VwGH 90/19/0057

VwGH90/19/005723.4.1990

N gegen Landeshauptmann von Salzburg vom 28. September 1989, Zl. 3/07-7037/4-1989, betreffend Bestrafung wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften

Normen

ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §33 Abs7;
VStG §44a lita;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §33 Abs7;
VStG §44a lita;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom 26. Jänner 1989 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ der Fa. S-GmbH" zu verantworten, daß "bei den Bauarbeiten zur Errichtung eines Kanales in Salzburg, X-Straße, am 18. November 1987 die Arbeitnehmer Willi B. und Karl D. in einer 2,5 m tiefen Künette mit Schrämmarbeiten beschäftigt waren, die Pölzung der Künette aber insofern unzureichend ausgeführt war, als der Abstand von Schaltafelkante zu Schaltafelkante 1,7 m betragen hat und zur Herstellung der Schalung unzulässige Mittel (Schaltafeln) verwendet wurden". Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972 i.d.g.F. im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 267/1954, begangen. Es wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

2. Mit Bescheid vom 28. September 1989 gab der Landeshauptmann von Salzburg (die belangte Behörde) der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis "vollinhaltlich".

3. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem "Recht, nicht in Widerspruch zu den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen bestraft zu werden", verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in ihrer "Gegenschrift" auf die "ausführliche Begründung des angefochtenen Bescheides (hingewiesen), welcher nach ha. Auffassung in rechtlicher Hinsicht nichts mehr hinzugefügt werden kann".

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, daß der durch den bekämpften Bescheid neu gefaßte Spruch des Straferkenntnisses keinen Tatort nenne; dadurch stehe er in Widerspruch zu § 44a lit. a VStG 1950. 1.2. Dieser Vorwurf wird zu Unrecht erhoben. Die von der Beschwerde als solche qualifizierte Neufassung des Spruches ist keine solche, vielmehr lediglich eine (an sich überflüssige) verkürzte Wiedergabe des Spruches des Straferkenntnisses erster Instanz, der im Hinblick darauf keine normative Bedeutung zukommt, daß die belangte Behörde ausdrücklich aussprach, der Berufung "keine Folge" zu geben und das Straferkenntnis "als rechtens vollinhaltlich zu bestätigen". Auf diese Weise hat sich die belangte Behörde den Spruch des Straferkenntnisses vom 26. Jänner 1989 (einschließlich des dort genannten Tatortes) zu eigen gemacht.

2.1. "Sofern dem angefochtenen Bescheid eine Tatortumschreibung überhaupt entnommen werden kann" - so die Beschwerde weiter -, "ist diese ungeeignet, dem § 44a VStG zu entsprechen". Der Beschwerdeführer weist dazu unter Bezugnahme auf sein diesbezügliches Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren darauf hin, daß die "Firma" des Beschwerdeführers in Salzburg, X-Straße, zwei Baustellen betrieben habe. Der Hinweis in der Begründung des bekämpften Bescheides auf die Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 16. Juni 1988, in welcher der Standort der verfahrensgegenständlichen Künette genau angegeben gewesen sei, reiche zu einer hinreichend konkretisierten Tatortumschreibung nicht aus. Die Unklarheit bezüglich des Tatortes werde noch zusätzlich dadurch erhöht, daß im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde, die vom Beschwerdeführer vorgelegte Lageskizze könne die gegenständliche Künette gar nicht betreffen, "da diese nicht abgeböscht war, sondern senkrechte Grubenränder aufgewiesen hat und von der straßenseitigen Schmalseite bis zum Schacht eine Länge von 5 m gehabt hat". Diese Beschreibung - so die Beschwerde - entspreche keiner der Künetten, die für die beiden Baustellen eingerichtet gewesen seien.

2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. November 1989, Zl. 89/02/0004, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A) wird dem § 44a lit. a VStG 1950 dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit genügt. Das an die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein.

Von da her gesehen ist im Beschwerdefall den Anforderungen des § 44a lit. a VStG 1950 an die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat in Ansehung des Tatortes nicht Genüge getan. Die Tatortbezeichnung "Salzburg, X-Straße," reicht angesichts des Vorhandenseins zweier von demselben Unternehmen zur Tatzeit eingerichtet gewesener Baustellen in der genannten Straße - diese vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren gegebene Sachverhaltsdarstellung wurde von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen - nicht aus, den Beschwerdeführer vor einer nochmaligen Bestrafung wegen desselben Verhaltens zu bewahren. Die genannte Tatortbenennung ist aber auch deshalb unzureichend, weil - wie sich im Verfahren deutlich gezeigt hat - dadurch der Beschwerdeführer in seinen Rechtsverfolgungsmöglichkeiten beeinträchtigt wird. So war es ihm trotz Vorlage einer Lageskizze (mit Schriftsatz vom 17. August 1989) nicht möglich, die seiner Meinung nach von der belangten Behörde als Tatort angenommene Baustelle (Künette) zu identifizieren, wurde ihm doch im bekämpften Bescheid unter - nicht deklarierter - Bezugnahme auf eine Äußerung des Arbeitsinspektorates vom 11. September 1989 entgegengehalten, daß die vorgelegte Skizze "die gegenständliche Künette gar nicht betreffen kann".

3. Festzuhalten ist im übrigen, daß der Tatortumschreibung auch dann inhaltliche Rechtswidrigkeit anhaften würde, wenn die belangte Behörde jene Baustelle, die sie - folgt man der Begründung des angefochtenen Bescheides (Hinweis auf die Angabe des Standortes in der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 16. Juni 1988: "ca. 4 m links neben der Hauseinfahrt des Hauses X-Straße 62, Salzburg") - als Tatort angenommen wissen wollte, im Schuldspruch angeführt hätte. Dies deshalb, weil dem Beschwerdeführer innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 ein insoweit konkretisierter Tatvorwurf nicht gemacht wurde, somit hinsichtlich einer solcherart präzisierten Tatanlastung Verfolgungsverjährung eingetreten wäre.

Ferner wird darauf hingewiesen, daß in dem von der belangten Behörde bestätigten Strafausspruch als Norm i.S. des § 44a lit. c VStG 1950 lediglich § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes und nicht, wie erforderlich, auch § 33 Abs. 7 leg. cit. angeführt worden ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 1990, Zl. 90/19/0043).

4. Nach dem Gesagten leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er war deshalb - ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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