Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.375 (darin enthalten S 3.562,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Vertrag vom 12./17. 12. 1985 bestellte die A***** AG (an deren Stelle gemäß § 46 TabMG die beklagte Partei getreten ist) die Klägerin gemäß § 34 TabMG für unbestimmte Zeit zur Tabaktrafikantin mit dem Standort, K*****. Dem Bestellungsvertrag wurden ua die "Allgemeinen Vertragsbedingungen für Tabaktrafikanten" zugrunde gelegt.
Die Klägerin erzielte bis einschließlich 1993 einen jährlichen Tabakwarenumsatz von gleichbleibend etwa S 1,500.000. Ab 1994 begann der jährliche Umsatz auf ein Vielfaches zu steigen; er erreichte im Jahr 1998 S 9,800.000.
Die beklagte Partei vermutete, dass die Umsatzsteigerungen der Klägerin auf gegen § 36 Abs 12 TabMG verstoßende Rabattgewährungen zurückzuführen seien. Sie teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 17. 2. 1998 mit und sprach eine "Verwarnung gemäß § 35 Abs 4 TabMG 1996" aus. Die Klägerin stellte Rabattgewährungen in Abrede. Tatsächlich gewährte sie aber dem Inhaber einer Tankstelle, den sie ab 1994 belieferte, von Beginn der Geschäftsbeziehung an Preisnachlässe von zunächst 3 %, dann 4 % und schließlich in den Jahren 1998 und 1999 von 5 % des Bruttoverkaufspreises in Form von Warenrabatten.
Da die Klägerin die Rabattgewährungen ungeachtet der Verwarnung durch die beklagte Partei fortsetzte, kündigte diese den Bestellungsvertrag vom 12./17. 12. 1985 mit Schreiben vom 17. 3. 1999 zum 31. 3. 1999 auf.
Am 1. 4. 1999 schlossen die Streitteile einen vorläufigen Bestellungsvertrag ab, der der Klägerin den Betrieb der Tabaktrafik im Landesgerichtsgebäude Krems für die Dauer des gegenständlichen Verfahrens gestattet.
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung und die Verpflichtung der Beklagten, ihr den Betrieb des Tabakgeschäftes im Landesgerichtsgebäude Krems über den 31. 3. 1999 hinaus zu gestatten. Soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich, brachte die Klägerin dazu vor, die für die Kündigung maßgebliche Bestimmung des § 36 Abs 12 TabMG greife unzulässig in das Grundrecht auf Erwerbsausübungsfreiheit ein und sei daher verfassungswidrig.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Die von der Klägerin vorgetragenen Einwände, insbesondere auch die Behauptung, § 36 Abs 13 TabMG sei verfassungs- und gemeinschaftsrechtswidrig, seien unzutreffend.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Privatrechtsverhältnis zwischen den Streitteilen sei als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren, das aus wichtigen Gründen jederzeit durch außergerichtliche Erklärung aufgelöst werden könne. Der der Klägerin hier anzulastende Verstoß gegen § 36 Abs 12 TabMG stelle einen solchen wichtigen Grund dar. Die genannte gesetzliche Bestimmung sei weder verfassungs- noch gemeinschaftsrechtswidrig.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht schloss sich den Rechtsansichten des Erstgerichts an und führte, soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich aus: Die von der Klägerin vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 36 Abs 12 "(gemeint: 13)" TabMG seien nicht überzeugend. Die Aufhebung des § 40 Abs 3 TabMG 1996 durch den Verfassungsgerichtshof (G 239/96) sei mit dem vorliegenden Fall deshalb nicht vergleichbar, weil es dort um das Verbot gegangen sei, Waren in Gaststätten zu einem anderen als dem festgelegten Preis zu verkaufen. Die Beurteilung, dass eine Preisregelung, die einen Gastgewerbetreibenden betreffe, der in keinem Vertragsverhältnis zur Beklagten stehe, in dessen verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht der Erwerbsausübungsfreiheit eingreife, sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Hier wende sich die Klägerin als in einem Vertragsverhältnis zur Beklagten stehende Tabaktrafikantin gegen das ihr "aufgezwungene" Verbot der direkten oder indirekten Vorteilsgewährung. Dabei dürfe nicht übersehen werden, dass die Tätigkeit des Tabaktrafikanten zwar von einer gewissen rechtlichen Selbständigkeit gekennzeichnet sei, dass er aber im Kernbereich seiner Tätigkeit (dem Verkauf bestimmter Tabakerzeugnisse) nur ein Glied in der Organisation des Tabakmonopols sei. Dazu komme, dass dem Bericht des Budgetausschusses (390 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIX. GP) beachtenswerte Motive zu entnehmen seien, die dafür sprächen, dass ein öffentliches Interesse an der Regelung der Kleinverkaufspreise (zu deren Absicherung das Verbot der Vorteilsgewährung diene) bestünde (Gebietsschutz/Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Trafikantenstandes, Entsprechung der tabaksteuerlichen Vorschriften). Dass ein staatliches Monopol in die Erwerbsfreiheit des Einzelnen eingreife, liege auf der Hand. Allerdings seien nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes Monopole, die schon im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit im Jahre 1867 existiert hätten, als im öffentlichen Interesse gelegene Einschränkungen der Erwerbsfreiheit anzuerkennen. Ausgehend von dieser Judikatur bestünden daher keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Verfassungskonformität des österreichischen Tabakmonopols in seiner heutigen Ausgestaltung. Das Berufungsgericht sehe daher keinen Anlass für eine Antragstellung nach Art 89 B-VG.
Zur Begründung seines Zulassungsausspruches führte das Gericht zweiter Instanz im Wesentlichen aus, wenngleich es aus den dargelegten Gründen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 36 Abs 13 TabMG 1996 hege, stelle sich doch - etwa in Anlehnung an Hecht/Herzig ZfV 1997, 444 - die Frage, ob es heute noch im öffentlichen Interesse gelegen sei, dass der Verkauf von Tabakwaren monopolisiert sei. Ferner könnte man auch die Auffassung vertreten, dass selbst bei Bejahung der Verfassungskonformität des Tabakmonopols die konkrete Bestimmung des § 36 Abs 13 TabMG 1996 deshalb unzulässig in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit eingreife, weil kein berechtigtes öffentliches Interesse eine Regelung rechtfertige, die dem einzelnen Tabaktrafikanten bei der Preisgestaltung keinerlei Spielraum gewähre. Nach dem Wortlaut des § 36 Abs 13 TabMG (vgl auch § 36 Abs 12 TabMG) dürften Vorteile an die Letztverbraucher selbst dann nicht gewährt werden, wenn es sich dabei nicht um ein unlauteres und wettbewerbswidriges Verhalten (und somit um ein ohnedies nach den einschlägigen Vorschriften unzulässiges Gewähren von Vorteilen) handle. Dem Trafikanten sei auch dann die Gewährung von Rabatten oder anderen Vorteilen verwehrt, wenn ihn betriebswirtschaftliche Gründe zu einer solchen Vorgangsweise veranlassen würden. Dass die Vorfragenbeurteilung durch den Zivilrichter, ob gegen eine bestimmte Norm verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, zur Wahrung der Rechtseinheit von erheblicher Bedeutung sein könne, liege auf der Hand. Das gelte insbesonders für den vorliegenden Fall, da die Aufkündigung anderer Bestellungsverträge mit Tabaktrafikanten aus dem hier geltend gemachten Kündigungsgrund auch in Zukunft durchaus wahrscheinlich sei.
Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich die Revision der Klägerin, die unrichtige rechtliche Beurteilung der Streitsache geltend macht und beantragt, dass Berufungsurteil dahin abzuändern, dass der Klage stattgegeben werde.
Die beklagte Partei stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin keine Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach stRsp handelt es sich beim Vertragsverhältnis des Tabaktrafikanten zur beklagten Monopolverwaltung um ein Privatrechtsverhältnis eigener Art, das seinem Wesen nach als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren ist (EvBl 1978/18; Arb 9860; EvBl 1982/94; 8 Ob 563/92 = EvBl 1994/99 ua). Die Rechte und Pflichten der Klägerin gegenüber der beklagten Partei ergeben sich aus dem Inhalt des Bestellungsvertrages und den diesem zugrundegelegten, im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 1. 2. 1968 verlautbarten Allgemeinen Vertragsbedingungen für Tabaktrafikanten (AVBT) sowie grundsätzlich auch aus dem TabMG (vgl EvBl 1994/99). Dass ein - beachtlicher - Verstoss der Klägerin (diese hat über Jahre hindurch wiederholt einem Kunden Preisnachlässe in Form von Warenrabatten gewährt und damit gegen das TabMG verstoßen) gegen eine vertragliche Verpflichtung gegenüber der beklagten Partei vorliegt, der diese grundsätzlich zur Kündigung des Bauschuldverhältnisses zwischen den Streitteilen berechtigt, wird von der Revisionswerberin grundsätzlich nicht bestritten. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die Klägerin nach dem Bestellungsvertrag (§ 34 Abs 4 Z 3 TabMG) Inhaberin eines selbstständig zu führenden Tabakfachgeschäftes ist und daher nicht § 36 Abs 12 TabMG, der sich an Inhaber von Tabakverkaufsstellen wendet, sondern - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - § 36 Abs 13 TabMG die maßgebliche gesetzliche Bestimmung darstellt, auf die sich die Kündigung des Bestellungsvertrages durch die Beklagte stützt. Gemäß § 36 Abs 13 TabMG dürfen Inhaber von Tabakfachgeschäften "ausnahmslos keine direkten oder indirekten Vorteile gewähren". Die von der Klägerin einem Kunden eingeräumten Warenrabatte sind nach dieser Gesetzesstelle also verboten.
Die Klägerin macht in der Revision nun allein geltend (auf ihre weiteren gegen die Kündigung vorgetragenen, von den Vorinstanzen verworfenen Einwände - insbesondere auch, das § 36 Abs 12 bzw 13 TabMG gemeinschaftsrechtswidrig seien - kommt sie nicht mehr zurück, weshalb darauf hier nicht mehr eingegangen werden muss), dass § 36 Abs 13 TabMG gegen das Grundrecht der Erwerbsausübungsfreiheit verstosse und daher verfassungswidrig sei. Das öffentliche Interesse an der betreffenden Erwerbseinschränkung, das mit der sozialpolitischen Zielsetzung begründet werde, behinderten Personen ("heterogener Trafikantenstand") Schutz zu gewähren, habe sich seit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit im Jahre 1867 geändert. Die heutige Sozialgesetzgebung nehme Bedacht auf behinderte Personen (Behinderteneinstellungsgesetz), im öffentlichen Dienst würden behinderte Personen an geeigneten Stellen entsprechend eingestellt. Hingegen könne nur mehr in einem ganz geringen Ausmaß davon die Rede sein, dass seitens der beklagten Partei tatsächlich nur behinderte Personen die entsprechenden Verträge erhielten. Sie, die Klägerin, sei nicht als behindert anzusehen. Es sei überhaupt in keiner Weise einzusehen, warum Behinderten in der heutigen Zeit durch das Verbot einer freien Preisgestaltung geholfen werden solle. Es werde daher der Antrag wiederholt, im Sinne des Art 89 Abs 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der zitierten Gesetzesbestimmung zu beantragen. Da § 36 Abs 13 TabMG verfassungswidrig sei, stelle ein Verstoss dagegen keinen tauglichen Kündigungsgrund dar.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
Art 6 Abs 1 StGG garantiert jeder inländischen - natürlichen oder juristischen - Person das Recht auf freie Erwerbstätigkeit "unter den gesetzlichen Bedingungen". Der Gesetzesvorbehalt gestattet es dem einfachen Gesetzgeber, Beschränkungen der Erwerbsfreiheit anzuordnen. Eine Beschränkung ist allerdings nur zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse geboten ist (VfSlg 11.483; 12.236; VfGH 26. 2. 1996, B 2141/95 ua). Die beschränkende Maßnahme muss nach ständiger Judikatur zur Verwirklichung dieses öffentlichen Interesses geeignet und adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sein (vgl etwa VfSlg 10.386; 11.276; 11.625; 12.098; 12.481; 12.379; 12.643; 12.677; 13.094; 13.826; 14.611; VfGH 10. 3. 1995, V 52/94; VfGH 10. 6. 1999, G 239/96 ua). Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10. 6. 1999, G 239/96 im Bezug auf die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG ausgeführt hat, sind auch gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung (bloß) beschränken, auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen und müssen demnach durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Die Ausübungsregeln müssen bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein. Es steht dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen, als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtsphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (vgl etwa VfSlg 11.558; 11.853; 12.379; 12.481; 14.259; VfGH 10. 6. 1999, G 239/96; Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 1386 mwH). Eine Beschränkung der Erwerbsausübung ist daher nur dann verfassungswidrig, wenn das verfolgte Ziel "keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend" anzusehen ist (VfSlg 11.558; Mayer, B-VG2, 491).
Nach den Gesetzesmaterialien zum TabMG 1996 (BlgNR 390, XIX. GP) soll das Tabakmonopol neben den Aufgaben der Einnahmenerzielung für den Bund und der Sicherung der Erhebung der Steuern auf Tabakwaren insbesondere auch sozialpolitischen Zielen dienen. Bei der Vergabe von Tabaktrafiken würden derzeit und sollten auch in Hinkunft bestimmte Personen bevorzugt werden. Es gelte dies vor allen für die Vergabe von sogenannten selbstständigen Tabaktrafiken (Tabakfachgeschäften). Es seien dies solche Trafiken, die nicht in Verbindung mit einem anderen Gewerbe geführt würden, weshalb aus den Erlösen der Tabaktrafik allein die wirtschaftliche Existenz des Inhabers der Trafik gesichert sein müsse. Dies werde auf Grund eines Gebietsschutzes erreicht. Als bevorzugte Personen würden Opferbefürsorgte, Kriegs- und Heeresopfer sowie deren Hinterbliebene und nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begünstigte Personen gelten. Diese Bevorzugung erfolge aus Gründen der öffentlichen Fürsorge und ermögliche diesem im wirtschaftlichem Leben benachteiligten Personenkreis oft die Gründung einer Existenz und die Ausübung eines Berufes. Das Trafiksystem sei aber auch ein wichtiger Faktor in der Nahversorgung. Es gewährleiste nicht nur österreichweit den flächendeckenden Tabakwarenverkauf, sondern sichere auch die flächendeckende Versorgung mit sonstigen wichtigen Waren oder Dienstleistungen, zB Zeitungen, Stempelmarken, Postwertzeichen oder als Toto-Lottoannahmestellen.
Diese Ausführungen überzeugen und lassen die von der Revisionswerberin geäußerten grundsätzlichen Zweifel an der Rechtfertigung des Tabak-Einzelhandelsmonopols als ungerechtfertigt erscheinen. Als notorisch unrichtig zu bezeichnen ist die Behauptung der Klägerin, Behinderte würden bei der Vergabe von Trafiken nur in unerheblichem Ausmaß bevorzugt und seien gar nicht mehr in besonderem Maße betroffen. § 29 TabMG räumt Vorzugsrechte bei der Vergabe von Tabaktrafiken für Begünstigte nach dem Opferfürsorge-, Kriegsopfer- und Heeresversorgungsgesetz, für deren Hinterbliebene sowie für begünstigte Behinderte nach dem Behinderteneinstellungsgesetz ein. Der Kreis der bevorzugten Personen umfasst also nicht nur Kriegsinvalide bzw Opferbefürsorgte, sondern auch Empfänger einer Hinterbliebenenrente oder -beihilfe nach dem Opferfürsorgegesetz, dem Kriegsopferversorgungsgesetz und dem Heeresversorgungsgesetz sowie begünstigte Behinderte nach dem Behinderteneinstellungsgesetz ("Zivilinvalide") und gewisse Angehörige. In der bereits wiederholt zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes G 239/96 wird eine Stellungnahme der Bundesregierung wiedergegeben, wonach die Begünstigungsbestimmungen des TabMG eine nicht unerhebliche Bedeutung in der Rechtswirklichkeit hätten: etwa 30 % der Inhaber der rund 3.300 österreichischen Tabakfachgeschäfte seien vorzugsberechtigt, rund 90 % davon als "Zivilinvalide". Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.
Im Hinblick auf diesen sozialpolitischen Aspekt ist der Ansicht der Vorinstanzen, das durch § 36 Abs 13 (und auch Abs 12) statuierte Verbot einer Rabattgewährung durch einen Einzelverschleißer sei sachlich gerechtfertigt, beizutreten. Gilt es doch eine erhebliche Anzahl von Trafikanten, die wegen einer Behinderung schützenswert erscheinen, vor größerem Konkurrenzdruck durch das individuelle Gewähren von Rabatten etc zu bewahren. Dass solche, durch die genannten Bestimmungen verpönte Vorgangsweisen sehr erhebliche Auswirkungen haben können, wird durch die festgestellte Umsatzentwicklung der Klägerin augenfällig, mögen auch die exorbitanten Umsatzsteigerungen nur zum Teil auf die verbotenen Rabattgewährungen zurückzuführen sein.
Damit kann keineswegs davon gesprochen werden, dass die betreffende, Rabattgewährungen etc verbietende Gesetzesbestimmung zur Erreichung des angestrebten sozialpolitischen Ziels absolut untauglich wäre und im Sinne der verfassungerichtlichen Judikatur deshalb der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbsausübungsfreiheit widerspräche.
Aus ähnlichen Überlegungen des Konkurrenz- bzw Existenzschutzes behinderter Tabaktrafikanten, (dort allerdings nicht gegenüber den anderen Trafikanten sondern gegenüber Gastgewerbetreibenden) hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung G 239/96 ausgesprochen, dass die Normierung von Mindestverkaufspreisen für Tabakwaren nicht der Erwerbsausübungsfreiheit der Gastgewerbetreibenden widerspreche. Die genannte Entscheidung, mit der die Preisregelung des § 40 Abs 3 TabMG ab 30. 6. 2000 als verfassungswidrig aufgehoben wurde und auf die sich die Revisionswerberin ausdrücklich berufen hat, stützt daher nicht ihre Rechtsmeinung, sondern die Auffassung, dass die Regelung des § 36 Abs 13 TabMG durch den Gesetzesvorbehalt des Art 6 Abs 1 StGG gedeckt ist.
Dieser Auffassung stehen entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes auch die Ausführungen von Hecht/Herzig in ZfV 1997, 444 zu Zulässigkeit des Tabakwarenverkaufs an Tankstellen, die schon vor der erwähnten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes die Regelung des § 40 Abs 3 TabMG als missglückt bzw verfassungswidrig bezeichnet haben, nicht entgegen, zumal dort auf § 36 Abs 13 TabMG gar nicht Bezug zu nehmen war und darauf auch nicht eingegangen wurde.
Der erkennende Senat kommt daher zusammenfassend zum Ergebnis, dass die von der Klägerin geäußerten Bedenken, dass § 36 Abs 13 TabMG vom Gesetzesvorbehalt des § 6 Abs 1 StGG nicht gedeckt und daher verfassungswidrig sei, nicht zu teilen sind. Der Oberste Gerichtshof sieht sich zu der von der Revision angestrebten Antragsstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß § 89 B-VG daher nicht veranlasst.
Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass die dem gegenständlichem Bestellungsvertrag vom 12./17. 12. 1985 zugrunde gelegten AVBT in Punkt 3 Z 2 den Tabaktrafikanten "die Gewährung eines Rabattes oder Skontos, einer Provision oder sonstigen Begünstigung, insbesondere die Gewährung von Zugaben jeder Art "verbieten. Nach Punkt 23 Abs 2 lit c AVBT ist der Vertrag mit dem Tabaktrafikanten zu kündigen, "wenn er seinen Kunden Provisionen oder sonstige materielle Vermögensvorteile (zum Beispiel Warenzugaben) gewährt". Damit kann sich die gegenständliche Kündigung des Bestellungsvertrages durch die beklagte Partei nicht nur auf das Gesetz, sondern auch auf eine vertragliche Übereinkunft der Streitteile stützen. Dadurch wird allerdings die Frage nach der Verfassungskonformität des § 36 Abs 13 TabMG im vorliegenden Fall nicht bedeutungslos. Erscheint es doch (jedenfalls) im Falle der Übermacht eines Vertragspartners (zB - wie hier - eines Monopolisten) angezeigt, die Geltung der Grundrechte auch auf den Privatrechtsverkehr zu erstrecken, also eine - mittelbare - Drittwirkung des Grundrechts der Erwerbsausübungsfreiheit anzunehmen (vgl zum Problem der Dritt- bzw Horizontalwirkung von Grundrechten etwa Walter/Mayer, aaO Rz 1330 ff; vgl auch Öhlinger, Verfassungsrecht4 Rz 741 ff). Demnach entfalten Grundrechte nicht nur gegenüber dem hoheitlich handelnden, sondern auch gegen den privatwirtschaftlich agierenden Staat Schutzwirkungen (sogenannte Fiskalgeltung der Grundrechte- vgl Walter/Mayer aaO Rz 1333). So wird etwa vom Obersten Gerichtshof die Fiskalgeltung des Gleichheitsgrundsatzes in ständiger Judikatur bejaht (6 Ob 563/92; 6 Ob 514/95 ua). Ausgehend von einer mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte ist bei der Auslegung der Generalklauseln des Privatrechts ("gute Sitte" usw) das in der Grundrechtsordnung verankerte Wertsystem zu berücksichtigen (vgl 7 Ob 555/79 = EvBl 1979/100; Walter/Mayer aaO Rz 1331). Könnte nun die jede Rabattgewährung iwS durch Tabaktrafikanten verbietende gesetzliche Bestimmung des § 36 Abs 13 TabMG nicht als verfassungskonform angesehen werden, müsste die der Klägerin gleichsam "aufgezwungene" gleichartige Bestimmung der AVBT zweifellos als sittenwidrig betrachtet werden.
Da dies - abgesehen davon, dass dieser Aspekt von den Vorinstanzen nicht erörtert und Sittenwidrigkeit (daher) auch nicht eingewendet wurde - aus den dargestellten Gründen aber nicht der Fall ist, stellt der festgestellte Verstoss der Klägerin gegen das ihr (auch vertraglich) auferlegte Verbot der Gewährung von Warenrabatten einen tauglichen Kündigungsgrund dar.
Die Revision muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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