OGH 2Nc46/24y

OGH2Nc46/24y2.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger sowie die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*, vertreten durch Baker McKenzie Rechtsanwälte LLP & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 235.878,55 EUR sA, aufgrund der Befangenheitsanzeige der * vom 30. Juli 2024 im Revisionsrekursverfahren zu AZ *, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020NC00046.24Y.0902.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Es besteht ein zureichender Grund, die Unbefangenheit der * in der Rechtssache AZ * in Zweifel zu ziehen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrt vom beklagten Rechtsträger die Zahlung ihr vom AMS angeblich zu Unrecht verweigerter Kurzarbeitshilfe. Das Berufungsgericht bestätigte das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichts. Die dagegen gerichtete ordentliche Revision ist beim * Senat des Obersten Gerichtshofs angefallen.

[2] * ist Mitglied dieses Senats. Sie gibt bekannt, dass ihr Ehemann an der Entscheidung des Berufungsgerichts mitgewirkt hat. Zwar fühle sie sich subjektiv nicht befangen, allerdings könne der objektive Anschein der Befangenheit gegeben sein.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Befangenheitsanzeige ist begründet:

[4] 1. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach § 22 Abs 2 GOG haben Richter Gründe anzuzeigen, die ihre Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen geeignet sind; darüber ist nach § 22 Abs 3 GOG auch ohne Ablehnung durch eine Partei im Verfahren nach den §§ 23 bis 25 JN zu entscheiden.

[5] 2. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSv § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt nach ständiger Rechtsprechung schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen sein sollte (RS0045949 [T5]). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (vgl RS0045949).

[6] 3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der objektive Anschein der Befangenheit gegeben, weil ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen könnte, die Willensbildung der * könnte durch die Verfahrensbeteiligung ihres Ehemanns als Mitglied des Berufungssenats beeinflusst werden (2 Nc 13/22t; vgl RS0046024 [T11, T12, T25, T27]).

[7] 4. Aus diesem Grund ist iSd § 19 Z 2 JN auszusprechen, dass ein zureichender Grund vorliegt, die Unbefangenheit der * in Zweifel zu ziehen. Das schließt ihre Mitwirkung an der Entscheidung in der im Spruch genannten Rechtssache aus.

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