VwGH 88/06/0214

VwGH88/06/021424.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Würth, Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1) des JP und 2) der MP, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Oktober 1988, Zl. MD-4550/1988, betreffend die Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO Innsbruck 1896 §100;
BauO Innsbruck 1896 §16;
BauO Innsbruck 1896 §25;
BauO Tir 1978 §31 Abs1;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO Innsbruck 1896 §100;
BauO Innsbruck 1896 §16;
BauO Innsbruck 1896 §25;
BauO Tir 1978 §31 Abs1;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Miteigentümer der EZ nn KG H, welche unter anderem auch die Grundparzelle Nr. nm umfaßt.

Mit Eingabe vom 13. Mai 1986 stellten die Beschwerdeführer ein (modifiziertes) Bauansuchen betreffend einen Zubau mit 72,55 m3 Neubaumasse auf der Grundparzelle Nr. nm, K-straße. Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 13. April 1988 wurde dieses Ansuchen gemäß § 31 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung abgewiesen. Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde von der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck (belangte Behörde) mit Bescheid vom 7. Oktober 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen und die Entscheidung der Baubehörde erster Instanz unter Bedachtnahme auf § 31 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung vollinhaltlich bestätigt.

Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus, aus den ihr vorgelegten Aktenunterlagen gehe zweifelsfrei hervor, daß auf der Grundparzelle nm KG H mit Bescheid vom 22. September 1948 ein Bienenhaus mit einer Kubatur von etwa 36,75 m3 bewilligt worden sei. Des weiteren sei den Aktenunterlagen zu entnehmen, daß das seinerzeit in diesem Umfang eingereichte Bienenhaus in dieser Form nie erstellt, sondern anstelle dessen ein zu Wohnzwecken umfunktioniertes Gebäude mit einer Holzlege und einem Windfang sowie einem Trockenabort und einem Schwimmbecken errichtet worden sei. Schriftliche Bewilligungsbescheide bestünden für diese baulichen Anlagen nicht. Wenn die Beschwerdeführer argumentierten, diese ohne schriftlichen Bescheid erstellten Bauvorhaben seien mit Wissen des zuständigen Baupolizisten seinerzeit mündlich genehmigt worden, so stelle diese Argumentation, wie bereits von der Baubehörde erster Instanz festgehalten, lediglich eine Schutzbehauptung dar, zumal der inzwischen verstorbene Beamte über diesen Sachverhalt nicht mehr befragt werden könne. Abgesehen davon habe auch zur Zeit der damals anzuwendenden Innsbrucker Bauordnung die rechtliche Möglichkeit, Baubewilligungen mit mündlichen Bescheid auszustellen, nicht bestanden. Es sei daher davon auszugehen, daß für die eine Gesamtkubatur von 252 m3 aufweisenden Bauten eine behördliche Genehmigung nie bestanden habe. Daran könne auch der Umstand, daß das ohne Bewilligung erstellte Objekt an den öffentlichen Kanal angeschlossen und hiefür Herstellungs- und Kanalanschlußkosten vorgeschrieben worden seien, nichts ändern, weil eine Bewilligung für den Anschluß an das öffentliche Kanalnetz eine Baubewilligung nicht zu ersetzen in der Lage sei. Ebensowenig könne der Rechtsansicht, die vorliegende Baurechtsangelegenheit wäre anhand der seinerzeit bestandenen Verordnungslage zu beurteilen, beigetreten werden, da dies zur Folge hätte, daß rechtskräftig im Bauland bewilligte Bauvorhaben, als sogenannte "Schwarzbauten" zu qualifizieren wären, wenn für den Baugrund ehemals die Widmung Freiland bestanden hätte. Die Anwendung des § 15 Abs. 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes sei somit gerechtfertigt. Aufgrund dieses in einem aufwendigen Ermittlungsverfahren festgestellten Sachverhaltes stehe somit für die belangte Behörde fest, daß die zur Bewilligung eingereichte zusätzliche Baumasse von 72,55 m3 eine erhebliche Überschreitung der im Jahre 1948 bewilligten Kubatur des Bienenhauses bedeute, sodaß die Ablehnung des vorliegenden Bauansuchens durch die Baubehörde erster Instanz zurecht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die Beschwerdeführer als Verfahrensmangel rügen, daß ihnen von der belangten Behörde kein Parteiengehör gewährt worden sei, ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde kein eigenes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung ihres Bescheides ausgeführt hat, daß auf Grund eines in "einem aufwendigen Ermittlungsverfahren festgestellten Sachverhaltes" für sie feststehe, daß die zur Bewilligung eingereichte zusätzliche Baumasse von 72,55 m3 eine erhebliche Überschreitung der im Jahre 1948 bewilligten Kubatur des Bienenhauses bedeute, sodaß die Ablehnung des vorliegenden Bauansuchens durch die Baubehörde erster Instanz zurecht erfolgt sei. Daß die Baubehörde erster Instanz aber kein Parteiengehör gewährt hätte, wurde von den Beschwerdeführern nicht einmal in der gegen den Bescheid der Baubehörde erster Instanz erhobenen Berufung behauptet und stünde im übrigen mit der Aktenlage im Widerspruch, da der Vertreter der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 29. März 1988 zur Mitteilung der Baubehörde erster Instanz vom 11. Februar 1988, wonach aus den eingereichten Plänen ersichtlich sei, daß das angesuchte Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche, ausführlich Stellung genommen hat.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß ein Verfahrensmangel nur dann zu einer Bescheidaufhebung führt, wenn er möglicherweise Einfluß auf den Inhalt des getroffenen Abspruches haben konnte. Insbesondere gilt dies für den Verfahrensmangel einer Verletzung des Parteiengehörs (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. April 1986, Zlen. 85/03/0155, 0156 und die dort angeführte Judikatur). Macht der Beschwerdeführer Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen Unterlassung des Parteiengehörs geltend, so hat er nach diesem Erkenntnis, auf das unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird, die entscheidenden Tatsachen bekanntzugeben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind. Im übrigen vermögen die Beschwerdeführer mit ihrer Rüge, die belangte Behörde habe hinsichtlich der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens das Parteiengehör nicht gewährt, ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, unterließen sie es doch, in der Beschwerde darzulegen, was sie gegen diese Ermittlungsergebnisse vorgebracht hätten, hätten sie Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt und inwieweit die belangte Behörde bei Wahrung des Parteiengehörs zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. ebenfalls das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 4. April 1986, Zlen. 85/03/0155, 0156).

Wenn als weiterer Verfahrensmangel geltend gemacht wird, daß keine Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt worden sei, so gehen die diesbezüglichen Ausführungen deshalb ins Leere, weil die Baubehörden das in Rede stehende Bauansuchen entsprechend dem § 31 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abweisen konnten, da sich - wie oben dargelegt - aus den Bauakten ergab, daß das Bauvorhaben dem in Geltung stehenden Flächenwidmungsplan widersprach. Wenn die Beschwerdeführer wie bereits in der Berufung vorbringen, für verschiedene Zubauten an das seinerzeit bewilligte Bienenhaus seien mündliche Baubewilligungen erteilt worden - und dies sei nach der damals geltenden Innsbrucker Bauordnung auch rechtlich möglich gewesen, so ist dem entgegenzuhalten, daß der § 100 der Innsbrucker Bauordnung bestimmte, daß bei Erteilung einer Baubewilligung diese dem Bauherrn mit dem Genehmigungserlaß zusammen mit der behördlichen Fertigung des Bauplanes und einer Abschrift des Kommissionsprotokolles zuzustellen ist. Darüber hinaus legte § 25 der Innsbrucker Bauordnung fest, daß die Baubewilligung dann erlischt, wenn binnen zwei Jahren vom Tage der Zustellung mit dem Bau nicht begonnen und eine Verlängerung der Baubewilligung nicht erwirkt worden ist. Durch die Formulierungen "Genehmigungserlaß" und "vom Tage der Zustellung" wird unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, daß schon während der Gültigkeitsdauer der Innsbrucker Bauordnung Baubewilligungen nur mit schriftlichem Bescheid erlassen werden konnten. Konnten aber bereits in den Jahren 1948/49 Baubewilligungen nur schriftlich erteilt werden und waren Neubauten bzw. Zubauten von Gebäuden bewilligungspflichtig, so hat die belangte Behörde Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt, wenn sie zutreffend davon ausgegangen ist, daß für die seit 1948 errichteten Zubauten Baubewilligungen nicht erteilt wurden.

Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Baubehörde erster Instanz das Vorhandensein von Zubauten bekannt gewesen sein könnte, denn auch daraus, daß diese Behörde - aus welchen Gründen immer - von der Erteilung von Abbruchaufträgen Abstand genommen hat, läßt sich keinesfalls ableiten, daß die vom Gesetz geforderten Baubewilligungen erteilt wurden.

Weiters übersehen die Beschwerdeführer, daß die Rechtskonstruktion des "vermuteten Konsens" bei Altbauten nur auf solche Bauten anwendbar ist, für die - abgesehen von anderen Voraussetzungen - keine Baubewilligung existiert oder diese nicht mehr auffindbar ist. Nun ist im gegenständlichen Fall eine solche Baubewilligung aus dem Jahre 1948 (gegen jederzeitigen WiderrufÜ) existent, an die sich die Beschwerdeführer nach ihrem eigenen Vorbringen aber offensichtlich auch nicht gehalten haben, als sie - entgegen der diesbezüglich eindeutigen Formulierung einer Auflage - die Bienenhütte als Wohnhaus (mit Schwimmbad) benützten. Da die Behörde von der konsensgemäßen Nutzung der Bienenhütte auszugehen hat, können aus einer derart konsenswidrigen Nutzung der Baulichkeit keine wie immer gearteten günstigen Folgen für die Beschwerdeführer entstehen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1989, Zl. 86/06/0140).

Damit gehen auch die Beschwerdeausführungen hinsichtlich der von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes ins Leere.

Da sich somit die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der Durchführung der beantragten Verhandlung abgesehen werden konnte.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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