist. Im übrigen ist ein rechtliches Interesse der Partei nur dann zu bejahen, wenn der Feststellungsantrag im konkreten Fall als geeignetes Mittel zur Beseitigung der Rechtsgefährdung angesehen werden kann. Aus diesem Gesichtspunkt ergibt sich auch die Notwendigkeit, das Element der Klarstellung für die Zukunft als Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides anzuerkennen, weil der Feststellungsbescheid zur Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung Rechte oder Rechtsverhältnisse klarstellen soll. Nur dort, wo eine Klarstellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses eine Rechtsgefährdung des Antragstellers beseitigen kann, kommt der Klarstellung für die Zukunft rechtliche Bedeutung zu (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1978, Zl. 65/78, Slg. N.F,. Nr. 9.662/A, und vom 19. März 1990, Zl. 88/12/0103).
Wendet man diese Grundsätze auf den Beschwerdefall an, so ergibt sich daraus, daß ein Feststellungsanspruch der Beschwerdeführerin von vornherein nur für jene Tätigkeiten in Frage kommen könnte, die ihr durch die Vertretung des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien infolge der Geschäftsverteilung dieses Gerichtes durch dessen Suspendierung zusätzlich übertragen worden sind. Hinsichtlich der Vertretung einer Richterin dieses Gerichtes infolge Mutterschutzfrist und Mutterschafts-Karenzurlaub, die nur in anderen ähnlich gelagerten Fällen von Bedeutung sein kann, gesteht die Beschwerdeführerin ausdrücklich zu, daß sie diese Richterin auf Grund der Geschäftsverteilung nicht zu vertreten hatte und daher durch ihre Abwesenheit nicht mit Mehrarbeit belastet war.
Nur in diesem Umfang könnte ein Feststellungsbescheid, wie die belangte Behörde zutreffend ausgesprochen hat, überhaupt in Frage kommen, weil, wie der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung ausdrücklich erkannt hat, ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse allein die Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides nicht rechtfertigen kann.
Soweit die Beschwerdeführerin aber nach dem Gesetz und der auf Grund des Gesetzes durch den zuständigen Personalsenat ergangenen Geschäftsverteilung zur Ausübung der Rechtsprechung in bestimmten Angelegenheiten als Vertreterin des verhinderten Richters berufen worden ist, liegt darin kein Dienstauftrag, der Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein kann.
Wie bereits zur Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde ausgeführt, ist auch hinsichtlich dieser Vertretungstätigkeit der Beschwerdeführerin ein bestimmter Dienstauftrag zur Besorgung der Vertretung der dem Präsidenten des Gerichtes zustehenden gerichtlichen Geschäfte an die Beschwerdeführerin nicht ergangen, die diesbezüglich nur auf ihre Vertretung nach der Geschäftsverteilung verweist. Gemäß Art. 87 Abs. 2 B-VG befindet sich ein Richter bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte in Ausübung seines richterlichen Amtes - mit Ausschluß der Justizverwaltungssachen, die nicht nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind.
Nach Abs. 3 desselben Artikels sind Geschäfte unter die Richter eines Gerichtes für die in der Gerichtsverfassung bestimmte Zeit im voraus zu verteilen. Eine nach dieser Einteilung einem Richter zufallende Sache darf ihm durch Verfügung der Justizverwaltung nur im Fall seiner Behinderung abgenommen werden.
Die auf Grund dieser Verfassungsnormen eingerichteten Personalsenate sind nach dem Gesetz zur Verteilung der gerichtlichen Geschäfte innerhalb eines Gerichtshofes berufen. Diese Aufgabe der Justizverwaltung wird jedoch von den Mitgliedern des Personalsenates gemäß Art. 87 Abs. 2 B-VG in Ausübung ihres richterlichen Amtes vorgenommen, sodaß der Personalsenat als Gericht zu qualifizieren ist. Daraus allein folgt schon, daß es sich bei der Geschäftsverteilung, auf deren Grundlage der Beschwerdeführerin unter anderem auch eine Vertretungstätigkeit übertragen worden ist, um einen Akt der Gerichtsbarkeit handelt, der nicht der Kontrolle der Verwaltung und damit auch des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen (Art. 94 B-VG) zwingend.
Daraus folgt aber weiter, daß eine Prüfung der Zulässigkeit einer durch den gerichtlichen Personalsenat beschlossenen Geschäftsverteilung - auch in Fragen der Vertretung verhinderter Richter - nicht Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein darf.
Die Abweisung des Feststellungsantrages der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde erweist sich schon aus diesem Grund als im Ergebnis berechtigt.
3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des Inhaltes
Die Beschwerdeführerin macht in der Rechtsrüge in erster Linie geltend, aus verfassungsrechtlicher Sicht sei es unzulässig, einem Richter die unentgeltliche Erbringung von quantitativen und zeitlichen Mehrleistungen in gesetzlich unbegrenztem Ausmaß zu übertragen. Sie stützt diese Ausführungen im wesentlichen auf den Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 B-VG) und auf das Verbot der Zwangsarbeit (Art. 4 Abs. 2 EMRK). Aus diesem Gesichtspunkt wird die Bestimmung des § 68 RDG als verfassungswidrig angesehen. Danach gebührt den Richtern eine ruhegenußfähige Dienstzulage, mit der alle mengenmäßigen und zeitlichen Mehrleistungen abgegolten werden. Die diesbezüglichen Ausführungen sind für das gegenständliche Verfahren über den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht rechtlich relevant.
Soweit der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin darauf abzielt, festzustellen, daß die UNENTGELTLICHE Vertretung in bestimmten Fällen nicht zu ihren Dienstpflichten zähle, ist ihr entgegenzuhalten, daß der gegenständliche Feststellungsantrag nicht das geeignete Mittel zur Rechtsdurchsetzung darstellt, da die Frage der Entgeltlichkeit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Vertretungsleistungen vor dem Hintergrund der oben dargestellten Subsidiarität von Feststellungsanträgen nicht Gegenstand eines Antrages auf Feststellung von Dienstpflichten sein kann.
Da, wie bereits zu 2. ausgeführt, die Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides unzulässig war, hat der Verwaltungsgerichtshof die zitierte einfachgesetzliche Bestimmung nicht anzuwenden, sodaß auch der Anregung der Beschwerdeführerin auf Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit nicht gefolgt werden kann.
Auch aus der Bestimmung des § 77 Abs. 6 RDG ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Nach dieser Norm kann der Personalsenat des Oberlandesgerichtes bestimmen, daß ein Richter, der bei einem Gerichtshof erster Instanz auf eine für Vertretungen gebundene Planstelle ernannt worden ist, nach Beendigung des Vertretungsfalles solange bei anderen Gerichten des Oberlandesgerichtssprengels als Vertretungsrichter zu verwenden ist, bis die nächste gleichwertige Planstelle beim Gerichtshof des Vertretungsrichters frei wird.
Bei dieser Entscheidung des Personalsenates handelt es sich gleichfalls um einen unüberprüfbaren Akt der Gerichtsbarkeit, sodaß eine Überprüfung dieser Entscheidungstätigkeit im Verfahren über die Feststellung von Dienstpflichten ausgeschlossen ist.
4. Zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrens vorschriften.
Geht man von der dargestellten Rechtslage aus, so erweist sich, daß die behauptete Verletzung des Parteiengehörs und der amtswegigen Ermittlungspflicht für die Entscheidung in der Sache ohne Bedeutung ist. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin auch nicht ausgeführt, was sie bei der Parteieneinvernahme vorgebracht hätte, das zu einer anderen Beurteilung der Sache hätte führen können.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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