VfGH B2366/00

VfGHB2366/004.12.2001

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der Familienbeihilfe für ein in der Türkei lebendes Kind; keine Bedenken gegen die eine Familienbeihilfe für sich ständig im Ausland aufhaltende Kinder ausschließende Regelung des FamilienlastenausgleichsG 1967 angesichts der Möglichkeit einer steuerlichen Berücksichtigung der nicht volljährigen Kindern gegenüber bestehenden Unterhaltsverpflichtung im Einkommensteuerrecht

Normen

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
Assoziierungsabkommen EWG-Türkei. Beschluß des Assoziationsrates Nr 3/80
EStG 1988 §33 Abs4
EStG 1988 §34 Abs7
FamilienlastenausgleichsG 1967 §5 Abs4 idF BGBl 201/1996
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
Assoziierungsabkommen EWG-Türkei. Beschluß des Assoziationsrates Nr 3/80
EStG 1988 §33 Abs4
EStG 1988 §34 Abs7
FamilienlastenausgleichsG 1967 §5 Abs4 idF BGBl 201/1996

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 23. März 2000 an das Finanzamt Feldkirch den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für seine in der Türkei lebende, am 20. Oktober 1989 geborene (jüngste) Tochter. Er begründete diesen Antrag im wesentlichen folgendermaßen: Er lebe seit 27 Jahren in Österreich; seine Frau sei 1976 nach Österreich gekommen, jedoch mit den vier Kindern 1985 wieder in die Türkei zurückgekehrt, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Nach deren Tod habe der Beschwerdeführer versucht, die Familie wieder nach Österreich zu bringen, was jedoch auf Grund der österreichischen Rechtslage auf Schwierigkeiten gestoßen sei. Er übe durchgehend eine unselbständige Erwerbstätigkeit in Österreich aus und sei auch verpflichtet, hier entsprechende Steuern abzuführen. Derzeit müsse er zumindest seine jüngste, 1989 in der Türkei geborene Tochter erhalten. Sie besuche die Pflichtschule in der Türkei. Von seinem Nettoverdienst in Höhe von ca. S 15.000,-- (Monat) verwende er

S 6.000,-- für den Unterhalt für seine Familie, davon etwa S 1.000,-- für die jüngste Tochter. Bis zum Jahr 1996 habe er für seine in der Türkei lebende Familie die Familienbeihilfe erhalten, ab dem Wirksamwerden des sog. Strukturanpassungsgesetzes 1996 erhalte er keine mehr.

Das Finanzamt Feldkirch wies den Antrag mit Bescheid vom 2. Mai 2000 mit der Begründung ab, daß für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhielten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.

Die dagegen erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Nach §5 Abs4 FLAG (idF BGBl. 201/1996) bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhielten. Für solche Kinder könnte ein Anspruch auf Familienbeihilfe nur bestehen, wenn die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge verbürgt sei (Hinweis auf Durchführungsrichtlinien zu §5 FLAG). Zufolge der von österreichischer Seite vorgenommenen Kündigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Türkischen Republik über soziale Sicherheit, BGBl. 91/1985, bestehe für Kinder, die sich ständig in der Türkei aufhielten, ab 1. Oktober 1996 kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr. Angesichts dieses Umstandes sei die Frage der überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten für das Kind bedeutungslos. Daß sich die jüngste Tochter im fraglichen Zeitraum ständig im Ausland aufgehalten habe, sei nicht strittig.

1.2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander bzw. wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein. Begründend wird dazu zunächst ausgeführt, daß §5 Abs4 FLAG, idF BGBl. 201/1996, verfassungwidrig sei. Da die Familienbeihilfe nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes der Korrektur des Ertragsteuerrechtes diene und in Wahrheit eine Art Negativsteuer sei, sei es völlig unsachlich daran anzuknüpfen, ob ein unterhaltsberechtigtes Kind im Inland oder im Ausland wohne.

Man könnte zwar einwenden, daß solche Unterhaltspflichtige, deren Kinder ständig im Ausland leben, ihre Unterhaltspflicht ja im Rahmen des §34 EStG 1988 geltend machen könnten; die derzeitige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lasse dies aber nicht zu. Darüber hinaus wäre es fraglich, ob es sich um eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung handle, wenn ein türkischer Gastarbeiter, dessen Kinder in Österreich leben, Familienbeihilfe bekomme, und derselbe türkische Gastarbeiter, wenn er eine Tochter in der Türkei hat, dafür außergewöhnliche Belastungen geltend machen müsse.

Schließlich macht der Beschwerdeführer geltend, daß Art3 des Beschlusses 3/80 des Assoziationsrates eine Ungleichbehandlung von türkischen Staatsbürgern gegenüber EU-Bürgern verbiete. Wenn auch eine Diskriminierung aus der Formulierung des §5 Abs4 FLAG, idF BGBl. 201/1996, nicht geradezu offensichtlich erkennbar sei, so müsse dieser "staatsvertragliche Gleichheitsgrundsatz" doch dazu führen, daß ein türkischer Staatsbürger - gleich wie etwa ein deutscher Staatsbürger - auch dann Kinderbeihilfe erhalte, wenn sein Kind in seiner Heimat lebe und aufwachse.

2. Das zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladene Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst gab innerhalb der gesetzten Frist eine Stellungnahme ab, in der es nach Darlegung der Rechtslage den in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken entgegentritt.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie auf die Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes verweist und den Antrag stellt, der gegenständlichen Beschwerde den Erfolg zu versagen.

II. Zur maßgebenden Rechtslage:

1. EStG 1988 (es handelt sich dabei um die ab dem 1. Jänner 1999 maßgebende Fassung gemäß BGBl. I 79/1998):

Nach §20 Abs1 Z1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkunftsarten "die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge" nicht abgezogen werden. Derartige Aufwendungen können jedoch bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (§20 Abs4 leg.cit.).

§34 Abs7 EStG 1988 lautet:

"(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß §33 Abs4 Z3 lita und c abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§106 Abs3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind, das nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört und für das weder der Steuerpflichtige noch sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner Anspruch auf Familienbeihilfe hat, sind durch den Unterhaltsabsetzbetrag gemäß §33 Abs4 Z3 litb abgegolten.

3. Unterhaltsleistungen für den (Ehe)Partner (§106 Abs3) sind durch den Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten.

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen."

§33 Abs4 EStG 1988 ordnet an:

"(4) Zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen stehen nachfolgende Absetzbeträge zu:

1. ...(Alleinverdienerabsetzbetrag)

2. ...(Alleinerzieherabsetzbetrag)

3. a) Einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ab dem Jahr 2000 ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 700 S für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist §26 des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuwenden.

b) Einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört (§2 Abs5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leistet, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 350 S monatlich zu. Leistet er für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht ihm für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 525 S und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 700 S monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

c)..."

2. Familienlastenausgleichsgesetz 1967:

Gemäß §2 FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (und noch weitere, in den folgenden Bestimmungen des FLAG genannte Bedingungen erfüllen), für minderjährige Kinder sowie unter bestimmten Voraussetzungen für volljährige Kinder.

Anspruchsberechtigt ist grundsätzlich die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört (§2 Abs2 leg.cit.).

§5 Abs4 FLAG, idF BGBl. 201/1996, hat folgenden Wortlaut:

"(4) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten."

§50g Abs2 FLAG ordnet hiezu an, daß diese Vorschrift an dem der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 folgenden Tag in Kraft tritt (das war der 1.5.1996), sieht aber überdies noch folgendes vor: "Soweit bestehende Staatsverträge die Gewährung von Familienbeihilfe für Kinder vorsehen, die sich ständig in einem anderen Staat aufhalten, ist §5 Abs4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 297/1995 weiter anzuwenden, bis völkerrechtlich anderes bestimmt ist."

Durch BGBl. I 142/2000 hat der Absatz 4 des §5 mit Wirkung ab 1. Jänner 2001 die Bezeichnung "Absatz 3" erhalten.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Im Erkenntnis VfSlg. 12.940/1991 hat der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Einkommensbesteuerung unterhaltspflichtiger Eltern in den Jahren 1987 und 1988 als entscheidende Frage herausgestellt (S 762), "ob das grundsätzliche Verbot des Abzuges von Unterhaltsleistungen an Kinder angesichts der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit von unterhaltspflichtigen Eltern und nicht unterhaltspflichtigen Personen sachlich gerechtfertigt ist". Die Notwendigkeit, aus dem erzielten Einkommen (auch) den Kindern Unterhalt zu leisten, verringere die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern und sei nicht bloß Sache privater Lebensgestaltung oder persönlichen Risikos. Der Gerichtshof hat allerdings auch betont, daß es nicht erforderlich sei, daß der Staat die Unterhaltspflicht ganz oder teilweise im Wege des Steuerrechtes übernehme. Er hat vielmehr (nur) bemängelt, daß Unterhaltsleistungen steuerlich nicht in einer der geminderten Leistungsfähigkeit entsprechenden Weise berücksichtigt und damit als eine Sache privater Lebensgestaltung oder persönlichen Risikos behandelt würden.

Er hat in diesem Zusammenhang - in Würdigung des entsprechenden Vorbringens der Bundesregierung - die Wirkung der Familienbeihilfe untersucht und ist dabei zum Ergebnis gekommen, daß die Familienbeihilfen (und die Kinderzuschläge) in ihrer Wirkung die für die Kinder benötigten Einkommensteile zwar im unteren Einkommensbereich zur Gänze steuerfrei stellten, ja die Kinderlasten unter Umständen sogar teilweise abdeckten, daß aber in höheren Einkommensbereichen wesentlich weniger einkommensteuerfrei gestellt werde, als für die Kinder aufgewendet werde. Dies könne nicht damit gerechtfertigt werden, daß die Tragung der Kinderlasten mit steigendem Einkommen leichter falle.

Der Gerichtshof hat allerdings auch - zur Vermeidung von Mißverständnissen - darauf hingewiesen, daß es im Ermessen des Gesetzgebers liege, durch welche Maßnahmen er das verfassungsrechtlich gebotene Ergebnis erziele (S 766). "Er kann den Tarif entsprechend gestalten, taugliche Frei- oder Absetzbeträge vorsehen und direkte Leistungen (zB aus dem Familienlastenausgleichsfonds) gewähren und diese oder andere Maßnahmen auch nebeneinander einsetzen. Soweit Teile des Einkommens durch die Wirkung der Familienbeihilfen von der Steuerbelastung freigestellt werden, ist dies ebenso zu berücksichtigen, wie bei der Feststellung der Höhe der besonderen Belastung der Eltern." Der Gesetzgeber dürfe im übrigen "von Durchschnittswerten ausgehen und der Bemessung der Steuer jenen Unterhalt zugrundelegen, der sich aus dem für die Besteuerung in Frage kommenden Einkommen unter Außerachtlassung steuerlich irrelevanter Einkommensteile oder Vermögenswerte typischerweise ergibt".

1.2. In seinem Erkenntnis VfSlg. 14.992/1997, mit dem die den Unterhalt haushaltszugehöriger Kinder betreffenden Vorschriften des EStG 1988 aufgehoben wurden, hat der Gerichtshof an den grundsätzlichen Aussagen des Erkenntnisses VfSlg. 12.940/1991 festgehalten und sich in der Folge ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob nicht die in §33 EStG 1988 vorgesehenen Kinderabsetzbeträge und die nach §8 FLAG gebührende Familienbeihilfe ("Transferleistungen") die sich aus der Unterhaltsverpflichtung ergebende Belastung in einem solchen Maße verminderten, daß die fehlende Entlastung der steuerlichen Bemessungsgrundlage für Unterhaltspflichtige wettgemacht würde. Bei Beurteilung der tatsächlichen Wirkung dieser Transferleistungen kam der Gerichtshof allerdings letztlich zu folgendem Ergebnis (S 496): "Vielmehr führt der Umstand, daß die Unterhaltsleistungen die Steuerbemessungsgrundlage nicht verringern, die auf ihnen liegende steuerliche Belastung aber in einer keineswegs zu vernachlässigenden Anzahl von Fällen durch die Transferleistungen nur zum Teil ausgeglichen wird, dazu, daß von Unterhaltspflichtigen - anders als von Personen, die nicht unterhaltspflichtig sind - im Effekt Einkommensteuer auch von Beträgen zu entrichten ist, die den Steuerpflichtigen nicht zur eigenen Verwendung verbleiben." Der Gerichtshof hat dabei herausgestellt, daß der maßgebende Vergleich zwischen unterhaltspflichtigen und nicht unterhaltspflichtigen Einkommensbeziehern gleicher Einkommenshöhe anzustellen ist.

Der Gerichtshof hat allerdings ergänzend festgehalten, daß nichts dagegen einzuwenden sei, daß bei höheren Einkommen die zu leistenden Unterhaltszahlungen nicht zur Gänze, sondern nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag steuerlich berücksichtigt werden. Er hat in diesem Zusammenhang (S 497) gemeint, daß "es sachlich geboten wäre, die - eben nur zum Teil als Folge privater Lebensgestaltung zu qualifizierenden - Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern steuerlich zumindest so zu berücksichtigen, daß nicht der größere Teil des Unterhaltsaufwandes der Einkommensteuer unterworfen wird. ... Zumindest die Hälfte der Einkommensteile, die zur Bestreitung des Unterhalts der Kinder erforderlich sind, müßte im Effekt steuerfrei bleiben."

1.3. Im Erkenntnis vom 30. November 2000, B1340/00, hat der Gerichtshof jenen Regelungen des EStG 1988 idF des Budgetbegleitgesetzes 1998, BGBl. I 79/1998, welche die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltslasten an haushaltszugehörige Kinder betreffen, schließlich die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit bestätigt. Der Gerichtshof ging dabei davon aus, daß der Gesetzgeber Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (die sog. Transferleistungen) grundsätzlich als Erstattung jener Einkommensteuermehrbelastung betrachten dürfe, die sich bei unterhaltsverpflichteten Personen gegenüber nicht-unterhaltsverpflichteten Personen aus der Nichtabzugsfähigkeit der Unterhaltsbelastung ergebe.

2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht der Meinung, daß eine gesetzliche Regelung, die den Anspruch auf eine der Familienförderung dienende Transferleistung an eine Nahebeziehung des anspruchsvermittelnden Kindes zum Inland bindet und hiebei auf dessen Aufenthalt abstellt, als solche bereits verfassungsrechtliche Bedenken erweckt. Solches zu normieren, steht dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit zu. Daran ändert auch der - von der Beschwerde geltend gemachte - Umstand nichts, daß die Finanzierung dieser Leistungen zu einem erheblichen Teil durch zweckgebundene, von der Lohnsumme bemessene Beiträge der Arbeitgeber erfolgt, weil sich daraus keinesfalls ableiten läßt, daß es sich bei der Familienbeihilfe um eine ArtVersicherungsleistung handelt, auf deren Gewährung durch Beitragsleistung Anspruch erworben würde.

3. Vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtsprechung, derzufolge der Familienbeihilfe und dem gemeinsam mit ihr zur Auszahlung gelangenden Kinderabsetzbetrag aber auch die Funktion zukommt, jene einkommensteuerliche Mehrbelastung abzugelten, der unterhaltspflichtige Eltern durch die steuerliche Nichtabzugsfähigkeit des Unterhaltes ausgesetzt sind, ist jedoch zu prüfen, ob eine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar ist, daß für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, diese Transferleistungen nicht wenigstens in dem Ausmaß zustehen, das aus den dargelegten steuerlichen Gründen geboten ist (vgl. dazu auch Farmer, Verlust der Familienbeihilfe bei Auslandsstudium verfassungswidrig?, RdW 1998, S 498 ff.):

Nach dem Konzept der Einkommensteuer werden natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland der unbeschränkten Steuerpflicht unterworfen und mit ihrem Welteinkommen zur Steuer herangezogen. Bei dieser Variante der Steuerpflicht sind jene persönlichen Umstände, die die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen beeinträchtigen, grundsätzlich vom Wohnsitzstaat zu berücksichtigen. Nun wird aber durch den Umstand, daß ein an sich unterhaltsberechtigtes Kind sich ständig im Ausland aufhält, die Unterhaltspflicht der Eltern oder des Elternteiles dem Grunde nach nicht berührt, mag auch die Frage, ob und von wem das Kind Unterhaltsleistungen verlangen kann, in solchen Fällen üblicherweise nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes zu beurteilen sein (Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht, BGBl. 293/1961; zu den Ausnahmefällen s. allerdings BGBl. 295/1961; vgl. ferner Schütz, Zwischenstaatliche Vereinbarungen, die für Familienrichter bedeutsam sein könnten, RZ 1999, S 41 ff.; Schwimann, Internationales Privatrecht³ (2001), S 166). Die Vorschrift des §5 Abs4 FLAG (idF BGBl. 201/1996) bewirkt somit im Ergebnis, daß unbeschränkt steuerpflichtige Personen, die im Ausland lebenden Kindern gegenüber zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, die auch in diesem Fall gebotene steuerliche Berücksichtigung der eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Wege von Transferleistungen nicht erhalten, da ihnen die Transferleistungen auch in jenem Umfang verweigert werden, in dem sie zur Kompensation der aus der Nichtabzugsfähigkeit des Unterhaltes resultierenden steuerlichen Mehrbelastung erforderlich sind.

Eine generelle steuerliche Vernachlässigung von Unterhaltslasten gegenüber sich ständig im Ausland aufhaltenden Kindern läßt sich aber auch nicht durch den Umstand rechtfertigen, daß sich in diesen Fällen die Unterhaltspflicht der Höhe nach zumindest teilweise an den Verhältnissen des Aufenthaltslandes des Kindes orientiert (vgl. dazu OGH 28. Juli 1998, 1 Ob 317/97t, ZfRV 1999, S 110 ff.: Zuspruch eines "Mischwertes") und daher - bei ständigem Aufenthalt des Kindes in einem Land mit niedrigeren Lebenshaltungskosten - allenfalls geringer ist als die gegenüber im Inland befindlichen Kindern. Dies mag zur Folge haben, daß in solchen Fällen die für die steuerliche Entlastung erforderlichen Beträge niedriger sein können als bei im Inland befindlichen Kindern. Eine generelle Außerachtlassung der Unterhaltsverpflichtung rechtfertigt dies jedoch nicht.

An dieser Beurteilung ändert sich nicht deswegen etwas, weil der Steuerpflichtige - wie im vorliegenden Beschwerdefall - als Ausländer nicht Adressat des in Art7 B-VG und Art2 StGG verankerten Gleichheitssatzes ist. Nach der neueren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 14.965/1997 mwN) enthält nämlich Art1 Abs1 des BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, (auch) das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Gerade zu einer solchen Ungleichbehandlung von Fremden untereinander käme es aber, wenn allein der Umstand des ständigen Auslandsaufenthaltes von Kindern dafür maßgebend wäre, ob eine steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltslasten stattfindet oder nicht.

4. Dessen ungeachtet sieht sich der Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt, die Vorschrift des §5 Abs4 FLAG (idF BGBl. 201/1996), die den Bezug von Familienbeihilfe für sich ständig im Ausland aufhaltende Kinder ausschließt, in Prüfung zu ziehen. Wie der Gerichtshof in seiner - oben wiedergegebenen - Rechtsprechung festgehalten hat (VfSlg. 12.940/1991), liegt es nämlich im Ermessen des Gesetzgebers, auf welche Weise er im Bereich der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltslasten das verfassungsrechtlich gebotene Ergebnis erzielt: Er kann den Tarif entsprechend gestalten, taugliche Frei- oder Absetzbeträge vorsehen, direkte Leistungen gewähren und diese oder andere Maßnahmen auch nebeneinander einsetzen.

Dem Gesetzgeber steht es daher auch frei, die steuerliche Berücksichtigung von Familienlasten bei verschiedenen Fallgruppen nach verschiedenen Methoden vorzunehmen, wenn hiefür sachliche Gründe ins Treffen geführt werden können. Daß derartige Gründe bei sich ständig im Ausland aufhaltenden Kindern im Hinblick auf die Unterschiede in den tatsächlichen Lebensverhältnissen, die Besonderheiten der Beweislage und die jeweils zu berücksichtigende Rechtslage (etwa auch hinsichtlich im Ausland gewährter familienbezogener Leistungen) vorliegen, scheint dem Gerichtshof nicht zweifelhaft zu sein.

Unter solchen Umständen wird der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Pflicht zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltslasten aber auch dann gerecht, wenn er hiefür nicht den Weg der Gewährung von Transferzahlungen wählt, sondern die Berücksichtigung im Wege des Steuerrechts ermöglicht. Ein solcher Weg ist aber nach der geltenden Rechtslage nicht schlechthin versperrt:

Bereits nach der Formulierung des §33 Abs4 Z3 litb) EStG 1988 kann für einen Steuerpflichtigen, dessen Kind sich ständig im Ausland aufhält, die Gewährung eines Unterhaltsabsetzbetrages in Betracht kommen, sofern es sich um ein Kind handelt, das nicht (im Verständnis des §2 Abs5 FLAG) dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört und für das weder dem Steuerpflichtigen noch seinem im gemeinsamen Haushalt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird. Im übrigen schließt es die geltende Rechtslage nach Auffassung des Gerichtshofes nicht von vornherein aus, Unterhaltsleistungen an sich ständig im Ausland aufhaltende Kinder (zumindest im hier offenbar vorliegenden Fall von haushaltszugehörigen Kindern) nach den allgemeinen Regeln des §34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen:

§34 Abs7 Z4 EStG 1988 steht dem nicht entgegen, weil diese Vorschrift auch bloß als Aussage über das Ausmaß der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen für die vorstehend geregelten Fallgruppen interpretiert werden kann. Für diese Deutung spricht auch die Verfassungsbestimmung des §34 Abs7 Z5 EStG 1988, derzufolge Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, grundsätzlich weder im Wege von Absetzbeträgen noch im Wege einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen sind. Die Erläuterungen zur RV des Strukturanpassungsgesetzes 1996 halten dazu fest (72 BlgNR 20. GP, 268): "Damit wird insbesondere abgesichert, daß Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die aus den Ausschlußgründen des neu eingeführten §2 Abs1 litg FLAG keine Familienbeihilfe (gemeint wohl: Familienbeihilfen) ausgezahlt werden, weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung berücksichtigt werden." Der Gesetzgeber gibt damit nicht nur zu erkennen, daß er eine steuerliche Berücksichtigung des Unterhaltes auch in diesen Fällen für erforderlich (einen Ausschluß daher für verfassungswidrig) hält. Die Vorschrift zeigt überdies, daß der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, daß die vorhergehenden Regelungen keinen abschließenden Charakter tragen und daß ohne diese Sonderregelung der Z5 die Berücksichtigung des Unterhaltes als außergewöhnliche Belastung in Betracht käme.

Für die hier diskutierte Fallgruppe der sich ständig im Ausland aufhaltenden Kinder ist einerseits der Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen; andererseits läßt sich den Regelungen des EStG 1988 nicht entnehmen, daß damit die steuerliche Berücksichtigung der solchen (nicht volljährigen) Kindern gegenüber bestehenden Unterhaltsverpflichtung schlechthin ausgeschlossen wäre. Sie ist jedoch Sache des Einkommensteuerrechts. Ein verfassungsrechtlich begründeter Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe ist nicht anzunehmen.

5. Soweit die Beschwerde die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der angewendeten Bestimmung geltend macht, ist ihr zu entgegnen, daß nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keine Verfassungsverletzung darstellt und daher vom Verfassungsgerichtshof nicht aufzugreifen ist, es sei denn, der Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht ist offenkundig (VfSlg. 14.886/1997). Letzteres trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

6. Die beschwerdeführende Partei wurde somit weder in den von ihr geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

7. Die Beschwerde hat auch nicht ergeben, daß die beschwerdeführende Partei in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre.

IV. 1. Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob der Beschwerdeführer in sonstigen Rechten verletzt wurde.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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