Normen
AVG §13;
AVG §56;
AVG §63 Abs3;
BAO §185;
BAO §198;
BAO §250 Abs1 litc;
BAO §250 Abs1;
BAO §85;
BAO §92;
LAO Wr 1962 §146;
LAO Wr 1962 §195 litc;
LAO Wr 1962 §195;
LAO Wr 1962 §59;
LAO Wr 1962 §66;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §1 Abs1 Z2;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §5 Abs2 Z4;
VwRallg;
AVG §13;
AVG §56;
AVG §63 Abs3;
BAO §185;
BAO §198;
BAO §250 Abs1 litc;
BAO §250 Abs1;
BAO §85;
BAO §92;
LAO Wr 1962 §146;
LAO Wr 1962 §195 litc;
LAO Wr 1962 §195;
LAO Wr 1962 §59;
LAO Wr 1962 §66;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §1 Abs1 Z2;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §5 Abs2 Z4;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 10. Februar 1989 schrieb der Magistrat der Stadt Wien, MA 4/7, der Beschwerdeführerin "gemäß §§ 1, 3, 5 Abs. 1 und 15 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes 1987 - VGSG, LGBl. für Wien Nr. 43/1987" für die von ihr in der Zeit vom
6. bis 11. Dezember 1988 in Wien XV, Vogelweidplatz 14, Wiener Stadthalle, durchgeführte Ausstellung "Gerhard Berger's PS-Party" eine Vergnügungssteuer von S 708.681,-- vor. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, die Veranstaltung habe die Präsentation von Sport- und Rennautos diverser Autohersteller zum Inhalt gehabt, wobei fallweise unterschiedliche Situationen bei Autorennen simuliert worden seien. Dies stelle einwandfrei den Steuertatbestand einer Ausstellung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 2 bzw. § 5 Abs. 1 VGSG dar, auf welchen die Befreiungsbestimmungen des § 5 Abs. 2 VGSG nicht zuträfen.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, tatsächlich handle es sich bei der genannten Ausstellung um eine Internationale Warenmesse im Sinne des VGSG. Die Gesamtfläche der Ausstellung betrage
4.940 m2. Auf einem Areal von 4.038 m2 seien Messestände aufgestellt gewesen, welche den in der anliegenden Liste angeführten fünfzig Unternehmen zum Anbieten ihrer Waren bzw. Dienstleistungen sowie zur Geschäftsanbahnung gedient hätten. Wie aus der Liste der Aussteller ersichtlich sei, handle es sich dabei um Anbieter bzw. Produkte des In- und Auslandes. Auch der potentielle Kundenkreis, der die Messe frequentiert habe, sei zum Teil aus dem Ausland gekommen. Daß im Rahmen dieser Messe auch Präsentationen von Sport- und Rennautos stattgefunden hätten und daß der bekannte Autorennfahrer Gerhard Berger sich für Podiumsdiskussionen zur Verfügung gestellt habe, könne dem Charakter einer Messe nicht abträglich sein. Es sei international üblich, solche Messen durch Darbietungen dieser und ähnlicher Art für die Kunden attraktiver zu gestalten. Auch die Tatsache, daß diese Veranstaltung nicht ausdrücklich als Messe oder ähnlich bezeichnet worden sei und den Namen "Gerhard Berger's PS-Party" getragen habe, könne nicht ausschlaggebend für die Qualifikation der Veranstaltung sein. Diese Bezeichnung sei deshalb gewählt worden, weil der Autorennfahrer Gerhard Berger zur Zeit sowohl national als auch international ein zugkräftiges Symbol für alles, was mit der Autobranche direkt oder indrekt in Verbindung stehe, darstelle. Die Beschwerdeführerin stelle den Antrag, es möge bescheidmäßig festgestellt werden, daß die genannte Veranstaltung eine Internationale Warenmesse dargestellt habe und somit gemäß § 5 Abs. 2 VGSG von der Vergnügungssteuer befreit gewesen sei. Weiters möge festgestellt werden, daß der Magistrat der Stadt Wien verpflichtet sei, die von der Beschwerdeführerin auf Grund einer unrichtigen Vorschreibung bezahlte Vergnügungssteuer von S 708.681,-- zu refundieren.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Nach Auffassung der belangten Behörde sei zur Beurteilung, ob eine Veranstaltung den Tatbestand "Internationale Warenmesse" erfülle, die herrschende Verkehrsanschauung maßgebend. Nach dieser sei eine Messe eine Veranstaltung mit Marktcharakter, die ein umfassendes Angebot mehrerer Wirtschaftszweige oder eines Wirtschaftszweiges biete, im allgemeinen im regelmäßigen Turnus oder mehrmals am gleichen Ort. Aus der Selbstdarstellung der Veranstaltung im offiziellen Ausstellungsprogramm gehe hervor, daß nicht der Marktcharakter, sondern das Interesse an Rennwagen oder deren Piloten im Vordergrund stehe. Nicht umsonst heiße es in der Überschrift:
"Die heißesten PS des Jahres und die Stars der Vollgasbranche präsentiert von Österreichs Formel-1-As".
Weiters zitierte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides die Ausführungen von Gerhard Berger im Programmheft wie folgt:
"Seit Jahren trage ich mich mit der Idee, eine eigene Auto-Show auf die Beine zu stellen, um meinen Fans die heißesten PS des Jahres und meine Freunde aus der Vollgasbranche vorzustellen. Gemeinsam mit meinem Freund Heinz Prüller habe ich die interessantesten Gefährte der Vollgasbranche zusammengestellt. Ich habe mich dabei nicht nur auf die Formel 1 beschränkt, sondern auch auf die besten Ralleyfahrzeuge, die interessantesten der Gruppe C, Offshore-Boote und Zukunftsvisionen wie das Solarmobil, das das Rennen quer durch Australien gewann, und die Konstruktion von Honda, die über 2000 km mit nur einem Liter Benzin zurücklegte. Ich hoffe, daß meine Show zu einem fixen Bestandteil des Wiener Veranstaltungskalenders wird ..."
Weiters übernahm die belangte Behörde in die Begründung des angefochtenen Bescheides die teilweise Ablichtung des Ausstellerverzeichnisses aus dem in den Akten erliegenden Programmheft, dessen Überschrift im Original wie folgt lautet:
"Die hier angeführten Nummern zeigen den Standort der Ausstellungsflächen auf dem Ausstellungsplan auf Seite 134."
Somit sei - so führte die belangte Behörde abschließend aus - der Befreiungstatbestand "Internationale Warenmessen" nicht gegeben. Gegen die ziffernmäßige Richtigkeit der Steuerbemessung habe die Beschwerdeführerin keinen Einwand erhoben, beruhe sie doch auf der von ihr selbst angeführten Bemessungsgrundlage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Vergnügungssteuerbefreiung für die genannte Veranstaltung verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Die Beschwerdeführerin replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, daß die belangte Behörde den oben an erster Stelle wiedergegebenen Antrag in der Berufungsschrift vom 6. März 1989 in sinnvoller Weise umdeutete. Der Berufungsantrag muß gemäß § 195 lit. c WAO unter anderem die Erklärung enthalten, welche Änderungen beantragt werden; d.h. sie muß einen bestimmten ODER BESTIMMBAREN Inhalt haben, wobei sich die Bestimmbarkeit aus der Berufung ergeben muß (vgl. hiezu das zur gleichartigen Vorschrift des § 250 Abs. 1 lit. c BAO ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1990, Zl. 89/14/0255). Im übrigen gilt auch hier der Grundsatz, wonach es bei Beurteilung von Anbringen, so auch von Berufungen, nicht auf die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes ankommt (vgl. hiezu Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch, S. 618, und das Erkenntnis vom 18. Oktober 1984, Zl. 83/16/0161).
Nach Lehre und Rechtsprechung kann mangels besonderer gesetzlicher Anordnung eines Feststellungsbescheides ein solcher nur über Rechte oder Rechtsverhältnisse ergehen, wenn dies von einer Partei beantragt wird, diese ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat, es sich um ein notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handelt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt; dies jeweils unter der weiteren Voraussetzung, daß die maßgeblichen Rechtsvorschriften eine Feststellung dieser Art nicht ausschließen (vgl. das Erkenntnis vom 18. April 1986, Zl. 86/17/0069). Ist die Erlassung eines Abgabenbescheides möglich, so ist die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides zufolge des Grundsatzes der Subsidiarität von Feststellungsbegehren und von Feststellungsbescheiden überhaupt zu verneinen (Erkenntnis vom 24. Juni 1988, Zl. 85/17/0050). Zutreffenderweise hat daher die belangte Behörde den in der Berufung enthaltenen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides in einen solchen auf inhaltliche Abänderung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides umgedeutet. Über den dort gleichfalls enthaltenen Rückerstattungsantrag wird die Abgabenbehörde erster Instanz zu entscheiden haben.
In der Sache selbst ist von folgender Rechtslage auszugehen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 VGSG unterliegen unter anderem folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:
2. Ausstellungen (§ 5);
...
Gemäß § 5 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. sind von der Steuer unter anderem Internationale Warenmessen befreit.
Im Beschwerdefall ist lediglich strittig, ob die gegenständliche Veranstaltung als "Internationale Warenmesse" anzusehen ist oder nicht. Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß nach der Verkehrsanschauung eine Messe eine Veranstaltung mit Marktcharakter darstellt, die ein umfassendes Angebot mehrerer Wirtschaftszweige oder eines Wirtschaftszweiges bietet (vgl. außer dem von der belangten Behörde zitierten Dr. Gablers Wirtschafts-Lexikon9 II, S. 311, auch Handwörterbuch der Betriebswirtschaft3, Stuttgart 1960,
III S. 3950, und Brockhaus Enzyklopädie17, Wiesbaden 1971, XII
S. 444). Zu ergänzen ist als wesentliches Begriffsmerkmal einer Messe, daß dort auf Grund der ausgestellten Muster für den Wiederverkauf oder für gewerbliche Verwendung verkauft wird. Ausstellungen unterscheiden sich von Messen danach vor allem darin, daß ihnen der Marktcharakter, die Konzentrierung von Angebot und Nachfrage, verbunden mit Verkaufsverhandlungen, fehlt und daß sie vorwiegend unterrichtenden und werbenden Zwecken dienen. Von Mischformen zwischen Messen und Ausstellungen kann dort gesprochen werden, wo aus Gründen der Werbung neben den Kaufinteressenten auch Schaupublikum zugelassen wird (vgl. Handwörterbuch der Betriebswirtschaft a. a.O). Ausstellungen sind ihrem Wesen nach Veranstaltungen, auf denen wirtschaftliche, technische oder künstlerische Erzeugnisse und Leistungen zur Schau gestellt werden. Sie dienen vor allem der Aufklärung und Belehrung, der Repräsentation, dem Wettbewerb, der Bekanntmachung und Werbung (Handwörterbuch der Betriebswirtschaft I S. 366; Dr. Gablers Wirtschafts-Lexikon I S. 447).
Nach diesen Kriterien war auch im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die gegenständliche Veranstaltung als Messe (Internationale Warenmesse im Sinne des Gesetzes) oder als Ausstellung, für die diese Kriterien nicht zutrafen, zu beurteilen war. Hiebei kam es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes beim Vorliegen einer gemischten Veranstaltung darauf an, ob die auf den einzelnen Ausstellungsständen vorgenommenen Präsentationen in ihrer Mehrzahl dem einen oder dem anderen Typus zuzurechnen waren. Nicht jedoch konnte es auf die im Programmheft abgedruckte Überschrift "Die heißesten PS des Jahres und die Stars der Vollgasbranche präsentiert von Österreichs Formel-I-As" oder auf das Vorwort des Helmut Berger ankommen. Zutreffend hat die Beschwerdeführerin nämlich bereits in der Berufung vorgebracht, der Umstand allein, daß im Rahmen der Veranstaltung auch Präsentationen von Sport- und Rennautos stattgefunden hätten, könne einen allenfalls gegebenen Messecharakter der Veranstaltung nicht in Frage stellen.
Nun hat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung weiters vorgebracht, auf einem Areal von 4.038 m2 (also von rund 80 % der Gesamtfläche) seien Messestände aufgestellt gewesen, welche den in der der Berufung angeschlossenen Liste angeführten fünfzig Unternehmen zum Anbieten ihrer Waren bzw. Dienstleistungen sowie zur Geschäftsanbahnung gedient hätten. Hiebei habe es sich um Anbieter bzw. Produkte des In- und Auslandes gehandelt. Die Beschwerdeführerin hat also konkrete, auf das Vorliegen einer Internationalen Warenmesse abzielende Behauptungen aufgestellt und die belangte Behörde durch die Vorlage der Ausstellerliste auch in die Lage versetzt, diese Behauptung entsprechend zu prüfen, wobei freilich festzuhalten ist, daß das ausschließliche Anbieten von DIENSTLEISTUNGEN (arg.: "WARENMESSEN") nicht zu berücksichtigen war. Demgegenüber hat sich die belangte Behörde damit begnügt, einen TEIL des im Programmheft vorhandenen Austellerverzeichnisses im Wege der Ablichtung in die Begründung ihres Bescheides zu übernehmen; sie hat nämlich übersehen, daß sich DIESES Ausstellerverzeichnis im Programmheft nach einer Seite, die eine Werbeeinschaltung enthält, nochmals im selben Umfang fortsetzt. Die belangte Behörde hat es auch unterlassen, dieses Ausstellerverzeichnis im einzelnen zu würdigen, Feststellungen über die Frage zu treffen, ob und welche dieser Aussteller Waren für Wiederverkäufer oder zur gewerblichen Weiterverwendung anboten und ob diese Anbieter zahlenmäßig andersgeartete Präsentationen überwogen oder nicht.
Die Berufungsbehauptungen, wonach ein Teil der Anbieter und der potentiellen Kunden aus dem Ausland kommen, wurden von der belangten Behörde nicht widerlegt; sie hat auch eine allenfalls mangelnde Internationalität der gegenständlichen Veranstaltung nicht zum Anlaß der Abweisung genommen. Ebensowenig hat sich die belangte Behörde etwa darauf berufen, daß das Merkmal der Regelmäßigkeit fehle, wobei zu bemerken bleibt, daß nach den oben zitierten Belegstellen (arg.: "im ALLGEMEINEN") dieses Merkmal nicht zwingend zu den Kriterien einer Messe gehört.
Da sohin der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des von der Beschwerdeführerin gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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