VfGH G173/06

VfGHG173/0627.6.2007

Zurückweisung des Individualantrags eines Tabaktrafikanten auf Aufhebung von Bestimmungen des Tabakmonopolgesetzes betreffend die Kündigung des Bestellungsvertrages mangels Legitimation; keine aktuelle Betroffenheit mangels Verwirklichung von Kündigungstatbeständen bzw Vorliegens einer Kündigung; zivilrechtliche Rechtsschutzeinrichtungen gegen eine allfällige Kündigung

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
TabakmonopolG 1996 §35 Abs2, Abs6
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
TabakmonopolG 1996 §35 Abs2, Abs6

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Der Antragsteller ist mit Bestellungsvertrag vom 30. August 1993 als Tabaktrafikant bestellt worden. Gestützt auf Art140 B-VG begehrt er, §35 Abs2 (in eventu §35 Abs2 Z1, 2, 3 und 5) sowie §35 Abs6 erster Satz des Bundesgesetzes, mit dem das Tabakmonopol neu geregelt wird und mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz und das Heeresversorgungsgesetz geändert werden (Tabakmonopolgesetz 1996 - TabMG 1996), BGBl. 830/1995, als verfassungswidrig aufzuheben und den Ersatz der angefallenen Kosten zuzusprechen.

2. Rechtslage:

§35 TabMG 1996 lautet (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"§35. (1) Der Bestellungsvertrag erlischt:

  1. 1. mit dem Tod des Tabaktrafikanten;
  2. 2. durch Verlust des Verfügungsrechts über das Geschäftslokal;
  3. 3. mit Wirksamkeit der Kündigung durch den Tabaktrafikanten; der Tabaktrafikant ist berechtigt, eine ausgesprochene Kündigung bis zur Ausschreibung oder, falls keine Ausschreibung stattfindet, bis zur Nachbesetzung der Tabaktrafik zurückzuziehen;
  4. 4. mit dem Erlöschen der Gewerbeberechtigung, in Verbindung mit der eine Tabakverkaufsstelle geführt wurde;
  5. 5. durch Fristablauf, wenn der Bestellungsvertrag nur auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen war.

(2) Der Bestellungsvertrag ist durch die Monopolverwaltung GmbH zu kündigen:

  1. 1. wenn nachträglich Umstände eintreten, die im Zeitpunkt der Bewerbung oder Bestellung des Tabaktrafikanten einen Ausschließungsgrund (§27) dargestellt hätten;
  2. 2. wenn der Tabaktrafikant gegen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder des Bestellungsvertrages verstößt;
  3. 3. wenn der Tabaktrafikant infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit der Führung der Tabaktrafik zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Führung der Tabaktrafik erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt;
  4. 4. wenn der Tabaktrafikant die vorgeschriebenen Entgelte oder den Kaufpreis für die gelieferten Tabakerzeugnisse nicht innerhalb einer angemessenen Frist bezahlt;
  5. 5. wenn der Tabaktrafikant seine Bestellung durch wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen hat;
  6. 6. wenn der Tabaktrafikant eine verhängte Geldbuße (Abs6) nicht innerhalb angemessener Frist bezahlt.

(3) Die im Abs2 Z1 bis 3 angeführten Gründe gelten auch für die zur Geschäftsführung befugten Personen.

(4) In den Fällen des Abs2 Z2 bis 4 hat bei Vorliegen besonderer Verdachtsgründe oder bei Verstößen von geringerem Umfang eine schriftliche Verwarnung unter Androhung der Kündigung durch die Monopolverwaltung GmbH vorauszugehen.

(5) Die Monopolverwaltung GmbH hat vor der Kündigung des Bestellungsvertrages das Landesgremium der Tabaktrafikanten anzuhören.

(6) Die Monopolverwaltung GmbH kann im Einvernehmen mit dem Landesgremium der Tabaktrafikanten anstelle einer Kündigung gemäß Abs2 Z2, 3 oder 5 bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe eine Geldbuße in Höhe von höchstens zehn Prozent des Monatsumsatzes mit Tabakerzeugnissen verhängen. Dies gilt nicht bei Verstößen gegen §36 Abs3 und Abs6 bis 13. Die eingenommenen Bußgelder sind der Wohlfahrtseinrichtung der Tabaktrafikanten zu überweisen.

(7) Wenn über das Vermögen des Tabaktrafikanten der Konkurs eröffnet oder der Antrag auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wird, kann die Monopolverwaltung GmbH den Bestellungsvertrag kündigen.

(8) Ein Bestellungsvertrag zur vorläufigen Führung einer Tabaktrafik (§32 Abs3) kann von der Monopolverwaltung GmbH ohne Angabe von Gründen und ohne Anhörung des Landesgremiums der Tabaktrafikanten und vom Tabaktrafikanten jederzeit gekündigt werden."

3.1. Die Zulässigkeit des Antrages begründet der Antragsteller wie folgt:

"a) Vorliegen einer geschützten Rechtsposition

Der Antragsteller ist zufolge aufrechten Bestehens eines Bestellungsvertrags gemäß §34 Tabaktrafikant im Sinne des Tabakmonopolgesetzes.

Beweis: Bestellungsvertrag vom 30.08.1993

Die ihm aufgrund des Bestellungsvertrags und des Tabakmonopolgesetzes zustehenden Rechte und anerkannten Interessen sind daher nicht bloß wirtschaftlicher Natur sondern werden insbesondere durch die Bestimmungen des Tabakmonopolgesetzes rechtlich anerkannt.

b) Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers

Der Antragsteller ist als Tabaktrafikant Vertragspartner eines aufrechten Bestellungsvertrags im Sinne des §34 und direkter Normadressat der angefochtenen Norm. Diese greift daher in seine Rechtssphäre ein.

c) Unmittelbarkeit des Eingriffs

1) Art und Ausmaß des Eingriffs in die Rechtssphäre werden von der angefochtenen Norm eindeutig bestimmt, da die in der angefochtenen Bestimmung angedrohte Rechtsfolge die Auflösung des Bestellungsvertrags durch die Monopolverwaltung GmbH ist. Diese Rechtsfolge stellt eine unmittelbar drohende und eindeutig bestimmte Rechtsfolge dar.

2) Die Beeinträchtigung ist nicht bloß potentiell sondern aktuell. Nach ständiger Judikatur des VfGH ist die Beeinträchtigung nicht erst dann aktuell, wenn sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen bereits eingetreten sind (hier: die Kündigung bereits ausgesprochen wurde), solange der Verpflichtete nur mit der jederzeitigen Verwirklichung des ihn speziell verpflichtenden Sachverhalts zu rechnen hat. (VfSlg. 13.102/1992).

Da der Antragsteller jederzeit und laufend damit rechnen muss, dass der Bestellungsvertrag von der Monopolverwaltung GmbH nach der angefochtenen Norm aufgelöst wird, wenn diese - zutreffenderweise oder nicht - davon ausgeht, dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss der Antragsteller mit der jederzeitigen Verwirklichung des ihn speziell verpflichtenden Sachverhalts rechnen.

d) Verletzung der Rechtssphäre des Antragstellers

Durch die angefochtene Norm wird der Antragsteller in mehrfacher Hinsicht in seinen Rechten verletzt bzw. wirkt sich die Norm nachteilig auf seine geschützte Rechtssphäre aus. Die Gründe der Rechtwidrigkeit werden unten unter Pkt. III. ausführlich dargelegt. Auf diese Ausführungen wird an dieser Stelle zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

e) Unzumutbarkeit eines anderen Weges zur verfassungsrechtlichen Normenkontrolle

Ein zumutbarer anderer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit steht dem Antragsteller nicht offen.

Da es sich bei dem Bestellungsvertrag gemäß §34 um einen zivilrechtlichen Vertrag handelt und die Entscheidungen der Monopolverwaltung GmbH über die Kündigung von Bestellungsverträgen nicht in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren gefällt werden, besteht keine Möglichkeit der verwaltungsrechtlichen Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Norm.

Die Geltendmachung über ein zivilgerichtliches Verfahren ist ebenfalls nicht möglich bzw. nicht tunlich und zumutbar: Die Einbringung einer zivilrechtlichen Klage kommt zunächst während des aufrechten Bestands des Bestellungsvertrages bzw. vor der Verhängung einer Geldstrafe bzw. Sanktion nicht in Frage.

Die Möglichkeit, im Falle der Auflösung des Vertrages Klage gegen die Monopolverwaltung GmbH z.B. auf Zuhaltung des Vertrags einzubringen bzw. den durch die Auflösung des Vertrages entstandenen Schaden geltend zu machen oder eine verhängte Geldstrafe zurückzufordern[,] wäre zwar rechtlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen, ist aber aus mehreren Gründen unzumutbar:

Die Verhängung einer Geldstrafe gemäß §35 Abs6 ist jedenfalls kein dem Antragsteller zumutbares Risiko. Dazu ist auch zu betonen, dass weder das Vorliegen [von] 'Verstößen von geringerem Umfang' im Sinne des §34 Abs4 noch die 'berücksichtigungswürdigen Gründe' gemäß §35 Abs6 gesetzlich näher konkretisiert sind für den Normunterworfenen daher ex ante nicht einzuschätzen ist, in welchen Fällen die Monopolverwaltung GmbH vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgeht und in welchen Fällen nicht, zumal deren Entscheidungen nicht öffentlich bekannt gemacht werden und nicht einmal Richtlinien abschätzbar sind.

Bezüglich der Kündigung des Vertrags ist neben dem Verlust der aktuellen wirtschaftlichen Existenzgrundlage zusätzlich noch ein - auch in die Zukunft wirkendes - österreichweites Berufsverbot der Betätigung als Tabaktrafikant verbunden, da die Ausübung der Tätigkeit ohne aufrechten Bestellungsvertrag gemäß §5 Abs3 ausdrücklich gesetzlich verboten ist und zudem gemäß §27 Abs1 Z7 auch der Abschluss eines neuerlichen Bestellungsvertrages ausgeschlossen ist.

Es ist dem Antragsteller eindeutig nicht zumutbar, die Verhängung von Geldstrafen und/oder die Auflösung des Bestellungsvertrags zu riskieren und damit aufgrund der Unmöglichkeit der Ausübung seiner Tätigkeit seine gesamte wirtschaftliche Existenzgrundlage zu verlieren und erst nach Eintritt dieser massiven negativen Rechtsfolgen die Verfassungswidrigkeit auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In diesem Fall wäre die vollständige Wiederherstellung der Integrität der geschützten Rechtsposition des Antragsstellers nicht möglich, da durch den sofortigen Verlust der Erwerbsmöglichkeit bereits ein unwiederbringlicher Schaden eingetreten wäre."

3.2.1. In der Sache führt der Antragsteller aus, dass es sich bei einem Bestellungsvertrag um einen zivilrechtlichen Vertrag zwischen der Tabakmonopolverwaltung GmbH und dem Tabaktrafikanten handle. Obwohl die Tabakmonopolverwaltung eine GmbH sei, würden ihre Aufgaben starke Aspekte behördlicher Tätigkeit aufweisen. So gleiche der Abschluss eines privatrechtlichen Bestellungsvertrages seitens der Monopolverwaltung der Vergabe einer behördlichen Bewilligung, zumal die Vertragsbedingungen zur Gänze von der Monopolverwaltung GmbH vorgegeben würden. Dennoch sei der Tabaktrafikant im Falle der Auflösung des Bestellungsvertrages durch die Monopolverwaltung GmbH auf den Zivilrechtsweg verwiesen, der nur eine ex-post Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Auflösung ermögliche.

Die Monopolverwaltung GmbH weise zudem keine Tribunaleigenschaft iSd EMRK auf und sei an keine verfahrensrechtlichen Vorschriften gebunden, obwohl sie mit der Auflösung des Bestellungsvertrages über die Verhängung eines Berufsverbotes entscheide, da §27 Abs1 Z7 TabMG 1996 bei Kündigung des Bestellungsvertrages den Abschluss eines neuen Vertrages ausschließe. Der Verfassungsgerichtshof habe in VfSlg. 11.506/1987, das Disziplinarverfahren gegen Apotheker betreffend, ausgesprochen, dass eine Disziplinarbehörde, die die zeitliche oder dauernde Entziehung des Rechtes zur Leitung einer Apotheke verfügen darf, als Tribunal organisiert sein müsse; dies gelte in Anbetracht ähnlicher Befugnisse auch für die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte. Die Tribunaleigenschaft der entscheidenden Disziplinarbehörde sei nach Judikatur des Verfassungsgerichtshofs bereits bei der Entscheidung über die Verhängung des Berufsverbotes selbst und nicht erst bei dessen nachträglicher Überprüfung erforderlich. Auch wenn es sich bei der Monopolverwaltung GmbH um keine standesrechtlich organisierte Disziplinarbehörde handelt, habe auch sie über die Berechtigung zur Ausübung eines Berufes zu entscheiden und die Einhaltung der berufsrechtlichen Vorschriften zu überwachen. Die Situation der Tabaktrafikanten sei daher durchaus mit der von Apothekern oder Rechtsanwälten vergleichbar. Dass der - über die Entziehung der Berufsausübung absprechenden - Monopolverwaltung GmbH keine Tribunalqualität zukomme, verletze daher den Gleichheitssatz. Die große Gruppe der bevorzugten Tabaktrafikanten (§29 TabMG 1996), die auf dem Arbeitsmarkt kaum gleichwertige Erwerbschancen vorfinden würden, würde durch ein Berufsverbot sogar noch stärker als Apotheker oder Anwälte getroffen.

Weiters stelle der Entzug der Möglichkeit, einem Gewerbe nachzugehen, einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit dar. Die Möglichkeit der Monopolverwaltung GmbH, den Bestellungsvertrag jederzeit und ohne Bindung an Verfahrensvorschriften fristlos zu kündigen, sei weder notwendig noch adäquat.

Abschließend macht der Antragsteller eine Verletzung von Art6 EMRK geltend: Die Entscheidung über die Berechtigung zur Berufsausübung berühre ein "civil right" iSd Art6 EMRK. Obwohl nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die lediglich nachprüfende Kontrolle der Entscheidung eines nicht als Tribunal eingerichteten Spruchkörpers den Anforderungen des Art6 EMRK nicht genüge, weise die Monopolverwaltung GmbH keine Tribunalqualität auf und verletze in ihrer Entscheidungsfindung die durch Art6 EMRK gewährleisteten Verfahrensgarantien. Da die Monopolverwaltung GmbH gem. §35 Abs6 TabMG 1996 auch befugt sei, Strafen zu verhängen, deren Nichtzahlung die Kündigung des Bestellungsvertrages nach sich ziehe, handle es sich um einen Straftatbestand iSd Art6 EMRK, auf den die verfassungsrechtlichen Bedenken ebenfalls zutreffen.

3.2.2. Zum Umfang des Aufhebungsantrages führt der Antragsteller - vor dem Hintergrund, dass jede Kündigung des Bestellungsvertrages einem neuen Vertragsabschluss gem. §27 Abs1 Z7 litb leg.cit. entgegenstehe - wörtlich aus:

"... Da die Antragslegitimation nur dann zu bejahen ist, wenn die Aufhebung der angefochtenen Norm die Rechtsposition des Antragstellers so verändert, dass die belastenden Rechtswirkungen entfallen, ist bezüglich des Umfangs des Aufhebungsantrags zu berücksichtigen, dass [nach] §27 Abs1 Z7 litb jegliche Kündigung des Bestellungsvertrags einen Hinderungsgrund für den Abschluss eines neuen Vertrags und damit ein Berufsausübungsverbot darstellt.

Die Überprüfung der Kündigungsgründe des §35 Abs2 durch die Monopolverwaltung GmbH setz[t] insbesondere bezüglich der Ziffern 1, 2, 3 und 5 Erhebungen über Tatsachen bzw. die Beurteilung von möglicherweise widersprüchlichen Beweisen voraus, weswegen die verfassungsrechtlichen Bedenken in besonders hohem Ausmaß vorliegen. Da jedoch auch in den Fällen der Kündigung nach den Ziffern 4 und 6 die Verhängung eines Berufsverbots die praktische und rechtliche Folge ist und daher die obigen Ausführungen über die verfassungsrechtliche Bedenklichkeit auch diesbezüglich zutreffen, werden auch diese Ziffern angefochten. Die Anfechtung beschränkt auf die Ziffern 1, 2, 3 und 5 erfolgt im Rahmen eines Individualantrags [gemeint offenbar Eventualantrags]."

4. Die Bundesregierung erstattete aufgrund ihres Beschlusses vom 5. Dezember 2006 eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages beantragt. Nach einer zusammenfassenden Darstellung der Judikatur des Gerichtshofes zu den Prozessvoraussetzungen bringt die Bundesregierung zur Zulässigkeit des vorliegenden Individualantrages wörtlich vor:

"a.) keine unmittelbare und aktuelle Betroffenheit

Zunächst fällt auf, dass der Antragsteller bloße 'Sanktionsnormen' und nicht etwa ihn treffende, näher bezeichnete (materielle) Verhaltenspflichten des Tabakmonopolgesetzes 1996 bekämpft, die durch die angefochtenen Bestimmungen bewehrt werden sollen. Insoweit erscheint die Behauptung des Antragsstellers, er müsse jederzeit mit der Verwirklichung des ihn speziell verpflichtenden Sachverhaltes rechnen, fragwürdig, würde dies doch voraussetzen, dass er ständig und nachhaltig die Bestimmungen des TabMG 1996 verletzt. Im Antrag finden sich auch keine Tatsachenbehauptungen, die darauf schließen ließen, dass der Antragsteller tatsächlich unmittelbar und aktuell mit einer Kündigung des Bestellungsvertrages durch die Monopolverwaltung GmbH zu rechnen hätte.

Adressat der Bestimmungen des §35 Abs2 und Abs6 TabMG 1996 ist die Monopolverwaltung GmbH. Ein Eingriff in Rechte des Antragstellers kann erst durch die Verhängung einer Geldbuße oder durch den Ausspruch der Kündigung durch die Monopolverwaltung GmbH bewirkt werden, was allerdings eine entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärung der Monopolverwaltung GmbH voraussetzt.

Soweit der Antragsteller auf VfSlg. 13.102/1992 verweist, sind diese Wertungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Dort ging es um eine Verpflichtung von Abfallsammlern im Sinne des AWG zum Abschluss entsprechender zivilrechtlicher Verträge, u.a. zur Abholung von gefährlichen Abfällen, die auch verwaltungsstrafrechtlich bewehrt war. Es wurde in diesem Verfahren also nicht eine Sanktionsregelung angefochten, sondern eine Verhaltenspflicht.

b) Zumutbarer Umweg

Darüber hinaus unterliegen sowohl die Verhängung einer Geldstrafe als auch die Kündigung des Bestellungsvertrages der Nachprüfung durch die ordentlichen Gerichte. In einem derartigen Gerichtsverfahren (bzw. in zweiter Instanz, Art89 Abs2 B-VG) besteht die Gelegenheit, die vom Antragsteller behaupteten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gesetzesbestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. z.B. zuletzt VfGH G108/05).

Dieser Umweg durch Klagsführung vor den Zivilgerichten ist nach Ansicht der Bundesregierung auch nicht unzumutbar im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes.

Die Ausführungen des Antragstellers können nicht überzeugend dartun, wieso die Anrufung der Zivilgerichte nach einer Verhängung einer Geldstrafe oder nach Kündigung des Bestellungsvertrags kein zumutbares Risiko sein sollte. Soweit der Antragsteller auf Seite 4 des Antrags argumentiert, dass er diesfalls die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen auf dem Zivilrechtsweg erst nach Eintritt massiver negativer Rechtsfolgen geltend machen könne, so geht er offenkundig von einer unzutreffenden Rechtsansicht aus. Insbesondere ein 'sofortiger Verlust der Erwerbsmöglichkeit' und ein dadurch bewirkter 'unwiederbringlicher Schaden' kann bei entsprechender Antragstellung durch Erlassung von einstweiligen Verfügungen nach §381 EO abgewendet werden (dazu näher noch unter IV. 2.2). Dass der Antragsteller im Falle einer Bekämpfung der Verhängung einer Geldbuße oder der Kündigung auf dem Zivilrechtswege den Fortgang des Verfahrens nicht in der Hand hätte (vgl. etwa VfSlg. 13.659/1993), wird im Antrag (zutreffender Weise) auch nicht behauptet.

Unklar bleibt, was der Vorwurf der mangelnden gesetzlichen Konkretisierung der Wendungen 'Verstöße von geringem Umfang' in (gemeint wohl: §35) Abs4 oder 'berücksichtigungswürdige [...] Gründe' in §35 Abs6 zur (prozessualen) Frage der Zumutbarkeit des Umweges über die Zivilgerichte beitragen kann. Auch die Anwendung dieser Tatbestandselemente durch die Monopolverwaltung GmbH unterliegt einer Überprüfung durch die Zivilgerichte (und gerade auch solche wertausfüllungsfähige und -bedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe ermöglichen eine Abwägung der beiderseitigen Interessen; vgl. z.B. OGH vom 6. Juni 2002, 9 Ob A59/02).

Es zeigt sich daher nach Auffassung der Bundesregierung, dass entgegen dem Antragsvorbringen ein zumutbarer Umweg vor den Zivilgerichten (im Falle einer aktuellen und unmittelbaren Betroffenheit) eröffnet ist.

c) Abgrenzung des Prüfungsgegenstandes

Weiters ist nach Auffassung der Bundesregierung die vom Antragsteller vorgenommene Abgrenzung des Prüfungsgegenstandes in mehrfacher Hinsicht problematisch:

Zunächst fällt auf, dass die Aufhebungsbegehren im Antrag unterschiedlich abgegrenzt werden. Während auf Seite 2 des Antrags (unter I.) ausgeführt wird, dass '§35 Tabakmonopolgesetz 1996 Abs2 und 6' angefochten wird, wird in der näheren Konkretisierung der 'Wortfolgen' auf Seite 12 (unter V.) nur die Aufhebung des ersten Satz in §35 Abs6 TabMG 1996 begehrt.

Ähnlich widersprüchlich ist der Eventualantrag auf Seite 12 (unter V.), wo auch der Einleitungssatzteil in Abs2 in §35 TabMG 1996

'(2) Der Bestellungsvertrag ist durch die Monopolverwaltung GmbH zu kündigen:' angefochten ist, während auf derselben Seite (unter IV. letzter Satz) ausgeführt wird: 'Die Anfechtung beschränkt auf die Ziffern 1, 2, 3 und 5 erfolgt im Rahmen eines Individualantrags [gemeint wohl: Eventualantrags].'

Die Bundesregierung ist auch der Auffassung, dass die Anträge auf Grund des zu weiten Anfechtungsumfangs (sowohl im Hauptbegehren als auch im Eventualbegehren) unzulässig sind. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die vom Antragsteller behauptete Verfassungswidrigkeit im Falle der Aufhebung beseitigt werden könnte. Eine Aufhebung von §35 Abs2 und 6 kann wohl nicht dazu führen, dass damit ein im Großen und Ganzen sanktionsloses (und soweit nur Verwarnungen ausgesprochen werden könnten: wohl 'zahnloses') System geschaffen würde. Die Aufhebung hätte (unbeschadet einer allfälligen Novellierung) zur Folge, dass dann unter Rückgriff auf die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze eine Kündigung des Bestellungsvertrags durch die Monopolverwaltung GmbH aus wichtigem Grund (und nicht nur aus den in §35 Abs2 TabMG 1996 genannten Gründen) möglich ist. Eine solche Ausweitung der Kündigungsmöglichkeit bei gleichzeitigem Wegfall der gelinderen Sanktion der Verhängung von Geldbußen dürfte aber offenkundig auch der Intention des Antragstellers entgegen laufen.

Zusammenfassend ist die Bundesregierung daher der Ansicht, dass der Antrag mangels unmittelbarer und aktueller Betroffenheit, auf Grund des möglichen zumutbaren Umweges sowie auch wegen der unklaren und zu weit gefassten Aufhebungsbegehren zurückzuweisen wäre. ..."

In der Sache äußert sich die Bundesregierung wie folgt:

"1. Die Bedenken des Antragstellers

Der Antragsteller stützt sich in seinem Vorbringen auf den Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG und Art14 EMRK), auf die Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) sowie auf das Recht auf eine gerichtliche Entscheidung in Zivil- und Strafsachen und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK).

Hinsichtlich all dieser verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte wird aber die behauptete Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen im Wesentlichen damit begründet, dass 'Sanktionen' wie die Kündigung des Bestellungsvertrages eines Tabaktrafikanten oder die Verhängung einer Geldbuße nur von einem 'Tribunal' (im Sinne der EMRK) verhängt werden dürften.

2. Auffassung der Bundesregierung

2.1. Unterscheidung zwischen der Nachprüfung im Zivilrechtsweg und der vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts

Nach Auffassung der Bundesregierung ist die vom Antragsteller herangezogene Judikatur zur Untermauerung der behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht geeignet, sondern spricht vielmehr gegen die Auffassung des Antragstellers.

In der vom Antragsteller zitierten Judikatur (Erkenntnis vom 14. Oktober 1987, G181/86 u.a. [= VfSlg. 11.506/1987]; VfSlg. 11.762/1988; VfSlg. 11.760/1988) hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass für Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich von Art6 EMRK fallen, auch die Nachprüfung durch eine als 'Tribunal' eingerichtete Behörde genügt, dass aber die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichts[hof] selbst (mit Ausnahme des sog. 'Randbereichs' der civil rights) dafür nicht ausreichend ist. Dies wurde damit begründet, dass die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts keine Tatsacheninstanz sind, sondern im Wesentlichen nur über Rechtsfragen entscheiden können. Insbesondere die Beweiswürdigung der belangten Behörde kann vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts keiner Überprüfung zugeführt werden (näher dazu nur Öhlinger, Verfassungsrecht, Rz. 608 ff mwN).

Daraus ist abzuleiten, dass gegen die nachprüfende Kontrolle von Entscheidungen der Monopolverwaltung GmbH durch die ordentliche Gerichtsbarkeit - entgegen der Auffassung des Antragstellers - diese Bedenken eben gerade nicht durchschlagen können. Es ist also nicht erforderlich, dass bereits die Monopolverwaltung GmbH selbst 'Tribunalsqualität' aufweisen müsste. Daher geht auch der vom Antragsteller mehrfach vorgenommene Vergleich mit dem Entzug des Rechts zur Leitung einer Apotheke oder mit dem Disziplinarrecht der Rechtsanwälte von vorneherein ins Leere, weil in diesen Angelegenheiten der Rechtsschutz nicht von den Zivilgerichten gewährt wird.

2.2. Zivilrechtliches Vertragsverhältnis

Gemäß §34 Abs1 TabMG 1996 erfolgt die Bestellung eines Tabaktrafikanten durch einen zivilrechtlichen Vertrag. Die Judikatur qualifiziert das Vertragsverhältnis zwischen dem Tabaktrafikanten und der Monopolverwaltung GmbH (gem. TabMG 1968 der Austria Tabakwerke AG) als Privatrechtsverhältnis eigener Art, das seinem Wesen nach als Dauerschuldverhältnis zu betrachten ist (OGH vom 8. Juni 1977, EvBl. 1978/18; 13. Jänner 1982, EvBl. 1982/94;

15. September 1982, 1 Ob 693/82; 9. September 1993, 8 Ob 563/92;

12. Oktober 1995, 6 Ob 553/95; 23. Jänner 2001, 7 Ob 312/00h;

26. Juni 2001, 1 Ob 240/00a; 5. Juni 2002, 9 ObA 59/02w). Nach dem klaren Gesetzeswortlaut und der ständigen Rechtsprechung de[s] Obersten Gerichthofes ist das Verhältnis zwischen einem Tabaktrafikanten und der Monopolverwaltung GmbH im Zusammenhang mit dem jeweiligen Bestellungsvertrag sohin ein privatrechtliches und kein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis (so auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes z.B. nur VfSlg. 15.343/1998).

Es liegt im Wesen eines Dauerschuldverhältnisses, dass dieses von den Vertragspartnern aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Eine Besonderheit des TabMG 1996 ist es jedoch, dass der Monopolverwaltung GmbH als Vertragspartei des Bestellungsvertrages nur die im Gesetz taxativ aufgezählten Kündigungsgründe zur Verfügung stehen. Die Monopolverwaltung GmbH kann als wichtigen Grund für die Kündigung des Bestellungsvertrages sohin nur die in §35 Abs2 TabMG 1996 abschließend aufgezählten Kündigungsgründe heranziehen. In bestimmten Ausnahmefällen sieht §35 TabMG 1996 darüber hinaus vor, dass anstelle einer Kündigung eine Geldbuße nach §35 Abs6 verhängt oder dass eine Verwarnung nach §35 Abs4 TabMG 1996 ausgesprochen werden kann.

2.3. Ausreichender Rechtsschutz

Das vom Antragsteller bemängelte Fehlen von Verfahrensvorschriften erklärt sich daraus, dass die Kündigung des Bestellungsvertrages bzw. die Verhängung einer Geldbuße als rechtsgeschäftliche Willenserklärung der Monopolverwaltung GmbH zu qualifizieren sind und keinen behördlichen Akt darstellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Tabaktrafikant in Zusammenhang mit §35 TabMG 1996 über keinen ausreichenden Rechtsschutz verfügt:

Zunächst ist zu erwähnen, dass die in §35 Abs4 TabMG 1996 vorgesehene Verwarnung des Tabaktrafikanten selbst keinen Sanktionscharakter hat. Der Sinn der einer Kündigung in bestimmten Fällen vorhergehenden Verwarnung liegt in der Information des Trafikanten und in einer Abmilderung der strengen Kündigungsbestimmungen. Die Verwarnung soll verhindern, dass bereits bei geringen Vertragsverletzungen ein Kündigungsverfahren eingeleitet werden muss (vgl. OGH 26. Juni 2006, 6 Ob 143/06g; anzumerken ist, dass der Oberste Gerichtshof aus dem Umstand, dass die Verwarnung lediglich Informationscharakter für den Tabaktrafikanten insoweit hat, als sein Verhalten einer Überprüfung durch die Monopolverwaltung GmbH unterworfen wird, gefolgert hat, dass ein Verstoß gegen Art6 Abs2 EMRK auszuschließen ist). Da die Verwarnung keine Sanktion gegen den Tabaktrafikanten beinhaltet, sondern diesem lediglich vor Augen führen soll, dass sein Verhalten auf Grund bestimmter Umstände einer näheren Überprüfung unterzogen wird und er im Falle (weiterer) Verstöße gegen das TabMG 1996 mit einer Kündigung des Bestellungsvertrages zu rechnen hat, ist Rechtsschutz im Zusammenhang mit Verwarnungen nicht erforderlich.

Wenn die Monopolverwaltung GmbH demgegenüber tatsächlich Sanktionen gegen einen Tabaktrafikanten setzt, indem sie eine Geldbuße verhängt oder den Bestellungsvertrag kündigt, hat der Trafikant vollen Rechtsschutz, welchen auf Grund der privatrechtlichen Natur des Verhältnis[ses] zwischen Monopolverwaltung GmbH und Tabaktrafikant die Zivilgerichte gewähren.

In Zusammenhang mit der Verhängung einer Geldbuße ist die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Verhängung zulässig (vgl. OLG Wien, 10. Oktober 2006, 2 R 90/06d mit Hinweis auf die herrschende oberstgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Auferlegung einer Geldbuße als Disziplinarmaßnahme im gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann).

Wenn die Monopolverwaltung GmbH schließlich zur schärfsten Sanktion - der Kündigung des Bestellungsvertrages - greift, steht dem Tabaktrafikanten die Klage auf Zuhaltung des Bestellungsvertrages offen. In diesem Verfahren hat die Monopolverwaltung GmbH das Vorliegen von Kündigungsgründen zu beweisen, widrigenfalls der Klage des Tabaktrafikanten stattgegeben wird.

Soweit der Antragsteller argumentiert, dem Tabaktrafikanten würde schon allein durch die Kündigung des Vertrages ein unwiederbringlicher Schaden entstehen und die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen sei nur ein ungenügendes Äquivalent, ist darauf hinzuweisen, dass genau unter diesen Voraussetzungen über Antrag des Klägers eine einstweilige Verfügung gemäß §381 EO für die Dauer des Gerichtsverfahrens erlassen werden kann, welche die Monopolverwaltung GmbH verpflichtet, die sich aus der Existenz des jeweiligen Bestellungsvertrages ergebenden Berechtigungen, insbesondere etwa die Berechtigung, bei Großhändlern Tabakwaren zu beziehen und diese zu verkaufen, einzuhalten (vgl. etwa LG Klagenfurt, 23. Dezember 2004, 50 Cg 106/04p). Der Umstand, dass in Zusammenhang mit der Erlassung von einstweiligen Verfügungen während eines Prozesses über den Fortbestand des Bestellungsvertrages praktisch keine Judikatur von Rechtsmittelgerichten existiert, resultiert insbesondere daraus, dass die Monopolverwaltung GmbH den gekündigten Tabaktrafikanten, welche nach Ausspruch einer Kündigung auf Feststellung des Fortbestandes des Rechtsverhältnisses klagen, in der Regel von sich aus eine Art 'vorläufigen Rechtsschutz' gewährt, indem sie mit diesen vorläufige Bestellungsverträge nach §32 Abs3 TabMG 1996 abschließt, um ihnen die Fortführung des Tabakfachgeschäftes während des Gerichtsverfahrens zu ermöglichen (vgl. etwa den Sachverhalt in den Erkenntnissen des OGH vom 23. Jänner 2001, 7 Ob 312/00h; 26. Juni 2001, 1 Ob 240/00a und 5. Juni 2002, 9 ObA 59/02w).

Es zeigt sich somit, dass sämtliche Sanktionen, die die Monopolverwaltung GmbH im Rahmen des privatrechtlichen Rechtsverhältnisses zum Tabaktrafikanten nach §35 TabMG 1996 verhängen kann, über Klage des Tabaktrafikanten von den Gerichten in vollem Umfang überprüft werden können. Die Zivilgerichte haben sowohl die Tatfrage als auch die Rechtsfrage eigenständig zu lösen. Die vom Verfassungsgerichtshof geforderte Überprüfung der Sanktion in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist damit voll und ganz ermöglicht.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers gehen sohin ins Leere. Demnach bewirken die angefochtenen Bestimmungen weder eine unsachliche Differenzierung noch eine Verletzung der Erwerbsfreiheit noch eine Verletzung des Rechtes auf eine gerichtliche Entscheidung in Zivil- und Strafsachen bzw. auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK.

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass nach Ansicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit des §35 Abs2 und Abs6 Tabakmonopolgesetz 1996, BGBl. Nr. 830/1995, nicht vorliegt."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

2. Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Antragstellers nicht vor.

Zur Rechtslage ist dabei Folgendes vorauszuschicken:

Wenngleich der Abschluss eines Bestellungsvertrages nach dem TabMG 1996 durchaus Züge einer behördlichen Verleihung aufweist, hat der Gesetzgeber die Beziehungen zwischen der Monopolverwaltung GmbH und den Tabaktrafikanten letztlich doch als privatrechtliche konstruiert, wobei freilich die Rechte und Pflichten der Vertragspartner in ungewöhnlich intensiver Weise vom Gesetz selbst vorherbestimmt sind und die Vertragsfreiheit weitgehend ausgeschlossen wird. Wenn das Gesetz in §35 Abs2 leg.cit. nun jene Tatbestände umschreibt, bei deren Verwirklichung der Bestellungsvertrag zu kündigen ist, dann wird damit das Verhalten der Monopolverwaltung GmbH offenbar in doppelter Hinsicht determiniert: Zum einen muss die Vorschrift wohl so verstanden werden, dass der Bestellungsvertrag nur aus den dort vorgesehenen Gründen gekündigt werden kann, andere Kündigungsgründe somit nicht in Betracht kommen. Zum anderen wird der GmbH die Kündigung - folgt man dem Wortlaut - zur Pflicht gemacht; Letzteres ist jedoch in Verbindung mit den weiteren Absätzen dieser Vorschrift zu lesen, die nicht nur - vor Ausspruch der Kündigung - verpflichtend eine Anhörung des Landesgremiums der Tabaktrafikanten verlangen, sondern als Alternative für bestimmte Kündigungstatbestände auch die Verwarnung oder die Verhängung einer Geldbuße vorsehen. Innerhalb dieser Sanktionen hat die GmbH sachgerecht auszuwählen: Sieht das Gesetz an Stelle einer Kündigung die Möglichkeit anderer, milderer Sanktionen vor, dann kann dies nur so verstanden werden, dass die dem jeweiligen Sachverhalt angemessene Sanktion zur Anwendung zu kommen hat.

Der Antragsteller wendet sich nun nicht gegen alle oder einzelne der im TabMG 1996 normierten Verhaltenspflichten, sondern (lediglich) gegen jene Normen, die - u.a. bei Verletzung der im Gesetz bzw. im Bestellungsvertrag vorgesehenen Verhaltenspflichten - zwingend eine Kündigung des Bestellungsvertrages bzw. die Verhängung einer Geldbuße vorsehen, somit gegen jene Sanktionen, die bei Verletzung der Verhaltenspflichten einzutreten haben. Der Antragsteller bekämpft also nicht bestimmte auf dem TabMG 1996 beruhende Verhaltenspflichten wegen Verfassungswidrigkeit, sondern führt ausdrücklich aus, dass er (lediglich) durch die angefochtenen Normen in Rechten verletzt werde, wobei aus seinem Vorbringen abzuleiten ist, dass seine Bedenken sich nicht gegen die Kündigungsmöglichkeit an sich richten, sondern dagegen, dass es auch dann, wenn ein Kündigungstatbestand objektiv gar nicht verwirklicht wurde, zu einer solchen Kündigung kommen kann, deren Berechtigung nur ex post - und daher nach Eintritt eines unwiederbringlichen Schadens (Verlust der Existenzgrundlage) - überprüft werden kann.

Damit vermag der Antragsteller seine Antragslegitimation nicht zu begründen. Es ist offensichtlich, dass die Kündigungssanktion ebenso wie die Sanktion des §35 Abs6 leg.cit. ihn aktuell nicht betreffen, solange die Tatbestände des §35 Abs2 leg.cit. - insbesondere der Tatbestand der Z2 - weder von ihm verwirklicht noch seine Verwirklichung (wenn auch zu Unrecht) von der Monopolverwaltung GmbH angenommen wird. Sollte es aber - obwohl objektiv ein Kündigungsgrund gar nicht vorliegt - zu einer Kündigung des Bestellungsvertrages durch die Monopolverwaltung GmbH kommen, stehen dagegen die zivilrechtlichen Rechtsschutzeinrichtungen (Klage auf Zuhaltung des Bestellungsvertrages und Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach §381 EO) zur Verfügung. Eine für unangemessen gehaltene Sanktion könnte der Trafikant im Übrigen auch mittels einer vorbeugenden Feststellungsklage einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich machen. Im Rahmen solcher Verfahren kann auch die Frage releviert werden, ob die Sanktionen des §35 Abs2 bzw. 6 TabMG 1996 verfassungskonform sind.

Der Antrag ist daher mangels Antragslegitimation zurückzuweisen.

3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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