VwGH 91/10/0015

VwGH91/10/001523.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Christian J in P, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in K gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 8. August 1990, Zl. Ro-126/4/1990, betreffend Bewilligung nach dem Kärntner Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §54;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1982 §11 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1982 §11 Abs3;
GdPlanungsG Krnt 1982 §13 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §10 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs6;
NatSchG Krnt 1986 §8;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §54;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1982 §11 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1982 §11 Abs3;
GdPlanungsG Krnt 1982 §13 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §10 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §51 Abs6;
NatSchG Krnt 1986 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begehrte mit Antrag vom 16. Juni 1989 die nachträgliche naturschutzrechtliche Bewilligung für die von ihm auf dem Grundstück Nr. 186, KG. G, getroffenen Entwässerungsmaßnahmen. Diesem Antrag gab die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt nach Einholung des Gutachtens eines Amtssachverständigen für Naturschutz und Anhörung der zuständigen Gemeinde mit Bescheid vom 14. Dezember 1989 keine Folge. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 8. August 1990 abgewiesen. Nach Wiedergabe der §§ 8 und 10 Abs. 3 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986, führte die Behörde aus, Feuchtgebiete seien nicht nur Rückzugsgebiet zahlreicher seltener Tier- und Pflanzenarten, sie würden auch für den Wasserhaushalt und die Klimastabilisierung eine wichtige Rolle spielen. Daher habe sie der Gesetzgeber unter den Schutz des § 8 des Kärntner Naturschutzgesetzes gestellt. Eingriffe in derartige Feuchtgebiete könnten nur unter den im Gesetz ausdrücklich angeführten Voraussetzungen erlaubt werden. Diese lägen aber im vorliegenden Fall nicht vor. So sei weder davon auszugehen, daß durch die Maßnahme keine nachhaltige Beeinträchtigung eingetreten sei, noch sei ein öffentliches Interesse an der Maßnahme zu erkennen bzw. vom Berufungswerber belegt worden. Hinsichtlich ihrer Annahme einer nachhaltigen Beeinträchtigung schloß sich die Behörde dem Gutachten eines Amtssachverständigen für Naturschutz vom 17. Mai 1990 vollinhaltlich an. Danach handle es sich beim Grundstück Nr. 186 um eine als "Grünland-Landwirtschaft" gewidmete Fläche, welche die Fortsetzung der Schilffläche auf der im Westen angrenzenden Parzelle Nr. 231/1 bilde. Die den größten Teil dieser beiden Grundstücke einnehmende Schilffläche werde von allen Seiten durch intensiv bewirtschaftetes Ackerland umgeben. Die Feuchtfläche dürfte durch austretende Quellwässer an dem leicht nach Süden abfallenden Hang entstanden sein. Auf dem östlichen Teil der Schilffläche seien nunmehr mehrere Dränagegräben gezogen, mit Kunststoffdränrohren versehen und wieder zugeschüttet worden. Im Zuge dieser Arbeiten sei auch der östliche Teil des Grundstückes (Schilfläche mit Seggenunterwuchs) gepflügt worden. Ein Teil dieser Fläche habe im folgenden Jahr (1989) erneut Schilfbewuchs aufgewiesen. Nur der östlichste Bereich (rund 50 bis 100 m2) sei der Nutzung als Acker zugeführt worden. Das ursprüngliche Vorhandensein von Schilfbewuchs auf dieser Fläche habe auch noch im Frühjahr 1990 durch die großen Mengen an herausgepflügten Schilfwurzelsystemen nachgewiesen werden können. Es handle sich im vorliegenden Fall eindeutig um eine Schilffläche im Sinne des § 8 des Kärntner Naturschutzgesetzes, welche in Richtung Osten (soweit nicht umgepflügt) in eine Sumpffläche übergehe. Durch die Pflügung und die Dränagierung sei eine Austrocknung der Feuchtfläche eingeleitet worden. Deutlich werde dies insbesondere durch den auf den Abbildungen ersichtlichen, nunmehr schwächeren Schilfbewuchs. Auch wenn keine weiteren Maßnahmen im vorhandenen Schilfbewuchs gesetzt würden, sei durch den dauernden Wasserentzug eine Umwandlung der Feuchtgebietsvegetation (Schilf, Sauergräser) in trockenere Standorte bevorzugende Vergesellschaftungen (z.B. Verbuschung) zu erwarten. Der besonders gefährdeten feuchtigkeitsholden Fauna und Flora werde die Lebensgrundlage entzogen. Somit sei eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur gegeben. Die Umwandlung des Feuchtgebietes in einen trockeneren Standort und in weiterer Folge in eine intensiv bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzfläche bedeute eine weitere Verarmung des durch Hecken, Feuchtflächen und landwirtschaftliche Flächen gekennzeichneten Landschaftsraumes, wobei hier dem Element Feuchtfläche infolge seiner Seltenheit besonders hohe Wertigkeit zukomme. Infolge der sukzessiven Vernichtung der Schilffläche sei daher auch eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des Landschaftsraumes zu erwarten.

Der Verfassungsgerichtshof trat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 27. November 1990, B 1097/90, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem mit "Schutz der Feuchtgebiete" umschriebenen § 8 des Kärntner Naturschutzgesetzes ist in Moor- und Sumpfflächen, Schilf- und Röhrichtbeständen sowie in Au- und Bruchwäldern die Vornahme von Anschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und sonstigen den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen verboten. Gemäß § 10 Abs. 3 dieses Gesetzes dürfen Ausnahmen von den Verboten des § 8 bewilligt werden, wenn (lit. a) durch das Vorhaben weder das Landschaftsbild nachteilig beeinflußt würde noch das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde oder (lit. b) das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Feuchtgebietes vor störenden Eingriffen.

Zur Begründung der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, das Grundstück Nr. 186 sei laut rechtskräftigem Flächenwidmungsplan als "Grünland-Landwirtschaft", somit als landwirtschaftliche Nutzfläche gewidmet, und die betroffene Fläche sei an allen Seiten von intensiv bewirtschaftetem Ackerland umgeben. Eine im öffentlichen Interesse gelegene Nutzungsbeschränkung sei im Flächenwidmungsplan nicht ersichtlich gemacht. Der Beschwerdeführer sei aufgrund des rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes berechtigt, die betroffene Fläche "uneingeschränkt" zu landwirtschaftlichen Zwecken zu nutzen. Bei den Bestimmungen des Kärntner Naturschutzgesetzes und des Gemeindeplanungsgesetzes handle es sich um gleichwertige Normen, die einander nicht widersprechen dürften, und es stünden der Anwendung der Bestimmungen des Kärntner Naturschutzgesetzes im vorliegenden Fall jene des Gemeindeplanungsgesetzes entgegen.

Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Das Gemeindeplanungsgesetz 1982, LGBl. für Kärnten Nr. 51, regelt die Voraussetzungen, die Wirkungen und das Verfahren bei der Erlassung von Flächenwidmungsplänen (I. Abschnitt) und von Bebauungsplänen (II. Abschnitt). Gemäß § 11 Abs. 1 dieses Gesetzes besteht die Wirkung eines Flächenwidmungsplanes darin, daß in Landesgesetzen vorgesehene Bewilligungen für raumbeeinflussende Maßnahmen nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Entgegen dieser Bestimmung erlassene Bescheide sind nach Abs. 3 mit Nichtigkeit bedroht. Weiters darf der Bebauungsplan dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen (§ 13 Abs. 3). Die Funktion des Flächenwidmungsplanes besteht somit in der Determinierung von Verwaltungsakten hinsichtlich raumbeeinflussender Maßnahmen. Keineswegs wird durch das Gemeindeplanungsgesetz 1982 das vom Beschwerdeführer behauptete "uneingeschränkte" Recht auf Nutzung eines Grundstückes, sofern diese mit dem Flächenwidmungsplan im Einklang steht, begründet. Auch stehen die Bestimmungen dieses Gesetzes der Anwendbarkeit der Vorschriften des Kärntner Naturschutzgesetzes - einschließlich jener der hier angewendeten §§ 8 und 10 Abs. 3 - nicht entgegen. Der angefochtene Bescheid ist daher weder wegen der Anwendung dieser Bestimmungen auf den vorliegenden Fall noch wegen des behaupteten Eingriffes in das vermeintlich uneingeschränkte Nutzungsrecht des Beschwerdeführers mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Als Begründungsmangel rügt der Beschwerdeführer, daß sich die belangte Behörde mit der Stellungnahme des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft der Gemeinde Magdalensberg nicht befaßt, sondern sich mit der Wiedergabe der Äußerung des Amtssachverständigen, die im wesentlichen eine rechtliche Beurteilung enthalte, begnügt habe.

Auch dieses Vorbringen erweist sich als nicht berechtigt. Richtig ist, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides die (von der Erstbehörde gemäß § 53 Abs. 2 des Kärntner Naturschutzgesetzes eingeholte) Stellungnahme der Gemeinde Magdalensberg vom 24. August 1989 überhaupt nicht erwähnt wird. Dieser zufolge sei der Ausschuß der Gemeinde für Land- und Forstwirtschaft der Ansicht, "daß die durchgeführte Entwässerungsmaßnahme für die künftige landwirtschaftliche Bearbeitung dieses Grundstückes eine Verbesserung darstellt". Abgesehen davon, daß hier entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen von einer "Notwendigkeit" der Entwässerung nicht die Rede ist, ist nicht ersichtlich, daß es sich hiebei um einen wesentlichen Verfahrensmangel handelt - nur ein solcher könnte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen. Die Beschwerde enthält dazu keinerlei Ausführungen.

Entgegen der gleichfalls unbegründet gebliebenen Behauptung des Beschwerdeführers handelt es sich bei dem von der belangten Behörde herangezogenen Gutachten eines Amtssachverständigen vom 17. Mai 1990 um ein "Sachverständigengutachten im Sinne des § 52 AVG". Die gegenteilige Meinung des Beschwerdeführers vermag sich insbesondere nicht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Dezember 1951, Slg. Nr. 2358/A, zu stützen (auf dieses Erkenntnis hat sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung ausdrücklich berufen). Diesem Erkenntnis liegt nämlich ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zugrunde, bedurfte es damals doch gar keines Sachverständigengutachtens für die rechtliche Beurteilung und wurde dementsprechend auch kein Gutachten im Sinne des § 52 AVG eingeholt. Gegen das Gutachten vom 17. Mai 1990 bestehen im übrigen auch keine Bedenken: Es ist in den Befund und in das Gutachten im engeren Sinne gegliedert und enthält in Ansehung aller für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Fragen, soweit dafür Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Naturschutzes erforderlich sind, ausreichende und schlüssige Ausführungen. Es liegt auf der Hand, daß die Entwässerung eines Feuchtgebietes im Hinblick auf die entscheidende Bedeutung eines hohen Wassergehaltes im Boden für die Vegetation zwangsläufig das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum beeinträchtigt (siehe das einen gleichgelagerten Fall betreffende hg. Erkenntnis vom 24. September 1990, Zl. 90/10/0002).

Mit dem nicht näher begründeten Vorbringen, die belangte Behörde habe den von ihm beantragten Lokalaugenschein nicht vorgenommen, vermag der Beschwerdeführer deshalb keinen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil zum einen das Kärntner Naturschutzgesetz einen Lokalaugenschein nicht zwingend verlangt (siehe § 51 Abs. 6) und zum anderen nach Lage des Falles nicht ersichtlich ist, daß es eines solchen zur vollständigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes bedurft hätte.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als nicht begründet und ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nach dieser Verordnung für Schriftsatzaufwand und Vorlageaufwand insgesamt nur S 3.035,-- gebühren.

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