VwGH 88/04/0247

VwGH88/04/024730.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. September 1988, Zl. 04-25 Pu 11-88/2, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §189 Abs1 Z2;
GewO 1973 §189 Abs1;
GewO 1973 §190 Z4;
GewO 1973 §192;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1;
VStG §19;
VStG §22;
VStG §44a lita;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z3;
VStG §64 Abs1;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §59 Abs2;
GewO 1973 §189 Abs1 Z2;
GewO 1973 §189 Abs1;
GewO 1973 §190 Z4;
GewO 1973 §192;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1;
VStG §19;
VStG §22;
VStG §44a lita;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z3;
VStG §64 Abs1;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §59 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines in Beschwerde gezogenen Spruchteiles - womit hinsichtlich der Punkte 1 a und 2 a des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Dezember 1987, Zl. A4-St 775/1-1987/102 der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Dezember 1987 schuldig erkannt, in der Zeit vom 17. Juli 1987 bis zumindest 6. November 1987 am Standort Graz, A-Straße 2, durch die Erzeugung, den Verkauf und die Verabreichung von Pizze eine dem konzessionierten Gastgewerbe unterliegende Tätigkeit ausgeübt zu haben, ohne im Besitze der entsprechenden Gastgewerbekonzession zu sein (Punkt 1 a des Straferkenntnisses) sowie durch den Betrieb dieser Hütte eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage betrieben zu haben, ohne im Besitze einer rechtskräftigen Genehmigung dieser Anlage gewesen zu sein. (Punkt 1 b des Straferkenntnisses). Weiters wurde der Beschwerdeführer mit diesem Straferkenntnis vom 21. Dezmber 1987 schuldig erkannt, zumindest am 6. November 1987 am Standort Graz, B-Straße 119, eine Pizzahütte betrieben zu haben, ohne auch hiefür im Besitze der entsprechenden Gastgewerbekonzession gewesen zu sein (Punkt 2 a des Straferkenntnisses) und ohne hiefür im Besitze der rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung gewesen zu sein. (Punkt 2 b des Straferkenntnisses). Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1 a und 2 a gemäß §§ 5 Z. 2 und 189 in Verbindung mit 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 und zu 1 b und 2 b Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 74 in Verbindung mit 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen zu 1 a und 2 a von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) und zu 1 b und 2 b von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der strafbare Tatbestand auf Grund des Erhebungsberichtes der Magistratsabteilung 19 vom 9. November 1987 als erwiesen anzusehen sei und daß der Beschwerdeführer trotz ordnungsgemäß ausgewiesener Ladung der Strafverhandlung am 10. Dezember 1987 unentschuldigt ferngeblieben sei, weshalb gemäß § 41 Abs. 3 VStG 1950 ohne weitere Anhörung des Beschwerdeführers zu entscheiden gewesen sei, wobei bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und als mildernd nichts gewertet worden sei, weshalb die Strafe gemäß § 19 VStG 1950 der Schuld angemessen sei.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. September 1988 hinsichtlich der Punkt 1 a und 2 a des erstinstanzlichen Straferkenntnisses keine Folge gegeben und diesbezüglich das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. In Ansehung der übrigen Punkte des Straferkenntnisses wurde dieses gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 behoben.

Zur Begründung wurde hinsichtlich der Punkte 1 a und 2 a im wesentlichen ausgeführt, es sei unbestritten geblieben, daß der Beschwerdeführer zu den fraglichen Zeitpunkten in Graz zwei Pizzastände betrieben habe; weiters sei unbestritten geblieben, daß es sich bei Pizze um warme Speisen handle. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. November 1987 sei der Berufung gegen den Bescheid "des Magistrates Graz", worin die Anmeldung des freien Gastgewerbes des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen wurde, ebenfalls keine Folge gegeben und festgehalten worden, daß es sich beim Betrieb dieses Pizzastandes um ein konzessioniertes Gewerbe handle. Der Verkauf von Pizze könne auch nicht unter die Bestimmung des § 190 GewO 1973 subsumiert werden. Als erschwerend sei die lange Tatzeit, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit zu werten gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht wegen der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen bestraft zu werden. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - in Ansehung des "nicht stattgegebenen Teil(es)" des angefochtenen Bescheides - trägt der Beschwerdeführer vor, daß die Ladung zur Strafverhandlung vom 10. Dezember 1987 per Adresse eines Pizzastandes lediglich postamtlich hinterlegt worden sei. Nun sei ganz offensichtlich, daß er nicht an dieser angeführten Adresse wohnhaft sei und auch der Stand lediglich durch einen Angestellten betrieben werde, was zwar im Sinne der Gewerbeordnung irrelevant sei, jedoch nicht im Hinblick auf die Zustellung einer Ladung. Weiters sei offensichtlich, daß es sich nicht um ein Geschäftslokal im üblichen Sinne handle, sondern lediglich um einen Stand. Selbst wenn ein Angestellter diese Ladung entgegennehme, sei damit nicht gewährleistet, daß er sie selbst zur Kenntnis erhalte, zumal er zu diesem Zeitpunkt noch dazu "gesiedelt" sei. Er hätte, zumal es sich um ein Strafverfahren handle, an seiner Wohnadresse geladen werden müssen und hätte maximal, wenn er die Zustellung der Ladung selbst unterfertigt hätte, von den Konsequenzen im Sinne des § 41 VStG 1950 ausgegangen werden dürfen. Es müßte ihm daher die Möglichkeit eingeräumt werden, in erster Instanz zu den Vorwürfen Stellung nehmen bzw. die Angelegenheit besprechen zu können. Die belangte Behörde stelle fest, daß der Verkauf von Pizze nicht unter die Bestimmung des § 190 GewO 1973 subsumiert werden könne, führe als Begründung hiefür jedoch lediglich den Gesetzestext dieses Paragraphen an. Dies erscheine als Begründung einer rechtlichen Meinung wohl zu wenig, zumal unbestrittener Maßen der Verkauf von Pizze einen Grenzfall des § 190 GewO darstelle. Es liege kein ersichtlicher Grund vor, weshalb, wie in § 190 GewO 1973 angeführt, die Verabreichung von Fleischwaren, Fisch oder Brotaufstrichen, welche von ihrer Konsistenz her weit mehr die Gefahr einer allfälligen Lebensmittelvergiftung in sich bergen würden als die Verabreichung von Pizze, von der Konzession ausgenommen sein sollte, nicht jedoch die Verabreichung von vorgefertigten Pizzateilen, die erst beim Kauf erwärmt würden. Aus dem Wortlaut des § 190 GewO 1973 allein sei ein Ausschluß dieser Verabreichung nicht ersichtlich. Insbesondere im Hinblick darauf, daß es sich hier um ein Straferkenntnis handle, müßte zusätzlich noch von jenem seit der Novelle besonders betonten Grundsatz ausgegangen werden, daß im Zweifel zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte entschieden werden müssen. Dem Beschwerdeführer könne eine in rechtlicher Hinsicht "an der Kippe liegende" Beurteilung nicht automatisch zur Last fallen, sondern es müßte in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht von der für den Beschwerdeführer günstigeren Variante ausgegangen werden, zumal sich dieser redlich bemühe, eine tatsächlich rechtlich begründete oberstinstanzliche Ansicht über den § 190 GewO 1973 zu erhalten. Hiezu komme noch, daß der Beschwerdeführer sich trotzdem um die Nachsicht vom Befähigungsnachweis bemühe, weil er bereits seit langer Zeit als Kaufmann tätig sei. Dies alles müsse dem Beschwerdeführer in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zugute kommen, allenfalls in einer Aussetzung des Strafverfahrens.

Es kann zunächst dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer die Ladung zur Verhandlung vom 10. Dezember 1987 rechtswirksam zugestellt wurde, weil der Beschwerdeführer jedenfalls in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis Gelegenheit hatte (und hievon auch Gebrauch machte), seinen Standpunkt darzulegen, sodaß einem allenfalls der Erstbehörde diesbezüglich unterlaufenen Verfahrensverstoß jedenfalls die Wesentlichkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG mangelt (vgl. die bei Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit 3. Auflage, Seite 612 zitierte hg. Judikatur).

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 in seiner im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu ahnden ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Nach § 189 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 unterliegen die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen der Konzessionspflicht.

Gemäß § 190 Z. 4 GewO 1973 unterliegen der Konzessionspflicht nicht die Verabreichung von Fleisch, Fleischwaren, Fisch, Geflügel, Pommes Frites, belegten Brötchen, Brotaufstrich, Fleisch- und Wurstsalaten, Fleisch- und Wurstmayonnaisen und üblichen kalten Beigaben, wie Essiggemüse, Mayonnaise, Senf, Kren, Brot und Gebäck sowie von vorverpackt angeliefertem Speiseeis auf der Straße oder bei Veranstaltungen im Freien, wenn vom Gewerbetreibenden keine Tische oder Sitzgelegenheiten bereitgehalten werden, und der Verkauf von warmen oder angerichteten kalten Speisen in diesem Umfang.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag in der Rechtsansicht der belangten Behörde, Pizze, oder warme Speisen, könnten nicht unter den Begriff einer der im § 190 Z. 4, erster Halbsatz GewO 1973 namentlich genannten Speisen subsumiert wurden, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Denn bei der detailierten Anführung von Speisen in dieser Gesetzesstelle handelt es sich - mit Ausnahme der beispielsweise aufgezählten "üblichen kalten Beigaben" - um eine taxative Aufzählung, welche einer erweiternden Auslegung, wie sie der Beschwerdeführer anstrebt, nicht zugänglich ist.

Die Beschwerde erweist sich jedoch aus folgenden Gründen als berechtigt:

Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört es zu den Grundsätzen jedes Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist und daß die Möglichkeit ausgeschlossen wird, er könnte etwa wegen derselben Handlung noch einmal zur Verantwortung gezogen werden. Diesem Konkretisierungsgebot wird in Ansehung des Vorwurfes des Betreibens eines "Gastgewerbes" im Regelfall jedenfalls durch einen Hinweis auf die Betriebsart Rechnung getragen. (vgl. hiezu das Erkenntis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1984, Zl. 84/04/0033, und die dort angeführte Vorjudikatur)

Der angefochtene Bescheid wird in seinem der Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgebenden und insoferne den Bescheidspruch erster Instanz vollinhaltlich bestätigenden Teil diesen Erfordernissen aus folgenden Gründen nicht gerecht:

Der Spruchpunkt 2 a des Straferkenntnisses läßt nicht erkennen, wodurch der Tatbestand der unbefugten Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes verwirklicht wurde. Im Sinne der oben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unterließ es damit die belangte Behörde, die von ihr als der Konzessionspflicht unterliegend angesehene Tätigkeit im Spruch zumindest durch einen Hinweis auf die Betriebsart zu beschreiben.

Was die erforderliche Konkretisierung in Punkt 1 a des Straferkenntnisses betrifft, ist überdies folgendes festzuhalten:

Gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1973 unterliegen die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen der Konzessionspflicht. Insofern nun dem Beschwerdeführer auch die Erzeugung von Pizze vorgeworfen wird, ist eine derartige Tätigkeit vom Tatbestand des § 189 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 nicht erfaßt.

Im übrigen liegt eine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches auch insoweit im Sinne des § 44a lit. c VStG 1950 vor, als für die beiden angelasteten Verstöße nur eine einzige Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt wurde, obgleich der Schuldspruch zwei Verwaltungsübertretungen umfaßt. Dadurch ist nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne der beiden zusammengefaßten Übertretungen ist, sodaß eine nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes in der Richtung, ob die belangte Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen hinsichtlich jeder einzelnen Übertretung im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, nicht möglich ist (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1986, Zl. 86/18/0176).

Die belangte Behörde belastete somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Da unter dem Titel "Barauslagen" Ersatz von Stempelgebühren nicht zugesprochen werden kann, war diesbezüglich das Mehrbegehren abzuweisen. (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1968, Verwaltungsgerichtshof Slg. Nr. 7432/A)

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