VwGH 87/10/0098

VwGH87/10/00989.11.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des GH in S, vertreten durch Dr. Heinz Walter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 23/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 10. Februar 1987, Zl. 12.322/02-I 2/87, (mitbeteiligte Partei: HH in S, vertreten durch Dr. Herbert Thaler, Rechtsanwalt in Villach, Gerbergasse 3/1), betreffend Parteistellung in einem forstrechtlichen Verfahren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §21;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §8;
ForstG 1852 §1;
ForstG 1852 §5;
ForstG 1975 §184 Z3;
ForstG 1975 §19 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §21;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §8;
ForstG 1852 §1;
ForstG 1852 §5;
ForstG 1975 §184 Z3;
ForstG 1975 §19 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.870,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. September 1974 hatte die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau der mitbeteiligten Partei gemäß § 2 des Forstgesetzes 1852 (RGB1. Nr. 250, im folgenden kurz: FG 1852) die Bewilligung zur Rodung der Parzellen Nr. nnnn/1, KG. B., (im Ausmaß von 766 m2) und Nr. nnnn/2, KG. B., (im Ausmaß von 3.852 m2) erteilt. Aus der Begründung dieses Bescheides geht (ebenso wie aus der bezüglichen Verhandlungsschrift vom 23. August 1974) hervor, dass die geplante Rodungsfläche der Parzelle Nr. nnnn/2 im Westen durch landwirtschaftlich genutzte Flächen begrenzt wird. Diesem Bewilligungsverfahren war der Beschwerdeführer nicht beigezogen worden, auch wurde ihm die erwähnte Rodungsbewilligung nicht zugestellt.

Am 19. Juli 1985 richtete der Beschwerdeführer an die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau ein Schreiben, in welchem er auf das obzitierte Rodungsverfahren Bezug nahm und vorbrachte, angrenzend an die Parzellen Nr. nnnn/2 und nnnn/1 (nach der Aktenlage richtig nur an Parzelle Nr. nnnn/2) befinde sich im Westen ein Waldstreifen auf den (im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden) Parzellen Nr. nnnn/3 und "nnna" (richtig nach der Aktenlage: nnnb). Der Beschwerdeführer beanspruche gemäß § 8 AVG 1950 die Stellung als Partei und damit auch die Zustellung des entsprechenden Bescheides (gemeint: der Rodungsbewilligung).

Da die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau über diesen Antrag des Beschwerdeführers nicht innerhalb der Frist von 6 Monaten entschied, stellte dieser ein schriftliches Verlangen gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 an den Landeshauptmann von Kärnten.

Da auch dieser nicht innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist entschied, stellte der Beschwerdeführer ein neuerliches derartiges Verlangen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1987 sprach der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft aus, dass dem Verlangen des Beschwerdeführers auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 73 Abs. 2, erster Satz, AVG 1950 stattgegeben und gemäß § 8 AVG 1950 der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung für das Rodungsverfahren, welches mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 2. September 1974 abgeschlossen worden sei, zurückgewiesen werde.

In der Begründung führte der Bundesminister zur Parteistellung des Beschwerdeführers im wesentlichen aus, es seien die zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (betreffend die Erteilung der Rodungsbewilligung) maßgeblichen Rechtsvorschriften heranzuziehen. Ein die Parteistellung des Eigentümers der an eine Rodungsfläche angrenzenden Grundfläche begründendes subjektives Recht sei aus § 5 FG 1852 ableitbar (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1972, Slg. Nr. 6851). Dem Beschwerdeführer wäre im durchgeführten Rodungsverfahren nach dieser Gesetzesstelle Parteistellung insoweit zugekommen, als sein Wald durch Rodung auf dem unmittelbar angrenzenden Waldgrundstück der Gefahr einer Windbeschädigung ausgesetzt worden wäre. Die gegenständlichen Grundflächen seien jedoch zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides am 2. September 1974, aber auch während des vom Landeshauptmann von Kärnten durchgeführten Ermittlungsverfahrens (gemeint: welches auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 19. Juli 1985 eingeleitet wurde) im Kataster als landwirtschaftlich genutzte Flächen ausgewiesen gewesen. Auch die von diesen Behörden durchgeführten Erhebungen an Ort und Stelle hätten nichts Gegenteiliges hervorbringen können. Weitere Unterlagen zum Nachweis der Waldeigenschaft habe der Beschwerdeführer nicht beizubringen vermocht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 14. Mai 1987, Zl. B 237/87, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg sei festgestellt, dass der angefochtene Bescheid nach seiner Begründung erkennen lässt, dass die belangte Behörde in Wahrheit eine - abweisende - Sachentscheidung getroffen hat; der Beschwerdeführer wurde daher dadurch, dass die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides das Ansuchen des Beschwerdeführers "zurück"-wies, in keinem subjektiven Recht verletzt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 577 oben, zitierte hg. Vorjudikatur). Weiters geht der Gerichtshof davon aus, dass damit nicht nur über den erwähnten Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Juli 1985 auf Zuerkennung der Parteistellung, sondern einschlussweise auch über den damit verbundenen Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 2. September 1974 im Sinne einer Abweisung dieses Begehrens abgesprochen wurde.

Gemäß § 180 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Forstgesetzes 1975 (BGBl. Nr. 440) traten mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (das ist nach § 179 Abs. 1 leg. cit. der 1. Jänner 1976) die §§ 1 bis 21 des FG 1852 außer Kraft. Nach § 184 Z. 3 des Forstgesetzes 1975 gelten im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtskräftige Bescheide über Rodungsbewilligungen als solche im Sinne des § 18; zu diesem Zeitpunkte anhängige Verfahren sind nach den Bestimmungen des § 2 FG 1852 durchzuführen. Da nur rechtskräftige, auf Grund des FG 1852 erteilte Rodungsbewilligungen als entsprechende Bescheide nach dem Forstgesetz 1975 gelten, ist die Frage der Parteistellung einer übergangenen Partei nach den bei Erlassung eines solchen Bescheides maßgeblich gewesenen Rechtsvorschriften zu beantworten. Weiters sind unter "anhängigen" Verfahren im Sinne des § 184 Z. 3 Forstgesetz 1975 auch solche Verfahren zu verstehen, in denen jemand geltend macht, er sei in Bezug auf ein nach dem FG 1852 durchgeführtes Verfahren übergangene Partei.

Der Beantwortung der Frage, ob dem Beschwerdeführer in dem in Rede stehenden Rodungsbewilligungsverfahren Parteistellung zugekommen wäre, sind daher die entsprechenden Bestimmungen des FG 1852 zu Grunde zu legen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 28. April 1977, Zlen. 273, 274/77, unter Bezugnahme auf das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1972, Slg. Nr. 6851, zum Ausdruck gebracht, den damaligen Beschwerdeführern sei im durchgeführten Verwaltungsverfahren gemäß § 5 FG 1852 Parteistellung insoweit zugekommen, als ihr Wald durch Rodung oder Schlägerung auf dem unmittelbar angrenzenden Waldgrundstück der Gefahr einer Windbeschädigung ausgesetzt werde. Sohin sei ihnen nur das Recht zugestanden, in dem aufgezeigten, begrenzten Umfang zur Frage der Erteilung der Rodungsbewilligung Einwendungen zu erheben und im Falle der Stattgebung des Rodungsansuchens den Bescheid im administrativen Instanzenzug und nach Erschöpfung desselben durch Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anzufechten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 12. April 1951, 1302/50, Slg. Nr. 2041/A, die Rechtsansicht vertreten, die Bestimmung des § 5 FG 1852 bezüglich des Schutzes des Nachbarwaldes komme "überhaupt nicht in Frage", wenn der zu schützende Waldstreifen lediglich eine Breite von 3 bis 4 m habe, da dieser dann nicht als zu schützender "Wald" im Sinne des § 5 leg. cit. bezeichnet werden könne.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem forsttechnischen Gutachten vom 28. August 1986 in Verbindung mit einem weiteren derartigen Gutachten vom 28. September 1984 (welches der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat), dass die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Parzellen Nr. nnnn/3 und nnnb eine Bestockung in einer Breite von ca. 5 m aufweisen, was auch im Einklang mit den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten Fotos steht und wogegen der Beschwerdeführer nichts vorbrachte.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher die Ansicht der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer im erwähnten Rodungsverfahren keine Parteistellung zukam, ist doch im Sinne des obzitierten hg. Erkenntnisses vom 12. April 1951, Slg. Nr. 2041/A, jedenfalls auch ein Waldstreifen, der lediglich eine Breite von ca. 5 m hat, noch nicht als zu schützender "Wald" gemäß § 5 FG 1852 zu bezeichnen. Dem von einer gegenteiligen Annahme ausgehenden Beschwerdevorbringen kann daher schon deshalb keine Berechtigung zukommen.

Was die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügte Verletzung des Parteiengehörs betrifft, genügt der Hinweis, dass die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes nicht Gegenstand des Parteiengehöres ist (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens, Seite 187, zitierte hg. Judikatur). Soweit der Beschwerdeführer schließlich auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 1911, Z. 516, (Budw. Nr.8182/A) verweist, wonach eine von der Bezirkshauptmannschaft nach ordnungsgemäßem Verfahren erteilte Rodungsbewilligung von den Oberbehörden aus öffentlichen Rücksichten von Amts wegen außer Kraft gesetzt werden kann, ist eine Relevanz für den vorliegenden Beschwerdefall nicht ersichtlich.

Da es dem Beschwerdeführer sohin nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, ist die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei ist abzuweisen, da die in zweifacher Ausfertigung einzubringende Gegenschrift nur mit S 240,-- Bundesstempel zu vergebühren war. Wien, am 9. November 1987

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