VwGH 90/04/0234

VwGH90/04/023429.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. August 1990, Zl. 93224/7-IX/3/90, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Dampfkesselverordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem Bescheid vom 1. August 1990 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wie folgt:

"Ihrem Antrag vom 29. Juni 1990, Zeichen A.B/ej/0822, eingebracht über den Technischen Überwachungs-Verein Wien, um Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Zulassung zur Benützung von Druckbehältern, die den Bestimmungen der Dampfkesselverordnung (DKV), BGBl. Nr. 510/1986 i.g.F., unterliegen, wird unter Vorschreibung von Auflagen stattgegeben.

Diese Ausnahmebewilligung erstreckt sich auf nachfolgende drei Druckbehältertypen gemäß der Zeichnungen

D 1990 5127 1/2 und 2/2

D 1990 5128 1/2 und 2/2

D 1990 5129 1/2 und 2/2

die einen Bestandteil dieses Bescheides bilden.

Diese Druckbehälter weisen gemäß dem Befund des Überwachungsorganes Abweichungen von den Bestimmungen des § 29 Abs. 1 DKV bzw. des Abschnittes IV A Anlage 1 der Werkstoff- und Bauvorschriften für die Herstellung von Dampfkesseln (WBV), BGBl. Nr. 264/1949 i.g.F. (Verwendung nicht zugelassener Gußeisensorte, lichter Durchmesser beträgt 533,4 mm), auf. Die Gewährung dieser Ausnahmebewilligung ist an folgende Auflagen gebunden:

.....

Den auszustellenden Druckbehälterbescheinigungen ist je eine Abschrift dieses Bescheides sowie der Befund über die geforderten Untersuchungen beizuschließen.

 

Dieser Bescheid ergeht auf Grund der Bestimmungen des § 37 Abs. 1 DKV im Zusammenhalt mit § 3 WBV."

Zur Begründung wurde ausgeführt, auf Grund der festgestellten Abweichungen von den Bestimmungen der Dampfkesselverordnung habe im Sinne dieser Bestimmungen unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Überwachungsorganes die Zulassung zur Benützung der Druckbehälter an die vorstehend angeführten Auflagen gebunden werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die Bestimmungen der Dampfkesselverordnung (DKV), BGBl. Nr. 510/1986, auf ihren Antrag vom 29. Juni 1990,

Zeichen A.B./ej/0822, eingebracht über den Technischen Überwachungsverein Wien, um Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Zulassung zur Benützung von Druckbehältern angewendet und ihr Auflagen erteilt worden seien. Hiezu wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes ausgeführt, Gegenstand der Beschwerde sei ein sogenannter Schraubverdichter Typ R 300, der in Kälteanlagen verwendet werde. An den Schraubverdichter werde ein Ölabscheider und ein Kühler angeflanscht. Das Gehäuse des Schraubenverdichters sei aus Grauguß gefertigt, der Ölabscheider bestehe aus Stahl. Diese drei Gebiete seien im angefochtenen Bescheid mit den dort angeführten Zahlen bezeichnet. Aus den beiliegenden, mit Figur 10 bezeichneten Konstruktionszeichnungen ergäben sich drei Elemente mit der Bezeichnung 1. Economizer Portion,

2. Compressor Portion und 3. Discharge Portion. Die beiden ersten Positionen bestünden aus Grauguß, die dritte mit dem angeschlossenen Oil Separator Tank bestehe aus Stahl. Wirtschaftlicher Anlaß der gegenständlichen Beschwerde sei ein Liefervertrag der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Unternehmen. Vor Akzeptanz dieses Liefervertrages habe die Beschwerdeführerin den Technischen Überwachungsverein in Wien ausführlich konsultiert und ein Vorgutachten eingeholt. Dieses Vorgutachten habe bestätigt, daß die sogenannte "Motorverdichtereinheit" - hier handle es sich ausschließlich um ein Maschinengehäuse - nach der herrschenden Praxsis gemäß Anlage 10 B der DKV nicht unter den Abschnitt III dieser Verordnung falle, da es sich um eine Maschine und nicht um Dampfkessel oder Dampfgefäße handle. Die Vorbegutachtung durch den Technischen Überwachungsverein Wien laute aber dahingehend, daß ausschließlich der an der Kältemaschine angeflanschte Ölabscheider unter die Druckbehälterbestimmungen fiele. Diese Spruchpraxis habe die Beschwerdeführerin akzeptiert und den angeflanschten Ölabscheider entsprechend den Bestimmungen der DKV neu konstruiert. Dies habe zur Bedeutung, daß auf die Verwendung des Materials Grauguß beim einzigen Anlageteil, auf den die DKV denkmöglich angewendet werden könne, verzichtet und der Ölabscheider zur Gänze in Stahl ausgeführt worden sei. Die hierauf erfolgte Überprüfung durch den Technischen Überwachungsverein habe den der Verordnung entsprechenden Zustand bestätigt. Der Ölabscheider sei abgenommen worden, eine Ausnahmegenehmigung sei nicht erforderlich. Für die Maschine in der Anlage, das seien die Positionen laut den vorbezeichneten Punkten 1. und 2., sei Grauguß als Gehäusematerial beibehalten worden. Die weiteren Beschwerdeausführungen enthalten Erörterungen über Bestimmungen der Dampfkesselverordnung im Zusammenhalt mit den im einzelnen bezeichneten Anlageteilen.

In ihrer Gegenschrift brachte die belangte Behörde u.a. vor, die Beschwerdeausführungen bezögen sich auf ein Kälteaggregat, das offenkundig anders beschaffen sei als der in dem bekämpften Bescheid spezifizierte dreiteilige Gehäusesatz. Während die ursprüngliche, bescheidgegenständliche Geräteausführung aus drei Gußgehäusen und einem Gußdeckel bestehe, werde in der Beschwerde eine Geräteausführung beschrieben, die aus zwei Gußgehäusen, einem Gußdeckel und einem geschweißten Stahlgehäuse bestehe. In den Ausführungen der Beschwerdeführerin werde zugestanden, daß der Ölabscheider im Geltungsbereich der DKV liege und daher eine Zulassung zur Benützung durch ein Dampfkesselüberwachungsorgan bedürfe. Da sich der angefochtene Bescheid auf eine reine Gußkonstruktion beziehe, bei der auch der Ölabscheider aus Grauguß gefertigt sei, habe die erteilte Ausnahmebewilligung im Sinn der Spruchpraxis zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit an die im Bescheid enthaltenen Auflagen genüpft werden müssen. Zu beachten sei, daß Kühler-, Kompressor- und Abscheidergehäuse miteinander kommunizierten, weil sie unabsperrbar miteinander zusammengeschlossen und daher demselben Innendruck ausgesetzt seien.

Gemäß der von der belangten Behörde im Spruch ihres Bescheides bezeichneten § 37 Abs. 1 Dampfkesselverordnung - DKV, BGBl. Nr. 510/1986, - enthalten im Abschnitt C. "Sonstige Bestimmungen" - können Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Abschnittes für einzelne Druckbehälter oder Druckbehältergattungen auf begründetes Ansuchen gewährt werden.

Der dem vorliegenden Verwaltungsverfahren zugrundeliegende, an die belangte Behörde adressierte Antrag vom 29. Juni 1990 lautet wie folgt:

"BETRIFFT: SCHRAUBENVERDICHTER TYP R 300

Sehr geehrte Herren

Oben angeführter Schraubenverdichter wird in Kälteanlagen

verwendet.

Der Schraubenverdichter bildet mit einem Ölabscheider und

einem Kühler eine Einheit.

Die Gehäuse sind aus Grauguß gefertigt.

Der Werkstoff darf entsprechend den österreichischen

Vorschriften für vorliegende Dicken und Durchmesser nicht

verwendet werden.

Wir ersuchen um Ausnahmegenehmigung.

....."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 85/09/0260, dargelegt hat, ist, wenn der Umfang des von einer Partei gestellten Antrages unklar ist, die Behörde verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung des nicht eindeutigen Umfanges seines Begehrens aufzufordern. Solange ein eindeutiger Antrag der Partei nicht vorliegt, ist die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes inhaltlich rechtswidrig.

Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies aber, daß aus dem dem Abspruch des angefochtenen Bescheides zugrundeliegenden Antrag der Beschwerdeführerin um Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht in eindeutiger Weise zu entnehmen ist, inwiefern sich dieser ausschließlich auf den im Betreff genannten Schraubenverdichter Typ R 300 oder auch auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bezeichneten weiteren Anlageteile bezieht.

Ausgehend davon wäre aber die belangte Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 AVG 1950 obliegenden Aufgaben verpflichtet gewesen, sich eindeutige Klarheit über den Inhalt des von der Beschwerdeführerin gestellten Ausnahmeansuchens zu verschaffen und nicht etwa unabhängig davon von einem ihrer Annahme nach durch die materiellen Erfordernisse der Dampfkesselverordnung bestimmten Antragsumfang auszugehen und darauf ihren Abspruch abzustellen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid - abgesehen von Fragen einer den Erfordernissen des § 60 AVG 1950 entsprechenden Bescheidbegründung - schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; dies im Hinblick auf den untrennbaren Bescheidabspruch unabhängig vom Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift, wonach sich das dargestellte Beschwerdevorbringen in Ansehung von Anlageteilen in Hinsicht auf deren Materialausführung nicht mit dem Genehmigungsansuchen decke.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren hierauf nicht Bezug habenden Beschwerdevorbringens bedurft hätte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenmehraufwand.

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