VwGH 84/07/0181

VwGH84/07/01815.7.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde des FM in U, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 5-9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. März 1984, Zl. 511.421/01-I 5/84, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §32 Abs1;
AVG §56;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §32 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. März 1983 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufgetragen, die Baggergrube auf seinem Grundstück 442/1, KG U bis auf Kote 148,0 m ü.A. mit sanitär einwandfreiem, bodenständigem oder diesem gleichwertigem Material aufzufüllen, um eine Gefährdung des Grundwassers hintanzuhalten. Mit Bescheid vom 28. März 1984 gab der Bundesminister für Land-und Forstwirtschaft der Berufung des Beschwerdeführers, in der dieser erklärt hatte, das Grundstück im Jahr 1946 bereits im selben Zustand erworben und selbst nur Gestrüpp, Unkraut und Kriegsmaterial entfernt, aber keinen Schotter entnommen zu haben, gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge, wobei er die Frist zur Durchführung der Maßnahmen erstreckte.

Begründend wurde zunächst auf ein von der Rechtsmittelbehörde eingeholtes Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen verwiesen, dem zufolge schon allein aus dem Bestand des betreffenden Baggerteiches negative und keinesfalls geringfügige Einwirkungen auf das Grundwasser resultierten, wogegen der Beschwerdeführer trotz gebotener Gelegenheit nichts vorgebracht habe. Sodann wurde unter Bezugnahme auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 ausgeführt, im vorliegenden Fall sei unbestrittenermaßen nie eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden. Aus dem genannten Gutachten ergebe sich, daß die vorhandene Grube im Schwankungsbereich des Grundwassers liege und die bei Naßbaggerungen erforderliche Größe der freien Wasseroberfläche von mindestens 3 ha bei weitem nicht erreiche, was zur Folge habe, daß eine sich in trockenen Zeiten in der Grube entwickelnde Vegetationsdecke bei Höhersteigen des Grundwasserspiegels überflutet werde und wieder absterbe, wodurch die dabei verfaulende Pflanzenmasse das Wasser in der Grube verunreinige, welches seinerseits mit dem den Teich umgebenden Grundwasser zusammenhänge; auf diese Weise würden zumindest alle im Teichwasser in Lösung gegangenen Verbindungen dieser Verunreinigung in das Grundwasser einsickern: eine derartige negative Beeinflussung des Grundwassers könne Brunnen unbrauchbar machen. Daraus gehe klar hervor, daß schon der Bestand des bezeichneten Baggerteiches - unabhängig von der Frage, wer ihn seinerzeit errichtet habe - eine Anlage darstelle, von der das geringfügige Ausmaß übersteigende Einwirkungen auf das Grundwasser ausgingen. Unbestrittenerweise sei der Beschwerdeführer schon seit Jahrzehnten Eigentümer des Grundstückes, auf dem sich diese die Einwirkungen verursachende Anlage befinde, und somit auch deren Eigentümer; daher seien ihm auch die von dort ausgehenden Einwirkungen auf das Grundwasser zuzurechnen. Da der Beschwerdeführer über eine - gemäß § 32 Abs. 1 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung für die bezeichneten Einwirkungen aus seiner Teichanlage nicht verfüge, sei ihm der Beseitigungsauftrag gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu Recht erteilt worden.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben des an ihn ergangenen wasserpolizeilichen Auftrages verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten (lit. a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder unterlassene Arbeiten nachzuholen. Gemäß § 32 Abs. 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig, wobei bloß geringfügige Einwirkungen, der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung bis zum Beweis des Gegenteiles nicht als Beeinträchtigung gelten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. November 1981, Slg. Nr. 10.599/A) ist eine Vorgangsweise dann als eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 zu beurteilen, wenn für sie eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen, diese aber nicht erwirkt worden ist.

In der Beschwerde wird der belangten Behörde zunächst vorgeworfen, sie habe nicht berücksichtigt, daß der Zustand des Grundstückes, von dem sie ausgegangen sei, möglicherweise bereits vor dem Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes am 1. November 1934 bestanden habe, weshalb die Beseitigung einer derartigen Anlage nicht gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 hätte angeordnet werden dürfen. Selbst wenn aber die eben genannten Zeitangaben zuträfen - die vorliegenden Verwaltungsakten enthalten darüber keine näheren Angaben -, ließe sich hieraus für die Beschwerde nichts gewinnen; denn der Fortbestand bereits vor dem Inkrafttreten der WRG-Novelle 1959 am 1. Mai 1959 bestehender Wasserbenutzungen, die nach den bis dahin geltenden Bestimmungen im Gegensatz zur Rechtslage seither einer Bewilligung nicht bedurften, ist gemäß § 142 Abs. 1 WRG 1959 davon abhängig, daß die Eintragung dieser Rechte im Wasserbuch, sofern sie nicht schon erfolgt war, binnen Jahresfrist, also bis 30. April 1960, beantragt wurde. Daß dieser Voraussetzung im Beschwerdefall entsprochen wurde, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde enthaltene Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Februar 1974, Zl. 1353/73, ist insofern unzutreffend, als es sich bei jenem im Gegensatz zu diesem Beschwerdefall, um einen anderen Sachverhalt und in rechtlicher Hinsicht um die Frage der Anwendbarkeit des § 38 Abs. 1 WRG 1959 (§ 34 Abs. 1 WRG 1934), der besondere bauliche Herstellungen betrifft, gehandelt hatte.

Der Beschwerdeführer meint des weiteren, er selbst habe gegen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes nicht verstoßen, da das Grundstück im Jahr 1946 von ihm bereits in dem Zustand erworben worden sei, in dem es sich nun befinde. Wie der Verwaltungsgerichtshof aber in seinen Erkenntnissen vom 18. September 1984, Zl. 83/07/0244, 0245, und vom 20. November 1984, Zl. 84/07/0210, 0211, ausgesprochen und begründet hat, ist als Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 nicht allein das bewilligungslose Setzen einer der wasserrechtlichen Bewilligung - hier nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 - bedürftigen punktuellen Maßnahme, sondern auch das Fortdauern des durch die betreffende Maßnahme herbeigeführten Zustandes zu verstehen, weshalb auch die weitere Aufrechterhaltung eines solcherart konsenslos geschaffenen Zustandes eine Übertretung des Wasserrechtsgesetzes im Sinn des § 138 Abs. 1 WRG 1959 darstellt.

Der Beschwerdeführer nimmt ferner auf das Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 9. Mai 1963, Zl. 545/62, Bezug und glaubt, daraus ableiten zu können, daß die Wasserrechtsbehörde in Fällen eigenmächtiger Neuerungen nur Alternativaufträge (nach § 138 Abs. 2 WRG 1959) erteilen dürfe. Eine derartige Rechtsanschauung - die dem Gesetz (§ 138 Abs. 1 WRG 1959) widerspräche - hat der Verwaltungsgerichtshof indessen nie vertreten. In dem vom Beschwerdeführer erwähnten Erkenntnis ist lediglich hervorgehoben worden, daß unter den Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 WRG 1959 ein Alternativauftrag zu erteilen ist, hingegen eine bloße Aufforderung, um eine wasserrechtliche Bewilligung einzukommen, die Partei nicht zum Handeln verpflichtet und nicht vollstreckbar ist.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich auf eigene Wasserrechte verweist, die, wie seine Berufung zeigt, Brunnen zur Grundwasserentnahme für Beregnungszwecke betreffen, wird hierdurch die Berechtigung der Behörde zum getroffenen wasserpolizeilichen Auftrag, nicht berührt.

Den sachkundigen Feststellungen in dem von der belangten Behörde eingeholten wasserbautechnischen Gutachten ist der Beschwerdeführer trotz gebotener Gelegenheit nicht entgegengetreten. Das gesetzliche Erfordernis des öffentlichen Interesses, von dem bereits die Behörde erster Instanz ausgegangen ist, findet in dem im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen, im Berufungsverfahren bestätigten, vom Beschwerdeführer nicht entkräfteten Amtssachverständigengutachten seine sachliche Rechtfertigung.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 5. Juli 1988

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