Normen
AbgVG Vlbg 1984 §3 Abs1;
KanalisationsG Vlbg 1976 §13 Abs3;
AbgVG Vlbg 1984 §3 Abs1;
KanalisationsG Vlbg 1976 §13 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 11. September 1986 richtete der Bürgermeister der Beschwerdeführerin an die Mitbeteiligte einen Bescheid, in dem es nach Hinweis auf § 13 des Kanalisationsgesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 33/1976 (KanalG), in Verbindung mit den §§ 9, 10, 11, 12 und 18 der Kanalordnung der Marktgemeinde A vom 21. Dezember 1976 in der derzeit geltenden Fassung im wesentlichen heißt:
"Sie sind (Mit)Eigentümer(in) der Gst. 1648, EZl. 1836
KG A.
Das (Die) vorbezeichnete(n) Grundstück(e) liegt (liegen) nach der Verordnung der Marktgemeinde A über die Festlegung des Einzugsbereiches des Sammelkanales vom 04.04.1981 im Einzugsbereich eines Sammelkanales.
Der Abgabenanspruch entstand mit der Betriebsfertigstellung des Sammelkanales.
SPRUCH:
Der (Die) genannte(n) Grundeigentümer(in) hat (haben) auf Grund des geltenden Beitragssatzes (10 % von S 2.500,00) S 250,00 je Bewertungseinheit folgenden Kanalisationsbeitrag zu leisten:
Erschließungsbeitrag Ausmaß Bew. Beitrag
für Gst(e): m2 v.H. Einh. S
1648 3412 5 170,60 42.650,00
10 % Mehrwertsteuer 4.265,00
GESAMTSUMME: 46.915,00"
Dagegen erhob die Mitbeteiligte Berufung, in der sie im wesentlichen vorbrachte, die Kanalisationsarbeiten im Bereich "unseres" Grundstückes seien vor Inkrafttreten des Kanalisationsgesetzes abgeschlossen gewesen. Die diesbezüglichen Dienstleistungen der beteiligten Baufirmen seien also vor mehr als 16 Jahren ausgeführt worden. Zu Unrecht sei daher dem Beitrag eine Bewertungseinheit von 1986 zugrunde gelegt worden. Gemäß § 13 Abs. 3 des KanalG wäre der Abgabenanspruch mit "Gemeindebeschluß des Flächenwidmungsplanes" vom 12. Juli 1979 entstanden, somit auf der Rechnungsbasis von 1979.
Mit Bescheid vom 23. Jänner 1987 wies die Abgabenkommission der beschwerdeführenden Gemeinde diese Berufung als unbegründet ab. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte hiezu im wesentlichen aus, Verjährung sei nicht eingetreten. Der Flächenwidmungsplan der Beschwerdeführerin sei am 27. Jänner 1981 in Kraft getreten. Die Verjährungsfrist habe somit am 31. Dezember 1986 geendet. Der geltende Beitragssatz sei auf der Grundlage der Herstellungskosten für den Sammelkanal jährlich neu festzulegen. Eine Bindung der Gemeinde bei Vorschreibung der Kanalisationsbeiträge an das frühere Preisniveau für die Herstellungskosten des Sammelkanals widerspreche bei zwischenzeitig eingetretener Erhöhung der Preise vergleichbarer Anlagen dem Gebot gleichmäßiger Aufteilung auf die Abgabepflichtigen.
Dagegen erhob die Mitbeteiligte Vorstellung und brachte darin, soweit für vorliegenden Rechtsstreit noch von Bedeutung, im wesentlichen abermals vor, die Kanalisationsarbeiten im Straßenabschnitt "unseres" Grundstückes seien anfangs der Siebzigerjahre beendet gewesen. Die Erschließungskosten hätten vor mehr als 15 Jahren zu damaligen "Rohrlaufmeter-Preisen" bezahlt werden können. Demgegenüber scheine die Einforderung eines Beitragssatzes, basierend auf den Kosten 1986, mit S 250,-- reichlich überhöht. Bei Erstellung des Flächenwidmungsplanes (1981) sei die Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen.
Mit Schreiben vom 15. April 1987 forderte die Vorarlberger Landesregierung als Vorstellungsbehörde die Beschwerdeführerin unter anderem auf, den Zeitpunkt der Fertigstellung des Kanals und der tatsächlichen Inbetriebnahme zu nennen. In der daraufhin erstatteten Äußerung vom 12. Mai 1987 brachte die Beschwerdeführerin hiezu vor, sie habe mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 9. September 1971 die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der Ortskanalisation durch den Bauabschnitt VI erhalten. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 14. Mai 1974 sei festgestellt worden, daß die ausgeführte Wasseranlage mit der erteilten Bewilligung übereinstimme und deshalb ordnungsgemäß errichtet worden sei. Weiters habe die Beschwerdeführerin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 13. Oktober 1965 die wassserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der Ortskanalisation A durch "BA 1a (BT 2, 3 und 4)" erhalten, wobei Bauteil 2 den Kanal in der Bahnhofstraße betreffe. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 2. April 1976 sei festgestellt worden, daß die ausgeführte Wasseranlage ordnungsgemäß errichtet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt könne aber von einer "Betriebsfertigstellung" des Sammelkanales nicht gesprochen werden, da überhaupt erst Anfang Dezember 1981 seitens des regionalen Abwasserverbandes mitgeteilt worden sei, daß ein Anschluß des neu errichteten Sammelkanales erfolgen könne, "welcher erst in der Folge realisiert wurde". Die Betriebsfertigstellung sei daher nach der Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes erfolgt, welcher mit 27. Jänner 1981 in Rechtskraft erwachsen sei.
Das zuletzt genannte, in Ablichtung im Akt erliegende Schreiben des regionalen Abwasserverbandes (richtig: Wasserverband "H" regionaler Abwasserverband) vom 30. November 1981 hat im wesentlichen folgenden Wortlaut:
"Betrifft: Inbetriebnahme des Verbandssammlers
Wir teilen Ihnen mit, daß der Verbandssammler fertiggestellt ist. Es können ab sofort die Hauskläranlagen angeschlossen werden ..."
Mit Schreiben vom 16. Juni 1987 teilte die Vorarlberger Landesregierung als Vorstellungsbehörde der Beschwerdeführerin mit, unter anderem auf Grund der Ausführungen im Bescheid vom 23. Jänner 1987 gehe sie davon aus, daß der Abgabenanspruch hinsichtlich des Erschließungsbeitrages mit Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes (27. Jänner 1981) entstanden sei. Falls gegen diese Annahme begründete Einwendungen bestünden, werde die Beschwerdeführerin ersucht, mitzuteilen, wann der errichtete Sammelkanal laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 2. April 1976 (Hauptsammler West) tatsächlich in Betrieb genommen worden sei, d.h., daß in diesen Sammelkanal nicht nur vorläufig Abwässer eingeleitet worden seien. Es werde darauf hingewiesen, daß nach fruchtlosem Ablauf von zwei Wochen das Einverständnis der Beschwerdeführerin zur oben angeführten Annahme vorausgesetzt und auf Grund der bisherigen Unterlagen abgesprochen werde.
Im Akt erliegt weiters ein Aktenvermerk der belangten Behörde vom 25. Juni 1987, in dem es heißt:
"Im Zuge eines Telefonates mit der Marktgemeinde A teilte der Gemeindesekretär, mit, daß der im Schreiben seitens der Landesregierung vom 16.6.1987 geäußerten Annahme, daß der Abgabenanspruch mit Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes (27.1.1981) entstanden sei, gefolgt wird. Demnach werde keine Stellungnahme zu diesem Schreiben abgegeben."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung wurde der Vorstellung der Mitbeteiligten Folge gegeben, der Bescheid der Abgabenkommission der Marktgemeinde A vom 23. Jänner 1987 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin zurückverwiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf das oben wiedergegebene Vorstellungsverfahren im wesentlichen aus, der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde A sei am 27. Jänner 1981 in Kraft getreten. Wann tatsächlich die Einleitung und Aufnahme der Abwässer in den Sammelkanal erfolgt sei, könne aus den vorgelegten Unterlagen nicht entnommen werden. Im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 2. April 1976 werde ausdrücklich festgehalten, daß nach Überprüfung der FERTIGGESTELLTEN ANLAGE dieselbe ordnungsgemäß errichtet worden sei. Nachdem der Sammelkanal zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt gewesen sei, könne angenommen werden, daß er zur Aufnahme von Abwässern dienen und demnach seiner Funktion habe gerecht werden können. Im gegenständlichen Fall sei der Abgabenanspruch mit der Widmung des Grundstückes im Flächenwidmungsplan entstanden. Die Verjährungsfrist habe am 1. Jänner 1982 begonnen und mit Ablauf des 31. Dezember 1986 geendet. Der Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin sei am 15. September 1986 zugestellt worden. Hinsichtlich des Erschließungsbeitrages liege somit keine Bemessungsverjährung vor.
Weiters führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides aus, im Abgabenverfahrensrecht gelte der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben. Das Kanalisationsgesetz sehe keine anders lautende gesetzliche Anordnung vor, sondern regle den Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld (abgabenspezifisch) materiell-rechtlich. Konkret bedeute das im gegenständlichen Fall, daß für die Berechnung des Erschließungsbeitrages jener Beitragssatz heranzuziehen sei, der auf Grund eines Gemeindevertretungsbeschlusses zum Zeitpunkt 27. Jänner 1981 in Geltung gestanden sei. Die neu zu erlassende Verordnung könne nicht zurückwirken, sodaß bereits entstandene Abgabenansprüche dadurch nicht erhöht werden könnten. Da der Abgabenanspruch im Jahr 1981 entstanden sei, könne bei der Ermittlung des Erschließungsbeitrages nicht jener Beitragssatz herangezogen werden, der im Jahre 1985 in Geltung gestanden sei. Ein durch "Zuwarten" der Behörde resultierender Zinsverlust könne nicht dem Abgabenschuldner angelastet werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem Vorbringen in ihrem Recht verletzt, daß der Berufungsbescheid vom 31. Jänner 1987 durch die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde nicht bzw. nicht mit der angegebenen, Bindung erzeugenden Begründung aufgehoben werde. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Auch die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.
Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde erstatteten unaufgefordert je eine weitere Äußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Vorarlberger Kanalisationsgesetzes, LGBl. Nr. 33/1976, in der anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 62/1988 bzw. der Neukundmachung LGBl. Nr. 5/1989 (KanalG), lauten:
"4. Abschnitt
Kanalisationsbeiträge
§ 11
Allgemeines
(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung der Gemeindevertretung im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zur Deckung der ihnen durch die Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage erwachsenden Kosten Kanalisationsbeiträge zu erheben.
...
(3) Kanalisationsbeiträge sind der Erschließungsbeitrag, der Anschlußbeitrag, der Ergänzungsbeitrag und der Nachtragsbeitrag.
...
(6) Das Beitragsausmaß ergibt sich aus dem mit der Bewertungseinheit vervielfachten Beitragssatz.
§ 12
Beitragssätze
(1) Die Gemeindevertretung hat durch Verordnung den Beitragssatz festzusetzen. Dieser darf 8 v.H. und, wenn eine gemeinsame Abwasserreinigungsanlage besteht, in die ungeklärte häusliche Abwässer eingeleitet werden können, 12 v.H. jenes Betrages nicht überschreiten, der den Durchschnittskosten für die Herstellung eines Laufmeters Rohrkanal für die Abwasserbeseitigungsanlage im Durchmesser von 400 mm in einer Tiefe von 3 m entspricht.
...
§ 13
Erschließungsbeitrag
(1) Für die Erschließung innerhalb des Einzugsbereiches eines Sammelkanales gelegener Grundstücke, die in einem Flächenwidmungsplan als Bauflächen oder als bebaubare Sonderflächen gewidmet sind, kann ein Erschließungsbeitrag erhoben werden, wenn in den Sammelkanal Abwässer nicht nur vorläufig eingeleitet werden dürfen.
(2) Die Bewertungseinheit hat 5 v.H. der in den Einzugsbereich fallenden Grundstücksfläche (m2) zu betragen.
(3) Der Abgabenanspruch entsteht mit der Betriebsfertigstellung des Sammelkanales. Erfolgt die Betriebsfertigstellung jedoch vor der Widmung der betreffenden Grundstücke als Bauflächen oder als bebaubare Sonderflächen, so entsteht der Abgabenanspruch mit der Rechtswirksamkeit der Widmung.
...
§ 28
Übergangsbestimmungen
...
(3) ... Wenn der Tatbestand, an den dieses Gesetz die Einhebung eines Kanalisationsbeitrages knüpft, bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verwirklicht worden ist, entsteht der Abgabenanspruch mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.
..."
Die Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin hat mit Beschluß vom 21. Dezember 1976 eine Kanalordnung beschlossen, deren wesentliche Bestimmungen (in der Fassung vom 13. Dezember 1979) wie folgt lauten:
"§ 10
Beitragsausmaß und Beitragssatz
(1) Das Ausmaß der Kanalisationsbeiträge ergibt sich aus dem mit der Bewertungseinheit (§§ 13, 14 und 17 des Kanalisationsgesetzes) vervielfachten Beitragssatz.
(2) Der Beitragssatz beträgt 10 v.H. jenes Betrages, der den Durchschnittskosten für die Herstellung eines Laufmeters Rohrkanal für die Abwasserbeseitigungsanlage im Durchmesser von 400 mm in einer Tiefe von 3 m entspricht. Der Beitragssatz ist jährlich neu festzusetzen."
Für das Kalenderjahr 1981 betrug der Beitragssatz nach § 10 Abs. 2 der Kanalordnung S 216,--.
Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, auch nach ihrer Meinung sei Verjährung nicht eingetreten. Nicht gedeckt sei aber die Auffassung der belangten Behörde, wonach im gegenständlichen Fall der Abgabenanspruch mit der Widmung des Grundstückes im Flächenwidmungsplan entstanden sein solle. Diese Behauptung stehe im Widerspruch zu der im selben Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides einleitend hervorgehobenen Tatsache, wonach den vorgelegten Unterlagen nicht entnommen werden könne, wann tatsächlich die Einleitung und Aufnahme der Abwässer in den Sammelkanal erfolgt sei. "Diese Behauptung" (gemeint: die Aussage, daß der Abgabenanspruch mit der Widmung des Grundstücks im Flächenwidmungsplan entstanden sei) stehe aber auch im Widerspruch zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Vorstellungsverfahren, wonach der gegenständliche Sammelkanal erst nach dem Dezember 1981 "erfolgt" sei. Die Frage aber, ob im Jahre 1981 oder erst im Jahre 1982 der Sammelkanal als "betriebsfertig" anzusehen sei, sei jedenfalls im Hinblick auf die von der belangten Behörde vertretene (von der Beschwerdeführerin bestrittene) Rechtsauffassung zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes für die Berechnung der Höhe des Erschließungsbeitrages beachtlich, weil diese Gebühren jährlich neu festzusetzen seien. Durch den angefochtenen Bescheid würde diesbezüglich eine bindende Fixierung auf das Jahr 1981 erfolgen. Diese die Aufhebung tragende Begründung sei jedoch nicht in einem mängelfreien Ermittlungsverfahren zustande gekommen, sondern basiere auf einer bloßen Vermutung der belangten Behörde.
Im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen beruft sich die Beschwerdeführerin sodann auf NACH Erlassung des angefochtenen Bescheides gepflogene Erhebungen, aus denen sich gleichfalls ergebe, daß die Betriebsfertigstellung des Sammelkanales erst im Jahre 1982 erfolgt sei.
Diesem Vorbringen, das sich inhaltlich (wenn auch nicht in seinen Formulierungen) mit dem im hg. Verfahren 87/17/0304 erstatteten Vorbringen der Beschwerdeführerin deckt, kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Wegen des diesbezüglich übereinstimmenden Sachverhaltes im zuletzt genannten und im gegenständlichen Verfahren - insbesondere ist das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 12. Mai 1987 gemeinsam in beiden Vorstellungsverfahren ergangen - kann sich der Verwaltungsgerichtshof darauf beschränken, zu dieser Frage gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des betreffenden Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 87/17/0304, zu verweisen, wonach die Feststellung bzw. "Annahme", der dort gegenständliche Sammelkanal sei bereits im Jahre 1974 bzw. mit der Fertigstellung des Verbandssammlers "betriebsfertiggestellt" gewesen, sowie die daraus gezogene rechtliche Folgerung, der Abgabenanspruch sei im Jahre 1981 entstanden, auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren beruht. Der vorliegende Fall unterscheidet sich in diesem Punkt von dem zu Zl. 87/17/0304 entschiedenen nur dadurch, daß im Beschwerdefall die belangte Behörde ihre "Annahme" der Betriebsfertigstellung des hier relevanten Sammelkanales auf den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 2. April 1976 und nicht auf jenen vom 14. Mai 1974 stützte, was an der Beurteilung des aufsichtsbehördlichen Verfahrens als mangelhaft jedoch nichts ändert.
Ohne entscheidende Bedeutung ist auch das (nur im Beschwerdefall ergangene) oben wiedergegebene Schreiben der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin vom 16. Juni 1987 und der Aktenvermerk vom 25. Juni desselben Jahres. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 92 Abs. 4 erster Satz der Vorarlberger Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 40/1985, für das Verfahren vor der Aufsichtsbehörde - von einer hier nicht relevanten Ausnahme abgesehen - ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Verfahrens ausschließlich die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten. Nun ist im § 37 AVG 1950 der Grundsatz der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit und der Einräumung des Parteiengehörs verankert. Ebenso galt freilich für die beschwerdeführende Gemeinde auch die der Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit korrespondierende Mitwirkungspflicht. Die Pflicht zur Einräumung des Parteiengehörs bezog sich dabei nur auf die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, nicht aber auf die rechtliche Würdigung des festgestellten oder festzustellenden Sachverhalts.
Mißt man nun das Schreiben der belangten Behörde vom 16. Juni 1987 an diesen Grundsätzen, so ist zunächst festzuhalten, daß es sich bei der Frage, wann der Abgabenanspruch hinsichtlich des Erschließungsbeitrages entstanden ist, um eine Rechtsfrage handelt. Schon deshalb entsprach es nicht dem Gesetz, wenn die belangte Behörde in diesem Schreiben aussprach, nach fruchtlosem Ablauf von zwei Wochen werde das Einverständnis der Beschwerdeführerin mit der Annahme, daß der Abgabenanspruch mit Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes (27. Jänner 1981) entstanden sei, vorausgesetzt; dies ganz abgesehen davon, daß auch sonst für eine derartige Fristsetzung unter der angeführten Sanktion sich keine gesetzliche Grundlage auffinden läßt.
Was jedoch das Ersuchen anlangt, innerhalb der genannten Frist mitzuteilen, wann der errichtete Sammelkanal laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 2. April 1976 tatsächlich in Betrieb genommen worden sei, so durfte die belangte Behörde aus der Nichtbeantwortung dieser Frage noch nicht den Schluß ziehen, daß damit die in der vorangegangenen Äußerung vom 12. Mai 1987 aufgestellte Behauptung der Beschwerdeführerin, es könne von einer "Betriebsfertigstellung" zum Zeitpunkt des erwähnten Bescheides vom 2. April 1976 NICHT gesprochen werden und es sei die Betriebsfertigstellung erst "in der Folge", d.h. nach Anfang Dezember 1981 erfolgt, als zurückgezogen oder gegenstandslos zu gelten haben.
Ohne Bedeutung ist schließlich auch die im Amtsvermerk vom 25. Juni 1987 festgehaltene Erklärung des Gemeindesekretärs der Beschwerdeführerin, weil auch diese Erklärung lediglich eine rechtliche Beurteilung zum Gegenstand hat.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß ihrer Auffassung nach für die Höhe des Abgabenanspruches der Zeitpunkt der tatsächlichen Vorschreibung maßgeblich sei. Auch zu dieser Frage wurde im Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 87/17/0304, Stellung genommen, und zwar dahingehend, daß diese Ansicht nicht zutrifft, sondern nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben jener Beitragssatz der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages zugrundezulegen war, der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches nach § 13 Abs. 3 KanalG in Geltung stand.
Zusammenfassend ist auch im vorliegenden Fall zu sagen, daß die belangte Behörde zwar ihren aufhebenden Vorstellungsbescheid insofern in nicht rechtswidriger Weise begründet hat, als sie davon ausging, es sei der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltenden Beitragssatz anzuwenden. Der weitere tragende Aufhebungsgrund, es sei bei der Beitragsfestsetzung der im Jahre 1981 geltende Beitragssatz anzuwenden, beruht jedoch auch hier auf einer unzulänglichen Tatsachenfeststellung.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.
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