Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 13. Juni 1990 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 26. April 1990, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der angefochtene Bescheid wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verwaltungsverfahren eine mit 8. März 1990 datierte, auf den nunmehrigen Beschwerdevertreter lautende Vollmacht (der Aktenlage nach zugleich mit seiner Vorstellung gegen den vorangegangenen Mandatsbescheid vom 19. Februar 1990) vorgelegt habe, der (auf Grund der Vorstellung ergangene) Bescheid vom 26. April 1990 aber irrtümlich nicht dem Rechtsvertreter, sondern dem Beschwerdeführer direkt zugestellt worden sei. Dieser Bescheid sei daher nicht rechtswirksam geworden und habe somit auch keine Rechtswirkungen erzeugen können. Die Berufung sei deshalb als unzulässig zurückzuweisen, da sie gegen einen noch gar nicht erlassenen Bescheid erhoben worden sei.
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines Rechtes auf meritorische Entscheidung über seine Berufung durch den angefochtenen Bescheid geltend und verweist auf die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz, wonach dann, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen hat, und wenn dies nicht geschieht, die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen gilt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Er bringt dazu vor, daß der vorliegende Zustellmangel "durch die tatsächliche Übernahme des Bescheides durch den Beschwerdevertreter geheilt wurde". Wäre das unmittelbar an den Beschwerdeführer zugestellte Schriftstück seinem Vertreter tatsächlich nachträglich zugekommen (vgl. diesbezüglich die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1984, Slg. Nr. 11487/A, und vom 4. Juli 1986, Zl. 85/18/0349, sowie seinen Beschluß vom 6. März 1987, Zl. 86/11/0121), so wäre damit eine Heilung des (trotz aktenkundiger Anordnung der Zustellung an den Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters eingetretenen) Zustellmangels erfolgt, weshalb in diesem Falle von einer rechtswirksamen Erlassung des betreffenden Bescheides hätte ausgegangen werden müssen und die Berufung daher nicht als unzulässig hätte zurückgewiesen werden dürfen. Der Beschwerdeführer hat zwar nicht konkret behauptet, daß er das an ihn zugestellte Schriftstück noch vor Erhebung der Berufung an seinen Vertreter weitergegeben habe; auch dem Berufungsschriftsatz läßt sich dies nicht eindeutig entnehmen, obwohl eine derartige Annahme naheliegend wäre. Aber selbst wenn es zu einer Heilung des Zustellmangels erst nach Erhebung der Berufung gekommen sein sollte, wäre die Rechtslage nicht anders zu beurteilen, weil es in diesem Zusammenhang lediglich darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer bereits im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung Kenntnis vom Inhalt des Bescheides hatte und von dessen rechtswirksamer Zustellung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides auszugehen war (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1987, Zlen. 86/02/0198, 0199).
Die belangte Behörde hat keine Gegenschrift erstattet, sondern sich dahingehend geäußert, daß die Behauptung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Heilung des Zustellmangels "nicht widerlegt werden kann" und von ihrer Seite "deshalb nicht eruierbar ist", ob dieser Bescheid "dem Rechtsvertreter tatsächlich zugegangen ist", wobei sie irrtümlich auf § 7 (anstatt § 9) Zustellgesetz Bezug nimmt. Es ist unverständlich, wieso ein Ermittlungsverfahren gemäß § 37 AVG 1950 darüber, ob der Bescheid vom 26. April 1990 dem Vertreter des Beschwerdeführers im Sinne des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz tatsächlich zugekommen ist, nicht möglich sein sollte, hätte es doch insofern nur einer Vernehmung des Beschwerdevertreters, allenfalls auch des Beschwerdeführers selbst bedurft. Der Umstand, daß die belangte Behörde eine solche Klärung des Sachverhaltes unterlassen hat, ist offensichtlich auf eine unrichtige Rechtsauffassung zurückzuführen, weil sie die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz hinsichtlich der Möglichkeit der Sanierung dieses Zustellmangels übersehen hat.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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