Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 3. Februar 1988 bei der Bundespolizeidirektion Wien die Ausstellung eines Waffenpasses. Das Vorliegen eines Bedarfes begründete er damit, daß er auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit als Richter in Zivilrechtssachen einem gefährdeten Personenkreis angehöre.
Mit Bescheid vom 12. Jänner 1989 wies die Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 17 Abs. 2 des Waffengesetzes 1986, BGBl. Nr. 443 (WaffG), den Antrag des Beschwerdeführers ab. Begründend führte sie aus, aus der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers allein lasse sich ohne Nachweis einer besonderen Gefährdung seiner Person ein Bedarf am Führen von Faustfeuerwaffen im Sinne des § 18 WaffG nicht ableiten. Der Beschwerdeführer sei im Gegensatz zu Strafrichtern oder Staatsanwälten nicht regelmäßig mit übel beleumundeten Personen konfrontiert. Aus grund
sätzlichen sicherheitspolizeilichen Erwägungen sei es nicht vertretbar, allen vom Staat autorisierten Entscheidungsträgern der Hoheitsverwaltung generell Waffenpässe auszustellen, nur weil diese in Ausübung ihrer Tätigkeit des öfteren gegen Privatpersonen "unliebsame" Entscheidungen treffen müßten, die geeignet sein könnten, massiv in deren Lebensverhältnisse einzugreifen. Auch das im § 17 Abs. 2 WaffG der Behörde eingeräumte Ermessen, auch ohne Vorliegen eines Bedarfs einen Waffenpaß ausstellen zu dürfen, habe nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers geübt werden können, weil die von ihm geltend gemachten Umstände nicht an einen Bedarf heranreichten und nicht derart berücksichtigungswürdig seien, daß eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der möglichsten Geringhaltung der mit dem Führen von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren in Kauf genommen werden könnte.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer unter Anführung von Beispielen für Anschläge auf Richter in Europa geltend, auch Zivilrichter seien auf Grund der Tragweite ihrer Entscheidungen für den einzelnen Staatsbürger erheblich größeren Gefahren ausgesetzt als nahezu alle anderen Berufsgruppen. Eine Differenzierung zwischen Zivilrichtern und Strafrichtern sei nicht gerechtfertigt, weil in vielen Fällen die allenfalls bedingte Verurteilung wegen eines Bagatelldeliktes wesentlich weniger Haß und Emotionen beim Verurteilten nach sich zöge, als ein in einem nachfolgenden Schadenersatzprozeß ergehendes Urteil, welches die Lebensführung des Täters unter Umständen auch längere Zeit massiv beeinträchtigen könne. So griffen auch Testamentsanfechtungen, Erbschafts- und Erbrechtsklagen, Teilungsklagen unter Miteigentümern sowie auch Entscheidungen im familiären Bereich tief in das Leben des Einzelnen ein und könnten zu schwersten Emotionen auch gegen den Richter führen. Auch seien Richter im Zivilverfahren verpflichtet, auf Grund von Verfahrensergebnissen Strafanzeige gegen Parteien oder Zeugen zu erstatten oder den Sachverhalt der Finanzstrafbehörde mitzuteilen. Zivilrichter seien auch durch Terroristen ebenso bedroht wie Strafrichter, weil jene in jedem Richter einen Repräsentanten des bekämpften Staates erblickten. Die von der Behörde angestellten Überlegungen hinsichtlich der generellen Ausstellung von Waffenpässen an staatlich autorisierte Entscheidungsträger könnten nicht als Begründung für die Abweisung des individuell gestellten Antrages des Beschwerdeführers herangezogen werden. Der Beschwerdeführer sei als langjähriger Zivilrichter als verläßlich anzusehen und in der Lage, den mit dem Führen von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren zu begegnen. Die Ablehnung, dem Beschwerdeführer auf Grund des in § 17 Abs. 2 WaffG der Behörde eingeräumten Ermessens einen Waffenpaß auszustellen, sei sohin nicht "nachvollziehbar". Die besondere Gefahrenlage, der ein Richter ausgesetzt sei, ergebe sich besonders auf seinem Weg von und zur Dienststelle. Bei Angriffen auf einen Richter würde es sich in der Regel um einen entschlossenen und gefährlichen Angriff handeln, dem nur durch Waffengewalt begegenet werden könnte, sodaß die Ausstellung eines Waffenpasses für den Beschwerdeführer erforderlich sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. März 1989 gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Ergänzend zu den von ihr als zutreffend erkannten Gründen des erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde aus, ein Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen könne nur dann angenommen werden, wenn durch Hinzutreten besonderer Umstände das Ausmaß der auch für die Allgemeinheit bestehenden Gefahren (z.B. überfallen zu werden) erheblich überstiegen werde. Die "Höhe der Wahrscheinlichkeit", als Organ des Staates aber auch als Privatperson wegen Entscheidungen oder Maßnahmen, die den hievon Betroffenen Nachteile zufügten und von diesen mißbilligt würden, in einer Weise angegriffen zu werden, daß dem Angriff am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam entgegenzutreten wäre, hänge maßgeblich auch davon ab, ob die in Frage kommenden Organe des Staates in der Regel oder nur in Ausnahmefällen mit Kriminellen zu tun hätten. Davon daß auch Entscheidungsträger, deren Entscheidungen sich nicht regelmäßig auf Kriminelle bezögen, besonderen Gefahren ausgesetzt seien, könne - zumindest in Österreich - nicht gesprochen werden. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, als Ausnahmen anzusehenden Angriffe auf Zivilrichter seien, objektiv betrachtet, nicht geeigent, das Vorliegen einer besonderen Gefahr für diese Personengruppe zu dokumentierten. Auch wenn beim Beschwerdeführer Verläßlichkeit gegeben sei, habe von dem im § 17 Abs. 2 WaffG eingeräumten Ermessen nicht zu seinen Gunsten Gebrauch gemacht werden können, weil bei Ausstellung von Waffenpässen an all jene Personen, die die gleichen Voraussetzungen wie der Beschwerdeführer erfüllten, auf Grund der Vielzahl der dann zu erteilenden Berechtigungen zum Führen von Waffen das öffentliche Interesse an der Geringhaltung der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren beeinträchtigt würde. Diesem öffentlichen Interesse komme aber gegenüber dem Interesse von Richtern in Zivilsachen, sich gegen allfällige Angriffe mit einer Faustfeuerwaffe zu verteidigen, erhöhte Bedeutung zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich wegen Überschreitung bzw. Mißbrauchs des durch § 17 WaffG der Behörde eingeräumten Ermessens bzw. wegen Begründungsmangels sowie wegen falscher Interpretation der §§ 17 und 18 WaffG und wegen Mängeln des Verwaltungsverfahrens in seinen Rechten verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 2 erster Satz WaffG hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.
Gemäß § 18 leg. cit. ist ein Bedarf in diesem Sinn insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaft besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.
Gemäß § 7 leg. cit. sind bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessenbestimmungen private Rechte und Interessen insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.
Als Grund für den behaupteten Bedarf am Führen einer Faustfeuerwaffe hat der Beschwerdeführer ausschließlich seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe angeführt - nämlich der der Zivilrichter - und die seiner Ansicht nach bestehende besondere Gefährdung dieser Berufsgruppe durch Parteien, die mit Enscheidungen in Zivilsachen nicht einverstanden seien, ins Treffen geführt. Dem hat die belangte Behörde im wesentlichen entgegengehalten, daß die Gefahr bewaffneter Überfälle allgemein für jedermann bestehe und daß Zivilrichter ebenso wie andere Staatsorgane aber auch wie Privatpersonen allenfalls für Dritte nachteilige Entscheidungen zu fällen haben. Schlüssigerweise hat die belangte Behörde hinzugefügt, daß die Wahrscheinlichkeit eines tätlichen Angriffs gegen einen Zivilrichter wegen einer von ihm gefällten Entscheidung in Anbetracht dessen, daß Entscheidungen solcher Richter sich in der Regel nicht auf Kriminelle bezögen, nicht so hoch sei, daß bei den in Österreich herrschenden Verhältnissen von einer besonderen abstrakten Gefährdung von Zivilrichtern gesprochen werden kann. Die vom Beschwerdeführer sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch in der Beschwerde zur Untermauerung seines Vorbringens angeführten sieben Beispiele für tätliche Angriffe gegen Zivilrichter beziehen sich auf mehrere Länder Europas und umfassen einen Zeitraum von 23 Jahren. Daß aus diesen Beispielsfällen allein eine besondere Gefahrenlage für die Personengruppe von mit Zivilrechtsangelegenheiten befaßten Richtern in Österreich nicht ableitbar ist, hat die belangte Behörde in unbedenklicher Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers erkannt.
Der Beschwerdeführer hat aber auch nicht dargetan, daß er persönlich etwa infolge beruflich bedingter Kontakte mit Kriminellen, die mit einer, verglichen mit anderen Zivilrichtern, überdurchschnittlichen Häufigkeit stattfänden, einem die allgemeine Gefahrenlage übersteigenden Sicherheitsrisiko ausgesetzt wäre.
Soweit der Beschwerdeführer vermeint, auf Grund der Praxis der Behörden, Strafrichtern Waffenpässe auszustellen, stelle die Abweisung seines Ansuchens einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot dar, ergibt sich - abgesehen davon, daß aus einer behördlichen Praxis Rechtsansprüche nicht abgeleitet werden können - aus der in dieser Hinsicht gewählten Begründung des angefochtenen Bescheides, in der die belangte Behörde auf die regelmäßigen und häufigen beruflich bedingten Berührungspunkte von Strafrichtern mit Kriminellen hingewiesen hat, kein Anhaltspunkt dafür, daß sich die Behörde von unsachlichen Motiven hätte leiten lassen bzw. willkürlich vorgegangen wäre.
Die Verneinung eines Bedarfes des Beschwerdeführers am Führen von Faustfeuerwaffen erfolgte sohin zu Recht.
Bei der Ausübung des gemäß § 17 Abs. 2 WaffG eingeräumten Ermessens sind gemäß § 7 WaffG private Rechte und Interessen insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist. Die von der belangten Behörde vorgenommene Interessensabwägung, deren Ergebnis keine positive Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses ermöglicht hat, läßt - insbesondere auf Grund der dem Beschwerdeführer zu Recht entgegengehaltenen Erhöhung der mit dem Gebrauch von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren durch Ausstellung von Waffenpässen an die Vielzahl von Personen, die die gleichen Voraussetzungen wie der Beschwerdeführer erfüllen (praktisch alle behördlichen und gerichtlichen Entscheidungsträger) - keinen dem Gesetz widersprechenden Gebrauch des Ermessens der Behörde erkennen. Soweit in der Beschwerde die Ansicht vertreten wird, das quantitative Element könne angesichts der geringen Zahl von nur mit Zivilangelegenheiten befaßten Richtern nicht von maßgeblicher Bedeutung sein, ist im Einklang mit der Begründung des angefochtenen Bescheides festzuhalten, daß auch andere staatliche Entscheidungsträger wie z.B. vor allem in der Hoheitsverwaltung tätige Beamte ähnlichen berufsbedingten Situationen ausgesetzt sein können und auch sind. Der angefochtene Bescheid entspricht daher auch insoweit durchaus der gegebenen Sach- und Rechtslage.
Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer insbesondere, daß Ermittlungen über die von ihm behauptete Regelmäßigkeit bzw. Häufigkeit der Situationen, in denen er mit "übel beleumundeten Personen" konfrontiert werde, unterblieben seien. Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in seiner Berufung behauptet, verglichen mit anderen in Zivilrechtssachen tätigen Richtern, einer erhöhten Gefährdung durch eine besonders große Zahl von berufsbedingten Kontakten mit solchen Personen ausgesetzt zu sein. Bei dieser Sachlage liegt im Unterbleiben derartiger Ermittlungen kein Verfahrensmangel. Denn der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Daher ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1959, Slg. N.F. Nr. 507/A, und vom 13. März 1974, Zlen. 1749, 1750/73).
Da sich zusammenfassend die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206 über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)