VfGH B574/08

VfGHB574/0825.2.2011

Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen die Bekanntmachung der Aufhebung der Wahl des Beschwerdeführers zum Rektor der Medizinischen Universität Graz bzw gegen die briefliche Mitteilung dieser Entscheidung; kein Vorliegen eines Bescheides mangels eines Rechtseingriffs vor Abschluss eines Arbeitsvertrags; Erledigung daher keine Abberufung eines Rektors im Sinne des Universitätsgesetzes 2002

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
UniversitätsG 2002 §23
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
UniversitätsG 2002 §23

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I.1. Der Beschwerdeführer wurde vom Universitätsrat der Medizinischen Universität Graz (im Folgenden: Universitätsrat) in dessen Sitzung am 8. Jänner 2008 aus einem Dreiervorschlag des Senates der Medizinischen Universität Graz für die Funktionsperiode 2008 - 2012 zum Rektor der Medizinischen Universität Graz (im Folgenden: Rektor) gewählt.

2.1. In der Folge führte der Vorsitzende des Universitätsrates in dessen Auftrag mit dem Beschwerdeführer als gewähltem Rektor Verhandlungen zum Abschluss des Arbeitsvertrages. Nachdem die diesbezüglichen Verhandlungen bzw. Verhandlungsversuche zu keinem Ergebnis geführt hatten, wurde in der Sitzung des Universitätsrates vom 15. Februar 2008 mit einer Mehrheit von 7:1 Stimmen beschlossen, die Arbeitsvertragsverhandlungen mit dem Beschwerdeführer zu beenden, den Tagesordnungspunkt der 2. ordentlichen Sitzung des Universitätsrates vom 8. Jänner 2008 ("Wahl des Rektors") wieder aufzunehmen und die Wahl des Beschwerdeführers zum Rektor der Medizinischen Universität Graz vom 8. Jänner 2008 aufzuheben. In derselben Sitzung wurde daraufhin ein weiterer im Dreiervorschlag des Senates der Medizinischen Universität Graz gemäß §23 Abs1 Z5 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002), BGBl. I 120/2002 idF BGBl. I 87/2007 (im Folgenden: UG 2002) nominierter Kandidat für die Funktionsperiode 2008 - 2012 zum Rektor gewählt, der den vorbereiteten Arbeitsvertrag gleich unterschrieb und das Amt des Rektors mit sofortiger Wirkung antrat.

2.2. In der Folge erging folgendes Schreiben des Vorsitzenden des Universitätsrates der Medizinischen Universität Graz an den Beschwerdeführer:

"Betreff: Ihre Wahl zum Rektor

Graz, 15. Februar 2008

Sehr geehrter Herr ...,

ich teile Ihnen mit, dass der Universitätsrat heute beschlossen hat, die Verhandlungen über Ihren Arbeitsvertrag nicht weiter zu führen und Ihre Wahl zum Rektor der Medizinischen Universität Graz aufgehoben hat.

Mit freundlichen Grüßen

o. Univ.-Prof. Dr. ..."

2.3. Weiters wurde im Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Graz für das Studienjahr 2007/2008, ausgegeben am 15. Februar 2008, (14. Stück [5. Sondernummer] Nr. 54), die Beendigung der Verhandlungen mit dem Beschwerdeführer und die Aufhebung der Wahl des Rektors der Medizinischen Universität Graz mit folgendem Wortlaut bekannt gegeben:

"Der Universitätsrat hat in seiner Sitzung am 15.02.2008 die Verhandlungen mit Hrn. Univ.-Prof.

Dr. Emil C. Reisinger für beendet erklärt und die am 08.01.2008 erfolgte Wahl von Hrn. Univ.-Prof.

Dr. Emil C. Reisinger aufgehoben. Die Kundmachung der Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl des Rektors der Medizinischen Universität Graz, veröffentlicht im MTBl,

9. Stück (2. Sondernummer), Nr. 41 vom 09.01.2008, wird aufgehoben."

3. Dagegen richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein faires Verfahren, auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern sowie auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erledigung beantragt wird. Der Beschwerdeführer wertet sowohl das an ihn gerichtete Schreiben vom 15. Februar 2008 als auch die Bekanntgabe im Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Graz für das Studienjahr 2007/2008, ausgegeben am 15. Februar 2008, (14. Stück [5. Sondernummer] Nr. 54) als Bescheide iSd Art144 B-VG und begründet dies damit, dass "die Entscheidung

... auf den Beschwerdeführer unmittelbare Wirkung hat, nämlich

die Entbindung von seiner Funktion als Rektor der Medizinischen Universität Graz". Die Beschwerde wird im Wesentlichen damit begründet, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer während der ihr bekannten Zeit seiner Abwesenheit zu Arbeitsvertragsverhandlungen aufgefordert und den Beschwerdeführer dabei niemals von einer Fristsetzung, deren Ablauf zu einer Abberufung führen sollte, in Kenntnis gesetzt hätte. Auch verstoße die Abberufung mangels Vorliegens eines der gesetzlich normierten Gründe sowie mangels Anhörung des Senates "eklatant" gegen §23 Abs5 UG 2002 und die Satzung der Medizinischen Universität Graz. Weiters sei der Beschwerdeführer durch diese Vorgehensweise auch "massiv im Ruf und in seiner finanziellen Situation geschädigt" worden.

4. Der Universitätsrat der Medizinischen Universität Graz hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Zurückweisung der Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation, in eventu die Ablehnung bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt. Zur Begründung wurde u.a. Folgendes ausgeführt:

"Voraussetzung einer Beschwerde nach Art144 B-VG ist das Vorliegen eines Bescheides. Aus den Bestimmungen des UG 2002 ist nicht ableitbar, dass die Wahl des Rektors selbst oder die Bekanntgabe der Wahl im Mitteilungsblatt als nach Art144 bekämpfbarer 'Bescheid' zu qualifizieren wären. Wie sich aus §21 Abs1 Z. 3 und 4. UG 2002 ergibt, handelt der Universitätsrat im Zusammenwirken der beiden Rechtsinstitute 'Wahl' und 'Arbeitsvertrag', die für die Bestellung des Rektors im Gesetz vorgesehen sind, in typischer Weise in der Form der Privatwirtschaftsverwaltung und nicht in hoheitlicher Form. Auch der Beschluss zur 'Aufhebung' der Wahl, die im Mitteilungsblatt vom 15.2. bekannt gegeben wurde, stellt daher keinen Beschluss dar, der in Bescheidform ergehen hätte können. Bei dieser Vorgangsweise hat es sich - wie aus dem dem Universitätsrat vorliegenden Privatgutachten von Univ. Prof. Dr. F M hervorgeht (siehe Aktenteil 13) - im übrigen auch nicht um eine gem. §23 Abs5 UG 2002 vorgesehene 'Abberufung' eines amtierenden Rektors gehandelt, da Dr. Reisinger ja mangels Abschlusses des Dienstvertrages sein Amt als Rektor noch gar nicht angetreten hatte und im übrigen die Nichteinigung über einen Dienstvertrag ja auch keinem der leg.cit. angeführten Tatbestände zu subsumieren ist.

Da es offensichtlich ist, dass der Gesetzgeber des UG 2002 die Fallkonstellation nicht berücksichtigt hat, dass ein vom Universitätsrat gewählter Rektor mangels Einigung über den privatrechtlichen Dienstvertrag sein Amt nicht antritt, aber nach §23 Abs5 UG 2002 auch nicht abgewählt werden kann, ist diesbezüglich von einer Rechtslücke auszugehen und diese in gesetzeskonformer Interpretation zu schließen. Da es gem. §21 Abs1 Z. 3 und 4 UG 2002 Aufgabe des Universitätsrates ist, für ein handlungsfähiges Organ Rektorat zu sorgen, musste dieser nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen mit Dr. Reisinger in einem 'actus contrarius' von der Aufhebung der Wahl vom 8.1.2008 ausgehen, um so im Verfahren der Rektorsbestellung weiter fortfahren zu können und damit die Voraussetzungen für ein handlungsfähiges Rektorat zu schaffen.

...

Sollte der VfGH jedoch aus prinzipiell

rechtsstaatlichen Gesichtspunkten davon ausgehen, dass die Rechtsordnung einen ausreichend effizienten Rechtsschutz gewähren muss, in dem der Rechtszug zu den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts möglich ist, und die 'Aufhebung' der Wahl als bescheidförmige Abberufung im Sinne des §23 Abs5 UG 2002 deuten, so wird darauf hingewiesen, dass Dris Reisinger vom Universitätsrat über den Vorsitzenden zweimal in schriftlicher Form Arbeitsvertragsangebote vorgelegt wurden und dass weiters zum wiederholten Male eine Antwort auf diese Vertragsangebote eingefordert wurden, ohne dass Dr. Reisinger sich inhaltlich zu den Angeboten äußerte, obwohl auch andere Mitglieder des Universitätsrates versuchten, diesbezüglich mit ihm in Kontakt zu treten. Nachdem schließlich Anfang Februar auch bekannt wurde, dass Dr. Reisinger von der Universität Rostock zu Bleibeverhandlungen eingeladen worden war, unternahm der Vorsitzende des Universitätsrates den Versuch, Dr. Reisinger zur nächsten Sitzung des Universitätsrates einzuladen, um zu klären, ob angesichts des Fehlens einer Antwort auf die schriftlichen Anbote und des Führens von Parallelverhandlungen überhaupt noch ein ernsthaftes Interesse Dris Reisinger vorliegt, das Amt des Rektors in Graz auch anzutreten. Dr. Reisinger weigerte sich jedoch, zu dieser Sitzung am 15.2. nach Graz zu kommen. Auch wenn er schon nach der Wahl erklärt hatte, für zwei Wochen im Februar 'abwesend' zu sein, hätte ihm angesichts der Bedeutung des Abschlusses eines Arbeitsvertrags als Rektor zugemutet werden können, etwaige private Pläne abzuändern bzw. so zu gestalten, dass eine Kommunikation wenigstens über email mit dem Universitätsrat möglich gewesen wäre, wie dies im übrigen ja mit anderen Universitätsorganen sehr wohl in dieser Zeit der 'Abwesenheit' anscheinend möglich war. Aufgrund des gezeigten Desinteresses, mit dem amtierenden Universitätsrat ernsthaft über den Arbeitsvertrag zu verhandeln, hat dann die Sitzung des Universitätsrates vom 15.2. den Vertrauensverlust in Dr. Reisinger deutlich gemacht, wie insbesondere aus den Wortmeldungen von A, E, und B im Protokoll vom 15.2 zu TOP 5 S 3f hervorgeht. Auch die Abstimmung mit 7:1 über den Abbruch der Vertragsverhandlungen bestätigt diesen Vertrauensverlust. Die gesetzeskonforme Vorgangsweise des Universitätsrates vom 15.2.2008 war daher sachlich gerechtfertigt, sodass Dr. Reisinger in keinem der von ihm in der Beschwerde angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde."

II. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1.1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof "über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden". Der Verfassungsgerichtshof hat daher zunächst zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer bekämpfte Erledigung als Bescheid zu qualifizieren ist.

1.2. Die angefochtene Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer einerseits vom Vorsitzenden des Universitätsrates brieflich mitgeteilt, andererseits im Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Graz kundgemacht.

Dass diese Kundmachung nicht als Bescheid zu qualifizieren ist, ergibt sich schon daraus, dass sie nicht an den Beschwerdeführer adressiert ist und insofern keinen individuell-normativen Akt bildet.

1.3. Auch bei der brieflichen Mitteilung des Vorsitzenden des Universitätsrates - soweit sie über die Mitteilung der Tatsache des Abbruchs der Verhandlungen hinausgeht - an den Beschwerdeführer handelt es sich um keinen förmlichen Bescheid: Sie ist entgegen §58 AVG nicht als solcher bezeichnet, ist nicht in Spruch und Begründung gegliedert und enthält auch keine Rechtsmittelbelehrung.

Einer nicht in Form eines Bescheides ergangenen Erledigung einer Verwaltungsbehörde kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Bescheidcharakter dann zu, wenn sich aus ihrem maßgebenden Inhalt eindeutig ergibt, dass die Behörde gegenüber individuell bestimmten Personen normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat (so schon VfSlg. 4643/1964 unter Hinweis auf VfSlg. 2929/1955).

Vom Vorliegen eines Bescheides muss also nach

ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann ausgegangen werden, wenn die Erledigung von einer Verwaltungsbehörde gegenüber individuell bestimmten Personen erlassen wird und eine konkrete Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat, unabhängig davon, ob sie nun unter Einhaltung der von den Verwaltungsvorschriften für die Bescheiderlassung aufgestellten Voraussetzungen erlassen worden ist oder nicht (zB VfSlg. 1524/1946, 1528/1946, 4986/1965, 6187/1970, 8744/1980, 9244/1981, 9444/1982, 11.077/1984, 11.415/1987, 12.321/1990, 12.753/1991, 14.152/1995; VfGH 1.3.2010, B570/09 ua.; allgemein zum verfassungsrechtlichen Bescheidbegriff VfSlg. 11.590/1987). Aus der Erledigung muss deutlich der objektiv erkennbare Wille einer Verwaltungsbehörde hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (zB VfSlg. 10.119/1984, 18.218/2007).

Ob eine Erledigung als Bescheid im Sinne des Art144 Abs1 B-VG zu werten ist, ist dabei vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt ihrer "Erlassung" geltenden Rechtslage zu beurteilen (vgl. zB VfSlg. 10.270/1984, 10.368/1985, 12.753/1991, 13.641/1993, 14.152/1995; VfGH 1.3.2010, B570/09 ua.), die als Deutungsschema dient (vgl. VwGH 9.9.2009, 2008/10/0252 zu §23 Abs5 UG 2002).

2. Der Rektor ist gemäß §20 Abs1 UG 2002 eines der obersten Organe der Universitäten. Über seine Bestellung bestimmt §23 leg.cit. Folgendes:

"Rektorin oder Rektor

§23. (1) Die Rektorin oder der Rektor hat folgende Aufgaben:

1. Vorsitzende oder Vorsitzender sowie Sprecherin

oder Sprecher des Rektorats;

2. Erstellung eines Vorschlags für die Wahl der Vizerektorinnen und Vizerektoren;

3. Leitung des Amts der Universität;

4. Verhandlung und Abschluss der Leistungsvereinbarungen mit der Bundesministerin oder dem Bundesminister;

5. Ausübung der Funktion der oder des obersten Vorgesetzten des gesamten Universitätspersonals;

6. Abschluss des Arbeitsvertrages mit den Vizerektorinnen und Vizerektoren;

7. Auswahlentscheidung aus Besetzungsvorschlägen der Berufungskommissionen für Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren;

8. Führung von Berufungsverhandlungen;

9. Abschluss von Arbeits- und Werkverträgen;

10. Erteilung von Vollmachten gemäß §28 Abs1.

(2) Die Funktion der Rektorin oder des Rektors ist vom Senat nach Einholung einer Stellungnahme des Universitätsrats öffentlich auszuschreiben. Zur Rektorin oder zum Rektor kann nur eine Person mit internationaler Erfahrung und der Fähigkeit zur organisatorischen und wirtschaftlichen Leitung einer Universität gewählt werden.

(3) Die Rektorin oder der Rektor ist vom

Universitätsrat aus einem Dreiervorschlag des Senats für eine Funktionsperiode von vier Jahren zu wählen. Eine Wiederwahl ist zulässig.

(4) Der Arbeitsvertrag und die Zielvereinbarung mit der Rektorin oder dem Rektor wird vom Universitätsrat abgeschlossen.

(5) Die Rektorin oder der Rektor kann vom Universitätsrat wegen einer schweren Pflichtverletzung, einer strafgerichtlichen Verurteilung, wegen mangelnder körperlicher oder geistiger Eignung oder wegen eines begründeten Vertrauensverlusts von der Funktion abberufen werden. Die Abberufung kann auf Antrag des Senats oder von Amts wegen durch den Universitätsrat erfolgen. Im ersten Fall ist in beiden Organen jeweils die einfache Mehrheit aller Mitglieder erforderlich; im zweiten Fall bedarf der Beschluss im Universitätsrat der Zweidrittelmehrheit aller Mitglieder, der Senat ist anzuhören. Mit der Wirksamkeit der Abberufung endet das Arbeitsverhältnis der Rektorin oder des Rektors zur Universität."

3. Es ist daher zu prüfen, ob durch die angefochtene Erledigung vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Vorschriften in die individuelle Rechtssphäre des Beschwerdeführers als gewählter Rektor eingegriffen wird, indem diese geändert oder gestaltet wird, er somit in seinen subjektiven Rechten betroffen ist.

3.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 18.191/2007 konstatierte, berühren Vorschriften, die nur die Ausübung staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter grundsätzlich nicht, soweit sich aus den in Betracht zu ziehenden Regelungen (verfassungsgesetzlicher oder einfachgesetzlicher Art) nicht etwas anderes ergibt (VfSlg. 8187/1977, 8210/1977, 8385/1978, 8774/1980, 10.571/1985, 10.621/1985, 11.750/1988, 13.939/1994, 17.178/2004; VfGH 10.12.2009, B937/08). Wenn aber die Ausübung einer bestimmten staatlichen Funktion gleichzeitig Rechte vermittelt (so etwa bei einem Beamten die Dienstrechtssphäre berührt - vgl. zB VfSlg. 8187/1977, 8774/1980), wird die Rechtssphäre der Person (die in anderer Beziehung Organwalter ist) betroffen (vgl. zB VfSlg. 5433/1966); in dieser Hinsicht geht es nicht um die Wahrung der Vollzugskompetenz eines Organwalters (die grundsätzlich die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Person nicht berührt), sondern um die Wahrung von Rechten als Rechtsperson (VfSlg. 10.621/1985).

Solche Rechte vermitteln nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofs etwa die Rechtsvorschriften über die Ausschreibung und Vergabe von schulfesten Stellen, bei denen die Rechte (einschließlich jene in vermögensrechtlicher Hinsicht, wie den Anspruch auf einen Bezug in bestimmter Höhe) und Pflichten gesetzlich im Einzelnen bestimmt sind und durch den Akt der Bestellung unmittelbar zustehen (siehe u.a. die Erkenntnisse VfSlg. 17.282/2004, 17.539/2005, 17.893/2006, 18.095/2007, 18.141/2007, 18.527/2008) und in denen der Verfassungsgerichtshof folglich das Bestehen einer Verfahrensgemeinschaft annahm.

Eine solche Rechtssphäre hat der Verfassungsgerichtshof auch in jenen Fällen angenommen, in denen der Gesetzgeber den jeweiligen Organwalter entweder durch Einräumung von bestimmten Verfahrensrechten im Verfahren der Enthebung von der staatlichen Funktion (zB

VfSlg. 17.023/2003 zum Mitglied des Verwaltungsrates des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherung) oder durch Einräumung von bestimmten - an die Organfunktion angeknüpften - wirtschaftlichen Vorteilen (VfSlg. 12.331/1990 zum gesetzlich eingeräumten Recht des Fleischuntersuchungstierarztes auf Entlohnung) mit subjektiven öffentlichen Rechten ausgestattet hat (VfSlg. 17.427/2004).

Aus diesen Gründen hat der Verfassungsgerichtshof

auch die Abberufung von der Funktion eines Direktors der Arbeiterkammer als Eingriff in dessen Rechtssphäre gewertet, obwohl dadurch seine Stellung als Arbeitnehmer der Arbeiterkammer unberührt bleibt: Die Ausübung der Funktion des Direktors einer Arbeiterkammer vermittelt den Rechtsanspruch auf ein Gehalt einschließlich einer beträchtlichen, über einen bloßen Aufwandersatz hinausgehenden Verwendungszulage, die einen tatsächlichen Einkommensbestandteil bildet, sodass sie dem Funktionsinhaber in wirtschaftlicher Hinsicht Rechte in Verbindung mit der von ihm zu leistenden Arbeit vermittelt, deren Entfall von so gravierender Bedeutung ist, dass der Verlust des Amtes einen Eingriff in seine Rechtssphäre darstellt (VfSlg. 18.191/2007, S 1063f).

Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat der Verwaltungsgerichtshof den - mit einem Einkommensentgang verbundenen - Akt der Abberufung eines Rektors gemäß §23 Abs5 UG 2002als Eingriff in dessen Rechtssphäre und diesen Abberufungsakt als Bescheid gewertet (VwGH 9.9.2009, 2008/10/0252; vgl. auch VwGH 28.9.1990, 89/17/0041).

3.2. Die Qualifikation der Abberufung eines Rektors als individuell-normativen Akt, der in dessen Rechtssphäre eingreift, setzt allerdings voraus, dass die betreffende Person die Rechtsstellung eines Rektors, mit der Rechtspositionen wie in der Vorjudikatur geschildert verbunden sind, überhaupt erlangt hat. Dies war beim Beschwerdeführer nicht der Fall:

Wie sich aus §23 UG 2002 ergibt, erfolgt die "Bestellung" zum Rektor in zwei Teilakten. Einerseits ist gemäß §23 Abs3 leg.cit. die Rektorin oder der Rektor vom Universitätsrat (nach der damals maßgeblichen Rechtslage nach Ausschreibung der Funktion durch den Senat nach Einholung einer Stellungnahme des Universitätsrates) aus einem Dreiervorschlag des Senats für eine Funktionsperiode von vier Jahren zu wählen. Andererseits ist gemäß §23 Abs4 UG 2002 mit der Rektorin oder dem Rektor vom Universitätsrat ein Arbeitsvertrag (und eine Zielvereinbarung) abzuschließen.

Erst mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages entsteht eine Rechtssphäre der zum Rektor bestellten Person, die auch wirtschaftliche Ansprüche und damit subjektive Rechte im Sinne der vorhin wiedergegebenen Judikatur begründet. Vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages (und der Zielvereinbarung) entsteht keine solche individuelle Rechtssphäre der bloß gewählten Person, in die durch die vom Fehlschlagen der Verhandlungen zum Abschluss des Arbeitsvertrages veranlasste Aufhebung seiner Wahl zum Rektor (und nachfolgende Wahl einer anderen Person) eingegriffen worden sein könnte.

3.3. Bei der vom Beschwerdeführer bekämpften

Erledigung des Universitätsrates handelt es sich daher auch nicht um eine Abberufung im Sinne des §23 Abs5 UG 2002, weil dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt mangels Abschlusses eines Arbeitsvertrages noch gar nicht die Rechtsstellung eines Rektors zukam. Im Übrigen ergibt sich auch aus §23 Abs5 letzter Satz UG 2002, wonach mit der Wirksamkeit der Abberufung das Arbeitsverhältnis der Rektorin oder des Rektors zur Universität endet, dass die Abberufung ein Arbeitsverhältnis voraussetzt und die Stellung der Rektorin oder des Rektors, die mit Abberufung beendet werden kann, erst mit Abschluss des Arbeitsvertrages zustande kommt.

3.4. Die angefochtene Erledigung kann somit vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage nicht als Bescheid gewertet werden.

III. Die Beschwerde war daher mangels tauglichen Beschwerdegegenstandes und damit wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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