OGH 5Ob80/24m

OGH5Ob80/24m4.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers G*, vertreten durch Dr. Alice Grabenwarter LL.M., öffentliche Notarin in Mank, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts sowie anderer Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaften EZZ * und * KG *, EZ * KG * sowie EZZ * und * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 14. Februar 2024, AZ 7 R 140/23b, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 15. September 2023, TZ 4451/2023, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00080.24M.0704.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Grundbuchsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es lautet:

 

Aufgrund der Urkunden

 

1 Übergabsvertrag vom 24.02.2023

2 Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 28.07.2023

3 Standesurkunden vom 26.09.1983

4 Sterbeurkunde vom 09.03.2015

5 Löschungserklärung vom 07.09.2023

6 Nachtrag zum Übergabsvertrag vom 24.02.2023 vom

13.09.2023

wird bewilligt:

 

1 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 2

2 a 364/1986

FRUCHTGENUSSRECHT gem Abs Zweitens I Übergabsvertrag

1985-03-22 für

a) L*

b) L*

 

2 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 3

3 a 364/1986

BELASTUNGS- UND VERÄUSSERUNGSVERBOT für

a) L*

b) L*

 

3 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 4

4 a 364/1986

BELASTUNGS- UND VERÄUSSERUNGSVERBOT

für R*

 

4 in EZ * KG *

die Eintragung Eigentumsrecht

1 auf Anteil B-LNR 3

3 ANTEIL: 1/1

L*

GEB: * ADR: *

zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)

für G*

 

 

5 in EZ * KG *

die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes

gemäß 6. Übergabsvertrag vom 24.02.2023

für R*

L*

 

6 in EZ * KG *

die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotsrechtes

für R*

L*

 

7 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 2

2 a 364/1986

FRUCHTGENUSSRECHT

gem Abs Zweitens I Übergabsvertrag 1985-03-22 für

L*

L*

 

8 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 3

3 a 364/1986

BELASTUNGS- UND VERÄUSSERUNGSVERBOT für

L*

L*

 

9 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 4

4 a 364/1986

BELASTUNGS- UND VERÄUSSERUNGSVERBOT

für R*

 

10 in EZ * KG *

die Eintragung Eigentumsrecht

1 auf Anteil B-LNR 3

3 ANTEIL: 1/1

L*

GEB: * ADR: *

zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)

für G*

 

11 in EZ * KG *

die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotsrechtes

für R*

L*

 

 

12 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 2

2 a 364/1986

FRUCHTGENUSSRECHT gem Abs Zweitens I Übergabsvertrag

1985-03-22 für

a) L*

b) L*

 

13 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 3

3 a 364/1986

BELASTUNGS- UND VERÄUSSERUNGSVERBOT für

a) L*

b) L*

 

14 in EZ * KG *

die Löschung C-LNR 4

4 a 364/1986

BELASTUNGS- UND VERÄUSSERUNGSVERBOT

für R*

 

15 in EZ * KG *

die Eintragung Eigentumsrecht

1 auf Anteil B-LNR 3

3 ANTEIL: 1/1

L*

GEB: * ADR: *

zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)

für G*

 

16 in EZ * KG *

die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotsrechtes

für R*

L*

 

17 in EZ * KG *

die Eintragung Eigentumsrecht

1 auf Anteil B-LNR 3

3 ANTEIL: 1/1

L*

GEB: * ADR: *

zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)

für G*

 

18 in EZ * KG *

die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotsrechtes

für R*

L*

 

19 in EZ * KG *

die Eintragung Eigentumsrecht

1 auf Anteil B-LNR 2

2 ANTEIL: 1/1

L*

GEB: * ADR: *

zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)

für G*

 

20 in EZ * KG *

die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotsrechtes

für R*

L*

 

 

Verständigt werden:

Dr. Alice Grabenwarter LL.M., *

L*

R*

L*

 

Die Durchführung der Verständigungen obliegt dem Erstgericht.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht wies die begehrten Eintragungen ab. Die Erklärung der Berechtigten vom 7. 9. 2023, mit der sie der Löschung des zu ihren Gunsten in EZZ * und * der KG * sowie in der EZ * KG * einverleibten Fruchtgenussrechts und Belastungs- und Veräußerungsverbots zustimmte, weise zwar deren Handzeichen auf, dessen Echtheit auch notariell bestätigt worden sei. Nach § 56 Abs 1 lit b NO sei jedoch die Beiziehung von zwei Aktszeugen notwendig, wenn eine der Parteien (unerheblich aus welchem Grund) nicht schreiben könne. Da der Übergabevertrag ein einheitliches Ganzes bilde, komme eine Teilbewilligung nicht in Betracht.

[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Für die notarielle Beglaubigung eines Handzeichens sei lediglich die Beteiligung von Legalisierungszeugen erforderlich, sodass der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht trage. Der Antragsteller behaupte zwar, dass das Handzeichen der Berechtigten in gleichzeitiger Anwesenheit von zwei Legalisierungszeugen gesetzt worden sei, jedoch sei das bezughabende Vermerkblatt, das die Unterschriften dieser Zeugen aufweise, nicht vorgelegt worden. Da ein vollständiges Bild über den Inhalt des zu verbüchernden Vertrags auch die Kenntnis des Vermerkblatts erfordere, sei auch dieses eine Urkunde, aufgrund deren im Sinn des § 87 Abs 1 GBG die betreffende Eintragung erfolgen solle. Damit habe das Erstgericht den Antrag zu Recht abgewiesen. Eine Löschung des zu Gunsten des Verstorbenen ob der Liegenschaften einverleibten Fruchtgenussrechts und der Verbotsrechte komme ungeachtet der vorgelegten Sterbeurkunde nicht in Betracht, weil der Übergabevertrag ein einheitliches Ganzes bilde.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers, der entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig ist, weil diesem eine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Er ist auch berechtigt.

[4] 1. Dass die vom Erstgericht herangezogene Begründung die Abweisung des Antrags nicht zu tragen vermag, hat bereits das Rekursgericht zutreffend dargestellt.

[5] 2. Auch der vom Rekursgericht herangezogene Grund rechtfertigt die Abweisung des Begehrens nicht:

[6] 2.1 Die Notariatsordnung (NO) regelt in ihrem I. Teil, V. Hauptstück, III. Abschnitt die Beurkundung von Tatsachen und Erklärungen. Beurkundet werden Tatsachenfeststellungen, abgegebene Wissenserklärungen sowie sonstige Vorgänge, wenn dadurch eine rechtliche Wirkung begründet werden soll (5 Ob 52/21i; Wagner/KnechtelNO6 § 76 Rz 1). Den nach diesem Abschnitt ausgestellten Bestätigungen kommt nach § 76 Abs 2 NO die Beweiskraft öffentlicher Urkunden zu. Sie begründen vollen Beweis dessen, was amtlich erklärt oder vom Notar bezeugt wird (Spruzina, Rechtsnatur und Bedeutung notarieller Bestätigungen, NZ 2010/31, 97).

[7] 2.2. Nach § 76 Abs 1 lit c NO sind Notare unter anderem zur Beurkundung über die Echtheit von Unterschriften (Legalisierung) befugt. Näheres dazu ist in § 79 NO geregelt. Nach dem ersten Absatz dieser Bestimmung kann der Notar – soweit hier von Interesse – die Echtheit eines Handzeichens auf einer Papierurkunde beurkunden, wenn die Partei

‑ ihre Identität und gegebenenfalls auch ihr Geburtsdatum durch eines der im § 55 NO genannten Mittel ausweist,

‑ dem Notar gegenüber erklärt, dass sie den Inhalt der Urkunde kennt und deren Unterfertigung frei von Zwang erfolgt,

[...]

‑ sie das Handzeichen vor dem Notar setzt oder ausdrücklich anerkennt, dass das Handzeichen von ihr stammt.

[8] Kann die Partei nur ein Handzeichen setzen, sind gemäß § 82 Abs 2 NO zwei Zeugen beizuziehen, die im Beurkundungsregister bzw auf dem Vermerkblatt mitunterschreiben. Es ist hingegen nicht notwendig, dass die Zeugen für das Handzeichen auf der Urkunde selbst unterfertigen (Gruber/Haiden‑Fill in Zib/Umfahrer, NO § 79 Rz 14 f).

[9] 2.3. Das Beurkundungsregister ist ein Geschäftsregister der besonderen Art. Die Führung des Beurkundungsregisters dient, wie die übrigen notariellen Register, der berufsrechtlichen Kontrolle und hat darüber hinaus eine beweissichernde Funktion (Haiden-Fill § 82 Rz 2). Die Eintragung im Beurkundungsregister ist „von den Beteiligten und den Zeugen“ zu unterschreiben. Falls eine Partei nicht schreiben kann, hat sie ihr Handzeichen zu setzen und es sind zwei Zeugen (sog Legalisierungszeugen) beizuziehen, die ebenfalls im Beurkundungsregister zu unterschreiben haben, wobei einer den Namen des Unterzeichnenden zu schreiben hat (Namensschreiber; Haiden-Fill aaO Rz 36).

[10] 2.4. Das Beurkundungsregister kann in Buchform und/oder unter Verwendung von Vermerkblättern geführt werden. Mit ihrer Unterschrift bestätigen die Legalisierungszeugen lediglich das Setzen des Handzeichens durch die unterschriftsunfähige Person. Dem Zweck des Beurkundungsregisters entsprechend kommt ihrer Unterschrift damit nur eine beweissichernde Funktion zu.

[11] 3. Nach § 87 Abs 1 GBG sind Urkunden, aufgrund deren eine Eintragung erfolgen soll, im Original beizulegen. Dabei handelt es sich um Urkunden, die in materieller und formeller Hinsicht die konstitutiven Voraussetzungen der vorzunehmenden Grundbuchshandlung enthalten (RS0061070). Ergeben sich die konstitutiven Voraussetzungen der vorzunehmenden Grundbuchshandlung aus mehreren Urkunden zusammen, dann sind alle einzelnen von ihnen Grundbuchsurkunden im Sinn des § 87 Abs 1 GBG, die dann auch im Original vorgelegt werden müssen (vgl RS0061072; RS0061050). Das ist bei einer bloß beweiswirkenden Urkunde, wie dem Beurkundungsregister, das unter anderem die Unterschriften der Legalisierungszeugen enthält, nicht der Fall.

4. Zusammengefasst ergibt sich daher:

[12] Der der Löschungserklärung vom 7. 9. 2023 beigefügte notarielle Vermerk bestätigt die Echtheit des Handzeichens der Berechtigten und deren Kenntnis vom Inhalt der Urkunde. Er entspricht auch sonst allen Erfordernissen der Vorschriften über die Beglaubigung von Unterschriften (Handzeichen) und ist damit als öffentliche Urkunde zu qualifizieren. Der vom Notar gesetzte Vermerk macht damit vollen Beweis über das darin bezeugte, daher auch über die Einhaltung der Formvorschriften zur Legalisierung des von der Berechtigten gesetzten Handzeichens. Demgegenüber hat das Beglaubigungsregister bzw das Vermerkblatt lediglich eine beweissichernde und standesinterne Kontrollfunktion und bildet daher keine Eintragungsgrundlage für einen bestimmten Verbücherungsakt. Das Fehlen eines Auszugs aus dem Beglaubigungsregister oder des Vermerkblatts steht der begehrten Eintragung damit nicht entgegen.

[13] 5. Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist damit berechtigt. Da auch sonst keine Eintragungshindernisse vorliegen, ist seinem Begehren in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen stattzugeben.

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