VwGH 86/07/0237

VwGH86/07/023725.9.1990

1. AP, 2. EP, 3. MP 4. HP gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juli 1986, Zl. 14.855/09-I4/86, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Wasserverband S-Regulierung)

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §48 Abs1 lita;
VwGG §48 Abs1 Z1 impl;
WRG 1959 §115 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §48 Abs1 lita;
VwGG §48 Abs1 Z1 impl;
WRG 1959 §115 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die erteilte Bewilligung für den 1. Bauabschnitt betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. März 1964 war die S-Regulierung zum bevorzugten Wasserbau erklärt und mit Bescheid dieser Behörde vom 24. März 1986 die Bevorzugungserklärung auf die Strecke zwischen Fluß-km 36,010 und 55,214 ausgedehnt worden.

Dieselbe Behörde erließ hierauf nach Durchführung einer Bewilligungsverhandlung am 29. Juli 1986 den Bescheid vom 30. Juli 1986, mit welchem sie unter Spruchabschnitt I. dem nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Wasserverband gemäß §§ 41 ff, 60 ff, 100 Abs. 2, 111, 114 und 115 WRG 1959 sowie §§ 17 ff Forstgesetz 1975 "die wasser- und forstrechtliche Bewilligung" für die in den Projektsunterlagen "S, O, Detailentwurf 1983, 1. Bauabschnitt,

W km 37,170" und "S, O, Detailentwurf 1983, 2. Bauabschnitt, B, HW-Dämme, km 36,010 - km 36,702" dargestellten Maßnahmen gemäß der in Abschnitt A dieses Bescheides enthaltenen Projektsbeschreibung und gemäß den in Abschnitt B dieses Bescheides enthaltenen Bedingungen und Auflagen erteilte; unter Spruchabschnitt IV. wurden nachstehende Forderungen gemäß den im Spruchabschnitt I. genannten Gesetzesstellen zurückgewiesen:

a) Entschädigungsforderungen; b) Forderungen, die wasserrechtliche Bewilligung (zu) versagen; c) Anträge auf Wiederaufnahme des Bevorzugungserklärungsverfahrens bzw. auf Wiedereinsetzung des diesbezüglichen Verfahrens in den vorigen Stand bzw. auf Aufhebung des Bevorzugungserklärungsbescheides. In der Begründung wurde - nur insofern sind die dortigen Ausführungen für den vorliegenden Beschwerdefall von Interesse - in bezug auf das Vorbringen von Parteien - auch die Beschwerdeführer bzw. ihre Rechtsvorgänger nahmen als Eigentümer durch das Vorhaben berührter Grundstücke am Verfahren teil - in der Bewilligungsverhandlung am 29. Juli 1986 zunächst unter Hinweis auf die Trennung des Bewilligungs- vom Enteignungs- und Entschädigungsverfahren beim bevorzugten Wasserbau die Unzuständigkeit der Bewilligungsbehörde für die meritorische Behandlung von Entschädigungsforderungen festgestellt. Sodann wurde auf der Grundlage der Regelung des § 115 Abs. 2 WRG 1959 die bloße Ablehnung des Vorhabens, die überdies in manchen Fällen gar nicht begründet worden sei, bei bevorzugten Wasserbauten für unzulässig erklärt und auf gestellte Wiederaufnahme- und Wiedereinsetzungsanträge betreffend den Bevorzugungsbescheid eingegangen. Schließlich wurde ausgeführt, der Bewilligungsbehörde sei die Prüfung verwehrt, ob ein angestrebtes Ziel allenfalls auf andere Art ebenfalls erreicht werden könnte; sie habe nur ein bei ihr eingereichtes Projekt zu untersuchen, ob es unter Bedachtnahme auf öffentliche Interessen und Rechte Dritter zu bewilligen oder abzulehnen sei, weshalb alles Vorbringen dahin, ob eine Hochwassersicherheit nicht auf andere Weise zu erreichen wäre, nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein könne. Bei Gestaltung der Hochwasserschutzanlagen werde im übrigen die Grundinanspruchnahme im geringstmöglichen Ausmaß zu erfolgen haben und eine die ökologische Funktionsfähigkeit eines Gewässers nicht beeinträchtigende Ausführung zu wählen sein.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Berücksichtigung der von ihnen erhobenen Einwendungen sowie auf Durchführung von Drainagierungsmaßnahmen noch vor Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung verletzt erachten.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der

sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 115 Abs. 1 WRG 1959 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten der WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252/1990) haben die durch einen bevorzugten Wasserbau berührten Dritten grundsätzlich nur den Anspruch auf angemessene Entschädigung; wird vor Bewilligung des Bauvorhabens - wie dies im Beschwerdefall geschehen ist - eine mündliche Verhandlung durchgeführt, so können gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen die Beteiligten Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird.

Was zunächst das Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend eine unzureichende Vorsorge für Drainagierungsmaßnahmen durch die Antragstellerin anlangt, ist zu bemerken, daß es sich hiebei um einen auf Verwaltungsebene nicht erhobenen Einwand, auf welchen die belangte Behörde einzugehen daher gar nicht in der Lage war, und zugleich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt.

Die Beschwerdeführer haben im Bewilligungsverfahren aufgrund der Kundmachung und Ladung betreffend die mündliche Verhandlung vom 29. Juli 1986 - an der sie in der Folge nicht teilgenommen haben - rechtzeitig folgende schriftliche Äußerung vom 22. Juli 1986 abgegeben:

"Zur mündlichen Bewilligungsverhandlung am 29. Juli 1986 betreffend S-Regulierung in B - Sägewerk bringen wir folgendes vor:

Als Eigentümer der Grundstücke 9677, 9678 und 9679 sprechen wir uns grundsätzlich gegen die Ausführung der im Projekt vorgesehenen Zufahrtsrampe aus, da diese für die Benutzung unserer Grundstücke nicht notwendig ist.

Weiters sind wir nicht bereit, die notwendigen Grundflächen für das vorliegende Regulierungsprojekt zur Verfügung zu stellen. Diese unsere Stellungnahme haben wir bereits zur Wasserrechtsverhandlung am 10. Mai 1984 schriftlich der Bezirkshauptmannschaft in Güssing zur Kenntnis gebracht."

Im vorliegenden Fall geht es allein um die gegen die Zufahrtsrampe gerichtete Einwendung; das auf diese folgende Vorbringen liegt außerhalb der durch § 115 WRG 1959 einem Begehren durch das Vorhaben berührter Beteiligter gezogenen Grenzen; hierauf beziehen sich auch die Beschwerdeausführungen nicht.

Zu jener Einwendung meinen nun die Beschwerdeführer, es wäre unklar geblieben, ob die betreffende Abfahrtsrampe überhaupt von der Bewilligung erfaßt wurde. Diese Frage ist jedoch zu bejahen, weil der angefochtene Bescheid "die in den

Projektsunterlagen ... dargestellten Maßnahmen" umfaßt, die

Abfahrtsrampe zu diesen gehört, die zugehörigen Pläne mit dem Vermerk, daß sich hierauf der angefochtene Bescheid beziehe, versehen sind und der Hinweis auf die im Bescheid enthaltene Projektsbeschreibung - in der die Abfahrtsrampe nicht eigens erwähnt ist - im gegebenen Zusammenhang nicht als (stillschweigende) Einschränkung des Vorhabens bezüglich aller nicht ausdrücklich dort angegebenen Details verstanden werden kann.

Die Beschwerdeführer vermissen des weiteren, und zwar zu Recht, einen Abspruch über ihre Einwendung. Denn diese betraf ganz offensichtlich keine der in Spruchabschnitt IV. des angefochtenen Bescheides bezeichneten Arten von

- zurückgewiesenen - Forderungen. Die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung ohne Abspruch über erhobene Einwendungen ist jedoch einer Abweisung derselben gleichzuhalten (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1980, Zl. 2184/78). Die von den Beschwerdeführern erhobene Einwendung ist nicht als untauglich zu erkennen; sie betraf das gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 geschützte Recht des Grundeigentums und hatte eine Abänderung des Entwurfes zum Ziel, von welcher erst unter Wahrung des Parteiengehörs sachverhaltsbezogen zu ermitteln war, ob sie das Bauvorhaben wesentlich erschwert oder einschränkt (siehe dazu Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, S. 553). Dies ist im Beschwerdefall nicht geschehen, ja es ist auf das betreffende Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren und im angefochtenen Bescheid mit keinem Wort eingegangen worden. Die nun einschlußweise erfolgte Abweisung der Einwendung erweist sich daher als gänzlich unbegründet. Die in der Gegenschrift enthaltenen Ausführungen über den Zweck der in Rede stehenden Abfahrtsrampe - die sich auch den Projektsunterlagen nicht entnehmen lassen - können die fehlenden Erörterungen und die unterlassene Begründung nicht ersetzen (siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 533 und 607, angegebene Rechtsprechung).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG, und zwar, da die Einwendung und der zugehörige Begründungsmangel nur den ersten Bauabschnitt betraf, in dem hierauf bezogenen Bewilligungsumfang, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen.

Im fortzusetzenden Verfahren wird auf die durch die WRG-Novelle 1990 eingetretene Änderung der Rechtslage Bedacht zu nehmen sein.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Stempelübergebühren in der Höhe von S 120,-- konnten nicht vergütet werden (vgl. die Judikatur bei Dolp, a. a.O., S. 681).

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