VwGH 90/03/0026

VwGH90/03/002621.2.1990

1) N und 2) O gegen Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 11. Dezember 1989, Zl. 231590/6-II/3-1989, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung und Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: A Bahnen GmbH&CoKG)

Normen

ABGB §364a;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §35 Abs2;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
VwRallg;
ABGB §364a;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §35 Abs2;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der Ausfertigung des der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der Erstbeschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes nn1/nn KG. B und der Zweitbeschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes nn2/nn KG. B mit je darauf errichteten Ferienhäusern.

Die mitbeteiligte Partei beabsichtigt im Gebiet N-Alm eine Gruppenumlaufbahn zu errichten und hat bei der belangten Behörde die Bauentwurfsunterlagen eingereicht.

Die Beschwerdeführer haben Einwendungen gegen das Projekt erhoben.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 1989 erteilte der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr der mitbeteiligten Partei auf Grund der vorgelegten Bauentwurfsunterlagen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden, für das Projekt der Gruppenumlaufbahn A mit einer Höchstnennfahrgeschwindigkeit von 5 m/s gemäß §§ 35 und 36 des Eigenbahngesetzes 1957 die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung unter Vorschreibung von Auflagen (Spruchpunkt I) und gemäß § 17 ff im Zusammenhalt mit § 185 Abs. 5 des Forstgesetzes 1975 die Rodungsbewilligung für die Stationen und die Trasse der Gruppenumlaufbahn A auf im einzelnen angeführten Grundstücken je KG. B im Ausmaß von 20.610 m2

(Spruchpunkt III). Im Spruchpunkt VII wurde die Forderung der Beschwerdeführer, die an ihre Grundstücke angrenzende Bergstation der Gruppenumlaufbahn A 30 m in nördlicher Richtung zu verlegen, um die von den Grundstücken nn1/nn und nn2/nn je KG. B bestehende Aussicht zu erhalten gemäß § 35 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957 als unzulässig zurückgewiesen und die Einwendungen der Beschwerdeführer, mit denen die Beeinträchtigung der angeführten Grundstücke durch Lärm und Geruch, die von der bauentwurfsgemäßen Lage der Bergstation der Grundumlaufbahn A ausgehen, und die dadurch bewirkte Wertminderung dieser Grundstücke geltend gemacht wird, gemäß § 35 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes 1957 auf den Zivilrechtsweg verwiesen. In der Begründung des Bescheides wurde zu Spruchpunkt VII ausgeführt, die Forderung der Beschwerdeführer, die bauentwurfsgemäß vorgesehene Lage der Bergstation der Gruppenumlaufbahn A 30 m nördlich zu verschieben, um in ihrer Aussicht von den angeführten Grundstücken nicht gestört zu sein, liege kein aus dem Eisenbahngesetz 1957 erfließendes subjektiv-öffentliches Recht zugrunde. Das Eisenbahngesetz 1957 schreibe keine Abstandmaße zu benachbarten Grundstücken vor. Gemäß § 35 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes 1957 könnten Parteien in einem eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren Einwendungen geltend machen, die eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte zum Inhalt haben oder zivilrechtliche Ansprüche betreffen. Da die angeführte Forderung sich weder auf ein subjektiv-öffentliches Recht stütze noch ein zivilrechtlicher Anspruch auf deren Erfüllung bestehe, sei sie als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Einwendungen unzumutbarer Immissionen, wie Geruch und Lärm, hätten keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte zum Inhalt, es handle sich bei diesen allenfalls um die Behauptung zivilrechtlicher Einsprüche (richtig wohl: Ansprüche). Die Einwendung der Beschwerdeführer, die projektsgemäße Lage der Bergstation der Gruppenumlaufbahn A bewirke Immissionen durch Geruch und Lärm und mindere den Wert ihrer Grundstücke sei daher zivilrechtlicher Natur und habe gemäß § 35 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes 1957 auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid, und zwar nur insoweit, als mit ihm der mitbeteiligten Partei die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erteilt und die Einwendungen der Beschwerdeführer zurückgewiesen bzw. auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 34 Abs. 4 des Eisenbahngesetzes 1957 sind im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten Parteien im Sinne des § 8 AVG 1950. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich (§ 38) oder in den Feuerbereich (§ 40) zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich (§ 39) Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen.

Gemäß § 35 Abs. 2 leg. cit. ist in der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung über alle gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen sowie über alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche handelt; diese sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Einwendungen, die eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt haben, sind nach § 35 Abs. 3 leg. cit. als unbegründet abzuweisen, wenn der durch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwächst.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde habe ihren Einwand, daß durch die geplante Situierung der Bergstation wegen der zu geringen Abstände zu ihren Grundstücken samt darauf errichteten Häusern unter anderem die Aussicht stärkstens beeinträchtigt werde, ohne jede Begründung gemäß § 35 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957 als unzulässig zurückgewiesen. Demgegenüber sehe das Gesetz aber vor, daß öffentlich-rechtliche Einwendungen der Anrainer nur dann abzuweisen (und nicht zurückzuweisen) seien, wenn der durch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwächst. Die belangte Behörde habe rechtswidrig die vom Gesetz geforderte Interessenabwägung unterlassen.

Abgesehen davon, daß es - wie der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist - nicht zutrifft, daß die belangte Behörde den Einwand der Beschwerdeführer über die Beeinträchtigung ihrer Aussicht ohne jede Begründung zurückgewiesen hat, übersehen die Beschwerdeführer, daß die nach § 35 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957 vorzunehmende Interessenabwägung, die zu einer Abweisung der Einwendungen führt, die Erhebung von Einwendungen voraussetzt, die eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt haben. Den Beschwerdeführern steht - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte - kein aus dem Eisenbahngesetz 1957 ableitbares Recht zu, daß sie als Eigentümer einer im § 34 Abs. 4 leg. cit. angeführten Liegenschaft in ihrer Aussicht nicht beeinträchtigt werden. Mit einer derartigen Einwendung wird nicht die Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechtes geltend gemacht. Wenn die belangte Behörde diesen Einwand der Beschwerdeführer zurückwies und keine Interessenabwägung vornahm, vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Die Beschwerdeführer wenden ferner ein, auch die Verweisung der Einwendungen betreffend die Lärm- und Geruchsbelästigungen auf den Zivilrechtsweg sei rechtswidrig. § 35 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes 1957 lasse eine Verweisung von Einwendungen der Anrainer auf den Zivilrechtsweg nur dann zu, soweit es sich bei diesen Einwendungen um solche zivilrechtlicher Art handle. Der angefochtene Bescheid verletze sohin § 35 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes 1957, weil über die behaupteten Lärm- und Geruchsimmissionen nicht meritorisch abgesprochen worden sei. Immissionen kämen durchaus auch als öffentlich-rechtliche "Materie" vor (siehe § 74 ff GewO 1973). Die belangte Behörde hätte daher dem diesbezüglichen Einwand der Beschwerdeführer nachgehen und darüber meritorisch entscheiden müssen. Die belangte Behörde habe aber darüber kein Ermittlungsverfahren durchgeführt - es sei weder ein Sachverständiger zur Beurteilung der Lärm- und Geruchsimmissionseinwendungen zugezogen worden noch sei einer der zahlreich anwesenden technischen Sachverständigen dazu vom Verhandlungsleiter befragt worden -, weshalb von der belangten Behörde auch Verfahrensvorschriften verletzt worden seien.

Auch diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 5. Dezember 1984, Zlen. 84/03/0092, 0093, und vom 19. März 1986, Zl. 85/03/0137), betreffen Einwendungen, die die Abwehr von Immissionen zum Gegenstand haben, keine subjektiven öffentlichen Rechte. Hiebei handelt es sich allenfalls um die Behauptung zivilrechtlicher Ansprüche hinsichtlich des Eintrittes unzumutbarer Immissionen nach § 364a ABGB. Daß in der GewO 1973 den Nachbarn ein Rechtsanspruch auf Schutz vor Belästigungen durch Geruch, Lärm und andere von einer Betriebsanlage herrührenden Immissionen eingeräumt ist, spricht entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht gegen, sondern für die Richtigkeit dieser Annahme, weil eben den Parteien des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens nach den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957 ein derartiger Anspruch nicht zusteht. Es bedurfte demnach auch keiner weiteren Ermittlungen in Ansehung dieser Einwendungen. Der belangten Behörde ist daher weder ein Rechtsirrtum noch ein Verfahrensmangel anzulasten, wenn sie diese Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwies.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Die Beendigung des Beschwerdeverfahrens machte eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

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